Weisses Papier, weisse Archive.  Über die Notwendigkeit der Dekolonisierung von Schweizer Archiven

Stephanie Willi

Die Debatte über die Dekolonisierung von Geschichte und Gedächtnisinstitutionen wird aktuell in der Schweiz hauptsächlich von Museen und ethnographischen Sammlungen geführt. Es müssen aber auch andere Gedächtniseinrichtungen wie Bibliotheken und Archive hinterfragt werden. Sie sind Orte, in denen Wissen und Material aus und über koloniale Kontexte gesammelt und aufbewahrt werden, und sie nehmen eine grosse Verantwortung ein, wie mit der kolonialen Vergangenheit umzugehen ist. Denn, obwohl die Schweiz nie Kolonien besass, war sie Teil von kolonialen Verstrickungen, weshalb sich in Schweizer Archiven Bestände mit kolonialem Bezug finden. Die aktuelle Untätigkeit der Archive in diesem Bereich bedeutet, dass unterdrückende, rassistische Strukturen weiterhin unterstützt werden. Eine dekoloniale Archivpraxis und -politik trägt dazu bei, das Archiv inklusiver und diverser zu gestalten. Dieser Artikel möchte einen Beitrag dazu leisten und zeigt praktische Handlungsoptionen auf.

Aujourd’hui, en Suisse, le débat sur la décolonisation de l'histoire et des institutions de mémoire se déroule principalement dans les musées et les collections ethnographiques. Mais il faut aussi remettre en question d'autres institutions comme les bibliothèques et les archives. Ce sont des lieux où sont collectés et conservés des informations et du matériel issus de contextes coloniaux; à ce titre, ils détiennent une grande responsabilité quant à la manière de traiter le passé colonial. En effet, bien que la Suisse n'ait jamais possédé de colonies, elle a été impliquée dans des activités coloniales, raison pour laquelle on trouve dans les archives suisses des fonds ayant un lien avec la colonisation. L'inaction actuelle des archives dans ce domaine signifie que les structures opprimantes et racistes continuent d'être soutenues. Une pratique et une politique archivistiques décoloniales contribuent à rendre les archives plus inclusives et plus diverses. Cet article souhaite apporter sa pierre à l'édifice et propose des pistes d'action pratiques.

In Switzerland today, the debate on the decolonisation of history and institutions of memory has been taking place mainly in museums and ethnographic collections. But other institutions such as libraries and archives should also participate in this debate. These are places where information and material from colonial contexts have been collected and preserved, and therefore they hold a great responsibility for the way in which the colonial past is dealt with. Although Switzerland has never owned colonies, it has been involved in colonial entanglements, which is why Swiss archives contain collections relating to colonisation. The current inaction of archives in this area means that discriminatory and racist structures continue to be supported. Decolonial archival practice and policy can help to make archives more inclusive and diverse. This article aims to make a contribution to this process and suggests practical ways forward.

Einleitung

Spätestens seit der «Benin Initiative»1 hat die Frage nach dem Umgang mit dem kolonialen Erbe in Museen auch die Schweiz erreicht. Angestossen wurde die Diskussion im Jahr 2018 durch den Bericht «Rapport sur la restitution du patrimoine culturel african» des senegalesischen Schriftstellers und Wirtschaftswissenschaftlers Felwine Sarr sowie der französischen Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy. In einer sogenannten Grundsatzrede des französischen Präsidenten Emmanuel Macron im November 2017 verkündete dieser: «Je veux que d’ici cinq ans les conditions soient réunies pour des restitutions temporaires ou définitives du patrimoine africain en Afrique.»2 Daraufhin beauftragte er die Wissenschaftler:innen Bénédicte Savoy und Felwine Sarr die Voraussetzungen, den Stand sowie einen Plan für die Schritte einer zukünftigen Restitution auszuarbeiten. Die Restitution kolonialer Kulturgüter ist nur ein Teil des Dekolonisierungsprozesses. Im Bericht von Felwine Sarr und Bénédicte Savoy geht es schwerpunktmässig um die Restitution kolonialer Objekte aus Museen. Ihre afrikanischen Partner:innen dagegen betonten in Gesprächen: «[...] la nécessité de mettre en oeuvre non seulement la restitution d’objets de musée conservés en France, mais encore de réfléchir sérieusement à la question des archives».3 Denn Archive stellen sogenannte «missing links»4 dar. Trotz der wichtigen Bedeutung von Archiven wurde im Rahmen ihres Berichtes nur Museumsarchive berücksichtigt.

Aktuell wird die Debatte über die Dekolonisierung von Geschichte und Gedächtnisinstitutionen in der Schweiz hauptsächlich von Museen und ethnographischen Sammlungen geführt. Obwohl mit der Frage nach der Dekolonisierung insbesondere koloniale Objektsammlungen in Museen betroffen sind, müssen auch andere Gedächtniseinrichtungen wie Bibliotheken und Archive hinterfragt werden. Denn auch sie sind (Wissens-)Orte, in denen Wissen und Material aus und über koloniale Kontexte gesammelt und aufbewahrt werden. In ihnen wird Wissen verfestigt, weitergegeben und massgeblich mitgeprägt.5 Was also wird in Archive überführt, aus welchem wir schliesslich Wissen oder Geschichte produzieren, und was gelangt gar nicht erst ins Archiv? Wie kann verhindert werden, dass koloniale Denkweisen und Rassismen nicht durch die Zugänglichmachung reproduziert werden? Ziel dieses Artikels ist es aufzuzeigen, inwiefern Schweizer Archive kolonial verstrickt waren und welche Handlungsmöglichkeiten sich anbieten, um Schweizer Archive zu dekolonisieren.

Während sich Bibliotheken und Archive seit jeher als «Orte der Neutralität» verstanden haben, hält Sara Marty treffend dagegen fest, dass Bibliotheken und Archive «politische Orte» seien: «Jede Entscheidung, von der Anschaffungswahl der Medien, zur Freihandaufstellung und Zielgruppendefinition bis hin zur Art der Veranstaltungen, hat eine politische Konnotation.»6 Daraus folgert sie, dass «[Archive und Bibliotheken] als staatlich getragene Institutionen mit gesellschaftlichem Auftrag, deren Auftreten und Erscheinung eben nicht apolitisch ist (sic!) [...] eine Vorbild- und Vorreiterrolle einzunehmen» haben.7 Damit nehmen Gedächtnisinstitutionen eine grosse Verantwortung ein, wie mit der kolonialen Vergangenheit umzugehen ist. Die aktuelle Untätigkeit vieler Archive ist nicht als Neutralität zu verstehen, sondern bedeutet, dass dadurch unterdrückende, rassistische Strukturen weiterhin unterstützt werden.8

Unter dem Begriff «kolonial» wird dabei nicht nur die reale Herrschaftspraxis gemeint, sondern wie der Deutsche Kulturrat ausführt, auch «Ideologien, Diskurse, Wissensordnungen, Ästhetiken und Perspektiven, die einer formalen und realen Herrschaft vorausgehen, sie stützen sowie über sie hinauswirken können».9 Archivische Dekolonisierung kann, so Greg Bak, nur funktionieren, wenn anerkannt wird, welche Nachwirkungen der Kolonialismus hatte und wie es die Archivtheorie und -praxis innerhalb dieser kolonial-imperialistischen Mentalität geprägt hat (siehe Kapitel 3).10

Möglichkeiten einer dekolonialen11 archivischen Praxis werden im Ausland schon seit einigen Jahren diskutiert. Diese Debatte wurde insbesondere durch die indigene Bevölkerung Nordamerikas geprägt und vorangetrieben. Die Situation der Archivinstitutionen in Kanada und der USA ist aber nicht mit jener der Schweiz zu vergleichen, da diese Länder über eine unterschiedliche koloniale Vergangenheit verfügen.12

Grundsätzlich kann wie folgt zwischen den verschiedenen Archiven unterschieden werden: Zum einen gibt es Archive in ehemaligen Kolonialstaaten, wie jene in den USA, Kanada, Australien, die sich durch die sogenannte Siedlungskolonisation auszeichneten und wo sich die Gedächtnisinstitutionen heute auf indigenem Land befinden. Einige dieser kolonialen Archive wurden mit der Entkolonisierung nach Europa gebracht. Zum anderen gibt es Archive in den ehemaligen europäischen Kolonialreichen, wie beispielsweise in Frankreich, Grossbritannien oder den Niederlanden. In den genannten Beispielen beherbergen die Archive Aufzeichnungen, die über die Kolonien sowie Aufzeichnungen, die von den sogenannten Herkunftsgesellschaften produziert wurden.

Die Schweiz stellt dagegen eine neue Ausgangslage dar, denn sie besass nie Kolonien (siehe Kapitel 2).13 Dennoch waren zahlreiche Schweizer:innen als Söldner, Plantagebesitzer:innen, Kaufleute und Wissenschaftler:innen direkt und indirekt an der Ausbreitung kolonialer Netzwerke involviert. Diese Beteiligung wirft eine Reihe von Fragen auf: Was für Bestände mit kolonialem Bezug befinden sich in Schweizer Archiven? Welche dieser Bestände wurden in Schweizer Archive überführt beziehungsweise wie gelangten sie in die Archive? Welche dieser Akten wurden nicht archiviert? Und was bedeutet dies für unsere gegenwärtige Wissensproduktion? Der vorliegende Artikel diskutiert mögliche Ansätze von Dekolonisierung in Schweizer Archiven: Wie gingen Schweizer Archive bisher mit kolonialen Beständen um? Welche dekolonialen Handlungsoptionen gibt es und welche davon könnten von Schweizer Archiven umgesetzt werden? Um diese Fragen zu beantworten, sollen zunächst die Phänomene Kolonialismus und Dekolonisierung erläutert werden (siehe Kapitel 1).

1.1  Abgrenzung des Forschungsschwerpunktes

Die Archivsparten fassen im Archivwesen die verschiedenen Archivtypen zusammen, wobei man sich nach den Rechtsträgern der Archive orientiert. Der Verband der deutschen Archivarinnen und Archivare (VdA) umfasst acht Archivsparten: Staatliche Archive; Kommunalarchive; Kirchliche Archive; Herrschafts-, Haus- und Familienarchive; Wirtschaftsarchive, Parlaments-, Partei-, Stiftungs- und Verbandarchive; Medienarchive sowie Hochschularchive und Archive wissenschaftlicher Institutionen.14 Diese Einteilung wird auch für den vorliegenden Artikel verwendet.

Um den Forschungsschwerpunkt eingrenzen zu können, wird zum einen die Sparte Medienarchive, wie zum Beispiel reine Bild- und Filmarchive ausgeklammert, weil die bildliche Ebene der Archivalien einen weiteren Aspekt hineinbringt, der den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Die Medienarchive stehen, aufgrund ihrer Medialität, den Museen und ethnografischen Sammlungen näher.

Ebenfalls ausgeschlossen werden Kirchliche Archive beziehungsweise Missionsarchive. Die Missionsgeschichte ist eng mit der Kolonialgeschichte verwoben. Ihr Zusammenhang ist offensichtlich und wurde vielfach untersucht.

Auch nicht Teil dieser Arbeit sind die Partei-, Stiftungs- und Verbandsarchive, weil sich der Zugang zu diesen als eher schwierig gestalten (geringe Erschliessung). 

1.2 Vorgehensweise und Aufbau

Wie bereits erläutert, möchte dieser Artikel zum einen aufzeigen, weshalb Schweizer Archive dekolonisiert werden müssen, zum anderen welche dekolonialen Handlungsoptionen sich hierzu anbieten. Der Artikel zeichnet sich dadurch aus, dass ein archivtheoretischer Ansatz und postkoloniale Theorien mit Praxisbeispielen kombiniert werden.

Da Wissen(-sproduktion) und Macht eng miteinander verbunden sind, hat dieser Artikel auch den Anspruch, eine aktivistischer zu sein. Michelle Caswell und Jamila J. Ghaddar vertreten in ihrem Artikel «To Go Beyond» denselben Standpunkt und fassen pointiert zusammen: «Effective decolonization requires a radical transformation that can only be realized through a radical praxis.»15 In der Schweiz ist das Bewusstsein, dass das Land Teil der kolonialen Verstrickungen war, erst mit den Black-Lives-Matter-Bewegungen 2020 in der breiten Öffentlichkeit angelangt. Obwohl diese schon seit ca. 20 Jahren (vereinzelt auch länger) historisch aufgearbeitet werden.16 Es ist nicht überraschend, dass der Aufarbeitung von Kolonialismus und Dekolonisierungsbestrebungen mit einer gewissen Abwehrhaltung begegnet wird. Denn eine solche Auseinandersetzung mit unserer kolonialen Vergangenheit hinterfragt unsere eurozentrischen Wissensstrukturen. Dekolonisierung ist folglich kein ausschliesslich politisches Thema, sondern ein historisches und sozialgesellschaftliches erforsch- und belegbares.

Im ersten Kapitel werden die zentralen Begriffe Dekolonisierung und Kolonialismus eingeführt. Anhanddessen kann im zweiten Kapitel aufgezeigt werden, inwiefern die Schweiz Teil der kolonialen Verstrickungen war und welche Quellen mit kolonialem Bezug in Schweizer Archiven zu finden sind. Für das weitere Verständnis wird im dritten Kapitel aufgezeigt, inwiefern Archive Teil des kolonialen Gefüges waren und weshalb diese Strukturen bis heute weiter existieren.

Im zweiten Teil folgen schliesslich praktische Handlungsoptionen. Unterteilt ist es in Provenienzforschung und Restitution, Erschliessungspraxis, Öffentlichkeitsarbeit und Vermittlung, Digitalisierungsmöglichkeiten und Archivpraxis und Weiterbildung. Die Themen werden jeweils durch Beispiele aus Museen, Sammlungen und Archiven begleitet, wobei es sich nicht nur um schweizerische Beispiele handelt. Der Artikel schliesst schliesslich mit einem Fazit und Ausblick.

Begriffsdefinitionen: Kolonialismus, Postkolonialismus, Dekolonisierung

Die moderne Kolonisierung begann am Ende des 15. Jahrhunderts mit der «Entdeckungsreise» von Christoph Kolumbus (1451 bis 1506) und erstreckte sich bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Ziele der ersten Expeditionsreisen waren nicht nur die Gier nach Rohstoffen und die Besetzung fremder Länder, sondern auch die wissenschaftliche Neugier des «Unentdeckten». Die Kolonisierungsprozesse und ihre Motivationen dazu waren heterogen. In verschiedenen Kontexten etablierten sich unterschiedliche koloniale Herrschaftssysteme mit weitreichenden Auswirkungen, sodass Kolonialismus mehr meint als nur die Inbesitznahme von auswärtigen Territorien für wirtschaftliche, militärische und machtpolitische Zwecke bei gleichzeitiger politischer Unterdrückung und wirtschaftlicher Ausbeutung der dort ansässigen Bevölkerung. Es ist ein «Konstruktions- und Formationsprozess»17, der grundsätzlich zwischen dem angeblich überlegenen Europa und dem «Anderen»18 unterscheidet.

Die Dekolonisierung (oder auch: Entkolonisierung, Dekolonisation) bezeichnet zum einen die formale Auflösung der Kolonialreiche in den 1940er bis 1960er-Jahren. Zum anderen meint Dekolonisierung auch den Emanzipationsprozess ehemaliger Kolonien von ihren Kolonisatoren. Breit zusammengefasst, fasst die Dekolonisierung alle Denkmuster auf, die sich gegen den europäischen Kolonialismus richten.19

Um das Konzept der Dekolonisierung noch genauer verstehen zu können, benötigt es eine Exkursion in das Feld der postkolonialen Theorie. Der Begriff «postkolonial» selbst ist nicht eindeutig definiert. Während in den 1970er-Jahren damit die Unabhängigkeit von der kolonialen Herrschaft gemeint war, wurde der Begriff in den 1980er-Jahren ausgeweitet. Seither werden «alle kolonisierten Regionen und Gemeinschaften – und zwar vom Moment der Kolonisierung bis hin zur Gegenwart»20 gemeint. Obwohl das Präfix «post» suggeriert, dass der Postkolonialismus etwas sei, das nach dem Kolonialismus eingetreten ist, muss es ebenfalls als Widerstandsform gegen die koloniale Herrschaft und ihre Konsequenzen verstanden werden:

Anstatt also Geschichte als lineare Progression zu betrachten, wendet sich postkoloniale Theorie den Komplexitäten und Widersprüchen historischer Prozesse zu. Und so komplex, wie sich die Kolonisierung und ihre Folgen zeigen, so kompliziert und uneindeutig stellen sich selbstverständlich auch Dekolonisierungsprozesse dar. Soll ‘postkolonial’ nicht nur einen technischen Machttransfer andeuten, so verlangt dies danach, die Brüche und Widersprüche insbesondere der Dekolonisierungsprozesse herauszuarbeiten.21

Die weitgefasste Definition zeigt, dass die postkoloniale Theorie nicht nur Länder betrifft, die Kolonien hatten oder Kolonien waren, sondern auch Länder wie die Schweiz, die ein Teil dieses verstrickten kolonialen Machgefüges («entangled histories»22) waren.

Kolonialismus und die daraus resultierenden Unterdrückungsformen sind noch immer aktuell, und die Dekolonisierungsprozesse gehen weit über die Befreiung der Kolonialstaaten (historische Entkolonisierung) Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus. Mit Dekolonisierung wird damit das Streben nach «Loslösung von kolonialen Verhältnissen in ihren ökonomischen, politischen, kulturellen, epistemischen, (inter-)subjektiven, vergeschlechtlichten und ökologischen Dimensionen»23 gemeint.

Kolonialismus und die Schweiz

Der Begriff Kolonialismus ist vielschichtig (siehe Kapitel 1) und kann die politische Herrschaft über ein Gebiet und die ansässige Bevölkerung sowie der dort vorkommenden natürlichen Ressourcen meinen. Ab dem Anfang des 16. Jahrhunderts waren es insbesondere europäische Länder, die aussereuropäische Regionen kolonisierten. Ab dem 19. Jahrhundert waren auch die USA und Japan involviert. Die Schweiz hingegen besass nie Kolonien.24

Kolonialismus umfasst aber nicht nur eine politische, sondern auch eine wirtschaftliche Dimension. Durch das «Othering» der Menschen in den Kolonien wurde behauptet, die Menschen seien dort kulturell und biologisch unterlegen. Auf Basis dieses angeblichen Unterschieds wurde die wirtschaftliche Ausbeutung von Menschen sowie die Nutzung ihrer natürlichen Ressourcen gerechtfertigt. Nicht nur Kolonialreiche hatten Zugang zu den kolonialen Märkten, sondern auch Individuen und Unternehmen aus Ländern ohne Kolonien. In Zusammenarbeit mit den Kolonialmächten konnten sie sich an der Ausbeutung beteiligen, von dem viele noch heute profitieren. An solchen Geschäften waren auch Schweizer:innen beteiligt. Sie besassen beispielsweise Überseeplantagen, auf welchen häufig versklavte oder zwangsangestellte Menschen arbeiteten. Andere Schweizer:innen investierten wiederum in den transatlantischen Sklavenhandel.25

Der Kolonialismus brachte zudem ein machtvolles Denkgerüst mit sich, dass die systematische, rassistische Abwertung von Black Indigenous People of Color (BIPoC)26 beinhaltete, die von der damaligen Wissenschaft untermauert wurden. Wissenschaftler konnten die kolonialen Strukturen für sich nutzen, in dem zum Beispiel Schweizer Biologen, Ethnologen oder Botaniker in Kolonien anderer europäischer Staaten reisten, um dort ihre Forschung zu betreiben. Die Spuren finden sich noch heute in Schweizer Museen, wo tausende ethnographische und zoologische Objekte und teilweise menschliche Überreste aufbewahrt werden, die oft gewaltsam aus den Kolonien entwendet wurden.27

Auch in den Schweizer Alltag flossen die kolonial geprägten Vorstellungen über die aussereuropäische Welt ein. So wurden mithilfe exotischer Bilder Produkte aus Übersee beworben oder bei öffentlichen Ausstellungen Menschen aus den Kolonien zur Schau (sogenannte Völkerschauen) gestellt. Damit hatte der Kolonialismus Einfluss in die europäischen Gesellschaften: ökonomisch, politisch, sozial, kulturell und wissenschaftlich. Dies Auswirkungen dieser kolonialen Vergangenheit beeinflussen bis heute die politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Strukturen der Schweiz und damit unseren Blick auf die Welt. Dieser europäische Kolonialismus ist bis heute verantwortlich dafür, dass Menschen mit unterschiedlicher Hautfarbe oder Herkunft rassistischen Strukturen und Handlungen ausgesetzt sind.28

3.1  Bestände mit kolonialem Bezug in Schweizer Archiven

Dass in sämtlichen Schweizer Archiven koloniale Bestände zu finden sind, lässt sich am Beispiel der 2022 erschienen Doktoratsarbeit von Dr. Philipp Krauer «Colonial Mercenaries: Swiss Military Labour and the Dutch East Indies, c. 1848-1914» aufzeigen. Rund 7‘600 Schweizer Söldner kämpften zwischen 1814 und 1914 für die niederländische Kolonialarmee (KNIL) in Südostasien. Um ihre Position in der Kolonie Holländisch-Ostindien (heutiges Indonesien) sichern zu können,  rekrutierte die KNIL bis zu 40% ihrer europäischen Soldaten ausserhalb der Niederlande – auch in der Schweiz. Zeitweise stellte die Schweiz, gemessen an ihrer damaligen Bevölkerungsgrösse, gar die meisten «ausländischen» europäischen Soldaten.29 Aber nicht nur Schweizer Söldner fanden ihren Weg nach Holländisch-Ostindien, sondern auch Schweizer Wissenschaftler, Ärzte, Pflanzer oder Kaufleute wie die folgenden Bestände zeigen werden.

Spuren haben Schweizer Söldner in Form von amtlichen Dokumenten, von Nachlässen wie Tagebücher oder in Form von mitgebrachten Souvenirs hinterlassen. So findet man im Schweizerischen Bundesarchiv30 sowie in sämtlichen Staats- und Gemeindearchiven31 der Schweiz in amtlichen Unterlagen Informationen zur Vorgehensweise betreffend Zusendung der finanziellen Nachlässe verstorbener Soldaten an ihre Familien, oder aber die Zusendung ihrer Pension, wenn sie lebend aus dem militärischen Dienst zurückgekehrt waren.

In Familienarchiven, aber auch Gemeinde- und Staatsarchiven gibt es ergänzend zu den amtlichen Unterlagen, Nachlässe wie beispielsweise Tagebücher oder Briefe, die über den Alltag von Schweizer:innen in den Kolonien berichten. Im Sozialarchiv liegt beispielsweise ein elektronischer Bestand von Schweizer Söldnern bestehend aus Briefen von Heinrich Brandberger, das Tagebuch von Anton Camenzind oder Dokumente der Gebrüder Schüpbach. Alle vier Männer hatten als Söldner in der holländischen Armee gedient.32 Die Arbeit von Philipp Krauer zeigt zudem, dass sich nicht nur Deutschschweizer als Söldner anheuern liessen, sondern auch Welsche, Tessiner oder Rätoromanen.

Dokumente von Schweizer Kaufleuten, Ärzten oder Pflanzern sind ebenfalls in verschiedensten Archiven der Schweiz verstreut zu finden, in denen sie über ihre Arbeit und ihre Zeit in der Kolonie berichten.33 Die Briefe von Jakob Christoph Ziegler (1791-1825) überliefern seine Tätigkeit als Soldat und später seine Zeit als Kolonialbeamter in Sumatra. Aus seinen Briefen erfahren wir beispielsweise, dass er während seiner Zeit in Holländisch-Ostindien versklavte Menschen besass.34

In Wirtschaftsarchiven35 dokumentieren wiederum Firmenbestände die Geschäftsbeziehungen in die Kolonien. Karl Fürchtegott Grob und Hermann Näher wanderten in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Holländisch-Ostindien aus, wo sie zuerst auf verschiedenen Plantagen arbeiteten. Ab 1871 eröffneten sie eigene Plantagen, darunter auch die Plantage Patumbah. Ihre Firma Näher & Grob gehörte mit ihren 4000 Kulis36 schliesslich zu den wichtigsten auf Sumatra. Grob kehrte 1879 nach Zürich zurück und baute dort die Villa Patumbah.37

Die Schweizer Hochschularchive beherbergen insbesondere wissenschaftliche Bestände von Schweizer Wissenschaftlern, die dank europäischen Forschungsexpeditionen in koloniale Länder reisen konnten und dort Forschung betrieben. Auf seinen Forschungsreisen machte der Botaniker Carl Schröter (1855-1939) mehrfach Halt in Holländisch-Ostindien. In seinen Reiseberichten finden sich detaillierte Beschreibungen seiner Umgebung. Ausführlich beschreibt er immer wieder die Pflanzenwelt des südostasiatischen Archipels.38

Schliesslich können in Museen Objekte und sogenannte «Souvenirs» gefunden werden, welche Schweizer Wissenschaftler und Söldner mit nach Hause gebracht oder nach Hause gesandt haben. Im Nidwaldner Museum in Stans werden beispielsweise Schilder und Schwerter aus Niederländisch-Ostindien aufbewahrt, welche der Söldner und spätere Nationalrat Alois Wyrsch (auch Borneo-Louis genannt) mit nach Hause gebracht hatte.39 In vielen weiteren Sammlungen finden sich aus verschiedenen Kolonialgebieten zudem Insekten- und Pflanzenpräparate, ausgestopfte Tiere, ethnografische Objekte der indigenen Bevölkerung oder gar menschliche Überreste.

Diese Beispiele zeigen, dass die Beziehung zwischen den Objekten in Museen beziehungsweise Sammlungen und den Archivalien in Archiven eng miteinander verwoben ist. Die Bestände zeigen letztlich, dass die Schweiz Teil der kolonialen Verstrickungen war. Dutzende Schweizer kollaborierten als Ärzte, Pflanzer, Soldaten, Naturforscher oder Kaufleute mit Kolonialregierungen und brachten tausende Gegenstände in die Schweiz zurück. Während dieser Zeit herrschte eine regelrechte «Sammlungswut»40. Was auch immer interessant oder exotisch aussah, wurde mitgenommen.

(Schweizer) Archive im kolonialen Machtgefüge

«Archives have long been considered a source for writing the history of the modern nation and [...] for the forging of a national identity and consciousness.»41 Michelle Caswell und Jamila Ghaddar halten damit in ihrem Artikel fest, dass der Ursprung des modernen Nationalstaates und dessen Geschichte eng mit der Etablierung von Archiven verwoben ist – obwohl es die Archivtradition schon sehr viel länger gibt, worauf sie an späterer Stelle hinweisen.42

Die ersten Archive entstanden mit den ersten schriftlichen Überlieferungen und dienten der Sicherung von wichtigen Informationen, insbesondere der Nachweisbarkeit von Eigentumsrechten oder vertraglichen Unterlagen. Das moderne, öffentliche Archivwesen und die Archivkunde wie wir sie heute kennen, entstanden dagegen nach der Französischen Revolution im Kontext des Aufkommens der Nationenbildung in Europa. Also in einer Zeit, wo sich das westliche Dominanzsystem bereits verfestigt hatte und die Expansionsbestrebungen Europas in vollem Gange waren.43

Brigitta Kuster fasst prägnant zusammen: «Die Institution des Archivs ist zunächst eine europäische Einrichtung.»44 Das moderne Archivwesen ist damit innerhalb eines westlich imperialen und kolonialen Kontextes entstanden.45 Archivinstitutionen spielten und spielen eine zentrale Rolle in der Erhaltung dieses historischen Narrativs und Machtgefüges.46 Archive sind somit keinesfalls neutral, sondern sind ein politisches Machtmittel wie Jacques Derrida und Eric Prenowitz schon 1995 in ihrem Essay «Archive Fever» geschrieben hatten.47

Die neue Archivperiode stärkte zum einen das Bewusstsein der nationalen Identität, zum anderen führte sie unweigerlich zu einem Bewusstsein der Unterscheidung von wir und «den Anderen». Die Macht über «die Anderen» konnte durch die Kontrolle der Daten über die Kolonisierten erreicht werden, in dem sie, wie Taylor Genovese schreibt, beobachtet und Informationen über sie gesammelt und aufbewahrt wurden.48 Caswell und Ghaddar präzisieren:

The systematic collecting of facts and information about colonized and racialized lands and people is a means of reassuring the imperial center and metropolitan population of the mastery and superiority of the imperial state, while defining the metropolitan society in contrast to the many others of the empire.49

Edward Said und Michel Foucault ging gar so weit und behaupteten, dass die imperialen Mächte sich nur dadurch halten konnten, weil sie die Kontrolle darüber hatten, was aufgezeichnet wurde.50

Gleichzeitig legitimierten die Archive und ihr systematisches Sammlungsvorgehen, die kolonialen Objekte zu sammeln und aufzubewahren, obwohl sie nicht selten geraubt worden waren.51 Die Archive entschieden schliesslich auch, ob die Stimmen der Kolonisierten ins Archiv eingingen oder nicht. Ihr Schweigen zeichnet sich dadurch aus, dass es nur wenige Quellen von ihnen und über sie selbst gibt. Archive unterstützten die Produktion von Wissen beziehungsweise Nicht-Wissen über die koloniale Bevölkerung. Was für die Kolonialbevölkerung wiederum den Verlust ihrer eigenen Geschichte bedeutete.52 Deshalb stellt sich für Gayatri Chakravorty Spivak grundlegend die Frage, die auch namensgebend für den Titel ihres Essays ist: «Can the subaltern speak?»53 So verwundert es nicht, dass postkoloniale Historiker:innen wie Ann Laura Stoler oder Ramachandra Guha fordern, die Quellen gegen den Strich54 und zwischen den Zeilen55 zu lesen, um überhaupt eine Geschichte der Kolonisierten schreiben zu können. Spivak, Stoler und Guha leiteten mit ihrer Forderung den «archival turn»56 ein.

Die frühe Archivwissenschaft entstand aus der Diplomatie – der kritischen Analyse von Dokumenten. Seither hat sie sich – wie das moderne Archivwesen – insbesondere während der imperialen Ära weiterentwickelt. Bis heute werden die Archivwissenschaften von westlichen Konzepten und Archivdenkern wie Theodore Schellenberg57 oder Sir Hilary Jenkinson58 dominiert. Diese Konzepte wurden seither immer wieder hinterfragt. Sie zeichnen sich durch einen stark institutionellen und regierungszentrierten Fokus und einer eher begrenzten und eindimensionalen Sichtweise auf Provenienz aus.59 Der kritische Essay «Gesellschaftsordnung und Überlieferungsbildung: Zur Problematik archivarischer Quellenbewertung» von Hans Booms hinterfragt bereits in den frühen 1970er-Jahren das Provenienzprinzip.60 Charles Jeurgens und Michael Karabinos nennen es gar «[...] a relic of the colonial and imperial era which emerged at a time when most people where structurally if not legally excluded from ownership; ownership of their own bodies, minds, labour, property and records».61 Auf die weitere Ausführung von archivischen Konzepten und deren Kritiken soll an dieser Stelle verzichtet werden, weil es den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.

Insbesondere seit der Jahrtausendwende analysieren die kritischen Archivstudien die Machtsysteme in der Archivpraxis.62 Vor 20 Jahren ist die dekoloniale Archivpraxis dazugestossen. Sie zeigt, dass Kolonialismus und Rassismus allgegenwärtig sind und die kolonialen Denkmuster sowie die koloniale Wissensgeschichte kritisch hinterfragt werden müssen. Innerhalb des Archivs existiert weiterhin struktureller Rassismus, Ableismus, Sexismus sowie weitere Formen von Diskriminierung und Exklusion. Diese gilt es herauszufordern.63

Praktische Handlungsoptionen

In der Schweiz gibt es aus aktivistischen Kreisen erste dekoloniale Archivierungsversuche: Auf der Webseite des Vereins «Schwarze Schweiz Online Archiv» (SSOA) findet sich ein digitales Archiv mit dem Leitsatz: «Black Representation Matters!». Das SSOA erfasst seit 2020 Beiträge von Schwarzen Menschen64 in den Bereichen Politik, Kultur, Literatur und Kunst und dokumentiert die Schwarze Geschichte in der Schweiz, um ihr Verfügbarkeit in Zukunft sicherzustellen und für die kommenden Generationen bewahren zu können.65

Das «Living Archive» ist Teil eines grösseren Kollektivs «Living Room» in Bern. Das Ziel ist es, ein intersektionales, dekoloniales und machtkritisches Archiv in verschiedenen Sprachen aufzubauen.66 Beide Beispiele zeigen auf, dass in aktivistischen Kreisen, PoC und Personen mit Migrationshintergrund fordern, die aktuellen Archivierungspraktiken zu transformieren und inklusiver zu gestalten. Es ist die Arbeit Schweizer Archive dies in Angriff nehmen. Welche dekolonialen Handlungsmöglichkeiten bieten sich also für Schweizer Archive an? Einige der Beispiele stammen von Museen oder ethnographischen Sammlungen, weil die Dekolonisierungspraxis in den Archiven noch nicht so weit fortgeschritten ist. Die Beispiele beschränken sich zudem nicht nur auf Schweizer Institutionen.

Die Handlungsoptionen sind in fünf Bereiche unterteilt: Provenienzforschung und Restitution, Erschliessungspraxis, Digitalisierungsmöglichkeiten sowie Archivpolitik und Weiterbildung.

5.1 Provenienzforschung, Restitution und Austausch mit Herkunftsgesellschaften

Mit Provenienzforschung wird eine Disziplin gemeint, die sich «der wissenschaftlichen Untersuchung der Herkunft und Geschichte von Kunst- und Kulturgütern widmet».67 Wie Sven Haase und Meike Hopp weiter ausführen, stehen «im Zentrum [...] dabei historische Unrechtskontexte».68 Bedeutsam für das Aufkommen der Provenienzforschung waren die «Washington Principles»69 von 1998, Grundsätze für die Rückverfolgung von geraubten Kulturgütern aus der Zeit des Nationalsozialismus (ca. 1933-1945). Erst 20 Jahre später wurde das Forschungsfeld durch die postkoloniale Provenienzforschung erweitert.70

Für Archive sind der Begriff und die Bedeutung von Provenienz zentral. Sie gehört seit dem 19. Jahrhundert zur Ordnungsstruktur von Beständen. Das kann aber auch bedeuten, dass Archivalien zum selben Thema nicht unbedingt in einem gemeinsamen Dossier liegen, sondern sich in unterschiedlichen Beständen befinden können. Die Suche im Archiv kann sich als schwierig gestalten, weshalb es unabdingbar ist, dass Archivar:innen bei der Provenienzforschung mit Wissenschaftler:innen zusammenarbeiten und sie dabei unterstützen, Dokumente aufzufinden und zugänglich zu machen.71 Die Provenienzforschung und die damit verbundene Restitutionsdebatte ist nur mithilfe der Archive möglich.72 Haase und Kopp nennen das Archiv gar den «Schlüssel» dazu.73 Die Archivalien sind der «Ort und Wissenspeicher der Provenienzforschung» und sind zentral für diesen Forschungsansatz.74

Sollte festgestellt werden, dass ein Objekt eine problematische Provenienz hat, muss dies jedoch nicht unbedingt gleich die Rückgabe bedeuten. Stattdessen sind Sensibilität und eine exakte Prüfung in diesen Fällen geboten.75 Der Deutsche Kulturrat ruft dazu auf «über die vorhandenen Sammlungsbestände [...] Transparenz herzustellen».76

Archivinstitutionen können zum Beispiel ihre Bestände neu bewerten und jene Archivalien zurück- beziehungsweise weitergeben, die nicht Teil ihres Sammlungsauftrags oder Sammlungsgebiets sind. Deakzessionierung scheint für viele Archive ein schwieriges Thema zu sein; es muss aber die Möglichkeit der Restitution geben.77

Ein Beispiel für die Rückgabe sind die Archivbestände der vormaligen Kolonie Suriname. Nach ihrer Unabhängigkeit beharrte die Republik Suriname darauf, dass die Akten, welche in Suriname produziert worden sind, der surinamischen Regierung gehören und von den Niederlanden zurückgeführt werden müssen. Nach jahrelangen Verhandlungen konnten sich die beiden Ländern 2009 darauf einigen, dass die 800 Laufmeter Akten des 17. bis 20. Jahrhunderts unter der Bedingung restituiert werden, wenn die surinamische Regierung sämtliche Dokumente digitalisiert und online stellt. 2017 wurden die Archivbestände schliesslich überführt.78

Während die Restitution von nationalsozialistischem Raubgut nie hinterfragt wurde, bestehen in der postkolonialen Restitutionsdebatte weiterhin starke Widerstände – selbst wenn nachgewiesen wurde, dass koloniale Objekte (gewalttätig) entwendet wurden.

Motionen, wie jene von Jon Pult vom 9. Dezember 2021 zeigen aber, dass mittlerweile in der Schweizer Politik ein Wandel stattfindet. Sie verlangt, dass der Schweizerische Bundesrat eine unabhängige Kommission einsetzen solle, welche «in Fällen von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern Empfehlungen abgibt [...]» und es soll geprüft werden, «ob die Kommissionen entsprechende Empfehlungen auch bei Kulturgütern aus anderen, namentlich kolonialen Kontexten abgeben soll».79 Die Motion wurde am 11. Mai 2022 vom Nationalrat verabschiedet und der Ständerat hat am 26. September 2022 den ersten Absatz angenommen.

Als Ergänzung zur Provenienzforschung setzen viele Museen auf die Zusammenarbeit mit sogenannten Herkunftsgesellschaften der jeweiligen Sammlungen. Ziel ist es, eine «shared history» zu schreiben.80 Die Ausstellung «The Future is Blinking. Frühe Studiofotografie aus West- und Zentralafrika» im Museum Rietberg in Zürich, welche Fotografie von Berufsfotografen aus West- und Zentralafrika aus dem späten 19. bis zum frühen 20. Jahrhundert ausstellte, wurde zum Beispiel in Zusammenarbeit von afrikanischen Partner:innen kuratiert. Sie zeigte vor allem Gegenbilder zur Kolonialfotografie, verglich diese aber auch miteinander.81

Das Deutsche Bundesarchiv wiederum bemüht sich, in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, die Kolonialakten im Nationalarchiv in Kamerun zu sichern und nutzbar zu machen.82

Auch Schweizer Archive könnten eine Zusammenarbeit mit Herkunftsgesellschaften eingehen. Ihre Perspektive ermöglicht einen neuen Blick auf Bestände mit kolonialem Kontext. So gibt es insbesondere aus ehemaligen Siedlungskolonien wie Kanada, die USA oder Australien viele Beispiele, die eng mit indigenen Communities zusammenarbeiten. Dabei wird zum Beispiel versucht dem «Schweigen» der indigenen Bevölkerung in den Archiven entgegenzuwirken, indem schriftlichen Quellen durch «Oral History» ergänzt werden. Prioritär ist es, vor allem den Zugang zu den Quellen gegenüber der indigenen Bevölkerung zu gewährleisten. So fordert der Indigenous Heritage Action Plan aus Kanada, dass Sammlungen «support education, build awareness and create dialogue; enable research; aid communities in the rediscovery of cultures and languages; inform legal cases, claims, settlements, inquiries and commissions»83 können. Obwohl die ehemaligen Siedlungskolonien eine andere Kolonialgeschichte wie jene der Schweiz aufweisen, mag womöglich auch die Schweiz von einer Zusammenarbeit mit Herkunftsgesellschaften profitieren.

Auf internationaler Ebene könnten, wie die «Washington Principles» Grundsätze definiert werden, um eine gerechte und faire Lösung für entwendete Kolonialgüter zu finden. Für die «Washington Principles» hatte damals ein Vorschlag der Schweizer Delegation den Durchbruch ermöglicht, um einen Konsens zu finden und die Prinzipien zu definieren.84 Eine ähnliche Rolle wäre für die Archivinstitutionen der Schweiz vorstellbar.

5.2 Erschliessungpraxis

Onlinekataloge sind der erste Kontakt, den Benutzer:innen mit dem Archiv haben. Damit zeigt sich, welche Bedeutung die Erschliessungspraxis hat.

In den Onlinekatalogen der Schweizer Archive finden sich aktuell eine Vielzahl diskriminierender Deskriptionen, die mit einer kurzen Suche gefunden werden können. Mit einer solchen einfachen Suche können jedoch keine Begriffe gefunden werden, die im Kontext falsch verwendet werden und deshalb problematisch sind. Ein Beispiel ist der Begriff «Schaman». Das Wort kommt ursprünglich von der tungusischen Ethnie (aus dem Gebiet Mandschu). Wird mit dem Begriff aber eine nordamerikanische, indigene Person mit medizinischen/magischen Fähigkeiten beschrieben, so wird der Begriff falsch verwendet.

Archivar:innen übernehmen und reproduzieren immer wieder diskriminierende und rassistische Begriffe aus den Archivalien unkritisch.85 Greg Bak ruft deshalb dazu auf: «[a]rchival descriptions should become less declarative and more inclusive and discursive, reflecting on the biases of records creators and keepers, indicating gaps and silences […]».86 Deshalb braucht es dekoloniale Standards, indem Erschliessungsrichtlinien überarbeitet oder Archivkataloge im Hinblick auf Terminologie überprüft werden müssen.87

Die Veränderung der Terminologien im Archivkatalog wird oft kritisch beäugt. So schreibt Wayne Modest: «For some […] ‘meddling’ with language is nothing less than an act of political correctness, an oversensitive response, evidence of a sentimentality to be derided. For others, it is an attempt at rewriting history.»88 Dabei darf nicht vergessen gehen, dass solche Wörter in einem rassistischen und diskriminierenden Diskurs entstanden sind und auf schädliche Art und Weise, dazu geführt haben, wie bestimmte Gruppen wahrgenommen und repräsentiert wurden und werden. Wörter sind nie neutral, sondern repräsentieren stets eine ideologische Sichtweise auf die Welt.89

Ein sehr spannendes Beispiel zur Überarbeitung eines Online-Kataloges stammt aus den Niederlanden: ein sogenannter «Unfinished Guide» namens «Word Matters», der von dem Tropenmuseum, dem Afrikamuseum, dem Museum für Volkskunde und dem Weltmuseum herausgegeben wurde. Es handelt sich um eine Ausgabe mit mehreren Artikeln, die erläutern, weshalb sich die Museen dazu entschieden haben, diese zu ändern. Zum anderen gibt es am Ende des Heftes ein alphabetisches Glossar, welche Begriffe zuerst erläutert sowie historisch kontextualisiert und dann aufzeigt, weshalb sie diskriminierend sind.

Marije Kunst betont in ihrem Artikel in «Word Matters», dass die originalen Titel nicht einfach gelöscht, sondern in der Datenbank aufbewahrt werden und so weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Ausserdem betont sie, dass zwischen Online-Katalog und interner Datenbank unterschieden werden muss und führt die Gründe dazu weiter aus:

[...] it is to acknowledge that the meanings and connotations of words change over time, and that as a public institution, we want to ensure that every visitor and researcher feels included and is not offended when they engage with our collections. Similarly, we want to raise awareness of these issues more broadly for the public as well. This, we believe, is part of our responsibility as public museums.90

Die Erinnerungsinstitutionen soll ein inklusiver Ort werden, das nicht zwischen «uns» und den «Anderen» unterscheidet und damit schliesslich entscheidet, wer Schweizer:in ist und wer nicht. Obwohl «Word Matters» im Kontext von Museen entstanden ist, kann das Glossar ein erster Schritt für Schweizer Archive sein, um im eigenen Archivkatalog problematische Begriffe ausfindig zu machen.

Es gibt bereits mehrere Archive ausserhalb der Schweiz, die ihren Archivkatalog überarbeitet haben. Elizabeth Walker, Archivarin im Stadtarchiv Edmonton beispielsweise erzählt in «Four Views on Archival Decolonization Inspired by the TRC’s Calls to Action», dass Deskriptionen mit kolonialem, rassistischem oder beleidigendem Inhalt überarbeitet werden. Auch sie betont, dass das Archiv die Kopien der alten Deskriptionen weiterhin aufbewahrt, weil sie Teil der Sammlungsgeschichte ist. Sie weist zudem darauf hin, dass originale Titel des Urhebers beziehungsweise der Urheberin nicht verändert werden. Stattdessen wurden hierzu zwei Felder geschaffen «title supplied» und «title based on content of the image». Mit «title supplied» wird der Originaltitel gemeint und mit «title based on content of the image» sind jene Titel gemeint, die durch Archivar:innen vergeben wurden. Wenn in den Originaltiteln problematische Begriffe auftauchen, die nicht geändert werden können, wird stattdessen folgender Hinweis hinzugefügt: «Title supplied means the title of the image was given by the creator of the work. Archivists keep those titles to provide context even though they may contain inappropriate or offensive language.»91

Das Deutsche Hygiene-Museum wählte wiederum eine andere Herangehensweise: problematische Begriffe werden im Online-Katalog in Anführungs- und Schlusszeichen gesetzt.92 Weitere Möglichkeiten für den Online-Katalog könnten sogenannte Triggerwarnungen sein, die erscheinen, wenn rassistische, diskriminierende Bilder oder Terminologien angezeigt werden. In eine ähnliche Richtung ginge auch ein Pop-up, dass auftaucht, sobald nach rassistischen oder diskriminierenden Inhalten gesucht wird. Insbesondere im Museumskontext wurden verschiedenste Ideen umgesetzt, die auch für Archive wegweisend sein können. Ohne grossen Aufwand könnten Archive bereits jetzt handeln, indem sie einen weiteren Teilschritt in ihr Controlling einbauen, wo nicht nur Rechtschreibefehler korrigiert, sondern auch Begrifflichkeiten überprüft werden.

Bedeutungen und Konnotationen von Wörtern verändern sich stetig. Die Überarbeitung eines Archivskatalogs auf problematische Terminologien hin, wird eine ständige Aufgabe sein. Die Einleitung von «Words Matters» betont mir ihrem Disclaimer deutlich: «[…] this list is neither comprehensive nor finalized. We remain convinced that this book will never be complete [...]».93 Und Wayne Modest fasst in seinem Artikel schliesslich passend zusammen: «The issue of terminology is a complex one; there are no one-size-fits-all solutions. While we can generalize, each object presents a unique case with a specific complexity.»94

Die zentrale Aufgabe des Archivkatalogs muss es aber schliesslich sein, anti-rassistische und anti-diskriminierende Forschung zu gewährleisten. Wie dies umzusetzen ist, wir keine einfache Aufgabe sein. 

5.3 Öffentlichkeitsarbeit und Vermittlung 

Nicht nur in den Archiven, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit gibt es aktuell ein mangelndes Bewusstsein über die weiterhin bestehenden kolonialen Strukturen innerhalb von Institutionen wie Archive. Sie müssen deshalb dazu beitragen, die gegenwärtige Erinnerungspolitik in Bezug auf die Schweizer Rolle im Kolonialismus zu verändern beziehungsweise eine veränderte Auseinandersetzung mit den Kontexten und Bedeutungen zu schaffen. Archive müssen die koloniale Geschichte und den Rassismus in bestimmten Sammlungen beziehungsweise Beständen anerkennen.

Genau dies geschieht aktuell in der Schweizer Museumslandschaft. 2023 findet die Ausstellung «Blinde Flecken – Zürich und der Kolonialismus» im Stadthaus der Stadt Zürich statt. Ein Jahr später widmet sich das Landesmuseum dem Thema Kolonialismus und Schweiz.95 Um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, könnten Archive beispielweise Ausstellungen, Workshops, Schulungen, Blogs und Artikel oder Veranstaltungen organisiert werden.96

Um dabei eine Einseitigkeit der Geschichtserzählung zu vermeiden, hat die Ausstellung «Patumbah liegt auf Sumatra» in der Villa Patumbah im Zürcher Seefeld versucht Stimmen aus dem heutigen Indonesien einfliessen zu lassen. Nebst den ausgestellten Archivalien zur Plantagenwirtschaft im damaligen Holländisch-Ostindien, zeigte ein Video der indonesischen Journalistin Dyna Rochmyaningsih Eindrücke des heutigen Sumatras und die Folgen der Plantagenwirtschaft.97 Stimmen aus den Herkunftsländern in Ausstellungen zu integrieren, zeigt eine Möglichkeit auf, wie das asymmetrische Machtgefälle durchbrochen werden kann.

Das nächste Beispiel, die Themenwebseite der Bundesarchivs Deutschland «Grenzexpedition und Völkermord – Quellen zur Kolonialgeschichte»98, wäre theoretisch ein guter Ansatz. Dem Thema Kolonialismus wird eine eigene Seite gewidmet. Insbesondere für Deutschland, das sich im Bezug zum deutschen Kolonialismus lange durch «Lücken und Auslassungen im deutschen kollektiven Gedächtnis» auszeichnete, ist dies bemerkenswert. Die Umsetzung der Themenseite ist jedoch ambivalent. Neben praktischen Findmitteln, welche sämtliche kolonialen Bestände aufführen, gibt es virtuelle Ausstellungen und Beiträge zur Kolonialgeschichte in unterschiedlicher Qualität.

Die virtuelle Ausstellung «Der Krieg gegen die Herero» beispielsweise enthält nebst 40 Digitalisaten zwei Absätze zu den Hintergrundinformationen: 

Der Aufstand der Herero im Jahre 1904 war nicht die erste Auseinandersetzung, die das Deutsche Reich mit den Bewohnern seiner kolonialen Schutzgebiete in Afrika und im westlichen Pazifik zu führen hatte. Von den anderen kolonialen Kriegen des Deutschen Reiches unterscheidet sich die Niederschlagung des Herero-Aufstands jedoch durch die unerbittliche Härte des militärischen Vorgehens, das eine völlige Vernichtung des Stammes der Herero wissentlich in Kauf nahm. Von den ca. 80 000 Herero überlebten nur wenig mehr als 15 000 den Völkermord während des Krieges und in den Konzentrationslagern. Nach ihrer Entlassung aus der Gefangenschaft wurden die Herero einem totalitären Regime unterworfen, das dem Einzelnen die persönliche Freiheit und dem Stamm der Herero seine traditionelle Lebensweise nahm.99

Die Hintergrundinformationen sind kurz geraten, aber die virtuelle Ausstellung bietet einen ersten Überblick über die deutsche Kolonialgeschichte in Westafrika sowie über die Bestände im Deutschen Bundesarchiv.

In verschiedenen Beiträgen werden aber immer wieder stereotypisierende Begriffe wie zum Beispiel «Afrikaner»100 verwendet. Dem ganzen Konzept der Themenseite widerspricht, ein auf der Webseite aufgeführter Artikel von Sabine Herrmann: «Koloniale Amnesie? – 100 Jahre Archive zur Geschichte der deutschen Kolonien»101. Im Fazit schreibt Herrmann:

Es ist ein bisschen schwierig, einer «Kolonialen Amnesie» zu erliegen, wenn man als Archivar/in gewissermaßen auf den Akten des Reichskolonialamts sitzt – diese stellen ja im Grunde das Gedächtnis der Kolonialverwaltung dar. Die Archive waren in den letzten 100 Jahren immer präsent und haben Kolonialüberlieferung im Rahmen ihrer rechtlichen, finanziellen und technischen Möglichkeiten gesichert und zugänglich gemacht. Wie wir gesehen haben, waren im Laufe der Jahre auch im Archivwesen unterschiedliche Schwerpunkte und Konjunkturen bei der Beschäftigung mit der Kolonialüberlieferung festzustellen. Das Schlagwort der «Kolonialen Amnesie» trifft jedoch auf die Archive so pauschal nicht zu.102

Selbstverständlich befanden sich die «Kolonialüberlieferungen» seit jeher im Archiv. Mit kolonialer Amnesie wird aber nicht das Vergessen der Kolonialakten gemeint, sondern das mangelnde Bewusstsein für das Thema. Lange verstand sich Deutschland nicht als Kolonialmacht, weil sie erst sehr spät und nur für eine kurze Zeit Kolonien besass. Erst mit dem Abkommen von 2021 wurden die deutschen Kolonialverbrechen an den Herero und Nama im historischen Sinne anerkannt – nicht aber als «Völkermord» im völkerrechtlichen Sinne, weshalb diese Einigung von Vertreter:innen der Herero und Nama heftig kritisiert wird.103 Der Artikel von Herrmann wirkt auf der Themenseite deplaziert und zerstört die Bemühungen, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren.

Eine Themenwebseite wie jene des Deutschen Bundesarchivs wäre insgesamt aber ein wichtiger Anfang, sich mit den Beständen mit kolonialem Bezug auseinanderzusetzen und für die Öffentlichkeit transparent zu machen. Zusammengestellte Findmittel, wie sie auf der Themenseite zu finden sind, können die zukünftige Forschung über die Kolonialgeschichte vorantreiben. Ein gut umgesetztes Beispiel ist zum Beispiel der «Archivführer. Deutsche Kolonialgeschichte».104

Das letzte Beispiel ist die Ausgabe LIBREAS. Library Ideas, Nr. 40 von 2021105 des Instituts für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. Die gesamte Ausgabe widmete sich dem Thema Dekolonisierung in Bibliotheken. Eine ähnliche Umsetzung könnten auch deutschsprachige Archivmagazine umzusetzen. Sie würden damit das Bewusstsein innerhalb Archivinstitutionen vergrössern und die Öffentlichkeit sensibilisieren.

5.4 Digitalisierungsmöglichkeiten

Die heutigen Digitalisierungsmöglichkeiten bieten den Archiven neue Plattformen, ihre Archivalien der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Digitalisierung birgt aber Gefahren. Wie im Onlinekatalog (siehe Kapitel 4.2) können rassistische und diskriminierende Inhalte kontextlos im Internet reproduziert werden.106 Weitere Nachteile sind gemäss Jeurgens und Karabinos: « [...] biases in selection of what to digitize, dominance of metadata schemas of the Western world, neglect of the needs and values of indigenous peoples and neglect of different, non-institutional perspectives on giving/restricting access to digitized archives».107

Mit digitalisierten Beständen vergrössert sich zwar die Reichweite. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob bei heiklen Inhalten der Zugriff nicht kontrolliert werden sollte. Matthias Harbeck fragt zurecht, ob es:

[...] zu einer antagonistischen Gegenüberstellung der FAIR-Prinzipien mit den sogenannten CARE-Prinzipien (Collective Benefit, Authority to Control, Responsibility, Ethics) kommen, bei der indigene Rechte an den eigenen Daten (auch denen, die von anderen über sie erhoben wurden) und auch die Hoheit darüber dem freien Zugang entgegengesetzt werden.108

Müssen alle Inhalte digitalisiert und online gestellt werden oder gibt es auch ethische Grenzen? In digitalisierten Archivbeständen zur Sklaverei beispielsweise wurden von den Archivar:innen Terminologien und Wissensstrukturen unkritisch übernommen und reproduziert, so wie sie von Sklavenhaltern, Sklavenhändlern und Kolonialoffizieren verwendet wurden.109

Schliesslich stellt sich auch die Frage, wer tatsächlich Zugang zu solchen Beständen hat. Der globale Norden und der globale Süden stehen in einer ungleichen Beziehung zueinander. Ein Zugang in digitale Bestände ist nur durch technische Geräte möglich. Darüber hinaus können Sprachbarrieren den Zugang erschweren.110

Nichtsdestotrotz bietet die Digitalisierung auch die Möglichkeit, die Kolonialgeschichte neu zu erzählen. Unterschiedliche Bestände und Archivalien können so überhaupt digital miteinander verknüpft werden und dies ist sogar über Wissensinstitutionen (Museen, Bibliotheken und Archive) hinweg möglich. So plädieren Charles Jeurgens und Michael Karibinos «[…] that digitizing colonial heritage is a conscious act of (re)activation. By just digitizing colonial archives, representations of disputed societal structures are reactivated».111 Damit könnten Digitalisierungsprojekte zur Dekolonisierung beitragen. Ein gutes Beispiel ist das «The Early Caribbean Digital Archive (ECDA)». Hier wurden bestehende Archive digitalisiert, neu geordnet und zusätzlich neues Material beigefügt:

But the digital archive, we believe, offers new possibilities for re-archiving (remixing and reassembling) materials from existing archives as well as archiving new materials. This is not just the promise of recovery—not simply a question of finding materials that have been hidden in the past. Rather, this is a formal possibility—one linked to the new affordances of the digital archive which invite (if not require!) us to disrupt, review, question, and revise the colonial knowledge regime that informs the archives from which we draw most of our materials.112

Mit «remix» wird gemeint, dass in einer Sammlung nicht nur europäische Quellen eingebettet sind, sondern diese durch Narrative von versklavten Menschen ergänzt werden. So wird eine neue digitale Anthologie von Erzählungen gebildet, die auf neue Weise in neuen Kontexten zueinander sprechen.113

Digitalisierung soll aber kein Mittel sein, um eine Restitution zu umgehen. Ein Digitalisat ist etwas vollkommen anderes wie das originale Objekt. Die digitale Restitution kann aber eine Möglichkeit darstellen, wenn Herkunftsgesellschaften damit einverstanden sind.114

5.5 Archivpolitik und Weiterbildung

Als letzter Punkt werden im Bereich Archivpolitik Handlungsoptionen vorgestellt. Grundsätzlich müssen die Archivpraxis und die Archivkunde überdenkt werden. Archive, Bibliotheken und Museen sind sogenannte «weisse115 Orte». Das ABD-Wesen ist historisch gesehen ein «weisses» (heterosexuelles und mittelständisches) Produkt, welches unwissentlich die dominierende, repressive Kultur des Westens unterstützt (hat).116

In einer pluralistischen Gesellschaft kann zum Beispiel das Diversity Management im Archiv dazu beitragen, den Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt zu fördern. Eine «weisse» Mehrheit innerhalb des Archivwesens führt unweigerlich zu institutionellen Blindstellen. Mit einem diverseren Archivpersonal können blinde Flecken innerhalb der Institution mit einem neuen und anderen Blick aufgedeckt werden. Das gilt selbstverständlich nicht nur für ethnische Herkunft und Nationalität; Diversität sollte auch auf den Ebenen Geschlecht und Geschlechtsidentität, körperliche und geistige Fähigkeiten, Religion, sexuelle Orientierung und Identität sowie soziale Herkunft angestrebt werden.117

Ausserdem leidet die jetzige Archivpraxis noch immer daran, dass marginalisierte Stimmen ihren Weg nicht ins Archiv finden. Insbesondere Geflüchtete oder migrantische Gesellschaften werden nur einseitig in Archivbeständen repräsentiert. In Staatsarchiven finden sich Einwanderungs- und Einbürgerungsdossiers, Selten gibt es Nachlässe oder Vereinsarchive von beispielsweise migrantischen Gruppen.118

Schon Hans Booms hat 1972 festgestellt, dass die Tätigkeit des Archivars in Beziehung mit der Gesellschaftsordnung steht und er schreibt weiter: «Bewertungsbasis sollte nicht länger der in Provenienzen gegliederte Funktionsniederschlag des Archivträgers sein.»119 Er plädiert dafür, dass die archivische Quellenbewertung durch die Gesellschaft mit ihrer öffentlichen Meinung zu legitimieren ist. Am Anfang des 4. Kapitels wurden Beispiele von dekolonialer Archivpraxis von aktivistischen Gruppen in der Schweiz vorgestellt. Sie zeigen, dass das Bedürfnis einer neuen Archivpolitik und -praxis vorhanden ist.

Die Archivkunde ist eine klassisch westliche Ausbildung. Mittlerweile gibt es verschiedene Kurse im Bereich der dekolonialen Archivpraxis, die angeboten werden. Auf der Webseite «Decolonize the Archive» wird beispielsweise der Kurs «Correcting our Collecting» beworben. 

Correcting Our Collecting is a short, accessible, and practical course in African heritage archiving. It is designed to introduce participants to the basic principles, skills and ideas required to approach the creation, preservation and activation of archives from an African heritage perspective. The course is necessary as the overwhelming majority of teaching and material concerning archival practice centre European perspectives on information studies.120

In der Schweiz wird zur Dekolonisierung von Archiven folgender Kurs an der Fachhochschule Nordwestschweiz gehalten: «Dekolonisierung digitaler Archive». Ziel des Kurses ist es «[...] zu beleuchten, wie postdigitale und dekolonisierende Praktiken Digitalisierungsvorhaben unterstützen können, die heutigen und zukünftigen Komplexitäten gerecht werden».121 Solche Kurse können die klassische Archivkunde ergänzen und erweitern.

Archivar:innen verlassen sich, trotz wiederkehrender Kritik, immer noch auch auf ein hierarchisches System, welches das traditionelle Modell von Provenienz nicht hinterfragt. Die Entstehung von Linked Data und Records in Context lässt aber Hoffnung schöpfen, dass in Zukunft komplexe Beziehungen neu dargestellt werden können, die sich nicht mehr auf das Provenienzprinzip stützen.122 Diese Möglichkeiten müssen aber als solche wahrgenommen werden.

Archive dürfen sich nicht davor scheuen, koloniale Strukturen zu benennen. Schulungen und Workshops zu Themen wie Dekolonisierung, Inklusion oder Antirassismus können und müssen auch dem internen Archivpersonal angeboten werden.

Schlussbetrachtung

In der Schweiz wird die Debatte um die Dekolonisierung von Gedächtnisinstitutionen insbesondere von Museen und ethnografischen Sammlungen vorangetrieben. Dabei müssen auch andere Gedächtniseinrichtungen wie Bibliotheken und Archive hinterfragt werden. Denn auch sie sind Orte, in denen Wissen und Material aus und über koloniale Kontexte gesammelt und aufbewahrt werden. Damit nehmen Gedächtnisinstitutionen als «politische Orte» eine grosse Verantwortung ein, wie mit der kolonialen Vergangenheit umzugehen ist.

Die archivische Dekolonisierung hat zum Ziel, koloniale Denkmuster und Strukturen innerhalb des Archivs aufzuzeigen und sie zu transformieren. Mit dem Begriff Dekolonisierung wird zum einen der Emanzipationsprozess ehemaliger Kolonien gemeint, zum anderen meint sie einen Prozess, der versucht die (neo-)kolonialen Unterdrückungsformen zu überwinden, die in den ökonomischen, politischen und kulturellen Dimensionen vorzufinden sind.

Wie der Begriff Dekolonisierung ist auch der Begriff Kolonialismus vielschichtig. Obwohl die Schweiz nie Kolonien hatte, war sie trotzdem Teil dieser Verflechtungen. Wirtschaftlich profitierte die Schweiz beispielsweise, in dem sie durch die Kolonialreiche Zugang zu den kolonialen Märkten hatte. Der Kolonialismus brachte aber auch ein machtvolles Denkgerüst mit sich, indem systematisch People of Color rassistisch abgewertet wurden. Aber auch der Schweizer Alltag wurde durch koloniale Vorstellungen geprägt. Die Auswirkungen dieser kolonialen Vergangenheit beeinflussen uns bis heute.

Die kolonialen Verstrickungen der Schweiz spiegeln sich auch in den Schweizer Archiven wider. In verschiedensten Archiven können Unterlagen mit kolonialem Bezug gefunden werden. Nicht nur gibt es Bestände mit kolonialem Bezug in den Schweizer Archiven, auch die Institutionen selbst sind kolonial geprägt. Das Archivwesen ist eine europäische Einrichtung und spielte eine zentrale Rolle bei der Erhaltung des historischen Narrativs und imperialen Machtgefüges, indem es Daten über die Kolonialländer und die Kolonisierten aufbewahrte und so die Kontrolle zusätzlich sicherstellte. Archive unterstützten damit die Produktion von Wissen und Nicht-Wissen über die koloniale Bevölkerung.

Auch die Archivkunde ist zutiefst von kolonialen Strukturen geprägt. Erst vor 20 Jahren wurde die dekoloniale Archivpraxis eingeführt, die das westliche Machtgefüge hinterfragt; dieses gilt es heute zu überwinden. Insbesondere Museen haben versucht erste dekoloniale Prozesse umzusetzen, deren Beispiele für Schweizer Archive wegweisend sein können.

Auch in nordamerikanischen Archiven gibt es erste Dekolonisierungsbestrebungen, die – trotz einer anderen Kolonialgeschichte – können als Vorbilder für die Schweiz dienen. Denn auch in der Schweiz zeigt sich, dass Dekolonisierungsprozesse innerhalb der Archive notwendig sind. Aktivistische Gruppen versuchen bereits erste eigene dekoloniale Archivierungsversuche umzusetzen. Es bestehen also Erwartungshaltungen an die Archive, diese Arbeit anzugehen.

Der vorliegende Artikel zeigt die Notwendigkeit von dekolonialen Handlungsoptionen für Archive auf. In insgesamt fünf Bereichen, nämlich Provenienzforschung und Restitution, Erschliessungspraxis, Öffentlichkeitsarbeit und Vermittlung, Digitalisierungsmöglichkeiten sowie Archivpolitik und Weiterbildung wurden Beispiele vorgestellt, die nicht ausschliesslich aus dem Archivwesen stammen. Zusammenfassend sind folgende Punkte zentral, um Dekolonisierungsprozesse in Archiven in Angriff zu nehmen:

Besonders weil Archive nicht neutral sind, müssen Archivar:innen radikal vorangehen und die dekoloniale Transformation vorantreiben. Die Dekolonisierungsbestrebungen können schliesslich nicht allein durch Archive erreicht werden. Es ist die Aufgabe der gesamten GLAM-Institutionen und der Gesellschaft dies zu erreichen. Die Frage nach Dekolonisierung betrifft alle, weil sie die Frage beinhaltet, in welcher Welt wir leben wollen.

Bibliographie

Anderson, Jane und Christen, Kimberly: Decolonizing Attribution: Traditions of Exclusion, in: Journal of Radical Librarianship, Vol. 5, 2019.

Andreas Zangger: Koloniale Schweiz. Ein Stück Globalgeschichte zwischen Europa und Südostasien, Bielefeld 2011.

Bak, Greg; Bradford, Tolly; Loyer, Jessie; Walker, Elizabeth: Four Views on Archival Decolonization Inspired by the TRC’s Calls to Action, in Fonds d’Archives, 1, 2017, S. 1-21.

Bak, Greg: Counterweight. Helen Samuels, Archival Decolonization, and Social License, in: The American Archivist, Vol. 84/2, 2021, S. 420-444.

Bennet, Melissa: Decolonising the Archive: Responsibilities for Researchers and Archive Professionals (Part II), URL: https://www.archivozmagazine.org/en/decolonising-the-archive-responsibilities-for-researchers-and-archive-professionals-part-ii/ (zuletzt 17.09.2022), in: Archivoz, 08.04.2020.

Booms, Hans: Gesellschaftsordnung und Überlieferungsbildung: Zur Problematik archivarischer Quellenbewertung, in: Archivalische Vol. 68, 1972, S. 3-40.

Brengard, Marcel; Schuber, Frank; Zürcher, Lukas: Die Beteiligung der Stadt Zürich sowie der Zürcherinnen und Zürcher an Sklaverei und Sklavenhandel vom 17. bis ins 19. Jahrhundert. Bericht zu Handen des Präsidialdepartements der Stadt Zürich, Zürich 2020.

Caswell, Michelle; Punzalan, Ricardo; Sangwand, T-Kay: Critical Archival Studies: An Introduction, in: Critical Archival Studies, Vol. 1/2, 2017, S. 1-8.

CLAE: Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art, URL: https://www.lootedartcommission.com/Washington-principles (zuletzt: 07.10.2022).

Decolonize the Archive, URL: https://www.decolonisingthearchive.com/ (zuletzt: 23.09.2022).

Derrida, Jacques und Prenowitz, Eric: Archive Fever. Freudian Impression, in: Diacritics, Vol. 25/2, 1995, S. 9-63.

Deutsche Tagesschau: Herero und Nama fordern neue Verhandlungen, URL: https://www.tagesschau.de/wissen/forschung/bundesregierung-nama-herero-101.html (zuletzt: 07.10.2022).

Deutscher Kulturrat: Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten. Stellungnahme des Deutschen Kulturrates sowie Texte aus Politik & Kultur, in: Politik & Kultur, 2019.

Deutsches Bundesarchiv: Grenzexpedition und Völkermord – Quellen zur Kolonialgeschichte, URL: https://www.bundesarchiv.de/DE/Navigation/Entdecken/Kolonialgeschichte/kolonialgeschichte.html (zuletzt: 23.09.2022).

Deutsches Bundesarchiv: Virtuelle Ausstellung. Der Krieg gegen die Herero 1904, URL: https://www.bundesarchiv.de/DE/Content/Virtuelle-Ausstellungen/Der-Krieg-Gegen-Die-Herero-1904/der-krieg-gegen-die-herero-1904.html (zuletzt: 04.09.2022).

Deutsches Bundesarchiv: Zwischen Bestandserhaltung und Bühnennebel - Deutsche Kolonialakten in Kamerun, URL: https://www.bundesarchiv.de/DE/Content/Artikel/Ueber-uns/Aus-unserer-Arbeit/Textsammlung-Kamerun/kamerun.html (zuletzt: 30.06.2022).

Deutsches Hygiene-Museum, URL: https://sammlung.dhmd.digital/?externen (zuletzt: 05.10.2022).

do Mar Castro Varela, Maria und Dhawan, Nikita (Hg.): Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung, Bielefeld 20152.

Douglas, Jennifer u.a.: Decolonizing Archival Description: Can Linked Data Help?, in: ASIS&T Annual Meeting, 2018, S. 669-672.

Dunbar, Anthony W.: Introducing Critical Race Theory to Archival Discourse: Getting the Conversation Started, in: Arch Si, Vol. 6, 2006, S. 109-129.

ECDA: Decolonizing the Archive: Remix and Reassembly, URL: https://ecda.northeastern.edu/home/about/decolonizing-the-archive/ (zuletzt: 08.07.2022).

FHNW: Dekolonisierung digitaler Archive, URL: https://www.fhnw.ch/de/weiterbildung/gestaltung-kunst/dekolonisierung-digitaler-archive_wws (zuletzt: 08.09.2022).

Foucault, Michel: L’Archéologie du savoir, Paris 1971.

Friedrich, Markus und Zedelmaier, Helmut: Bibliothek und Archiv, in: Sommer, Marianne u.a. (Hg.): Handbuch Wissenschaftsgeschichte, Stuttgart 2017.

Genovese, Taylor R.: Decolonizing Archival Methodology: Combating Hegemony and Moving Towards a Collaborative Archival Environment, in: AlterNative, Vol. 12/1, 2016.

Ghaddar, Jamila J.; Caswell, Michelle: «To go beyond». Towards a Decolonial Archival Praxis, in: Archival Science, 19, 2019, S. 71-85.

Gouaffo, Albert: Dekolonisierung, in: Handbuch Postkolonialismus und Literatur, hg. von Göttsche, Dirk u.a., Stuttgart 2017, S. 131-133.

Guha, Ramachandra: The Prose of Counter-insurgency, in: Selected Subaltern Studies, hg. von Ramachandra Guha und Gayatri Chakravorty Spivak, Delhi 1988, S. 45-95. 

Haase, Sven und Hopp, Meike: Einführung in den Themenschwerpunkt, in: Archivar, Jg. 75/1, 2022, S. 6-9.

Harbeck, Matthias: Die Ethik des Digitalisierens: Fragen zum Umgang mit Materialien aus kolonialen Kontexten in der Massendigitalisierung, in: Libreas. Library Ideas, Vol. 40, 2021. 

Hathcock, April: White Librarianship in Blackface: Diversity Initiatives in LIS, in: arbido 1, 2017.

Heimatschutzzentrum Zürich: Patumbah liegt auf Sumatra, URL: https://www.heimatschutzzentrum.ch/medien/detail/patumbah-liegt-auf-sumatra-2 (zuletzt: 04.06.2022).

Hobohm, Hans-Christoph: Bibliothek und Diversität. Eine theoretische Annäherung, in: Kristin Futterlieb und Judith Probstmeyer (Hg.), Diversity Management und interkulturelle Arbeit in Bibliothek, Berlin und Boston 2016, S. 26.

Holenstein, André: Nidwalden meets Borneo. Unerwartete Begegnungen in der Schweizer Geschichte des 19. Jahrhunderts, URL: https://mhistories.hypotheses.org/372 (zuletzt: 13.02.2022).

Hüsgen, Jan und Reimann, Isabelle: Erschliessung der Missionsarchive für kooperative Provenienzforschung zu menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten, in: Archivar, Jg. 75/1, 2022, S. 25-27. 

Jenkinson, Hilary: A Manual of Archive Administration, London 1922.

Jeurgens, Charles und Karabinos, Michael: Paradoxes of Curating Colonial Memory, in: Archival Science 20, 2020, S. 199-220. 

Knopf, Eva: Die Suche nach Mohamed Husen im kolonialen Archiv. Ein unmögliches Projekt, in: Archive dekolonisieren. Mediale und epistemische Transformationen in Kunst, Design und Film, hg. von Eva Knopf u.a., Bielefeld 2018, S. 83-106.

Krauer, Philipp: Schweizer Söldner in der niederländischen Kolonialarmee, URL: https://blog.nationalmuseum.ch/2021/09/soeldner-in-indonesien/ (zuletzt: 12.02.2022).

Krüger, Gesine: Franz Boas und die Schule der Rebellinnen. Eine andere Geschichte der Anthropologie, URL: https://geschichtedergegenwart.ch/franz-boas-und-die-schule-der-rebellinnen-eine-andere-geschichte-der-anthropologie/ (zuletzt: 03.10.2022).

Kuhn, Konrad J. und Kägi, Kaspar: Kolonialexpansion, fremde Dienste und Sklaverei: Jakob Christoph Zieglers (1791-1825) Briefe aus Sumatra, in: Zürcher Taschenbuch, Vol. 130, Zürich 2010, S. 71-141.

Kunst, Marijke: Being Trure to the Catalouge, in: Tropenmuseum u.a.: Words Matter. An Unfinished Guide to Word Choices in the Cultural Sector, S. 29-34.

Kuster, Brigitta u.a.: Archive der Zukunft? Ein Gespräch über Sammlungspolitiken, koloniale Archive und die Dekolonisierung des Wissens, in: Zeitschrift für Medienwissenschaft, 11/1, 2019, S. 96-111. 

Landesmuseum: Die Schweiz und ihre kolonialen Verflechtungen. Round Table, URL: https://www.landesmuseum.ch/de/veranstaltung/die-schweiz-und-ihre-kolonialen-verflechtungen-24426 (zuletzt: 20.09.2022).

Library and Archives Canada: Indigenous Heritage Action Plan, URL: https://www.bac-lac.gc.ca/eng/discover/aboriginal-heritage/initiatives/Pages/actionplan.aspx (zuletzt: 07.10.2022).

LIBREAS #40. Dekolonisierung, URL: https://libreas.eu/ausgabe40/ (zuletzt: 07.10.2022).

Living Archiv Bern, URL: https://www.living-room.website/ (zuletzt: 13.02.2022).

London School of Hygiene & Tropical Medicine: Decolonizing the Archives, URL:  https://www.lshtm.ac.uk/research/library-archive-open-research-services/archives/decolonising-archives (zuletzt: 12.02.2022).

Lund, Cornelia: Wie Archive aus antikolonialen Befreiungskämpfen in die Zukunft gewendet werden, in: Archive dekolonisieren. Mediale und epistemische Transformationen in Kunst, Design und Film, hg. von Eva Knopf u.a., Bielefeld 2018, S. 163-176.

Marty, Sara: Der Wille allein zur Diversität reicht nicht, in: arbido 1, 2017.

Modest, Wayne: Words Matter, in: Tropenmuseum u.a.: Words Matter. An Unfinished Guide to Word Choices in the Cultural Sector, S. 13-17.

Museum Rietberg: «The Future is Blinking» - Frühe Studiofotografie aus West- und Zentralafrika, URL: https://rietberg.ch/ausstellungen/the_future_is_blinking (zuletzt: 05.10.2022).

Museum Rietberg: Benin Initiative Schweiz: Forschung und Dialog mit Nigeria, URL: https://rietberg.ch/forschung/benin-initiative-schweiz (zuletzt: 13.09.2022).

o.A.: Dekolonial – Dekolonisierung, in: Peripherie, Nr. 157/40, 2020, S. 151-154.

Patricia Purtschert u. a.: Postkoloniale Schweiz. Formen und Folgen eines Kolonialismus ohne Kolonien, Bielefeld 2015. 

Pult, Jon: Unabhängige Kommission für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter, URL: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20214403 (zuletzt: 05.10.2022).

Purtschert, Patricia und Fischer-Tiné, Harald (Hg.): Colonial Switzerland. Rethinking Colonialism from the Margins, New York 2015.

Purtschert, Patricia: Kolonialität und Geschlecht im 20. Jahrhundert. Eine Geschichte der weissen Schweiz, Bielefeld 2019.

Randeria, Shalini und Conrad, Sebastian (Hg.): Geteilte Geschichten - Europa in einer postkolonialen Welt, in: Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften, hg. von Sebastian Conrad u.a., Frankfurt am Main 2002, S. 9-49.

Said, Edward: Orientalism, London 1978.

Sarr, Felwine und Savoy, Bénédicte: Rapport sur la restitution du patrimoine culturel africain. Vers une nouvelle éthique relationnelle, Berlin 2019.

Schär, Bernhard: Tropenliebe. Schweizer Naturforscher und Niederländischer Imperialismus in Südostasien um 1900, Frankfurt am Main 2015.

Schellenberg, Theodore: Modern Archives: Principles and Techniques, Chicago 1954.

Schoonderwoerd, Stijn: Foreword, in: Tropenmuseum u.a.: Words Matter. An Unfinished Guide to Word Choices in the Cultural Sector, S. 7-12.

Schwarze Schweiz Online Archiv, URL: https://www.schwarzeschweiz.com/ (zuletzt: 13.02.2022).

Simon, Cheryl: Introduction. Following the Archival Turn, in: An International Journal on Images and their Uses, Vol. 8, 2002, S. 101-107.

Spivak, Gayatri Chakravorty: Can the Subaltern Speak, in: Marxism and the Interpretation of Culture, hg. von Nelson Cary u.a., Urbana 1988.

Stoler, Ann Laura: Colonial Archives and the Arts of Governance, in: Arch Sci, Vol. 2, 2002, S. 87-109.

Sutherland, Tonia and Purcell, Alyssa: A Weapon and a Tool: Decolonizing Description and Embracing Redescription as Liberatory Archival Praxis, in: The International Journal of Information, Diversity & Inclusion, Vol. 5/1, 2021, S. 60-78.

Thomas David u.a.: Schwarze Geschäfte. Die Beteiligung von Schweizern an Sklaverei und Sklavenhandel im 18. und 19. Jahrhundert, Zürich 2005.

VdA: Fachgruppen, URL: https://www.vda.archiv.net/fachgruppen.html (zuletzt: 08.09.2022).

Wikipedia: Washingtoner Erklärung, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Washingtoner_Erkl%C3%A4rung (zuletzt: 07.10.2022).

ZhdK: Postkoloniale Theorie und dekoloniale Perspektiven, URL: https://www.zhdk.ch/forschung/ehemalige-forschungsinstitute-7626/iae/glossar-972/post-koloniale-theorie-und-dekoloniale-perspektiven-3836 (zuletzt: 02.10.2022).

Notes

1Museum Rietberg: Benin Initiative Schweiz: Forschung und Dialog mit Nigeria, URL: https://rietberg.ch/forschung/benin-initiative-schweiz (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
2Sarr, Felwine und Savoy, Bénédicte: Rapport sur la restitution du patrimoine culturel africain. Vers une nouvelle éthique relationnelle, Berlin 2019, S. 1. ↩︎
3Ebd. S. 35. ↩︎
5Vgl. Friedrich, Markus und Zedelmaier, Helmut: Bibliothek und Archiv, in: Sommer, Marianne u.a. (Hg.): Handbuch Wissenschaftsgeschichte, Stuttgart 2017, S. 11. ↩︎
6Marty, Sara: Der Wille allein zur Diversität reicht nicht, in: arbido 1, 2017. ↩︎
8vgl. Ghaddar, Jamila J.; Caswell, Michelle: «To go beyond». Towards a Decolonial Archival Praxis, in: Archival Science, 19, 2019, S. 71-85, S. 74. ↩︎
9Deutscher Kulturrat: Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten. Stellungnahme des Deutschen Kulturrates sowie Texte aus Politik & Kultur, in: Politik & Kultur, 2019, S. 10. ↩︎
10Bak, Greg: Counterweight. Helen Samuels, Archival Decolonization, and Social License, in: The American Archivist, Vol. 84/2, 2021, S. 420-444, S. 424. ↩︎
11Mit Dekolonisierung wird damit das Streben nach «Loslösung von kolonialen Verhältnissen in ihren ökonomischen, politischen, kulturellen, epistemischen, (inter-)subjektiven, vergeschlechtlichten und ökologischen Dimensionen» gemeint (vgl. auch Kapitel 1). ↩︎
12Einen ersten Überblick über die koloniale Vergangenheit der Schweiz liefert u.a. der Sammelband: Purtschert, Patricia und Fischer-Tiné, Harald (Hg.): Colonial Switzerland. Rethinking Colonialism from the Margins, New York 2015. ↩︎
13Mit Schweiz wird auch die französisch-, italienisch- und rätoromanischsprechenden Regionen gemeint. Alle Kantone und Schweizer Einwohner:innen waren gleichermassen betroffen. ↩︎
14Vgl. VdA: Fachgruppen, URL: https://www.vda.archiv.net/fachgruppen.html (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
15Ghaddar, Jamila J.; Caswell, Michelle: «To go beyond». Towards a Decolonial Archival Praxis, S. 71. ↩︎
16Wichtige Werke für die Schweiz sind zum Beispiel: Andreas Zangger: Koloniale Schweiz. Ein Stück Globalgeschichte zwischen Europa und Südostasien, Bielefeld 2011; Patricia Purtschert u. a.: Postkoloniale Schweiz. Formen und Folgen eines Kolonialismus ohne Kolonien, Bielefeld 2015; Thomas David u.a.: Schwarze Geschäfte. Die Beteiligung von Schweizern an Sklaverei und Sklavenhandel im 18. und 19. Jahrhundert, Zürich 2005. ↩︎
17ZhdK: Postkoloniale Theorie und dekoloniale Perspektiven, URL: https://www.zhdk.ch/forschung/ehemalige-forschungsinstitute-7626/iae/glossar-972/post-koloniale-theorie-und-dekoloniale-perspektiven-3836 (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
18Mit «Othering» oder «Verandern» wird gemeint, wenn eine Gruppe oder eine Person sich von einer anderen Gruppe abgegrenzt, in dem sie «die Anderen» als andersartig und fremd beschreibt. Das beinhaltet in der Regel ein Machtgefälle, in welchem «die Anderen» von Diskriminierung betroffen sind. Der Begriff «Othering» wurde insbesondere durch die postkolonialen Schriften von Edward Said geprägt. ↩︎
19Vgl. Gouaffo, Albert: Dekolonisierung, in: Handbuch Postkolonialismus und Literatur, hg. von Göttsche, Dirk u.a., Stuttgart 2017, S. 131-133. ↩︎
20do Mar Castro Varela, Maria und Dhawan, Nikita (Hg.): Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung, Bielefeld 20152, S. 15. ↩︎
21do Mar Castro Varela, Maria und Dhawan, Nikita (Hg.): Postkoloniale Theorie, S. 16. ↩︎
22Vgl. Randeria, Shalini und Conrad, Sebastian (Hg.): Geteilte Geschichten - Europa in einer postkolonialen Welt, in: Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften, hg. von Sebastian Conrad, Frankfurt am Main 2002, S. 9-49. ↩︎
23o.A.: Dekolonial – Dekolonisierung, in: Peripherie, Nr. 157/40, 2020, S. 151-154, S. 151. ↩︎
24Vgl. Purtschert, Barbara Lüthi und Falk, Francesca (Hg.): Postkoloniale Schweiz. ↩︎
25Vgl. Brengard, Marcel; Schuber, Frank; Zürcher, Lukas: Die Beteiligung der Stadt Zürich sowie der Zürcherinnen und Zürcher an Sklaverei und Sklavenhandel vom 17. bis ins 19. Jahrhundert. Bericht zu Handen des Präsidialdepartements der Stadt Zürich, Zürich 2020. ↩︎
26Mit BIPoC werden Black Indigenous People of Color bezeichnet. Es ist eine Selbstbezeichnung von Menschen, die Rassismus aufgrund ihrer Hautfarbe erfahren. Der Begriff wird seit der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegungen in den 1960er Jahren verwendet. ↩︎
27Vgl. Schär, Bernhard: Tropenliebe. Schweizer Naturforscher und Niederländischer Imperialismus in Südostasien um 1900, Frankfurt am Main 2015. ↩︎
28Vgl. Purtschert, Patricia: Kolonialität und Geschlecht im 20. Jahrhundert. Eine Geschichte der weissen Schweiz, Bielefeld 2019. ↩︎
29Krauer, Philipp: Schweizer Söldner in der niederländischen Kolonialarmee, URL: https://blog.nationalmuseum.ch/2021/09/soeldner-in-indonesien/ (zuletzt: 12.02.2022). ↩︎
30Zum Beispiel: Schweizerisches Bundesarchiv (BAR): E2#1000/44#1097* (Schweizersöldner, v.a. in Niederländisch-Indien). ↩︎
31Zum Beispiel: Staatsarchiv St. Gallen (StSG): KA R.61b-3-1 (Pensionen mit Holland). ↩︎
32Schweizer Sozialarchiv: Swiss Mercenaries and the Dutch East Indies. Primärquelle, URL: https://www.findmittel.ch/archive/archNeu/Ar201_303.html (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
33Zum Beispiel: Staatsarchiv Waadt: P Sillig 99 (Lettres concernant les Indes néerlandaises). ↩︎
34Vgl. Kuhn, Konrad J. und Kägi, Kaspar: Kolonialexpansion, fremde Dienste und Sklaverei: Jakob Christoph Zieglers (1791-1825) Briefe aus Sumatra, in: Zürcher Taschenbuch, Vol. 130, Zürich 2010, S. 71-141. ↩︎
35Zum Beispiel: Schweizerisches Wirtschaftsarchiv (SWA): SWA PA 600 a 48-3-1 (A4 0300) (Aluminiumproduktion und Verarbeitung in der Niederlande und in niederländischen Kolonien (Ostindien), Vertragsverhandlungen: Sammeldossier). ↩︎
36Auch: Arbeiter:innen, meistens Zwangsangestellte auf Plantagen. ↩︎
37Staatsarchiv Zürich: VII.537 (Schweizer Auswanderinnen und Auswanderer nach Sumatra (Indonesien) im 19. Jahrhundert. Akten und Fotografien). ↩︎
38Zum Beispiel: ETH Zürich, Hochschularchiv, Hs 398 (Dienstnachlass Carl Schröter). ↩︎
39Holenstein, André: Nidwalden meets Borneo. Unerwartete Begegnungen in der Schweizer Geschichte des 19. Jahrhunderts, URL: https://mhistories.hypotheses.org/372 (zuletzt: 13.02.2022). ↩︎
40Vgl. Krüger, Gesine: Franz Boas und die Schule der Rebellinnen. Eine andere Geschichte der Anthropologie, URL: https://geschichtedergegenwart.ch/franz-boas-und-die-schule-der-rebellinnen-eine-andere-geschichte-der-anthropologie/ (zuletzt: 03.10.2022). ↩︎
41Ghaddar, Jamila J.; Caswell, Michelle: »To go beyond»: Towards a Decolonial Archival Praxis, S. 75. ↩︎
42Ebd., S. 76f. ↩︎
43Vgl. ebd., S. 75f. ↩︎
44Kuster, Brigitta u.a.: Archive der Zukunft? Ein Gespräch über Sammlungspolitiken, koloniale Archive und die Dekolonisierung des Wissens, in: Zeitschrift für Medienwissenschaft, 11/1, 2019, S. 96-111, S. 99. ↩︎
45Vgl. Lund, Cornelia: Wie Archive aus antikolonialen Befreiungskämpfen in die Zukunft gewendet werden, in: Archive dekolonisieren. Mediale und epistemische Transformationen in Kunst, Design und Film, hg. von Eva Knopf u.a., Bielefeld 2018, S. 163-176, S. 165; vgl. Ghaddar, Jamila J.; Caswell, Michelle: »To go beyond”: Towards a Decolonial Archival Praxis, S. 77f. ↩︎
46Genovese, Taylor R.: Decolonizing Archival Methodology: Combating Hegemony and Moving Towards a Collaborative Archival Environment, in: AlterNative, Vol. 12/1, 2016, S. 35. ↩︎
47Derrida, Jacques und Prenowitz, Eric: Archive Fever. Freudian Impression, in: Diacritics, Vol. 25/2, 1995, S. 9-63, S. 11. ↩︎
48Genovese, Taylor R.: Decolonizing Archival Methodology, S. 34. ↩︎
49Ghaddar, Jamila J.; Caswell, Michelle: »To go beyond»: Towards a Decolonial Archival Praxis, S. 79. ↩︎
50Vgl. Said, Edward: Orientalism, London 1978; vgl. Foucault, Michel: L’Archéologie du savoir, Paris 1971. ↩︎
51Vgl. Genovese, Taylor R.: Decolonizing Archival Methodology, S. 34. ↩︎
52Vgl. Knopf, Eva: Die Suche nach Mohamed Husen im kolonialen Archiv. Ein unmögliches Projekt, in: Archive dekolonisieren. Mediale und epistemische Transformationen in Kunst, Design und Film, hg. von Eva Knopf u.a., Bielefeld 2018, S. 83-106, S. 86ff. ↩︎
53Spivak, Gayatri Chakravorty: Can the Subaltern Speak, in: Marxism and the Interpretation of Culture, hg. von Nelson Cary u.a., Urbana 1988. ↩︎
54Vgl. Guha, Ramachandra: The Prose of Counter-insurgency, in: Selected Subaltern Studies, hg. von Ramachandra Guha und Gayatri Chakravorty Spivak, Delhi 1988, S. 45-95. ↩︎
55Stoler, Ann Laura: Colonial Archives and the Arts of Governance, in: Arch Sci, Vol. 2, 2002, S. 87-109, S. 99. ↩︎
56Vgl. Simon, Cheryl: Introduction. Following the Archival Turn, in: An International Journal on Images and their Uses, Vol. 8, 2002, S. 101-107. ↩︎
57Vgl. Schellenberg, Theodore: Modern Archives: Principles and Techniques, Chicago 1954. ↩︎
58Vgl. Jenkinson, Hilary: A Manual of Archive Administration, London 1922. ↩︎
59Jeurgens, Charles und Karabinos, Michael: Paradoxes of Curating Colonial Memory, in: Archival Science 20, 2020, S. 199-220, S. 215. ↩︎
60Vgl. Booms, Hans: Gesellschaftsordnung und Überlieferungsbildung: Zur Problematik archivarischer Quellenbewertung, in: Archivalische Vol. 68, 1972, S. 3-40. ↩︎
61Jeurgens, Charles und Karabinos, Michael: Paradoxes of Curating Colonial Memory, S. 215. ↩︎
62Caswell, Michelle; Punzalan, Ricardo; Sangwand, T-Kay: Critical Archival Studies: An Introduction, in: Critical Archival Studies, Vol. 1/2, 2017, S. 1-8. ↩︎
63Vgl. Bak, Greg: Counterweight: Helen Samuels, Archival Decolonization, and Social License, S. 435. ↩︎
64Das S wird bewusst grossgeschrieben. Der Begriff «Schwarze Menschen» ist eine Selbstbezeichnung. Mit «Schwarz» ist damit nicht die Farbe gemeint. ↩︎
65Schwarze Schweiz Online Archiv, URL: https://www.schwarzeschweiz.com/ (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
66Living Archiv Bern, URL: https://www.living-room.website/ (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
67Haase, Sven und Hopp, Meike: Einführung in den Themenschwerpunkt, in: Archivar, Jg. 75/1, 2022, S. 6-9, S. 6. ↩︎
68Ebd., S. 6. ↩︎
69Vgl. CLAE: Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art, URL: https://www.lootedartcommission.com/Washington-principles (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
70Vgl. Haase, Sven und Hopp, Meike: Einführung in den Themenschwerpunkt, S. 6. ↩︎
72Vgl. Sarr, Felwine und Savoy, Bénédicte: Rapport sur la restitution du patrimoine culturel africain. ↩︎
73Haase, Sven und Hopp, Meike: Einführung in den Themenschwerpunkt, S. 6. ↩︎
74Ebd., S. 6. ↩︎
75Ebd., S. 6. ↩︎
76Deutscher Kulturrat: Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten, S. 10. ↩︎
77Vgl. Genovese, Taylor R.: Decolonizing Archival Methodology, S. 39. ↩︎
78Vgl. Jeurgens, Charles und Karabinos, Michael: Paradoxes of Curating Colonial Memory, S. 206. ↩︎
79Pult, Jon: Unabhängige Kommission für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter, URL: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20214403 (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
80Hüsgen, Jan und Reimann, Isabelle: Erschliessung der Missionsarchive für kooperative Provenienzforschung zu menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten, in: Archivar, Jg. 75/1, 2022, S. 25-27, S. 27. ↩︎
81Vgl. Museum Rietberg: «The Future is Blinking» - Frühe Studiofotografie aus West- und Zentralafrika, URL: https://rietberg.ch/ausstellungen/the_future_is_blinking (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
82Vgl. Deutsches Bundesarchiv: Zwischen Bestandserhaltung und Bühnennebel - Deutsche Kolonialakten in Kamerun, URL: https://www.bundesarchiv.de/DE/Content/Artikel/Ueber-uns/Aus-unserer-Arbeit/Textsammlung-Kamerun/kamerun.html (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
83Vgl. Library and Archives Canada: Indigenous Heritage Action Plan, URL: https://www.bac-lac.gc.ca/eng/discover/aboriginal-heritage/initiatives/Pages/actionplan.aspx (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
84Vgl. Wikipedia: Washingtoner Erklärung, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Washingtoner_Erkl%C3%A4rung (zuletzt: 07.10.2022). ↩︎
85Vgl. Sutherland, Tonia and Purcell, Alyssa: A Weapon and a Tool: Decolonizing Description and Embracing Redescription as Liberatory Archival Praxis, in: The International Journal of Information, Diversity & Inclusion, Vol. 5/1, 2021, S. 60-78, S. 70. ↩︎
86Bak, Greg: Counterweight: Helen Samuels, Archival Decolonization, and Social License, S. 427. ↩︎
87Vgl. Bennet, Melissa: Decolonising the Archive: Responsibilities for Researchers and Archive Professionals (Part II), URL: https://www.archivozmagazine.org/en/decolonising-the-archive-responsibilities-for-researchers-and-archive-professionals-part-ii/ (zuletzt 29.05.2023), in: Archivoz, 08.04.2020. ↩︎
88Modest, Wayne: Words Matter, in: Tropenmuseum u.a.: Words Matter. An Unfinished Guide to Word Choices in the Cultural Sector, S. 13-17, S. 13. ↩︎
89Kunst, Marijke: Being True to the Catalogue, in: Tropenmuseum u.a.: Words Matter. An Unfinished Guide to Word Choices in the Cultural Sector, S. 29-34, S. 31. ↩︎
90Ebd., S. 30f. ↩︎
91Vgl. Bak, Greg; Bradford, Tolly; Loyer, Jessie; Walker, Elizabeth: Four Views on Archival Decolonization Inspired by the TRC’s Calls to Action, in Fonds d’Archives, 1, 2017, S. 1-21, S. 11ff. ↩︎
92Vgl. Deutsches Hygiene-Museum, URL: https://sammlung.dhmd.digital/?externen (zuletzt: 05.10.2022). ↩︎
93Schoonderwoerd, Stijn: Foreword, in: Tropenmuseum u.a.: Words Matter. An Unfinished Guide to Word Choices in the Cultural Sector, S. 7-12, S. 9. ↩︎
94Modest, Wayne: Words Matter, S. 19. ↩︎
95Vgl. Landesmuseum: Die Schweiz und ihre kolonialen Verflechtungen. Round Table, URL: https://www.landesmuseum.ch/de/veranstaltung/die-schweiz-und-ihre-kolonialen-verflechtungen-24426 (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
96Vgl. London School of Hygiene & Tropical Medicine: Decolonizing the Archives, URL:  https://www.lshtm.ac.uk/research/library-archive-open-research-services/archives/decolonising-archives (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
97Vgl. Heimatschutzzentrum Zürich: Patumbah liegt auf Sumatra, URL: https://www.heimatschutzzentrum.ch/medien/detail/patumbah-liegt-auf-sumatra-2 (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
98Vgl. Deutsches Bundesarchiv: Grenzexpedition und Völkermord – Quellen zur Kolonialgeschichte, URL: https://www.bundesarchiv.de/DE/Navigation/Entdecken/Kolonialgeschichte/kolonialgeschichte.html (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
99Vgl. Deutsches Bundesarchiv: Virtuelle Ausstellung. Der Krieg gegen die Herero 1904, URL: https://www.bundesarchiv.de/DE/Content/Virtuelle-Ausstellungen/Der-Krieg-Gegen-Die-Herero-1904/der-krieg-gegen-die-herero-1904.html (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
100Afrika ist ein Kontinent und kein Land. Der Begriff «Afrikaner» wird für häufig generalisierend für alle Bewohner:innen des Kontinents Afrika gebraucht, anstatt die Länderbezeichnung zu wählen. ↩︎
101Herrmann, Sabine: Koloniale Amnesie? – Archive zur Kolonialgeschichte, Potsdam 2019. ↩︎
102Ebd., S. 21. ↩︎
103Vgl. Deutsche Tagesschau: Herero und Nama fordern neue Verhandlungen, URL: https://www.tagesschau.de/wissen/forschung/bundesregierung-nama-herero-101.html (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
104Archivführer. Deutsche Kolonialgeschichte: https://archivfuehrer-kolonialzeit.de/ (zuletzt. 29.05.2023). ↩︎
105Vgl. LIBREAS #40. Dekolonisierung, URL: https://libreas.eu/ausgabe40/ (zuletzt: 07.10.2022). ↩︎
106Vgl. Sutherland, Tonia and Purcell, Alyssa: A Weapon and a Tool, S. 68. ↩︎
107Jeurgens, Charles und Karabinos, Michael: Paradoxes of Curating Colonial Memory, S. 206f. ↩︎
108Harbeck, Matthias: Die Ethik des Digitalisierens: Fragen zum Umgang mit Materialien aus kolonialen Kontexten in der Massendigitalisierung, in: Libreas. Library Ideas, Vol. 40, 2021, S. 1. ↩︎
109Vgl. Sutherland, Tonia and Purcell, Alyssa: A Weapon and a Tool, S. 68. ↩︎
110Vgl. Jeurgens, Charles und Karabinos, Michael: Paradoxes of Curating Colonial Memory, S. 213. ↩︎
111Ebd., S. 202. ↩︎
112ECDA: Decolonizing the Archive: Remix and Reassembly, URL: https://ecda.northeastern.edu/home/about/decolonizing-the-archive/ (zuletzt: 08.07.2022). ↩︎
113Vgl. ebd. ↩︎
114Vgl. Anderson, Jane und Christen, Kimberly: Decolonizing Attribution: Traditions of Exclusion, in: Journal of Radical Librarianship, Vol. 5, 2019, S. 137. ↩︎
115Mit Weiss-Sein wird nicht etwa die Hautfarbe, sondern eine Kategorie, also ein gesellschaftliches Modell, welche die Konstruktion des «Weissen» als bestimmende Norm zum Abweichenden, daher zum «Anderen», wahrnimmt. Der Begriff «Weiss-Sein» beziehungsweise «whiteness» bezieht sich auf die soziokulturellen Unterschiede und Privilegien, welche aus den Kategorien «Rasse» und Ethnizität entstanden sind. ↩︎
116Vgl. Hathcock, April: White Librarianship in Blackface: Diversity Initiatives in LIS, in: arbido 1, 2017. ↩︎
117Vgl. Hobohm, Hans-Christoph: Bibliothek und Diversität. Eine theoretische Annäherung, in: Kristin Futterlieb und Judith Probstmeyer (Hg.), Diversity Management und interkulturelle Arbeit in Bibliothek, Berlin und Boston 2016, S. 26; vgl. Dunbar, Anthony W.: Introducing Critical Race Theory to Archival Discourse: Getting the Conversation Started, in: Arch Si, Vol. 6, 2006, S. 109-129. ↩︎
118Einen Lösungsvorschlag, um diese Lücke zu schliessen, bietet Nasrin Saef in ihrer Arbeit Dokumentationsprofil Migration. Eine Arbeitshilfe zur gezielten Überlieferung von Migration in Kommunalarchiven. ↩︎
119Booms, Hans: Gesellschaftsordnung und Überlieferungsbildung, S. 34. ↩︎
120Decolonize the Archive, URL: https://www.decolonisingthearchive.com/ (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
121FHNW: Dekolonisierung digitaler Archive, URL: https://www.fhnw.ch/de/weiterbildung/gestaltung-kunst/dekolonisierung-digitaler-archive_wws (zuletzt: 29.05.2023). ↩︎
122Vgl. Douglas, Jennifer u.a.: Decolonizing Archival Description: Can Linked Data Help?, in: ASIS&T Annual Meeting, 2018, S. 669-672, S. 670. ↩︎