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Issue 1 (2024), 1 36
In silva occultus: Die (un)erwartete Entdeckung von zwei
römischen Straßenwachtürmen im Wienerwald mit
einem Exkurs zum rätischen Limes und dem dortigen
Signalsystem der Straßenburgi
by Harald Lehenbauer
DOI:%http://doi.org/10.36950/PR.2024.1.1
This work is licensed under a Creative Commons Attribution 4.0 International License
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Harald Lehenbauer
harald.lehenbauer@gmail.com
https://bop.unibe.ch/PR / ISSN 3042-4445
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
1
In silva occultus: Die (un)erwartete Entdeckung
von zwei römischen Straßenwachtürmen im
Wienerwald mit einem Exkurs zum rätischen
Limes und dem dortigen Signalsystem der
Straßenburgi
Abstract:
The article is about the discovery of two Roman road watchtowers in the Wienerwald,
a forested area near Vienna, and their context within the topographic and historical
environment. The author also discusses the possibility of other Roman road
watchtowers in the province of Noricum, based on GIS methods and the analysis of
the neighbouring areas. In addition, the author compares the situation in Noricum with
that in Raetia, where six road watchtowers have been identified along an important
Roman road between Augsburg and Kempten. The author uses GIS-based visibility
analysis to examine the placement of the road watchtowers and their relation to the
neighbouring military installations and the road network. The main research question
that the author tries to answer is whether the road watchtowers in Noricum and Raetia
were also positioned so that the visual connection to the adjacent towers was decisive.
The author concludes that the positioning of the road watchtowers was carefully
planned, with the primary focus on the visibility of the towers among each other, and
that some of the towers were located at the edge of the visibility field of the
neighbouring towers. As last part of the study some comparisons have been made
regarding to the possible height of the towers and the reconstructed visibility ranges.
Der Artikel geht auf die Entdeckung von zwei römischen Straßenwachtürmen im
Wienerwald, einem bewaldeten Gebiet in der Nähe von Wien ein, und ihren
Zusammenhang mit der topographischen und historischen Umgebung. Der Autor
diskutiert auch die Möglichkeit weiterer römischer Straßenwachtürme in der Provinz
Noricum, basierend auf GIS-Methoden und der Analyse der angrenzenden Gebiete.
Außerdem wird die Situation in Noricum verglichen mit der in Rätien, wo sechs
Straßenwachtürme entlang einer wichtigen römischen Straße zwischen Augsburg und
Kempten identifiziert wurden. Es werden GIS-basierte Sichtbarkeitsanalysen
verwendet, um die Platzierung der Straßenwachtürme und ihre Beziehung zu den
benachbarten militärischen Anlagen und dem Straßennetz zu untersuchen. Die
Hauptforschungsfrage, die der Verfasser zu beantworten versucht, ist, ob die
Straßenwachtürme in Noricum und Rätien auch so positioniert wurden, dass die
Sichtverbindung zu den angrenzenden Türmen ausschlaggebend war. Es kann in der
Arbeit gezeigt werden, dass die Positionierung der Straßenwachtürme sorgfältig
geplant wurde, wobei der Schwerpunkt auf der Sichtbarkeit der Türme untereinander
lag, und dass einige der Türme am Rand des Sichtfeldes des benachbarten Turmes
lagen. Zuletzt wurden in der vorliegenden Studie vergleichende Untersuchungen
vorgenommen was die möglichen Höhen der Wachtürme angeht. So wurde der
Sichtbereich an ausgesuchten Positionen innerhalb des Studiengebietes mit
rekonstruierten Höhen von 8 bzw. 10 m genauer untersucht.
Keywords: Burgus, Wachtürme, Roman Limes, Danube Limes, Raetia, Noricum, GIS-
Analysis, Visibility Analysis
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
2
In diesem Artikel soll die Entdeckung von zwei römischen Straßenwachtürmen
im Wienerwald an einer wichtigen antiken Straßentrasse thematisiert werden und der
Befund in einen Kontext der topographisch-historischen Umgebung gestellt werden.
Aufgrund der neuen Sachlage sollen des Weiteren noch Überlegungen zu weiteren
möglichen Standorten von römischen Straßenwachtürmen in der Provinz Noricum
angestellt werden. Unter zur Hilfenahme von modernen GIS-Methoden wird der
angrenzende Raum systematisch von den neu entdeckten Positionen aus prospektiert
und so die Grundlage geschaffen, um den Kordon bekannter römischer
Militärpositionen zu verdichten. Damit wird der ICOMOS und UNESCO Empfehlung
Rechnung getragen, wo es ausdrücklich heißt: Continuing on-going research and
documentation on the Roman course(s) of the River Danube, encouraging where
possible connections between relevant component parts and the original river course
to which they were related, and make the outcomes of this research work accessible”
1
.
Wenngleich anzumerken ist, dass in der derzeitigen Fassung der Definition
2
des
Welterbes, “[…] Vorposten- als auch Kastelle im Hinterland […]”
3
ausgeschlossen sind.
In einem Exkurs werden an einer wichtigen römischen Straßenverbindung zwischen
Augsburg und Kempten bereits lokalisierte Straßenwachtürme einer näheren GIS-
gestützten Untersuchung unterzogen, um so mögliche weitere Standorte ermitteln zu
können, bzw. das angewandte Signalsystem näher in den Blick nehmen zu können.
Eine konkrete Forschungsfrage, die in dieser Arbeit beantwortet werden soll, lautet:
Wurden auch die Straßenwachtürme in den römischen Provinzen Noricum und Rätien
so platziert, dass die Sichtverbindung zu den benachbarten Türmen ausschlaggebend
war?
1. Einleitung
Der norische Limesabschnitt zählte bereits in der Antike zu den neuralgischen
Abschnitten der römischen Grenze, da hier u. a. wesentliche Handelsrouten aus dem
norddanubischen Raum an die Donau führten und daher mit feindlichen Einfällen zu
rechnen war. Auch in der Forschungslandschaft zeichnet sich diese Stellung ab und
genießt die römische Limesforschung von jeher hohes Ansehen und breite
wissenschaftliche Beteiligung
4
. Zielte die Forschungslandschaft im 20. Jahrhundert vor
allem darauf ab, große, bekannte Fundstätten zu untersuchen und römische Kastelle
näher unter die Lupe zu nehmen
5
, zeichnet sich erfreulicherweise in den letzten Jahren
eine zunehmende Verschiebung des Forschungsinteresses auf ländliche
Siedlungsstrukturen
6
und kleinere römische Befestigungen ab, die bisher nur ein
Nischendasein fristeten in der Forschungslandschaft. Auch die in diesem Beitrag im
Mittelpunkt stehenden römischen Wachtürme
7
rücken neuerdings zunehmend in den
1
UNESCO 2021, 44 COM 8B.24 - Frontiers of the Roman Empire The Danube Limes (Western
Segment), (Austria, Germany, Slovakia), Accessed December 29, https://whc.unesco.org/en/decisions/
7943/
2
Breeze, Schwarcz, Ployer 2023, 15.
3
Breeze, Schwarcz, Ployer 2023, 17.
4
Die Geschichte des Donaulimes zusammenfassend etwa Breeze, Schwarcz, Ployer 2023; Ubl 2006;
Wolfram 2003.
5
Die Limesforschungen perspektivisch zusammengefasst bei Ubl 1974-1975; Ubl 1980; Pollak 2015;
und zuletzt Ruprechtsberger 2015; Ployer 2018, 15.
6
Wegweisend hierzu etwa neuerdings die Forschungen von Hagmann 2023, 2019, 2020a, 2020b,
2020c; und zuletzt zu wirtschaftlichen Aspekten rund um ein römisches Legionslager Reisinger 2019.
7
Grundlegend zu den Wachtürmen Baatz 1976; Ubl 1995; Woolliscroft 2017. Eine griffige Übersicht zu
den Wachtürmen am Limes wurde von Sonja Jilek 2005 im Führer zu den archäologischen
Denkmälernpubliziert. Jilek 2005.
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
3
Fokus der akademischen Forschung
8
. In den Nachbarländern, etwa donauabwärts,
aber auch stromaufwärts sind die römischen Burgi und Kleinkastelle schon längere
Zeit ein zentraleres Thema in der Limesforschung
9
. Einen wesentlichen Impuls bei der
Erforschung der römischen Militäranlagen an der Donau – aber natürlich nicht nur dort
spielen neue technische Möglichkeiten bei der Geländeprospektion
10
. Vor allem die
in den letzten Jahren flächendeckend und kostenlos zur Verfügung stehenden digitalen
Daten in Form von Geländemodellen (DGM, DOM = digitales Geländemodell/digitales
Oberflächenmodell) und Luftbildern in sehr hoher Auflösung, spielen dabei eine
wichtige Rolle
11
. So stehen im Atlas
12
und auch im DORIS
13
etwa seit einigen
Jahren Geländemodelle von ganz Niederösterreich bzw. Oberösterreich zur Verfügung
(Schummerung/Hillshade) die aufgrund ihrer hohen räumlichen Auflösung die
Möglichkeit bieten im Erdboden versteckte Geländemerkmale sichtbar zu machen. Die
benutzerfreundliche und einfache Handhabung dieser öffentlich zugänglichen digitalen
Ressourcen sind vor allem in Hinblick auf eine Forschungsintegration von “citizen
scientists” von großer Bedeutung, standen doch solche technischen Möglichkeiten bis
vor nicht allzu langer Zeit nur Fachleuten zur Verfügung bzw. erforderten ein großes
technisches Know-how
14
. Überhaupt im bewaldeten Gebiet können die ALS-Daten
(Airborne-laser-scanning) feinste Bodenunebenheiten wiedergeben und so visuell
sichtbar machen. So können kleinste Erhebungen, wie eingeebnete Hügelgrabreste
ausgemacht werden, wenn der richtige Visualisierungsalgorithmus verwendet wird
15
.
2. Forschungsstand
Bisher konnten am österreichischen Limesabschnitt
16
18 römische
Wachtürme/Burgi lokalisiert werden, wobei Standorte mit mehrphasigen Türmen als
ein Standort gezählt wurden
17
. Weiters wird bei der folgenden Aufzählung nicht
zwischen Burgus und Wachturm unterschieden, da bei vielen Positionen eingehende
archäologische Untersuchungen noch ausständig sind und daher die Ansprache als
Burgus und/oder Wachturm ohnehin zurzeit einer gewissen Unsicherheit untersteht.
1. Wachturm Kobling-Rossgraben
18
;
2. Wachturm Hirschleitengraben
19
;
3. Wachturm Albing
20
;
8
Vgl. zur Thematik etwa zuletzt Klammer, Traxler 2022; Klammer 2018, 2023; Klammer, Traxler 2024;
Lehenbauer 2021, 2023b, 2023a; Groh 2022; Lehenbauer 2022; Linck, Fassbinder 2022; Grabherr,
Kainrath 2024.
9
Cociș 2016-2017, 2018; Cociș, Bacuet-Crisan, Bejinariu 2018; Jeremic 2007; Teodor 2018; Krieger
2018; Reinhart 2022, 2.
10
Casana, Goodman, Ferwerda 2023; Casana 2014, 2023; Schaich, Langer 2009.
11
Linck, Fassbinder 2022, 2; Doneus et al. 2008; Doneus, Kühtreiber 2012.
12
https://atlas.noe.gv.at/ (abgerufen am 30.12.2023).
13
https://www.doris.at/ (abgerufen am 30.12.2023).
14
Breeze, Schwarcz, Ployer 2023, 32.
15
Zu den gängigsten Methoden der Visualisierung in einem GIS, siehe unten.
16
Es handelt sich dabei um einen etwa 357,5 km langen Abschnitt. Breeze, Schwarcz, Ployer 2023, 37.
17
Die römischen Militärpositionen Ybbs an der Donau und der spätantike Burgus von Mösendorf wurden
nicht in diese Zählung aufgenommen. Bei Ybbs ist die gesicherte Ansprache als Wachturm bisher trotz
archäologischer Untersuchungen nicht gegeben und Mösendorf liegt nicht im direkten Grenzgebiet und
wird daher einer anderen strategischen Rolle zugeteilt (Straßenburgus). Vgl. Grabherr, Kainrath, Traxler
2018; Hebert 2019. In Kürze erfolgt die Publikation eines weiteren Wachturms (mit aussagekräftigem
Fundmaterial), der bisher nur vage vermutet wurde.
18
Ployer 2018, 24.
19
Ployer 2018, 26.
20
Groh 2022.
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
4
4. Wachturm Stein-St. Pantaleon
21
;
5. Wachturm Haslach-Erla
22
;
6. Wachturm Au-Engelbachmühle
23
;
7. Wachturm Sommerau
24
;
8. Straßenwachturm Neumarkt
25
;
9. Wachturm Melk-Spielberg
26
;
10. Wachturm Blashausgraben
27
;
11. Wachturm St. Johann im Mauerthale
28
;
12. Wachturm Bacharnsdorf
29
;
13. Wachturm St. Lorenz
30
;
14. Wachturm Windstalgraben
31
;
15. Wachturm Hollenburg
32
;
16. Wachturm Hollenburg-Kirche
33
;
17. Wachturm Maria Ponsee
34
;
18. Wachturm Greifenstein
35
;
Neben den oben genannten Positionen gibt es eine ganze Reihe von Standorten,
die in der Literatur als mehr oder weniger wahrscheinlich als Wachturmpositionen
beschrieben werden
36
. Zuletzt wurden auch einige Positionen postuliert und zu
weiteren Beobachtungen angeregt
37
. Es kann mit Sicherheit konstatiert werden, dass
am gesamten österreichischen Limesabschnitt noch eine ganze Reihe von
Turmstandorten der Entdeckung harrt. Die Plausibilität dieser Aussage kann auch
beispielsweise anhand von Sichtfeldanalysen gezeigt werden, wo zu erkennen ist,
dass z. B. der Donauabschnitt des Strudengaues also der Bereich zwischen Ybbs
und Ardagger von keinem der bisher sicher festgestellten militärischen Stützpunkte
aus eingesehen werden konnte. Dies impliziert das Fehlen, von militärischen
Stützpunkten im betreffenden Gebiet, war doch eine effektive und sichere
Grenzverteidigung und Kontrolle nur mit einer geschlossenen und redundant
21
Grabherr, Kainrath 2024; Klammer, Traxler 2022, 2024b.
22
Grabherr, Kainrath 2024; Klammer, Traxler 2022, 2024b.
23
Ployer 2018, 48.
24
Ployer 2018, 56.
25
Ployer 2018, 60.
26
Ployer 2018, 68.
27
Ployer 2018, 70.
28
Ployer 2018, 72; Fries 2015; Fries et al. 2022; Hebert 2019.
29
Ployer 2018, 76.
30
Ployer 2018, 80.
31
Ployer 2018, 82.
32
Ployer 2018, 92.
33
Ployer 2018, 94. Weitere Aspekte und GIS gestützte Geländeanalysen, die eine Nutzung des heutigen
Kirchenareals als Wachtstation in der Römerzeit wahrscheinlich machen sind zu finden bei Lehenbauer
2023a, 1214.
34
Ployer 2018, 100.
35
Neugebauer 1970; Ubl 1995; David, Andreas, René 2023, 36.
36
So finden sich bei Ployer die Standorte Wesenufer, Kobling-See, Ufer, Sarling und Säusenstein als
vermutete Wachtürme verzeichnet. Ployer 2018, 11819.
37
Es handelt sich um folgende Örtlichkeiten: Wachturm/Kleinkastell Rabenstein (KG Hössgang/MG
Neustadtl an der Donau), Schönbühel an der Donau (KG Schönbühel an der Donau/MG Schönbühel-
Aggsbach), Aggsbach-Dorf/Hohenwarthberg/Luftberg (KG Aggsbach/MG Schönbühel-Aggsbach),
Sand-Freienstein (KG Freienstein/MG Neustadtl an der Donau), Schloss Donaudorf (KG Donaudorf/SG
Ybbs an der Donau), Donaudorf-Schadelreith (KG Donaudorf/SG Ybbs an der Donau). Vgl. Lehenbauer
2023a.
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
5
konzipierten Signalkette zu bewerkstelligen, die den gesamten Donaulauf im Blick
hatte
38
(Abb. 1).
Was nun konkret die Turmstandorte an wichtigen römischen Straßen angeht, so
gibt es in der Literatur, die den österreichischen Limesabschnitt betrifft, nur sehr
wenige Angaben. Bislang fand in der norischen Limesforschung, insbesondere in der
österreichischen Forschungslandschaft eine unzureichende Beschäftigung mit
Wachtpositionen an römischen Straßentrassen statt
39
. Hiermit soll ein erster Anstoß
zu weiteren Beobachtungen gegeben werden.
Besser sieht die Forschungslage etwa im heutigen Bayern (Rätien)
40
aus, wo
spätestens ab der mittleren Kaiserzeit “[…] [an] relevanten Straßenverbindungen,
Alpenpässe[n] und Flussüberquerungen […]”
41
mit militärischen Anlagen gerechnet
wird. Konkret wurde etwa die Straße von Kempten nach Augsburg durch 6
nachweisbare Wachtürme gesichert
42
.
Die Türme selbst weisen ein sehr unterschiedliches Aussehen auf und bestanden
in der Frühzeit aus Holz/Erde-Anlagen, welche später in Stein ausgebaut wurden
43
.
Diese Entwicklung ist vor allem am rätischen Limes besonders gut sichtbar, da in den
digitalen Geländemodellen häufig sowohl der Standort des frühen Holzturmes
38
Donaldson 1988; Lazarescu, Bilasco, Vescan 2016; Woolliscroft 2010; Woolliscroft, Hoffmann 1999;
Linck, Fassbinder 2022; Fischer 2015, 34-35.
39
Zur Thematik im angrenzenden Bayern siehe neuerdings Reinhart 2022.
40
Grundlegend zum rätischen Limes siehe Czysz et al. 2005; Fischer, Riedmeier-Fischer 2017.
41
Reinhart 2022, 20.
42
Reinhart 2022, 20; Ohlenroth 1939.
43
Fischer 2015, 34.
Abb. 1. Römische Militäranlagen zwischen Ybbs an der Donau und Passau, (Grafik: Harald
Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
6
erkennbar ist als auch der spätere Steinturm erkannt werden kann
44
. An der
österreichischen Donaugrenze wurden bislang keine Holzwachtürme gesichert
festgestellt. Lediglich oberhalb von Höflein an der Donau befindet sich eine von einem
Graben-Wall umfangene befestigte Stelle, wovon römisches Fundmaterial vorliegt. Da
bisher von der betreffenden Örtlichkeit keinerlei Ziegel- oder Steinreste bekannt
geworden sind und auch keine Mörtelreste gefunden wurden, die an bekannten
Steinturmstandorten üblicherweise auftreten, kann wohl davon ausgegangen werden,
dass es sich um einen Holzturm gehandelt haben wird
45
. Weitere Erkenntnisse in
diesen Belangen, können jedoch nur durch archäologische Untersuchungen erreicht
werden (Abb. 2).
Die Größe der Wachtürme/burgi liegt meist zwischen 9 x 9 und 12 x 12 m
46
aber
es lässt sich erkennen, dass die frühen Holztürme in der Regel deutlich kleiner
dimensioniert gewesen sind
47
. An den Turmstandorten im Hirschleitengraben, Stein
und Haslach-Erla konnten archäologisch gesichert, kleinere Turmfundamente
festgestellt werden, die von Vorgängerbauten des 2./3. Jahrhunderts stammen
dürften
48
. Typologisch wurden daher die in der Spätantike
49
errichteten Anlagen größer
und stärker befestigt. Diese Änderungen in der Typologie der Bauten gehen Hand in
Hand mit den Veränderungen in der römischen Militärarchitektur unter Konstantin I.
44
Krieger 2018.
45
KG Höflein an der Donau/SG Klosterneuburg, Parz. Nr. 288/6. Vgl. Schwammenhöfer 2022, 3133.
46
Reinhart 2022, 12; Klammer 2023, 13.
47
Baatz 1976, 17; Reinhart 2022, 12.
48
Grabherr, Klammer, Kremslehner 2022; Klammer, Traxler 2022; Ployer 2022, 258.
49
Zur Spätantike vgl. Ubl 2011, 1985; Ployer 2022.
Abb. 2. Wachtstation Höflein an der Donau, (Foto: Hermann Schwammenhöfer ca. 1975).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
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(306–337 n. Chr.) und Valentinian (364–375 n. Chr.)
50
. Wir besitzen allerdings auch
Kunde von Wachtürmen an Straßentrassen aus der Zeit des Commodus, wobei hier
die Inschrift CIL VIII 2495
51
zu nennen ist, wo ein Wachturm genannt wird, der errichtet
wurde zwischen zwei Straßen, um die Sicherheit für die Reisenden zu erhöhen
(“burgum Commodianum speculatorium inter duas vias ad salutem commeantium
nova tutela”)
52
. Weiters wurde an anderen Limesabschnitten beobachtet, dass die
Türme an Straßenabschnitten errichtet wurden, die in gebirgigen Regionen verliefen.
53
Die im zitierten Aufsatz geschlussfolgerte Funktion der Straßenwachtürme als Orte
zum Schutz von Reisenden
54
, kann in den hier behandelten Arealen nicht geteilt
werden. Die Positionierung der Türme erfolgte wie zu zeigen sein wird
augenscheinlich, unter Prämisse der Sichtverbindung zu benachbarten Türmen. Eine
Ausrichtung und Positionierung, die in irgendeiner Art und Weise dazu gedient haben
soll, Reisenden Schutz zu gewähren lässt sich anhand der hier gewonnenen Daten
nicht feststellen.
3. Methodik
3.1 Allgemein
Um die Standorte der Wachtürme einer genaueren Untersuchung zu unterziehen
und die Standortwahl näher ergründen zu können, wurden umfangreiche
landschaftsarchäologische methodische Ansätze der digitalen Archäologie verfolgt. So
wurde das digitale Geländemodell in einer Auflösung von 0,5
55
m bzw. 1 m verwendet
und mit verschiedenen Visualisierungsmethoden
56
auf Geländeanomalien hin
untersucht, die auf römische Wachtürme hindeuten könnten
57
. Weiters wurden
Sichtfeldanalysen durchgeführt, um potenzielle Standorte von anschließenden
Wachturmstandorten zu eruieren und einer näheren Betrachtung zuzuführen. Nicht
zuletzt waren die vom römischen Militär gewählten Turmstandorte Ausgangspunkt von
Untersuchungen, die mittels Sichtpotenzial näher unter die Lupe genommen wurden.
Nachfolgend eine kurze deskriptive Behandlung der verschiedenen Wachturmtypen.
50
David, Andreas, René 2023, 44-46. Zum römischen Militär der Spätantike speziell Fischer 2020.
51
EDCS-ID: EDCS-20300074.
52
Zit. n. Rushworth 2023, 222.
53
Rushworth 2023, 222.
54
Rushworth 2023.
55
Für die Untersuchungen in Bayern wurde das 1 m DGM-Raster herangezogen, dass von der
Bayerischen Landesvermessung kostenlos zum Download zur Verfügung gestellt wird. Im Wienerwald
wurde teilweise das 0,5 m DGM-Raster verwendet, das dankenswertweise von DI Gerhard Pfahler
(Land Niederösterreich) kostenlos übermittelt wurde. Bayerische Vermessungsverwaltung 2023. Für die
Sichtfeldberechnungen im Wienerwald wurde das DGM-Raster mit einer Auflösung von 1 m verwendet,
welches vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen kostenlos zur Verfügung gestellt wird.
Abteilung Fernerkundung 2022.
56
Für alle computergestützten Analysemethoden wurde das kostenlose GIS-Programm QGIS in der
Version 3.30 verwendet. Für die Sichtfeldanalysen wurde die GDAL-Erweiterung (Funktion Sichtfeld)
verwendet und zur Visualisierung des Geländemodells mit verschiedenen Algorithmen wurde die „Relief
visualization toolbox (RVT)“ in der Version 0.9.6 verwendet. Weiters wurde (wenn nicht anders
angeführt) bei den Parametern der Beobachter- bzw. Zielhöhe ein Wert von 10 m verwendet, da dieser
Wert unter Becksichtigung der wissenschaftlichen Literatur eine gut gangbare Arbeitsprämisse
darstellt. Vgl. Callierotti 2012. Weiters wurde für den Radius der Sichtfeldanalyse ein Wert von 5000 m
herangezogen. Dieser eher zufällig gewählte Wert, stellte sich im Arbeitsgebiet als brauchbare Prämisse
heraus. Auch da aus früheren Studien bekannt ist, dass dieser Wert in der Praxis noch eine gute
Signalübermittlung zulässt. Vgl. Marcu 2023, 79.
57
Grundlegend zu den herangezogenen Methoden und Datensätzen etwa Challis, Forlin, Kincey 2011;
Bennett 2014; Bennett et al. 2012; Chase, Chase, Chase 2017; Chase et al. 2012; Doneus 2013;
Doneus, Neubauer 2013.
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
8
Als weiterer Punkt wurde die rekonstruierte Sichthöhe von Straßenwachturm 1 im
Raitenbucher Forst mit 10 m und 8 m festgelegt in der Sichtfeldanalyse, um die
Auswirkungen auf die Sichtweite eruieren zu können
3.2 LiDAR in der Archäologie
Bevor wir die Methodik des Airborne-Laserscannings sowie die verwendeten
Parameter und Algorithmen erklären, müssen wir betonen, wie wichtig eine gute
Datenbasis ist. Diese ist die Grundlage für alle Schlussfolgerungen, die wir ziehen.
Deshalb sollten wir darauf besonders achten und die verwendeten Daten und
Parameter genauer erläutern. Die Technik des Airborne-Laserscannings ist nicht
grundsätzlich neu und findet seit geraumer Zeit Verwendung in archäologischen
Fragestellungen und Untersuchungen. Die Generierung der Daten erfolgt im
Untersuchungsgebiet auf Basis von flugzeuggetragenen Laserscannern, die in
regelmäßigen Abständen die jeweiligen Gebiete befliegen und so für aktuelle
Geländemodelle sorgen. Die Laserscanner sind meist stationär an den Flugzeugen
montiert und messen die Zeit, die die Laserstrahlen benötigen, um vom Boden
reflektiert zu werden. Daher ist auf freier Fläche ohne Wald mit den besten
Ergebnissen zu rechnen, da sich hier perfekte Bedingungen ergeben, was die
Abtastung des Geländes durch die Laserstrahlen angeht. Anders in Wäldern, wo
immer mit einer weniger guten Durchdringung durch die Laserstrahlen zu rechnen ist
und daher auch eine geringere Punktdichte (gerechnet in Punkte pro m
2
) erreicht wird.
Bevor die hier gewonnenen Daten jedoch in für die Archäologie nutzbare
Geländemodelle umgewandelt werden können, erfolgt eine Klassifizierung der
Rohdaten durch die jeweiligen Auftraggeber der Befliegungen. In der Regel sind dies
die zuständigen Gebietskörperschaften der Bundesländer, z. B. für Niederösterreich,
die niederösterreichische Landesregierung (Bauabteilung) bzw. für Bayern die
Bayerische Landesvermessung. Ohne hier jetzt auf technische Details genauer
eingehen zu können, werden die durch die Laserscanner generierten Punktwolken
(point-clouds) bei der Erstellung eines Digitalen Geländemodells dahingehend
bearbeitet, als dass etwa Gebäude und andere anthropogene Strukturen
herausgerechnet werden. Somit entsteht eine Datenbasis, die die Geländeoberfläche
möglichst detailgetreu wiedergibt. Davon zu unterscheiden ist das Digitale
Oberflächenmodell, welches auch die auf der Erdoberfläche bestehenden Strukturen
(Häuser, Bäume, Autos usw.) abbildet.
Betont werden muss hier, dass auch Waldbereiche mittlerweile von den
Laserstrahlen in äußerst guter (daher dichter) Intensität durchdrungen werden können.
Daher ergibt sich ein wesentlicher herauszustellender Faktor dahingehend, dass das
Gelände auch in Waldbereichen einer archäologischen Prospektion zugeführt werden
kann. Da aber die Archäologie in der Praxis keinen Einfluss nehmen kann, wann
Befliegungen stattfinden, muss erwähnt werden, dass in dichten Wäldern und hier
besonders in den Frühjahr- und Sommermonaten besondere Vorsicht geboten ist
hinsichtlich der Datenauswertung (Interpretation). Dies deshalb, da die Laserstrahlen
unter diesen Bedingungen nur schlecht bis zum Erdboden durchdringen können und
daher auch die Abtastrate geringer ist, was zu Datenfehlern und Datenartefakten
führen kann.
Ausgehend von den Punktwolken werden dann von den jeweiligen
Datenanbietern die Geländemodelle in verschiedenen räumlichen Auflösungen zum
Download bereitgestellt. Dieser Parameter hat einen wichtigen Einfluss auf die
Anwendbarkeit in der Archäologie, zumal eine Auflösung von etwa 0,5 m bedeutet,
dass eine zu erkennende Struktur mindestens 50 cm Abmessung haben muss, um
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
9
einen Niederschlag in den visualisierten Daten in der Größe von 1 Pixel zu haben.
Respektive muss bei einer niedrigeren Auflösung von 1 m die Struktur, die erkannt
werden soll, mindestens 1 m groß sein.
58
In der archäologischen Prospektion dieser Daten wird in der Regel mit einem
GIS-Programm (Geographisches-Informations-System) eine Visualisierung der
Geländemodelle vorgenommen. Dieser Visualisierung liegen verwendete Algorithmen
zugrunde. Je nach Geländebeschaffenheit (etwa gebirgige Landschaft, ebene Flächen
usw.) eignen sich unterschiedliche Algorithmen gut bzw. weniger gut zur
Visualisierung. Wie gezeigt werden konnte, haben wir es bei der hier behandelten
Thematik mit vielschichtigen und komplexen Überlegungen zu tun:
1. Datenquelle (Punktwolke – Qualität der Geländeabtastung)
2. Digitales Geländemodell (Nachbearbeitung der Rohdaten)
3. Visualisierung (GIS-Analysen/Algorithmen)
4. Interpretationsleistung (hochgradig subjektiv/erfahrungsabhängig)
Basierend auf den oben genannten Geländemodellen wurden auch die hier
angestellten Sichtbarkeitsanalysen durchgeführt. Im Wesentlichen wird durch den
Algorithmus und unter Berücksichtigung der angewandten Parameter berechnet, ob
die angeführten Punkte untereinander sichtbar sind.
Wachturmtypen
Straßenwachtürme / Straßenburgi
Die Bedeutung dieser Wachtürme kann unter Signaltürme subsumiert werden,
da die vordergründige Aufgabe dieser Türme wohl in der Signalübermittlung von Ort A
nach Ort B bestand. Die Übermittlung der Nachrichten sollte möglichst schnell,
geschehen, in diesem Fall auf visuellem Weg, also in Echtzeit
59
. Außerdem waren mit
einiger Sicherheit an manchen dieser Standorte sogenannte Benefiziarier stationiert,
welche als “Straßenpolizei” im römischen Reich fungierten
60
. Das charakteristische
Merkmal dieser Anlagen ist ihre unmittelbare Nähe zu wichtigen römischen
Straßentrassen, deren Sicherung sie neben der Nachrichtenübermittlung
übernahmen
61
.
Grenzburgi
Bei den Wachtürmen in der unmittelbaren Grenzregion handelt es sich um
Militärstationen, die neben der primären Funktion der Signalübermittlung auch die
Kontrolle
62
der Grenzregion auszuführen hatten. Damit haben wir es mit zwei
wesentlichen Aufgabestellungen zu tun, unter deren Prämisse auch die Auswahl der
Standorte der Türme stand. Im Vordergrund stand die Übermittlung von Signalen auf
einer visuellen Basis von Kastell zu Kastell bzw. Turm zu Turm. Hierzu wurden
Standorte gewählt, die von den angrenzenden Posten aus gesehen werden konnten.
Des Weiteren war die Sicht auf die Grenzlinie von essenzieller Bedeutung. Sollte die
Geländesituation sich so dargestellt haben, dass nicht alle Wachtürme die Grenzlinie
einsehen konnten, so wurde darauf geachtet, dass dieser „blinde Fleck“ von einem
58
Die in dieser Studie verwendeten Datenparameter sind unter der jeweiligen Anmerkung zu finden.
59
Zur Nachrichten- und Signalübertragung am Donaulimes siehe etwa Erker 2023.
60
Czysz 2005a, 196.
61
Visy 2022.
62
David, Andreas, René 2023, 27.
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
10
benachbarten Turm aus geschlossen werden konnte. Untersuchungen zeigen, dass
aber natürlich auch Signale von den Grenztürmen ins Landesinnere weitergegeben
wurden.
63
Die römischen Wachtstationen 1 und 2 bei Mauerbach im Wienerwald
Ohne jetzt genauer auf die Geschichte des Wienerwaldes
64
eingehen zu können,
soll nur angemerkt werden, dass durch diesen großen Waldbereich bereits in der
römischen Antike, ausgehend von Wien, wichtige Straßenverbindungen nach Westen
führten
65
. Eine terminologische Ansprache der Straßenabschnitte ist in den meisten
Fällen nicht möglich. Die römischen Streufunde entlang der Trassen basieren auf den
von Hermann Schwammenhöfer publizierten Daten und können als starke Indizien für
eine römerzeitliche Nutzung gewertet werden. Nach Huber verlief die römische
Limesstraße von Wien über Klosterneuburg durch das Kierlingtal nach St. Andrä und
Zeiselmauer bis nach Nitzing. Dort teilte sich die Straße in eine nach St. Pölten
führende Reichsstraße und in eine das Donauufer begleitende Trasse nach Tulln
66
,
Traismauer
67
und Mautern
68
, wo sich jeweils auch römische Kastelle befanden.
69
Für uns ist die Schilderung eines Abschnitts der Limesstraße vom nordwestlichen
Gebirgsrand über St. Andrä nach Königstetten und über den Scheiblingstein entlang
des Alserbachtales nach Wien von Interesse und ebenso eine von Huber postulierte
weitere Römerstraße durch das Mauerbachtal
70
.
Es wird zu zeigen sein, dass es ich hierbei nicht nur um eine “weitere
Römerstraße”
71
handelt, sondern es sich um einen äußerst wichtigen Straßenabschnitt
gehandelt haben muss. Dies zeigt nicht nur das Vorhandensein von mehreren
römischen Wachtstationen, sondern auch die direkt an der Trasse befindliche
römische Straßenstation, bei der es sich eventuell um die in der Tabula Peutingeriana
72
genannte Station Citium handeln könnte
73
.
Die beiden Wachtstationen befinden sich etwa 2200 m und 1000 m westlich der
genannten Straßenstation im bewaldeten Gebiet an einer wichtigen Straßentrasse,
die, auch fundmäßig belegt, bereits in der Antike genutzt wurde. Beide Anlagen wurden
bereits in den 1980-iger Jahren von Sondengängern entdeckt, aber erst kürzlich durch
Hermann Schwammenhöfer publiziert
74
. Das von Schwammenhöfer publizierte
Fundmaterial von der Wachtstation Mauerbach 1 datiert grob in das zweite
Jahrhundert n. Chr. Wenige Meter östlich der Wachtstation 2 konnte laut
Schwammenhöfer ein römisches AS gefunden werden
75
.
Die Wegspuren sind im Geländerelief noch deutlich sichtbar und zeigen die
spezielle Position der Wachtstation 1. Aus westlicher Richtung von Tulbing kommend
ziehen die breiten Hohlwegfächer in das Waldgebiet und weiter zur Wachtstation 2, die
63
Callierotti 2012, 18.
64
Roschitz 1999.
65
Huber 1999.
66
Ployer 2018, 106-11; Ubl 2005b, [1986] 1989b.
67
Ployer 2018, 96-99; Ubl 2005a; Steigberger 2015; Ubl [1986] 1989a.
68
Ployer 2018, 84-91; Gassner 2005; Groh, Sedlmayer 2015; Stiglitz [1986] 1989.
69
Huber 1999, 30.
70
Huber 1999, 30.
71
Huber 1999, 30.
72
Zur Tabula Peutingeriana siehe Ubl 1993; Polaschek 1936, 1928; Bernleithner 1969.
73
Schwammenhöfer 2022.
74
Im Zuge der Grabungen im Bereich der Straßenstation, wurde Dr. Kurt Bors von der Ausgräberin des
Bundesdenkmalamtes beauftragt, die Wachtstation 1 in Augenschein zu nehmen. Bei den
darauffolgenden Grabungen konnte 1994 Fundmaterial geborgen werden, dass von Kurt Bors als
mittelalterlich eingestuft wurde. Persönliche Information von Hermann Schwammenhöfer, Bors 1995.
75
Schwammenhöfer 2021.
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
11
sich auf dem Gebiet der Marktgemeinde Tulbing befindet
76
. Der Großteil der Altwege
bzw. Altstraßen zieht wenige Meter entfernt südlich am Wachturm 2 vorbei. Im digitalen
Geländemodell zeichnen sich die Erdwerke der Wachtstation deutlich ab und lassen
aufgrund der Charakteristik auf einen einstmals aus Stein errichteten Turm schließen.
So sind die um den ehemaligen Wachturm angelegten Gräben noch an drei Seiten
recht deutlich erkennbar. Der isolierte Innenbereich ist am Rand ca. 0,4 m hoch
wallartig erhöht, was ein mögliches unter dem Erdboden befindliches Mauerwerk
vermuten lässt. Die annähernd quadratische Struktur hat eine Seitenlänge, an den
Gräben gemessen, von etwa 26 m, während der mittige Turmbereich 10 m Seitenlänge
aufweist. Die Erdsubstruktionen werden von einem nordwest-südost verlaufenden
Weg im äußeren Bereich geschnitten (Abb. 3) (Abb. 4) (Abb. 8).
Die topographischen Begebenheiten erzwingen unmittelbar
77
nach der
Wachtstation 2 eine Verengung aller Wege auf engsten Raum. Anschließend fächern
sich die Altwege wieder auf einer Breite von ca. 215 m auf, um kurz danach abermals
durch einen tiefen Graben verengt zu werden. Diese Engstelle befindet sich 1,2 km
östlich der Wachtstation Mauerbach 2 und exakt oberhalb dieses Grabeneinschnittes
platzierten die römischen Bauingenieure die Wachtstation, welche wir als Mauerbach
1 führen
78
. Betrachten wir die erhaltenen Erdwerke, so zeigt sich auch hier im digitalen
Geländemodell eine charakteristische Anlage, in Form eines kleinen Hügels, der von
76
Parz. 420/1 (KG Tulbing/MG Tulbing), GK M31: 208133,47/351480,14.
77
Die Engstelle befindet sich ca. 400 m östlich der Wachtstation und wird durch einen unpassierbaren
Grabeneinschnitt gebildet.
78
Parz. 381 (KG Mauerbach/MG Mauerbach), GK M31: 209289,16/350948,77.
Abb. 3. Wachtstation Mauerbach 1,
(Foto:
Hermann Schwammenhöfer, ca. 1975).
Abb. 4. Wachtstation Mauerbach 1, (Foto:
Hermann Schwammenhöfer, ca. 1975)
Abb. 5. Wachtstation Mauerbach 2. (Foto:
Hermann Schwammenhöfer, ca. 1975)
Abb. 6. Wachtstation Mauerbach 2. (Foto:
Hermann Schwammenhöfer, ca. 1975)
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
12
einem seichten Graben umfangen wird. Der umlaufende Graben hat eine Tiefe von ca.
0,6 m und der mittige Bereich liegt 1,6 m erhöht und weist ebenfalls eine quadratische
Form mit einer Kantenlänge von 7 m auf. Den Durchmesser der Anlage von
Wallscheitel zu Wallscheitel gibt Bors mit 12 m
79
an, was auch am Geländemodell
bestätigt werden kann. Es darf davon ausgegangen werden, dass die Situierung der
Wachtstation an dieser neuralgischen Stelle nicht zufällig gewählt worden ist. Wir
wollen nun anschließend eine Bewertung und Einschätzung der strategischen
Situation im Raum um die Stationen durchführen (Abb. 5) (Abb. 6) (Abb. 7).
79
Bors 1995, 632.
Abb. 8. Wachtstation 1 im digitalen Geländemodell (RVT Blender), (Grafik:
Harald Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
13
Untersuchung der Platzierung der Wachtstationen anhand einer
Sichtpotenzialanalyse
Die Anwendung von Sichtfeldanalysen zur Beurteilung und zur topographischen
Einschätzung von römischen Wachtürmen wurde in den letzten Jahren mit
zunehmender Häufigkeit implementiert
80
. Dabei konnte gezeigt werden, dass die
Auswahl der Wachturmstandorte vom römischen Militär sehr sorgfältig gewählt wurde
und dass sich die Wachtürme oftmals im Randbereich der Sichtfelder der
Nachbartürme befanden
81
.
Betrachten wir nun zuerst das Sichtfeld der Wachtstation 2, so zeigt sich klar,
dass sich dieses sehr weit im Gelände erstreckt und vor allem in östliche Richtung den
geradlinigen Verlauf der Straßentrasse vollständig abdeckt bis zum Bereich der oben
angesprochenen Engstelle. Damit ist was noch bedeutender erscheint aber auch
indiziert, dass der Wachturm Mauerbach 1 noch eingesehen werden kann. Nach einer
Zusammenführung der topographischen Begebenheiten und des Sichtfeldes vom
Wachturm 2, kann konstatiert werden, dass die Positionierung von Wachturm 1 exakt
am strategisch bestmöglichen Platz erfolgte, da sowohl die Engstelle als auch das
Sichtpotenzial von Wachtstation 2 berücksichtigt worden ist. Weiters offenbart die
Sichtfeldanalyse, dass vom Wachturm 2 kein Sichtkontakt zur römischen
Straßenstation Citium (?) bestand (Abb. 9).
80
Klammer 2018; Lehenbauer 2023a, 2023b; Linck, Fassbinder 2022; Teodor 2018.
81
Klammer 2018, 51-52. Zum Signalsystem des römischen Militärs allgemein Woolliscroft 2010.
Abb. 9. Sichtfeld der Wachtstation 1, (Grafik: Harald Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
14
Das Sichtpotenzial der Wachtstation Mauerbach 1 ist unser nächstes Thema und
wir starten mit einer erwartbaren Feststellung, dass die Wachtstation 2 in 1,2 km
Entfernung sichtbar war. Dann kommen wir zu einer interessanten Erkenntnis, denn
es stellt sich heraus, dass das Gebiet der römischen Straßenstation vom Wachturm 1
aus genau am Rand des Sichtfelds lag. Diese Situation setzt eine exakte
Positionierung des Beobachtungs- und Signalpostens (Wachtstation Mauerbach 1)
voraus. Eine derart genaue Ausrichtung des Sichtbereichs, noch dazu in diesem
Gelände, kann nach Auffassung des Verfassers nur intentionell erfolgen und kein Zufall
sein (Abb. 10).
Damit kommen wir zur letzten Geländeposition, die in einem
kommunikationsstrategischen Zusammenhang mit den zuvor behandelten
Wachtstationen Mauerbach 1 und 2, sowie der Straßenstation stehen könnte. Dies aus
dem Grund, da von diesem anthropogenen Bodendenkmal keinerlei Funde bekannt
geworden sind und eine zeitliche Ansprache nicht möglich ist. Es soll jedoch auf die
auffallende Position des Bodendenkmals hingewiesen werden, die jetzt genauer
erläutert und kontextualisiert werden soll, nämlich eine auffällige Geländestelle beim
Mauereck.
Site Russberg/Mauereck
Der römische Straßenverlauf verläuft nach der Wachtstation 1 über die
Straßenstation und von dort weiter Richtung Norden. In unmittelbarer Nähe der Trasse
Abb. 10. Sichtfeld der Wachtstation 2, (Grafik: Harald Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
15
befindet sich ein römisches Hügelgrab am Mauereck
82
, des Weiteren sind römische
Streufunde bekannt
83
. Das oben angesprochene Bodendenkmal befindet sich in einer
Entfernung von 3 km zur Wachtstation 1 und 2,3 km zur Straßenstation. Von beiden
Punkten aus kann das Areal des Bodendenkmals eingesehen werden. Es handelt sich
um eine leicht rechteckige Bodenanomalie mit den Abmessungen 45 x 48 m, die einem
Gebäudegrundriss sehr ähnlich scheint
84
. Von besonderer Bedeutung ist weiters die
Lage des Bodendenkmals, da es sich auf einem exponierten Höhenrücken befindet,
nämlich dem 449 m hohen Russberg. Die im digitalen Geländemodell sichtbaren Reste
des Bodendenkmals zusammen mit der Situierung dürfte kein Zufall sein und lassen
die Vermutung zu, dass es sich um eine römische (militärische?) Position handeln
könnte (Abb. 11).
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Sichtpotenzialanalyse der
römischen Wachtpositionen bei Mauerbach und der dort befindlichen Straßenstation
Citium (?) eine interessante Beobachtung zulässt. Es konnte deutlich gezeigt werden,
dass die Positionierung der beiden Wachtpositionen in einem
kommunikationsstrategischen Kontext erfolgte, und zwar exakt so, dass die beiden
Türme Sichtkontakt zueinander hatten und zusätzlich eine Sichtverbindung mit der
Straßenstation Citium (?) bestand. Bezieht man die neu entdeckte Site
Russberg/Mauereck mit ein, so lässt sich feststellen, dass auch dieser Geländepunkt
sowohl von der Wachtstation 1 als auch von der Straßenstation aus zu sehen war.
Überhaupt scheint auch die Lage der Straßenstation selbst genau gewählt worden zu
82
Schwammenhöfer 2022.
83
Schwammenhöfer 2022.
84
Parzelle Nr. 516/3, KG Mauerbach/MG Mauerbach, GK M31: 212211,45/350539,03.
Abb. 11. Site Russberg/Mauereck im digitalen Geländemodell, (Grafik: Harald Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
16
sein, da auch von ihr die Sicht in die umliegende Gegend als sehr gut zu bezeichnen
ist. Es konnte wie bereits ausgeführt, sowohl die Wachstation 1 als auch die Site
Russberg/Mauereck eingesehen werden und weiters bestand Sichtverbindung zu den
römischen Fundstellen “Hinterer- und Vorderer Hahnbaum”
85
(Abb. 12).
Schlaglichter auf weitere mögliche Straßenwachtürme in der Provinz
Noricum
Dieses Unterkapitel widmet sich einigen Orten, die aufgrund ihrer Funde oder
archäologischen Befunde möglicherweise als Straßenwachtürme gedeutet werden
können, wie der Titel bereits nahelegt. Neben den Funden spielte auch die
topographische Lage eine Rolle bei der Auswahl der folgenden Liste.
St. Agatha – Amstetten
Um 1890 traten bei St. Agatha erstmals römische Münzfunde zu Tage, wie
Konservator Fahrngruber
86
an die Central-Commission meldete.
87
Bei
Renovierungsarbeiten im Jahr 1973 konnte eine in den ursprünglichen Humus
eingetiefte römische Mauer festgestellt werden, die etwa 0,6 m breit und 2 m lang
war
88
. Weitere römische Münzen konnten schon 1972 5 m NNW der Trockenmauer
85
Schwammenhöfer 2022.
86
Zu Fahrngruber siehe immer noch Fuchs 1901.
87
Fahrngruber 1892.
88
Melzer 1973, 124; Pelzl 1974.
Abb. 12. Sichtpotenzial von der Straßenstation Citium (?), (Grafik: Harald Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
17
gefunden werden
89
. Topographisch gesehen, befindet sich der Kirchenbau auf einer
kleinen Anhöhe oberhalb des Ybbsfeldes, wo mit einiger Wahrscheinlichkeit die
römische Hauptstraße weiter in das Kastell Mauer bei Amstetten (Adjuvense)
90
zog
91
.
Außerdem zieht von Viehdorf kommend ein tiefer Taleinschnitt durch das Gelände,
was eine alte Wegverbindung vermuten lässt.
Wallmersdorf – Allhartsberg
In der Katastralgemeinde Wallmersdorf (Marktgemeinde Allhartsberg) liegt die
Filialkirche Wallmersdorf, die 1996 renoviert wurde und dabei auch bauhistorisch-
archäologisch untersucht wurde
92
. Bei diesen Arbeiten wurden die Fundamente und
Mauerreste einer Villa rustica entdeckt, die aber bisher nicht weiter greifbar ist in den
vorliegenden Daten. Die räumliche Erstreckung, Datierung und Typologie müssen
mangels weiter zur Verfügung stehender Daten vorerst als ungeklärt deklariert werden.
Lediglich zwei gefundene römische Münzen, ein Denar des Septimius Severus (193
211 n. Chr.) und ein Sesterz des Maximinus Thrax (235–238 n. Chr.) lassen eine
Grobdatierung ins 2./3. Jahrhundert
93
zu, die jedoch kaum Aussagekraft besitzt. Für
unsere Belange ist interessant, dass an der Nordostecke im Chorpolygon der
gotischen Kirche eine 1 m starke römische Mauer aufgedeckt wurde, die mit einiger
Sicherheit nur von einem Turm stammen kann.
94
Der Ausgräber Franz Sauer zieht den
Bestand eines spätantiken Burgus an Ort und Stelle als Nachfolgebau der Villa rustica
in Betracht.
95
Die Lage an der Abbruchkante zum Zauchabach hin, der hier von einer
Straßentrasse übersetzt wird, die aus Richtung Neuhofen an der Ybbs kommt, könnte
in Zusammenspiel mit einer notwendigen römischen Trasse kommend von Ulmerfeld
und der dort vermuteten römischen Siedlung (Flur “Am Stein”)
96
für einen
Straßenburgus sprechen
97
(Abb. 13).
Exkurs
Nun wollen wir uns dem Exkurs an den rätischen Limes
98
zuwenden und die
dortigen Signal- und Überwachungsanlagen näher in Augenschein nehmen. Es sollen
GIS-gestützte Analysen in zwei kleinräumigen Arealen durchgeführt werden, die die
Standorte und die Platzierungen der Straßenwachtürme und Kastelle in einen
topographischen Kontext zueinander setzen. Es wurden bei diesen Untersuchungen
Sichtfeldanalysen vorgenommen, wie auch zuvor schon im Wienerwald und dadurch
89
Melzer 1973, 124.
90
Zuletzt zu Mauer bei Amstetten Groh 2017, 2018, 2020; Ployer 2018, 58-59.
91
Hüttmeier 2011; Mayrhofer (n.d.), 12.
92
Sauer 2009, 7.
93
Sauer 2009, 47.
94
Sauer 2009, 47.
95
Sauer 2009, 47-48.
96
Smekal 1985, 50; Pelzl 1991, 65; Smekal 1988, 32.
97
Angemerkt werden soll hier, dass auch für den heutigen Standort des Schlosses Ulmerfeld
(Stadtgemeinde Amstetten) immer wieder ein römischer Wachturm postuliert wurde. Die römische
Fundstelle in der Flur „Am Stein“ und die hier möglicherweise vorbeiziehende römische Straßentrasse,
deren Existenz bisher jedoch nicht fundmäßig bestätigt werden kann, könnten durchaus als Indizien
gewertet werden, die einen römischen Wachturm plausibel erscheinen lassen würden. Doch bleibt dies
bis zur Bestätigung durch archäologische Untersuchungen Spekulation. Bei in den Jahren 2016 und
2017 durchgeführten archäologischen Baubegleitungen am Burgareal konnte kein relevantes
Fundmaterial geborgen werden, doch wurden aufgrund massiver rezenter Schuttschichten auch keine
Schichten freigelegt, die auch nur in das Mittelalter datiert hätten. Smekal 1988, 32; Cerny 1995, 22.
98
Zum rätischen Limes vgl. allgemein Fischer, Riedmeier-Fischer 2017; Czysz et al. 2005.
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
18
versucht die Standorte der Türme und Kastelle darauf aufbauend plausibel erklären zu
können.
Das erste Studiengebiet befindet sich im deutschen Landkreis Weißenburg-
Gunzenhausen und erstreckt sich im Wesentlichen auf den Straßen- bzw.
Limesabschnitt zwischen den Kastellen Burgsalach
99
und Pfünz-Vetoniana
100
. Es
handelt sich zum Großteil um bewaldetes Gebiet, was auch mit ausschlaggebend
gewesen ist, für die Auswahl. In Waldgebieten sind die Spuren im Geländerelief sehr
viel besser erhalten geblieben als in den landwirtschaftlich intensiv genutzten Arealen.
Beginnen wir nun mit der Bestandsaufnahme der römischen Positionen im Gebiet. An
vorderster Front stehen die Wachtürme des rätischen Limes WP 14-44 bis 14-78
101
und WP 15-1 bis 15-10. Schwierig stellt sich die Frage nach dem Radius, der bei den
Sichtfeldanalysen verwendet werden soll. Die Praxis zeigt, dass bei schlechtem
Wetter, etwa Dunst und vor allem Nebel, eine Distanz von 3 km zwischen zwei
Positionen schwierig sein kann zu überblicken. Es wurde trotzdem eine weitere
Distanz von 10 km verwendet, um zumindest theoretisch einen Sichtkontakt unter
Verwendung von Rauchzeichen aus der Distanz analysieren zu können. Zu
konstatieren ist, dass es sich um den maximalen Radius der Sichtbarkeitsanalyse
handelt und daher das Gelände von 0 m bis 10.000 m Entfernung analysiert wurde.
Eine erste interessante Beobachtung lässt sich direkt südöstlich der beiden
Kastelle von Burgsalach machen. Hier verläuft die römische Straßentrasse etwas
zurückgesetzt in einer parallelen Erstreckung zur eigentlichen Limesmauer
schnurgerade in südsüdöstliche bzw. nordnordwestliche Richtung, ohne Rücksicht auf
Steigungen und Gefälle zu nehmen. Die Distanz der Trasse zwischen dem Limes und
damit auch zu den Limeswachtposten WP 14-44 bis WP 14-56, sowie den
99
Czysz et al. 2005, 43132; Fischer, Riedmeier-Fischer 2017, 12425.
100
Czysz et al. 2005, 500501; Fischer, Riedmeier-Fischer 2017, 13941.
101
Fischer, Riedmeier-Fischer 2017, 122-123, 128-129, 136-137.
Abb. 13. Drohnenfoto der Filialkirche Wallmersdorf im Jahr 2020, (Foto: Harald Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
19
Kleinkastellen Kaldorf
102
Raitenbuch
103
beträgt in etwa 1,5 km. Es ist daher mit
Sicherheit davon auszugehen, dass bei der Anlage der Türme darauf geachtet wurde,
dass nicht nur die Wachtposten an der Grenze Sichtkontakt zueinander hatten,
sondern, dass auch möglichst guter Sichtkontakt zu vielen der Straßenwachtürme
(werden auch als Signaltürme bezeichnet) gehalten werden konnte und der heutige
Waldbereich damals gerodet gewesen ist. Beachtenswert ist nun, dass gleich
anschließend an die Kastelle von Burgsalach
104
ein regelmäßiger Kordon von
Straßenwachtürmen errichtet wurde. Die ersten fünf Türme befinden sich im
sogenannten Raitenbucher Forst und werden nordöstlich vom Limes begleitet, wobei
sich die beiden Kleinkastelle Raitenbuch und Kaldorf in diesem Abschnitt befinden. Die
Abstände der fünf Türme betragen zwischen 1,2 und 2,2 km. Es scheinen damit alle
einst vorhanden gewesenen Türme im Raitenbucher Forst denkmalpflegerisch erfasst
zu sein, was uns eine gute Grundlage für eine eingehende Analyse der Sichtfelder
bietet. Im weiteren Verlauf soll der Abstand genauer aufgeschlüsselt werden, doch
fahren wir vorerst mit der Sichtfeldanalyse und Platzierung der Türme und Kastelle im
Raitenbucher Forst fort.
Wir beginnen beim Sichtpotential des Kleinkastells Burgsalach II, wobei hier sehr
schnell auffällt, dass der Straßenwachturm 1 am Rand des ersten und unmittelbaren
Sichtfeldes situiert liegt. Die Entfernung vom Turmstandort zum östlichen
Kastellbereich liegt bei etwa 1,2 km. Weitet man den räumlichen Blick etwas, dann
erkennt man, dass 3,5 km vom Kastell entfernt ein isolierter sichtbarer Bereich liegt, in
welchen der Straßenwachturm 2 positioniert wurde. Betrachtet man den sichtbaren
Bereich genau, so zeigt sich, dass bei einer rekonstruierten Höhe von 10 m der
Wachturm ganz knapp nicht zu sehen war. Hier muss angemerkt werden, dass eine
völlig exakte Rekonstruktion der sichtbaren Bereiche in der Antike, wohl nie gesichert
zu erzielen ist, da immer gewisse Unsicherheiten bestehen bleiben werden hinsichtlich
mehrerer Punkte. Dies ist wichtig zu erwähnen, da im Falle einer Parameteränderung
der Beobachter- und Zielhöhe auf 12 m, der Turm in den Sichtbereich übergeht. Diese
Höhe ist jedoch eher unwahrscheinlich, wenn nicht ganz auszuschließen. Trotzdem
soll auf diese Beobachtung hingewiesen werden. Jedenfalls ist der Standort des
Straßenwachturmes 2 mit einiger Wahrscheinlichkeit geschuldet dem Sichtbereich des
Kleinkastells Burgsalach II gewählt worden. (Abb. 14)
Was die vorderen Grenztürme angeht, so sind vom Kleinkastell Burgsalach II die
Wachtürme nordwestlich des Turmes WP 14-49 zu sehen.
Wechseln wir nun zum Sichtpotenzial des südlich folgenden Straßenwachturms 1,
dann zeigt sich auch hier, dass mit 10 m hohen Türmen, das Kleinkastell Raitenbuch
nicht mehr sichtbar war. Wie schon im vorhergegangenen Fall auch, liegt der
benachbarte Straßenwachturm 2 in 2,2 km Entfernung dicht am ersten Sichtfeldrand.
Von besonderem Interesse ist, dass auch Turm 3 sich im Sichtfeld befindet, und zwar
in bedeutender Position. Dieser Turm wurde nämlich exakt an der Stelle positioniert,
an der das Sichtfeld nach Südwesten schwenkt und die Straßentrasse überlappt. Auch
hier kann daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen
werden, dass die Sichtbarkeit vom Turm 1 aus angestrebt wurde (Abb. 15). Weiters
könnte man schlussfolgern, dass die Entfernung von 3,7 km von Straßenwachturm 1
zu Straßenwachturm 3 für die römischen Militärstrategen keine zu weite Entfernung
dargestellt hat, um ihn im Sichtfeld zu positionieren. Die Sicht auf die Limeswachtürme
WP 14-48, 14-49 und 14-52 bis 14-55 war im 5000 m Sichtradius möglich.
102
Wird in der Literatur auch als Kleinkastell Petersbuch geführt vgl. Fischer, Riedmeier-Fischer 2017,
127.
103
Fischer, Riedmeier-Fischer 2017, 125-127.
104
Fischer, Riedmeier-Fischer 2017, 124-125.
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
20
Abb. 14. Sichtpotenzialanalyse des Kleinkastells Burgsalach II, (Grafik: Harald Lehenbauer).
Abb. 15. Sichtpotenzialanalyse des Straßenwachturms 1 im Raitenbucher Forst, (Grafik: Harald
Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
21
Wenn wir uns das Sichtpotenzial des Straßenwachturmes 2 ansehen, so zeigt
sich uns, dass bisher gewohnte Bild. Kastell Burgsalach I befindet sich im Sichtbereich
und liegt etwa 3,9 km entfernt und die südlich folgenden Türme 3 (1,5 km entfernt) und
4 (2,8 km entfernt) sind ebenfalls sichtbar, wobei sich Straßenwachturm 4 am Rande
des einsehbaren Areals befand. Wie sich bald zeigen wird, ist dieser Straßenwachturm
4 ebenfalls am Rande des Sichtfelds von der benachbarten Position 3. Der Grund dafür
ist, dass das Gelände hinter der Turmposition 4 stark abfällt. Darauf werden wir später
noch genauer eingehen (Abb. 16).
Das Sichtpotenzial des Straßenwachturmes 3 zeigt wenig Überraschendes. Es
liegen die Nachbartürme 2 und 4 im Sichtfeld, sowie auch Turm 1, wie oben bereits
erwähnt. Von dieser Position aus konnte das Kleinkastell Kaldorf ebenfalls gesehen
werden.
Auch die Analyse des Sichtfeldes vom Turm 4 kann wenig zu einem weiteren
Erkenntnisgewinn beitragen, befinden sich doch alle Positionen (bis auf Turm 5 und
zwei angrenzende Türme) im definierten Umkreis von 5000 m im Sichtfeld inkl. der an
vorderster Front befindlichen Limestürme (Abb. 17).
Äußerst interessant ist nun Straßenwachturm 5 und seine strategische
Positionierung auf einem das Umfeld beherrschenden Hügel in ca. 569 m Seehöhe.
Der Straßenturm liegt 2,2 km entfernt von Position 4 und der sichtbare Bereich deckt
sowohl Turm 3 und 4 ab als auch das Kleinkastell Kaldorf. Dieser auf einer Anhöhe
situierte Straßenturm fungierte strategisch als Übergangsstation vom hügeligen
Raitenbucher Forst in das flachere Gelände. Wobei die anschließenden Türme, die wir
Abb. 16. Sichtpotenzialanalyse des Straßenwachturms 2 im Raitenbucher Forst, (Grafik: Harald
Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
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jetzt in den Blick nehmen werden, ebenfalls oftmals auf kleinen Erhebungen situiert
gewesen sind.
Von Position 5 an, nennt der BayernAtlas keine Nummerierung mehr, daher
verwenden wir ab nun die Aktennummer des BayernAtlas Eintrages, um eine
eindeutige Lokalisierung der angesprochenen Türme zu gewährleisten. Sicher
feststellen lassen sich folgende Punkte schon jetzt, die Positionierung der
Straßenwachtürme 1 5 erfolgte im Raitenbucher Forst auf den höchsten
Erhebungen. Auch in der Ebene befinden sich die Türme auf leicht erhöhten
plateauartigen Erhebungen. Doch steigt die Distanz zwischen den Türmen mit
zunehmender Entfernung zum Limes. Dieses Bild lässt sich deutlich zeigen, wenn man
sich die Übersichtskarte vor Augen führt. Ein Fehlen einzelner Turmstandorte kann hier
zwar nicht ausgeschlossen werden, doch selbst bei dieser Annahme, zeichnet sich die
konstatierte Beobachtung ab, da innerhalb von wenigen Kilometern einige Standorte
fehlen müssten. Doch dies ist wenig wahrscheinlich und damit scheint die oben
gemachte Beobachtung zutreffend.
Die hier beobachtete Erhöhung der Distanz zwischen den Türmen im
Raitenbucher Forst und den anschließenden Abschnitten, kann bisher nicht
zufriedenstellend erklärt werden. Es scheint jedoch klar zu sein, dass die Nähe des
Limes ausschlaggebend gewesen ist für die geringere Distanz. Studien an anderen
Teilen des Limes könnten hier Vergleichsbeispiele liefern und die Gründe näher
beleuchten (Abb. 18-19).
Zum Abschluss der Arbeit soll ein weiterer Abschnitt am rätischen Limes einer
kurzen Besprechung zugeführt werden. Es handelt sich um die römische
Abb. 17. Sichtpotenzialanalyse des Straßenwachturms 4 im Raitenbucher Forst, (Grafik: Harald
Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
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Straßenverbindung von Augsburg nach Kempten
105
und einige der daran befindlichen
Straßenwachtürme und deren Platzierung im Gelände. Im Detail sollen die Sichtfelder
des Straßenburgus in Kleinreichholz und dessen angrenzender Anlagen unter die
Lupe genommen werden. Franziska Reinhart nimmt für diesen Abschnitt ein
“Alarmierungssystem” an, das in spätrömischer Zeit zwischen den Positionen
Kleinreichholz, Blöcktach, eventuell Eggenthal, Baisweil und Schlingen, sowie
Goldberg bestand
106
. Der Burgus Kleinreichholz befindet sich in der Gemarkung
Ebersbach (Gemeinde Obergünzburg/Landkreis Ostallgäu).
107
Der Turmstandort
befindet sich im sogenannten “Hochstraßfeld”
108
direkt an der römischen
Straßentrasse
109
. Die Anlage gilt in der Forschung als gesichert, da neben
Fundmaterial (tegulae, tubuli) auch eine geomagnetische Prospektion stattfand.
110
105
Ohlenroth 1939.
106
Reinhart 2022, 44.
107
Reinhart 2022, 95-100.
108
Zur Bezeichnung Hochstraßim Kontext der Straßenforschung siehe Haubrichs 1997, 126-130;
Jandaurek 1951, 71-72.
109
Reinhart 2022, 95. Vgl. auch Becker, Keinert 1995.
110
Reinhart 2022, 96.
Abb. 18. Sichtpotenzialanalyse (Sichtbarkeitsanalyse) zwischen den Kleinkastellen und
Straßenwachtürmen im Raitenbucher Forst mit 12 m Beobachter- und Zielhöhe, (Grafik: Harald
Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
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Abb. 19. Sichtpotenzialanalyse (Sichtbarkeitsanalyse) zwischen den Kleinkastellen und
Straßenwachtürmen im Raitenbucher Forst mit 10 m Beobachter- und Zielhöhe, (Grafik: Harald
Lehenbauer).
Abb. 20. Übersichtsdarstellung mit Sichtpotenzial vom Straßenwachturm Kleinreichholz,
(Grafik: Harald Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
25
Vom Turm in Kleinreichholz 4,5 km
111
entfernt in nordöstlicher Richtung befand
sich der Burgus Blöcktach (Förghof)
112
, welcher als gesichert gilt und nur 30 m entfernt
von der römischen Straßentrasse lag. Von dieser Turmstelle zum Burgus Baisweil
(siehe unten) (Gemeinde Baisweil/Landkreis Ostallgäu) betrug die Distanz etwa 9 km.
13,5 km nordöstlich des Turmes Kleinreichholz befand sich der Straßenburgus
Baisweil, der ebenfalls gesichert ist und sich nur 180 m entfernt von unserer römischen
Trasse Augsburg – Kempten befand
113
. 1971 konnte hier ein Burgus mit 4 Bauphasen
archäologisch untersucht werden. Die erste Phase datiert in severische Zeit vor 213.
Chr., wobei es sich um einen Holzfachwerkbau handelte, der dann später durch zwei
weitere Holztürme ersetzt wurde. Erst in der letzten Bauphase 4 wurde an der Stelle
ein zweigeschossiger Steinturm (12,6 x 12,8 m) errichtet
114
. Von diesem Turm
wiederum 3,8 km nordöstlich findet sich die Burgusturmstelle Schlingen (Gemarkung
Schlingen/Gemeinde Bad Wörishofen/Landkreis Unterallgäu) direkt an unserer
Straßentrasse, die hier ins Wertachtal absteigt
115
(Abb. 23). Wie auf der unten
abgebildeten Karte zu sehen, haben wir es mit einer linearen Aneinanderreihung von
5 Straßenburgi zu tun (Abb. 21).
111
Falsche Entfernungsangabe mit 7 km zwischen Blöcktach und Kleinreichholz bei Reinhart 2022, 92.
112
Reinhart 2022, 91-93.
113
Reinhart 2022, 86; Czysz 2005b, 427-428.
114
Reinhart 2022, 86-87.
115
Reinhart 2022, 82-85; Czysz 2005b, 509-10.
Abb. 21. Sichtverbindung der Burgi um Kleinreichholz m. Sichtfeld Burgus Blöcktach (Förghof) und
Eggenthal, (Grafik:
Harald Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
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Betrachtet man nun die topographischen Feinheiten in der Platzierung der
Straßenwachtürme auf der römischen Trasse von Augsburg nach Kempten, dann fällt
ins Auge, dass einige der Turmstandorte eine signifikante Gemeinsamkeit aufweisen,
was deren Platzierung am Sichtfeldrand von benachbarten Wachtstationen betrifft
116
.
So wurden die Türme in Waizenried-Untasried und Blöcktach (Förghof) exakt am Rand
des Sichtbereiches des Burgus Kleinreichholz platziert.
Besonders in Waizenried sticht dies ins Auge, was wiederum eine zufällige
Positionierung der Anlage an dieser Stelle wenig wahrscheinlich erscheinen lässt und
auch die primäre und alleinige mittelalterliche Zeitstellung
117
unwahrscheinlich werden
lässt. Denkbar ist, wie an vielen anderen Burgusstandorten auch, eine nachantike
Nutzung. Die Aussage wonach […] keine Verbindung zu römischer Infrastruktur
[bestehe]”
118
lässt sich nicht nachvollziehen, da die römische Straßentrasse nur in
kurzer Entfernung von der Befestigung vorbeigelaufen sein kann. Bis zur Ortschaft
Waizenried ist die Trasse
119
im BayernAtlas denkmalpflegerisch erfasst,
selbstverständlich hat die Trasse in der Antike jedoch nicht hier geendet, sondern
setzte sich in der ursprünglich eingeschlagenen Ausrichtung fort. Die Analyse des
Sichtfeldes könnte auch erklären, warum die Befestigung nicht näher an der Straße
positioniert wurde. Dann würde nämlich keine Sichtverbindung mehr zum Burgus
Kleinreichholz bestanden haben
120
(Abb. 20).
116
Zur Rekonstruktion der Sichtfelder wurde eine Sichthöhe von 8 m angenommen und ein Radius von
5000 m um den jeweiligen Wachturmstandort verwendet. Grundlage der Analyse waren die ALS Daten
in der Auflösung von 1 m. Vgl. Bayerische Vermessungsverwaltung 2023.
117
Reinhart 2022, 21.
118
Reinhart 2022, 21.
119
Aktennummer: D-7-8128-0028.
120
Im BayernAtlas wird die Anlage mit Stand 7. Februar 2024 als Befestigung vor- und
frühgeschichtlicher Zeitstellunggeführt (Aktennummer: D-7-8128-0026).
Abb. 22. Detail vom Burgstall Eggenthal im digitalen Geländemodell (Hillshade), (Grafik: Harald
Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
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Vergrößern wir nun unseren Blickwinkel und nehmen ein letztes Mal den ganzen
Bereich der römischen Straßentrasse und der daran situierten Burgi zwischen
Waizenried und Schlingen ins Auge. Sofort zeigt sich die fehlende visuelle
Kommunikationsmöglichkeit zwischen den Burgi Baisweil und Blöcktach (Förghof).
(Abb. 21) Hier kommt nun die vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als
mittelalterlich deklarierte Befestigungsanlage im Bereich südlich der Pfarrkirche St.
Afra in Eggenthal (Landkreis Ostallgäu) ins Spiel
121
.
Um 1004 ist dieser Ort noch als Nawue bezeichnet worden, was an eine
Gleichsetzung mit dem in der Tabula Peutingeriana vermerkten Navoe an der Straße
Augsburg Kempten denken lässt
122
. Das betreffende Areal liegt 3 km vom Burgus
Blöcktach (Förghof) entfernt und die Burganlage besteht aus einer Haupt- und
Vorburg, die sich auf einem Bergsporn befinden, der nach Norden hin ausgerichtet ist.
Das Kernwerk ist durch einen tiefen Graben von der Vorburg getrennt und es befindet
sich dort eine Mauerausrissgrube mit den Abmessungen 10 x 10 m, was zur
Vermutung führte, es handle sich dabei um den Standort des mittelalterlichen
Bergfrieds.
123
Hier ist anzumerken, dass neben urgeschichtlichen und mittelalterlichen
Fundmaterial auch eine römische Wandscherbe aufgelesen werden konnte
124
. Auch
wenn diese einzelne römische Scherbe keine weiteren Spekulationen zulässt, können
in einer kontextualen Betrachtung mit einer Sichtfeldanalyse vom Burgus Blöcktach
(Förghof), weitere Beobachtungen und Untersuchungen hinsichtlich der Möglichkeit
eines römischen Vorgängerbaus gerechtfertigt werden (Abb. 22).
121
Aktennummer: D-7-8029-0148.
122
Reinhart 2022, 60.
123
Reinhart 2022, 60.
124
Reinhart 2022, 60.
Abb. 23. Burgus Schlingen (Gemeinde Bad Wörishofen) im digitalen Geländemodell (RVT Multiple
directions Hillshade, 10 x vertical exaggeration factor).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
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Die Sichtpotenzialanalyse vom Standort des Burgus Blöcktach (Förghof) zeigt
nämlich, dass sich der Burgstall Eggenthal in einem idealen Sichtfenster befindet,
wenn man auch die römische Straßentrasse im Auge hat. Der Burgstall konnte perfekt
von Burgus Blöcktach (Förghof) in den Blick genommen werden.
Diese Studie zeigt, dass eine kleine Anpassung der Parameter (nämlich um 2
m) bezüglich der Höhe des simulierten Beobachters auf den Wachtürmen kaum
Einfluss auf das sichtbare Gelände hat. Für die Berechnung des Sichtfelds von
Straßenwachturm 1, der schon oben im Detail beschrieben wurde, wurden eine Höhe
von 10 m und 8 m verwendet. Die Höhe der Zielposition wurde auf 0 m gesetzt, um
das Gelände und die Einflüsse der Beobachterhöhe auf das Sichtfeld besser darstellen
zu können. Wie auf den Abbildungen 24 bis 26 (Abb. 24 – 26) zu sehen ist, ändert sich
das beobachtbare Gelände nur minimal und auch die Position des Straßenwachturm
2 konnte sowohl von einem 10 m hohen als auch von einem nur 8 m hohen
Straßenwachturm 1 gesehen werden.
Conclusio
In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Situierung von
römischen Straßenwachtürmen sowohl in Noricum als auch in Rätien sorgfältig
geplant wurde, wobei der primäre Fokus auf die Sichtbarkeit der Türme
untereinandergelegt wurde. Weiters lässt sich eine Korrelation feststellen, was die
Platzierung der Wachtürme in den Randbereichen des Sichtfeldes des jeweilig
benachbarten Turmes angeht. Mit dieser Anordnung konnte man mit möglichst wenig
Aufwand eine durchgängige Signalkette auf optischer Basis bewerkstelligen. Es darf
Abb. 24. Sichtfeldanalyse von Straßenwachturm 1 zu Straßenwachturm 2 mit 10 m Beobachterhöhe
und 0 m Zielhöhe, (Grafik: Harald Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
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schon aus praktischen Gründen angenommen werden, dass die Entfernung von einem
Signalposten zum Nächsten kaum jemals mehr 4 km betragen hat. Bei größeren
Abständen muss davon ausgegangen werden, dass in den Zwischendistanzen noch
unentdeckte Wachtürme befindlich sind bzw. waren.
Alles in Allem sollte mit der vorliegenden Studie gezeigt werden, dass sich die im
Limesbereich bewährte Methode der “Sichtbarkeitsanalyse ” unter Verwendung eines
GIS-Programms auch im Hinterland und den dort befindlichen Straßenwachtürmen
implementieren lässt.
Abb. 25. Sichtfeldanalyse von Straßen-wachturm 1 zu Straßenwachturm 2 mit 8 m Beobach-terhöhe
und 0 m Zielhöhe, (Grafik: Harald Lehenbauer).
Harald Lehenbauer | In silva occultus Provinciae Romanae 1 (2024)
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