Schweizer Dokumentationslandschaft im Wandel: die Suche nach einem Berufsverständnis

Sara Marty

«Ich bin Dokumentalistin», so lautet meine Antwort auf die Frage nach meinem Beruf. Dass diese Antwort weiterer Erklärungen bedarf, erfuhr ich nicht erst, als ich im Herbst 2012 den Studiengang Master of Advanced Studies in Archival, Library and Information Science (MAS ALIS) in Angriff genommen habe – als einzige aus diesem Bereich, zusammen mit 31 Archivarinnen, Archivaren, Bibliothekaren und Bibliothekarinnen[1]. Als alleinige Vertreterin des Berufszweiges Dokumentation musste ich oft erklären, was genau denn eine Dokumentationsstelle ist und was genau ein Dokumentalist denn eigentlich macht. Bei diesen Erklärungen sah ich mich oft mit der Schwierigkeit konfrontiert, mein Berufsfeld definitorisch abzugrenzen; einerseits gegenüber Archivaren und Bibliothekaren, andererseits gegenüber jüngeren Berufsbezeichnungen wie Information Researcher, Knowledge Manager oder Data Scientist, die sowohl in der Fachliteratur wie in Publikumszeitungen auftauchen. Auf ein aktuelles, ausformuliertes Berufsbild, wie es sich die Archivare[2] und die wissenschaftlichen Bibliothekare[3] erarbeitet haben, konnte ich bei meinen Erklärungsversuchen nicht zurückgreifen, weil ein solches für Dokumentalisten derzeit nicht existiert.

Ebenso wenig Hilfestellung bei dieser Abgrenzung bietet die Organisation im Berufsverband, denn einen eigenen Fachverband für das Dokumentationswesen gibt es nicht. Nicht mehr: Die Schweizerische Vereinigung für Dokumentation (SVD) fusionierte 2008 mit dem Verband der Bibliotheken und Bibliothekarinnen/Bibliothekare (BBS) zum Berufsverband namens Bibliothek Information Schweiz (BIS). Die Hintergründe dieser Fusion waren vielfältig, doch ist klar, dass eine prosperierende Vereinigung mit steigender Mitgliederzahl kaum Grund zu einem solchen Schritt gehabt hätte. Die Vermutung liegt darum nahe, dass die Zahl der Dokumentationsinstitutionen in der Schweiz rückläufig ist. An der 31. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis (DGI) vom 15. bis 17. Oktober 2009 in Frankfurt benutzte der damalige BIS-Präsident Andreas Brellochs in einem Vortrag sogar das Schlagwort des «Dokumentationssterbens».[4]

Nicht einfacher wurden die Abgrenzungsversuche dadurch, dass sowohl archiv- wie auch bibliotheksrelevante Studieninhalte für meine dokumentarischen Tätigkeiten relevant sind. Der Studiengang MAS ALIS ist interdisziplinär ausgerichtet, und dementsprechend war die Leitung bemüht, neben der Archivwissenschaft auch der Bibliotheks- und der Informationswissenschaft Rechnung zu tragen. Dennoch dauerte es nicht lange, bis Mitstudierende mich fragten, ob es mich denn nicht störe, dass die Dokumentation nur sporadisch thematisiert werde. Ein Manko, das mir als Dokumentalistin gar nicht aufgefallen wäre, weil die methodologischen Prinzipien, Arbeitsinstrumente und -techniken, die ich in meinem Arbeitsalltag brauche, sehr wohl behandelt wurden. Das ist ein gutes Zeichen für den Studiengang, deutet aber auf eine tiefer liegende Malaise hin.

Die deutsche Spezifikation des Master of Advanced Studies lautet «in Archiv-, Bibliotheks- und Informationswissenschaften». Zielgruppe des Studiengangs sind Personen, die «eine höhere Funktion in einem Archiv, einer Bibliothek, einer Dokumentationsstelle oder im Informationsmanagement eines Betriebes […] ausüben»[5]. Dieser auf der Webseite des Weiterbildungsprogrammes publizierte Teilsatz illustriert beispielhaft das oft gemachte Korrelat von Informationswissenschaft und Dokumentation. Die Entsprechung mag naheliegen angesichts der Begriffspaare Archivwissenschaft–Archiv und Bibliothekswissenschaft–Bibliothek. Sie ist aber zu vereinfachend und negiert die Tatsache, dass die Informationswissenschaft auch praktische Anwendung in Archiven und Bibliotheken findet. Eine unilaterale Zuordnung von Dokumentation als Praxismanifestation der Informationswissenschaften ist nicht angebracht, weil die Dokumentation und die Dokumentationsstelle nicht im selben Verhältnis stehen zur Informationswissenschaft wie das Archiv zur Archivwissenschaft oder die Bibliothek zur Bibliothekswissenschaft.

Aus diesen mehrschichtigen Schwierigkeiten terminologischer und berufspraktischer Natur – einerseits meine berufliche Realität in Relation zu setzen zu den angewandten Archiv-, Bibliotheks- und Informationswissenschaften, andererseits das Berufsfeld konzis zu beschreiben und abzugrenzen – wuchs das Bedürfnis, dem Dokumentationswesen in der Schweiz, wie es sich heute präsentiert, auf den Grund zu gehen.

Einem Berufsfeld Kontur verleihen

Das Dokumentationswesen in der Schweiz übersichtlich darzustellen, ist aus mehreren Gründen eine Herausforderung; ein bedeutender ist das fehlende Zahlenmaterial. Während es zum Schweizer Bibliothekswesen dank der vom Bundesamt für Statistik jährlich erhobenen Bibliotheksstatistik umfassende Kennzahlen und Indikatoren gibt,[6] ist das Schweizer Dokumentationswesen eine schwer fassbare, heterogene Ansammlung von Organismen. Statistische Daten über Anzahl, geografische Verteilung etc. gibt es nicht.

Das hat strukturelle und terminologische Gründe. Anders als beim Archiv- und Bibliothekswesen sind kaum staatliche Strukturen vorhanden, die Leit- oder zumindest Referenzfunktionen übernehmen. Viele Dokumentationsstellen sind zudem keine eigenständigen Institutionen, sondern Abteilungen von Unternehmen oder Non-Profit-Organisationen. Da stellt sich dann auch die Frage, ab wann eine Dokumentation denn eigentlich eine Dokumentationsstelle ist: Ist eine thematische Dokumentensammlung, die in einer Firma von einem Fachmitarbeiter ohne informationswissenschaftliche Kenntnisse in einem Teilzeitpensum gepflegt wird, eine Dokumentationsstelle? Was ist mit Bibliotheken, die von sich selbst sagen, dass sie etwas dokumentieren, zum Beispiel die Geschichte eines Kantons? Und ist ein centre de documentation in der Romandie zwingend dasselbe wie ein Dokumentationszentrum in der Deutschschweiz?

Nach dem Ausräumen von terminologischen Unschärfen muss also in einem ersten Schritt ein aktuelles Verzeichnis der Dokumentationsinstitutionen in der Schweiz erstellt werden. Es listet jene Institutionen auf, die gemäss vorgängig aufgestellter Definition als Dokumentationsstellen bezeichnet werden können oder eine solche Funktion wahrnehmen. Das können sowohl eigenständige Institutionen oder Firmen wie auch Abteilungen von Unternehmen, Verwaltungen, Non-Profit-Organisationen etc. sein.

Als Gerüst für dieses Verzeichnis dient die Liste der Kollektivmitglieder (juristische Personen) des Berufsverbandes Bibliothek Information Schweiz BIS, auf dem Stand vom 19. Februar 2014. [7] Diese Liste allein vermag aber nicht das ganze Schweizer Dokumentationswesen abzubilden, weil es Institutionen gibt, die nicht Verbandsmitglied sind, zum Beispiel weil sie sich dem Dokumentationswesen nicht (mehr) nah genug fühlen, oder weil sie eine Mitgliedschaft als nicht nutzbringend erachten. Zur Ergänzung greife ich auf die «Schweizerische Diskussionsliste der SpezialistInnen für Information und Dokumentation», kurz Swiss-Lib[8], zu.

Über diese elektronische Diskussionsliste, die Ende März 2014 mehr als 6000 abonnierte Adressen[9] zählte, können Abonnenten Nachrichten verteilen und auf Beiträge anderer reagieren. Sie stellt einen wichtigen Kommunikationskanal dar für Personen, die in Schweizer Informationseinrichtungen tätig sind. Durch die Auswertung der rund 14’800 archivierten Nachrichten, die über Swiss-Lib vom 26. September 2000 bis und mit 31. März 2014 abgesetzt wurden, wird die Kollektivmitgliederliste von BIS sinnvoll ergänzt. Das so zusammengestellte Verzeichnis von Schweizer Dokumentationsstellen kann zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, ist aber umfassend genug, um als Arbeitskorpus zu dienen. Auf dieser Basis können dann weiterführende Analysen erstellt werden: Welcher Natur sind diese aktiven Dokumentationsinstitutionen? Gibt es Unterschiede zwischen der deutschsprachigen und der französischsprachigen Schweiz?

Soweit vorhanden, können auch Vergleiche mit älteren Daten angestellt werden, um Aufschluss zu erhalten, ob die Zahl der Dokumentationsstellen in der Schweiz tatsächlich so stark zurückgegangen ist, dass von einem «Dokumentationssterben» gesprochen werden kann, oder ob es lediglich zu Verschiebungen innerhalb der Dokumentationslandschaft gekommen ist.

Auf einer individuelleren Ebene kann dann durch teilstandardisierte Interviews mit Berufsleuten, die in Dokumentationsinstitutionen arbeiten, die Frage beantwortet werden, ob es «die Dokumentalistin» und «den Dokumentalisten» überhaupt gibt. Die Auseinandersetzung mit dem Berufsverständnis erlaubt es zudem, auf die erwähnte schwierige Abgrenzung zwischen den verwandten Berufsdisziplinen Archiv, Bibliothek und Dokumentation zurückzukommen.

Terminologische Schwierigkeiten

Das Wort «Dokumentation» bezeichnet einerseits die Tätigkeit des Dokumentierens, andererseits auch das Produkt dieser Tätigkeit: eine abgrenzbare Menge von Informationen in Form von Dokumenten, die nach gewissen Gesichtspunkten zusammengestellt wurden. Die einseitig sammlungszentrierte Bedeutung des Wortes mag für Laien und den Alltagsgebrauch ausreichen. Für die fachliche Diskussion ist die aktive Komponente aber unabdingbar. Erst das Verständnis der Dokumentation als Aktivität legitimiert ihre Existenz als Disziplin, die sich laut Thomas Seeger der «Vermittlung von Wissenswertem verschrieben hat»[10]. Schlüsselwort ist die Vermittlung, oder wie Wilhelm Gaus postuliert: «Sinn und Zweck der Dokumentation [] ist das gezielte Wiederfinden und Nutzbarmachen von Dokumenten und Informationen.»[11]

Dasselbe gilt für die französische Vokabel documentation, weshalb für Jean-Philippe Accart und Marie-Pierre Réthy lange nicht jede Sammlung von Dokumenten eine solche ist. Nur Sammlungen, die im Hinblick auf Informationsverbreitung angelegt und organisiert sind, erfüllen die Definition.[12] Im Alltagsgebrauch geht die Auffassung des französischen Wortes documentation nicht ganz so weit, weist aber dieselbe Dualität von Sammlung (ensemble de documents) und Aktivität auf wie sein deutsches Pendant. Die aktive Bedeutungsnuance steht sowohl für die Sammlungstätigkeit (collectionner, stocker, rechercher et diffuser) wie auch – mehr noch als im Deutschen – für die resultierende Belegkraft einer solchen zielgerichtet zusammengestellten Informationsauswahl (appuyer quelque chose sur des documents).

Somit zieht das französische Wort documentation stärker als die deutsche Dokumentation auch den Nutzer mit ein, der das Resultat der Sammlungstätigkeit verwendet, um damit etwas zu belegen. In documentation scheinen sowohl Sender als auch Empfänger des semiotischen Kommunikationsmodells durch, dementsprechend kann das Wort für beide Sichtweisen verwendet werden. Der Sender dokumentiert, indem er sammelt und bereitstellt (fournir), der Empfänger dokumentiert, indem er sucht und belegt (appuyer).

Gegenstand der Fachdisziplin Dokumentation war und ist die sendende Komponente. Paul Otlet, dessen 1934 erschienenes Traité de Documentation als Gründungswerk der Dokumentation gilt, formuliert das Ziel der Dokumentation folgendermassen: «Les Buts de la Documentation organisée consistent à pouvoir offrir sur tout ordre de fait et de connaissance des informations documentés: 1° universelles quant à leur objet; 2° sûres et vraies; 3° complètes; 4° rapides; 5° à jour; 6° faciles à obtenir; 7° réunies d’avance et prêtes à être communiquées; 8° mises à la disposition du plus grand nombre.»[13]

Die Fédération internationale de documentation FID, die internationale Dachorganisation der Dokumentation, die auf das von Paul Otlet und Henri La Fontaine gegründete Institut international de bibliographie zurückgeht, hatte um 1930 in ihrer Definition denselben universalen Anspruch geäussert: «Documentation c’est réunir, classer et distribuer des documents de tout genre dans tout les domaines de l’actitivé humaine.»[14] Drei Jahrzehnte später und auf Englisch ist der universale Anspruch verschwunden und dafür die Nutzung noch stärker betont: «Documentation is the collection and storage, classification and selection, dissemination and utilisation of all types of information.»[15]

Die 1939 gegründete Schweizerische Vereinigung für Dokumentation definiert in ihrem 1942 erstmals herausgegebenen Führer durch die Schweizerische Dokumentation die Dokumentation knapp als das «Herstellen, Zusammenbringen, Ordnen und Benutzen von Dokumenten. Auch Gesamtheit dieser Dokumente.» Analog auf Französisch: «Etablissement, recherche, réunion, classement et utilisation de documents. Ensemble de ces documents.»[16] Ohne Otlets universalem Totalitätsanspruch Genüge tragen zu wollen, nimmt sie die Hauptaktivitäten des Sammelns und Ordnens zum Zwecke einer Nutzung auf.

In den letzten Jahrzehnten hat die Dokumentation eine terminologische Schwester erhalten, mit welcher sie häufig als Begriffspaar auftritt: die Information. Während Wilhelm Gaus auch in der 2003 erschienenen vierten Auflage seiner Dokumentations- und Ordnungslehre konsequent nur von Dokumentation spricht, bringt Thomas Seeger in der 2004 erschienenen 5. Auflage des Standardwerks Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation den Begriff «Information und Dokumentation» ohne Erklärung oder Abgrenzung ein und benutzt ihn synonym.

Die Verwendung von «Information und Dokumentation», kurz «IuD» als Synonym zu «Dokumentation» ist allerdings nicht unproblematisch, weil die Bezeichnung in der Berufsliteratur – und wie Seegers Beispiel zeigt, auch in der Fachliteratur – gerne verwendet wird, um eben nicht nur die Dokumentation, sondern auch andere Informationsdisziplinen und Wissenseinrichtungen wie Bibliotheken und Archive abzudecken. So besagt die Verordnung des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) über die berufliche Grundbildung, dass das eidgenössische Fähigkeitszeugnis die Fachleute Information und Dokumentation qualifiziert «zur Erledigung von Aufgaben in Archiven, Bibliotheken, Dokumentationen oder in anderen Informationsverwaltungsstellen».[17] Ich verwende darum «Information und Dokumentation» nicht als Synonym zu «Dokumentation», sondern als übergeordneten Begriff.

Ein weiteres von Seeger benutztes Synonym ist «Fachinformation». Das Wort hat den Vorteil, die klare Einschränkung auf ein thematisches (Fach-)gebiet auszudrücken und damit den utopischen Universalitätsanspruch der otletschen Dokumentation auf den Boden der ökonomischen Arbeitswelt zu holen. Ihm mangelt es aber an der explizit aktiven Komponente der Dokumentation, die einen Sender und einen Empfänger beinhaltet. Zudem vermag der Begriff die Dualität von Tätigkeit und Produkt nur unzureichend auszudrücken. Das mag auch der Grund sein, weshalb Seeger seinen Artikel zwar mit «Entwicklung der Fachinformation und -kommunikation» übertitelt, die Fachinformation darin aber nicht näher erklärt und das Wort kaum mehr verwendet.[18]

Thomas Seeger erinnert zudem daran, dass Dokumentation auch organisationsbezogen definiert werden kann: die Dokumentation als Institutionstyp, der eine bestimmte Art von Dienstleistung anbietet. Diese Sichtweise hat den Vorteil, dass sie die Dokumentation nicht losgelöst von ihrem Bestimmungszweck betrachtet. Doch stösst eine solche Definition an Grenzen, weil sie die Dokumentation an bestimmte Organisationsformen bindet, womit sie nicht allen Ausprägungen gerecht werden kann. Sinnvoller ist es, die Summe aller physisch oder virtuell etablierten Institutionen, Organisationen und Unternehmen, die Dokumentation betreiben, als Dokumentationswesen zu bezeichnen.[19]

Ausprägungen des Dokumentationswesens

Das professionelle Zusammentragen und Ordnen von Dokumenten sowie ihre Nutzung geschieht in einem organisatorischen Rahmen. Dessen Form ist nicht vordefiniert und steht in Abhängigkeit zu Tätigkeit und Zweck: innerbetriebliche Abteilung in einem gewinnorientierten Unternehmen oder in einer Non-Profit-Organisation, unabhängige Dienstleistungsstelle in einer Verwaltung, profitorientierter Dienstleistungsanbieter, selbstständige Institution finanziert durch private oder öffentliche Gelder und vieles mehr. Abhängig von der Dokumentation, erfolgt die Nutzung an einem physisch zugänglichen Ort, in einer virtuellen Umgebung oder es ist beides möglich.

Die gewählten Bezeichnungen für die organisatorischen Manifestationen von Dokumentationen sind mindestens so vielfältig wie ihre Organisationsformen, und lange nicht immer beinhalten sie die Worte «Dokumentation» oder «Information». Die Erstausgabe des Führers durch die Schweizerische Dokumentation wählt für eine «Stelle, an der eine Dokumentation methodisch zusammengestellt und den Interessenten zugänglich gemacht wird»,[20] die Bezeichnung «Nachweisstelle».

Die Wortwahl drückt das ursprüngliche Selbstverständnis der Berufsleute aus, die als ihre Aufgabe das Nachweisen von Wissen sahen – nicht primär das Sammeln und das Aufbewahren der Wissensträger (zum Beispiel Bücher, Zeitschriften) selbst. Der deutschen «Nachweisstelle» stellt der Führer durch die Schweizerische Dokumentation allerdings das französische centre de documentation gegenüber. Ein expliziter Hinweis auf die bibliografische Nachweistätigkeit ist darin nicht enthalten.

Das Konzept des Nachweises nennt hingegen Thomas Seeger mehrmals, daneben zitiert und verwendet er aber noch zusätzliche Termini, um Dokumentationsstellen zu bezeichnen: Neben der bereits erwähnten Fachinformation sind das «Literarische Büros», «Schrifttumsauskunftsstellen», «Informations- und Dokumentationsstellen, kurz IuD-Stellen», «Fachinformationszentrum (FIZ)», «Informationsvermittlungsstellen», «Information Broker», «Information Consultant», «strategisches Informationsmanagement», «IuD-System», «Spezialbibliothek».[21]

Ähnlich vielfältige Bezeichnungen für Institutionen des Dokumentationswesens zählen Accart und Réthy im Französischen auf: «centre de documentation, unité documentaire, centre de ressources documentaire, centre de ressources multimédias, centre de traitement de données, centre de documention et d’information (CDI dans les lycées et collèges, centres e-learning (dans certains pays d’Europe), etc.»[22] Die Denominationsmöglichkeiten sind mit diesen Beispielen noch lange nicht ausgeschöpft – gerade das Feld der sowohl im Französischen wie auch im Deutschen verwendeten Anglizismen hält noch zahlreiche Früchte bereit, man denke zum Beispiel an Knowledge Center. Dennoch ist unstreitig, dass die Institutionsbezeichnung alleine kein ausreichendes Kriterium ist, um festzulegen, was eine Manifestation des Dokumentationswesens ist.

Ein geeigneteres Definitionskriterium können die von einer Dokumentationsstelle wahrgenommenen Funktionen sein. So expliziert der Führer durch die Schweizerische Dokumentation folgendermassen, was in einer Nachweisstelle getan wird: aufbewahren von Dokumenten oder eben nachweisen, bearbeiten, verbreiten. Auf Französisch: réunion et conservation, dépouillement, diffusion.[23]

Obwohl sie diese nicht als Zitat ausgewiesen hatte, dürfte die SVD die Definition von der Französin Suzanne Briet übernommen haben.[24] Briet, eine der drei ersten professionellen Bibliothekarinnen Frankreichs, trat 1924 eine Stelle bei der Bibliothèque nationale de France, wo sie mehrere bedeutende Innovationen einführte. Sie engagierte sich früh in der noch jungen Dokumentationsbewegung und war 1931 unter anderem Mitbegründerin der Union française des organismes de documentation (Ufod). 1951 publizierte sie mit Qu’est-ce que la documentation? ein eigentliches Manifest der Dokumentation, geriet aber dennoch später in Vergessenheit.[25]

Interessant an der vom SVD aufgenommen Definition ist Folgendes: Sie geht davon aus, dass die drei Aufgaben des Aufbewahrens, der Bearbeitung und der Verbreitung von drei verschiedenen Stellen wahrgenommen werden (können), und unterstreicht darum die Wichtigkeit von Zusammenarbeit. Kooperation wurde also schon damals grossgeschrieben, und die institutions- und technologieübergreifende Kollaboration im Verbund wird implizit vorweggenommen.

Tatsächlich ist das Vorhandensein der dokumentarischen Funktionen gemäss SVD (oder gemäss Suzanne Briet), die übrigens auch von Accart und Réthy verwendet werden («la collecte, le traitement, la diffusion»[26]) ein verlässliches Erkennungszeichen für Manifestationen des Dokumentationswesens. Der Nachteil: Es ist auch Erkennungszeichen der meisten Bibliotheken und vieler Archive. Sollen nicht alle Archive und Bibliotheken mit dem Dokumentationswesen in einen Topf geworfen und dieser mit der Etikette «IuD-Institutionen» beschriftet werden, muss genauer differenziert werden.

Eine Differenzierung ist möglich dank der unterschiedlichen Gewichtung der drei Funktionen. Die Existenzberechtigung einer Dokumentationsstelle liegt in deren dritter Funktion: «[…] die Dokumente für die Öffentlichkeit nutzbar macht durch Erteilen von Auskunft, durch Mitteilen und Vermitteln der Dokumentation, durch Veröffentlichungen, Reproduktionen, Übersetzungen usw.»[27]

Für die Archive hingegen ist die erste Funktion, das Sammeln, prioritär. Sie sammeln, erschliessen und erhalten Archivgut, das – in Abgrenzung zum Sammlungsgut – einmalig ist und dem Beweiskraft innewohnt. Wie in den Schlüsselbegriffen der Archivterminologie von Angelika Menne-Haritz nachzulesen ist, impliziert der Begriff eine «vorübergehende, jederzeit aber widerrufbare Auslagerung aus dem aktiven Gedächtnis»[28]. Die Funktion der Vermittlung, die eine aktive Verwendung beinhaltet, ist offensichtlich nachgelagert und mehr im Potenziellen angesiedelt.

Bedeutend schwieriger ist die Abgrenzung des Dokumentationswesens vom Bibliothekswesen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass dieses äusserst heterogen ist. So zählen Éric Leroux und Yvon Lemay mit ihren Mitautoren zusammenfassend drei verschiedene Ansätze für die Typologisierung von Bibliotheken vor, die sich in erster Linie durch ihre Aufträge und Funktionen unterscheiden.[29]

Der erste Ansatz sieht die Bibliothek als «dépositaire de ressources documentaires», deren Hauptfunktion die Bewirtschaftung von Dokumenten ist. Dieser Definition folgend steht die Vermittlungsfunktion nicht im Vordergrund, womit die Abgrenzung zur Dokumentationsinstitution einfach ist.

Der zweite Ansatz sieht die Bibliothek als Eignerin von Ressourcen und Produzentin von Services und gesteht ihr damit eine aktive Rolle zu. Die Funktion der Bibliothek ist es, dem Nutzer mittels ihrer Sammlung Services anzubieten. Solcherart definiert, wird die Abgrenzung zur Dokumentationsinstitution bereits deutlich schwieriger, erfüllt eine solche Bibliothek doch die Funktion der Informationsverbreitung. Doch bleiben eine Hierarchisierung sowie ein zeitlicher Ablauf sichtbar: zuerst sammeln, dann bearbeiten, dann das Bearbeitete vermitteln. Der umgekehrte Weg ist gemäss diesem Ansatz nicht vorgesehen.

Das ändert sich aber mit dem dritten Ansatz, «peut-être plus adaptée au monde d’aujourd-hui»[30]: Gemäss diesem tritt die Bibliothek als Vermittler zwischen dem Benutzer und den dokumentarischen Ressourcen auf. Ihre Funktion ist demnach, eine Verbindung herzustellen zwischen Personen und Dokumenten, sei es vor Ort oder auf Distanz; ihr Auftrag ist es, den Zugang zu Wissen zu erleichtern. So betrachtet ist die Bibliothek tatsächlich nichts anderes als ein Dokumentationszentrum. Diese Feststellung machen auch Accart und Réthy im Hinblick auf den Vermittlungs-, oder wie sie es nennen, Kommunikationsauftrag von Bibliotheken: «La distinction tend à s’effacer: la philosophie du métier, les technologies mises en œuvre rapprochent bibliothécaires et documentalistes, […]»[31]

Neu ist dieses Verschwimmen der Grenzen zwischen Bibliothek und Dokumentationsstelle allerdings nicht. Bezeichnend für die schwierige Abgrenzung ist die 3. Auflage des bereits genannten schweizerischen Dokumentationsführers, die 1958 unter dem Titel Archive, Bibliotheken und Dokumentationsstellen der Schweiz erschienen ist. Obwohl der ursprüngliche Titel als Untertitel beibehalten wurde und das Wort «Dokumentationsstellen» im Titel figuriert, sind die Dokumentationsstellen daraus verschwunden, zumindest begrifflich: Nach Ortschaften geordnet, sind darin, wie wir heute sagen würden, IuD-Stellen aufgelistet, unterteilt nach Kategorien. Für die Stadt Bern zum Beispiel in «Wissenschaftliche Bibliotheken, Bibliotheken von Universitätsinstituten, Verwaltungsbibliotheken, Archive und Archivbibliotheken, Museumsbibliotheken, Bibliotheken von Industriebetrieben, Versicherungen, Wirtschafts- und Interessenverbänden, Volksbibliotheken».[32] Was dann insbesondere in der zweitletzten Kategorie aufgezählt wird, wurde in den vorherigen, thematisch geordneten Ausgaben noch schlicht als «Dokumentationsstellen» aufgeführt.

Die Nähe der spezialisierten Bibliotheken, im Französischen bibliothèque spécialisée, zu den Dokumentationsstellen drückt sich im Englischen noch deutlicher aus: «Le concept de bibliothèque spécialisée est celui qui, dans les pays anglo-saxons, se rapproche le plus du service de documentation tel qu’il est conçu en France.»[33] Tatsächlich wird im Englischen Special Library als Quasi-Synonym zu Information Center verwendet.

Was sich selbst als Bibliothek bezeichnet oder von Dritten als solche bezeichnet wird, kann unter Umständen also durchaus die typischen Funktionen einer Dokumentationsstelle wahrnehmen. Diese begriffliche Weitläufigkeit zeigt eindeutig, dass die sprachliche Etikettierung kein verlässlicher Indikator ist für die Bestimmung, ob eine Organisation dem Dokumentationswesen angehört oder nicht. Lassen die Institutionsbezeichnung und die oberflächliche Betrachtung der wahrgenommenen Funktionen keine eindeutige Typisierung zu, muss die dritte, die vermittelnde Funktion genauer angeschaut werden: Diese muss nutzerorientiert sein; den Nutzern einen Mehrwert bieten. Oder wie Wilhelm Gaus betont: «Letztlich ist es die Aufgabe der Dokumentation, die Suchfragen der Benutzer zu beantworten und jedem Benutzer die für ihn relevanten – und nur die relevanten – Dokumente und Informationen zu geben.»[34] Auch Accart und Rhéty unterstreichen, wie wichtig es ist, dass die Information relevant ist: «La pertinence de l’information constitue en effet la valeur ajoutée de la recherche documentaire[Hervorhebung im Original].[35] Dieser informationelle Mehrwert kommt direkt dem Benutzer zugute, zustande kommt er durch die der Dokumentation spezifische Er- und/oder Bearbeitung von Informationen. Dem unbearbeiteten Originaldokument (wie es in einem Archiv konserviert wird) wohnt kein solcher Mehrwert inne. Wird ein solches Dokument klassifiziert, indexiert, signaletisch ausgezeichnet und vielleicht noch bibliografiert (wie das in einer Bibliothek gemacht wird), erhält es einen gewissen Zusatzwert. Die Bearbeitung kann aber noch deutlich weiter gehen, indem man zum Beispiel zusätzliche relevante Informationen beschafft, Abstracts anfertigt, Daten modelliert, Synthesen verfasst und das als Informationsprodukt themen- und nutzergerecht präsentiert. Diese Arbeiten bringen eindeutige informationelle Mehrwerte und sind definierend für das Dokumentationswesen.

Allerdings ist die Schaffung informationeller Mehrwerte bereits sehr nah an der täglichen Arbeit innerhalb einer Dokumentationsinstitution, weshalb sie von aussen betrachtet oft nur schwer zu erkennen ist. Erschwerend kommt hinzu, dass eine Dokumentationsinstitution zwar durchaus in der Lage sein kann, informationelle Mehrwerte zu produzieren, die Dienstleistung in Realität aber nur selten nachgefragt wird. Ich schlage darum vor, zusätzlich zu den wahrgenommenen Funktionen, zur Benutzerorientierung und zur Institutionsbezeichnung falls nötig auch die Selbstaffirmation als definitorisches Kriterium hinzuzuziehen. Organismen, die von sich selbst sagen, sie seien eine Dokumentationsstelle, oder sagen, sie betreiben eine Dokumentation, sollen auch als eine solche eingestuft werden können.

Dabei ist aber zu unterscheiden zwischen verschiedenen Nuancen der Selbstaffirmation, Institutionen wie IRDP Documentation oder die Dokumentation der «Basler Zeitung» tragen den Begriff im Namen und üben so ein unmissverständliche Selbstdeklaration aus. Andere Institutionen geben sich lediglich in der Apposition als Dokumentationsstelle zu erkennen, so zum Beispiel das Schweizerische Sozialarchiv, das sich als «Archiv, Bibliothek, Dokumentation» deklariert oder in der ausführlichen Variante als «eine wissenschaftliche Bibliothek, ein historisches Archiv und eine aktualitätsbezogene Dokumentation in einem.»[36]

Zurückhaltung ist geboten bei Institutionen, die ihre Tätigkeiten als dokumentarisch beschreiben, ohne das Wort «Dokumentation» tatsächlich zu verwenden. Als Beispiel sei die Bibliothek am Guisanplatz genannt, die ihre Ziele im Leitbild folgendermassen darlegt: «Als Fachinformationszentrum stellen wir unsere Sammlungen und Dienstleistungen allen Interessierten zur Verfügung, garantieren die Benutzbarkeit dieser Sammlungen und streben ein leistungsfähiges Informationsmanagement an.»[37] Die Selbstaffirmation speziell in der Aufgaben- oder Tätigkeitsbeschreibung ist also tückisch und nur beschränkt aussagekräftig, auch weil oft nur das physische Produkt der Dokumentationstätigkeit gemeint ist: eine Menge an systematisch zusammengestellten Informationen. Das Kriterium der Selbstaffirmation ist darum die Ultima Ratio und darf nur zur Entscheidung hinzugezogen werden, falls Bezeichnung, Nutzerorientierung und Funktionen keine schlüssige Kategorisierung zulassen.

Zusammengefasst kommen in dieser Arbeit folgende vier definitorische Kriterien zum Einsatz, damit beurteilt werden kann, ob eine Institution zum Dokumentationswesen gehört oder nicht:

1.       drei Funktionen: Sammeln und/oder Nachweisen, Bearbeiten, Verbreiten

2.       aktive, nutzerorientierte Rolle mit Mehrwertcharakter

3.       Bezeichnung

4.       Selbstaffirmation

Der Dokumentalist, der Dokumentar und le documentaliste

In der Schweiz Dokumentalist zu werden, ist im Prinzip einfach: Die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt – genauso wenig «Archivar» und «Bibliothekar» –, weshalb sich theoretisch jedermann so nennen kann, solange er damit nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstösst und wirtschaftlichen Missbrauch betreibt. Der Erwerb und Gebrauch von Berufsbezeichnungen ist durch den Bund nur da geregelt, wo er selbst die Diplome vergibt (über die Eidgenössischen Technischen Hochschulen) oder wo eidgenössisch anerkannte Diplome der Berufsbildung ausgestellt werden. Dazu gehören die eidgenössischen Fähigkeitszeugnisse, welche den erfolgreichen Abschluss der Berufslehre bescheinigen. Der bereits erwähnte Titel Fachfrau/Fachmann Information und Dokumentation EFZ, auf Französisch Agente/Agent en information documentaire CFC, ist der einzige vom Bund geschützte für Informationsfachleute. Ob sich ein Träger dieses Lehrabschlusstitels später Archivar, Bibliothekar oder Dokumentalist nennt, dürfte in erster Linie von seinem Arbeitgeber abhängen.

Im tertiären Bildungsbereich vergeben in der Schweiz die Fachhochschulen und Universitäten eidgenössisch anerkannte Diplome. In der Deutschschweiz zum Beispiel die Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur, die Studiengänge anbietet zur Erreichung eines Bachelor of Science FHO in Information Science und eines Master of Science FHO in Business Administration with Major in Information Science.[38] In der Romandie bietet die Haute école de gestion Genève Ausbildungen mit den Abschlusszielen Bachelor of Science HES-SO en Information documentaire und Master of Science HES-SO en Information documentaire.[39] Geschützt daran ist genau genommen allerdings nur der Teil «Bachelor of Science» respektive «Master of Science»; die Studiengangsbezeichnungen bleiben den Hochschulen überlassen.

Unabhängig davon fällt auf, dass diese Ausbildungen nicht zwischen den Disziplinen Archiv, Bibliothek und Dokumentation unterscheiden. Sie vermitteln die notwendigen Grundlagen, um theoretisch in Institutionen jeglichen Typs arbeiten zu können. Es ist also an den Berufsleuten, sich in ihrer Disziplin einzurichten.

Für die dokumentarisch Tätigen bedeutet das insbesondere, eine aktive Dienstleistungsrolle einzunehmen. Diese «aktive Informationsvermittlung»[40] war ab den Entstehungsjahren der dokumentarischen Disziplin bis in die 1990er-Jahre denn auch ein hauptsächliches Merkmal der Abgrenzung zu den Bibliothekaren. Mittlerweile haben die Bibliotheken diesbezüglich aufgeholt, weshalb Accart und Réthy dem Dokumentalisten nicht nur eine «rôle d’informateur», sondern davon herrührend auch eine «rôle de formateur» zuschreiben.[41] In der erstgenannten Rolle hat der Dokumentalist sowohl Anfragen zu beantworten wie auch zu antizipieren, das heisst auf Bedürfnisse zu reagieren, bevor sie geäussert werden. In der zweitgenannten Rolle muss der Dokumentalist den Nutzenden instruieren, damit dieser selbst Informationen suchen und bewerten kann. Der Dokumentalist teilt dann nicht mehr nur fremde Informationen, sondern sein eigenes Berufswissen. Diese Berufsauffassung stellt eine Weiterentwicklung des klassischen Informationsvermittlers dar. Je nach Perspektive birgt sie ein nicht zu missachtendes «Risiko», macht es doch den Anschein, als ob sich der Dokumentalist selbst überflüssig macht. Ob die Dokumentalisten in der Schweiz diese Rollenerweiterung akzeptieren und erfüllen, wird im vierten und fünften Teil dieser Arbeit erörtert.

Die Notwendigkeit der aktiven Informationsvermittlung führt zum dokumentarischen Paradoxon: Der Dokumentalist bearbeitet in der Regel Fachinformationen. Selbst muss er zwar nicht vom Fach sein, allerdings muss er genug davon verstehen, um die Informationen bewerten und bearbeiten zu können. Diese Notwendigkeit des Fachwissens erklärt, wieso jemand ohne Ausbildung im Informations- und Dokumentationsbereich Dokumentalist sein kann – und erst noch ein guter: Fachleute können sich das nötige informationswissenschaftliche Wissen ebenso aneignen wie Informationsspezialisten das nötige Fachwissen. Dieser Ansicht war man allerdings nicht immer. Vor 25 Jahren wurden nur Fachleute als gute Dokumentalisten wahrgenommen. Zum 50-jährigen Jubiläum der SVD schrieb Hans Meyer, Dokumentalist bei Elektrowatt, dezidiert: «Der Dokumentalist als Erstberuf ist in der Schweiz kaum denkbar (es fehlt auch eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit). Aufgrund der hier aufgezählten Anforderungen ist der Dokumentalist ein Zweitberuf. So ist zum Beispiel der Dokumentalist, der nicht Chemiker ist oder mindestens einen Grundberuf auf dem Gebiet der Chemie mit sich bringt, nicht in der Lage, die entsprechende dokumentalistische Arbeit zu leisten [Hervorhebungen im Original].»[42] Die Schweizerische Vereinigung für Dokumentation bot darum während Jahren dreiwöchige dokumentarische Grundkurse für Berufsleute ohne informationswissenschaftliche Bildung an, die als «Rheinfelder-Kurse» bekannt waren.

Mittlerweile haben sich die Ausbildungsmöglichkeiten grundlegend entwickelt. Es gibt zwar keine Ausbildung zum Dokumentalisten im engeren Sinn, aber der Informations- und Dokumentationsspezialist ist als Erstberuf etabliert. Die Frage, ob die Fachkompetenz oder die Dokumentationskompetenz wichtiger ist, respektive welche der Kompetenzen sich ein Stellenanwärter einfacher und schneller aneignen kann, wird darum in der Regel pragmatisch im Hinblick auf die zu besetzende Stelle beantwortet.

Heute werden in der Schweiz ausschliesslich «neutrale» Informationsspezialisten ausgebildet. Wie wir gesehen haben, sogar in doppeltem Sinne neutral: disziplinär wie auch fachlich. In Deutschland hingegen ist die fachliche Spezialisierung der Dokumentare – wie die Dokumentalisten im Deutschland genannt werden – nach wie vor wichtig. So gibt es zum Beispiel spezifische Ausbildungsgänge für medizinische Dokumentare, die auch in einem eigenen Verband organisiert sind.[43]

Wenn sowohl ein Chemiker, ein Maschinenbauingenieur wie auch ein Fachmann Information und Dokumentation erfolgreich Dokumentalisten sein können und sie sich je nach Arbeitsstätte Data Scientist, Knowledge Manager oder Informationsspezialist nennen, fällt es schwer, gegen aussen ein homogenes, greifbares Berufsbild zu vermitteln. Neu ist dieses Manko nicht. Bereits vor 20 Jahren wurde an der Generalversammlung der damaligen Schweizerischen Vereinigung für Dokumentation der Antrag gestellt, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, «die einen Bericht bezüglich dem Wandel des Berufsbildes vom Dokumentalisten zum Informationsspezialisten/Informationsmanager erstellt und die notwendigen Konsequenzen für das Berufsbild und die Ausrichtung der Verbandsarbeit erarbeitet.»[44] Und schon damals im Jahr 1994 wurde das Bedürfnis nach Interdisziplinarität geäussert: Der Beizug von Archivaren, Bibliothekaren und Informatikern schien dem Antragsteller zwingend. Wie wir heute sehen, macht allerdings genau dieses – berechtigte, weil in der Arbeitsrealität stattfindende – enge Zusammengreifen mit anderen Disziplinen das Berufsprofil eher schwieriger als einfacher greifbar.

Dokumentationsinstitutionen in der Schweiz

Die Auswertung der elektronischen Diskussionsliste Swiss-Lib ergab, dass seit dem Jahr 2000 in der Schweiz 222 Dokumentationseinrichtungen in der Schweiz aktiv waren. Sieben davon wurden mittlerweile eingestellt, 208 sind nach heutigem Informationsstand nach wie vor aktiv. Von sieben weiteren kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob und in welchem Umfang oder in welcher Form sie noch in Betrieb sind. Nach dem Abgleich mit der Kollektivmitgliederliste von BIS umfasst das komplette 239 Dokumentationsinstitutionen, davon 225 aktive und sieben wahrscheinlich aktive. Die Liste kann zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, ist aber umfassend genug, um als Arbeitskorpus zu dienen.[45]

Betrachten wir das Verzeichnis genauer, fällt sofort auf: Es gibt deutlich mehr centres de documentation als Dokumentationszentren. 135 der Institutionen befinden sich in französischsprachigem Gebiet, weitere acht in den zweisprachigen Städten Biel/Bienne und Freiburg/Fribourg. Zur Erinnerung: Knapp 65 Prozent der ständigen Schweizer Wohnbevölkerung haben Deutsch als Hauptsprache, lediglich 23 Prozent geben Französisch als Hauptsprache an.[46] Angesichts dieses eklatanten Überhangs von Dokumentationsinstitutionen in der Romandie liegt die Vermutung nahe, dass der Grund dafür in der Diskussionsliste als Quelle zu suchen ist, immerhin ist diese aus einem Engagement an der Genfer Fachhochschule erwachsen. Tatsächlich bestand in den Anfangsjahren dieses Mediums ein sprachliches Ungleichgewicht. Dieses hat sich mit steigender Abonnentenzahl aber aufgehoben. Heute hat Swiss-Lib mehr als 6000 Abonnenten. Nach wie vor werden Diskussionen mehrheitlich auf Französisch und das heisst vorwiegend mit welscher Beteiligung geführt – ob das Ausdruck erhöhter lateinischer Diskussionsfreudigkeit oder sprachlicher Unterlegenheitsgefühle seitens der Deutschschweizer ist, bleibt an dieser Stelle Spekulation –, doch Stellenausschreibungen und -gesuche, Dublettenangebote, Weiterbildungsangebote etc. sind sprachlich durchaus ausgewogen. Gegen die Annahme, dass die Quelle ein verzerrtes Bild liefert, spricht zudem die Tatsache, dass die centres de documentation nicht gleichmässig in der Romandie verteilt sind. Es besteht eine klare Prädominanz der Genferseeregion, des sogenannten Arc Lémanique. Die meisten im Verzeichnis aufgeführten Dokumentationsinstitutionen sind dort angesiedelt. Das ist insofern logisch, als der Arc Lémanique eine sehr aktive Wirtschaftsregion ist mit starken wissenschaftlichen Polen, den Universitäten Genf und Lausanne sowie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne EPFL.

Doch steckt noch mehr dahinter, wie die genauere Analyse zeigt. So sind in der Liste nicht weniger als siebzehn Dokumentationszentren von Mittelschulen/Gymnasien (collèges), Fachmittelschulen (écoles de culture générale, écoles de culture générale et de commerce) und Berufsschulen (centres de formation professionnelle) aufgeführt. Mit Ausnahme des Collège Numa-Droz in La Chaux-de-Fonds befinden sich diese collèges und écoles allesamt im Kanton Genf. Offensichtlich ist es den dortigen Mittel- und Berufsschulen ein Anliegen, nicht eine Bibliothek zu unterhalten, sondern ein centre de documentation bereitzustellen. Die dort arbeitenden Personen bezeichnen sich selbst denn auch als «documentalistes». Das ist insofern bemerkenswert, als bereits im benachbarten Kanton Waadt die weiterführenden Schulen bibliothèques und teilweise médiathèques betreiben. Dennoch handelt es sich nicht einfach um eine Genfer Eigenheit, denselben Wein in andersfarbigen Schläuchen zu verkaufen. Auch an den Genfer Schulen wird die Unterscheidung zwischen bibliothèques und centres de documentation gemacht: Die Bestandesgrösse, die Bandbreite an Medientypen, das Vorhandensein von sogenannten dossiers documentaires sowie Erschliessungsstandard und -tiefe geben den Ausschlag, ob es sich um eine bibliothèque (kleiner Bestand, hauptsächlich Bücher und Periodika, keine dokumentarischen Dossiers, oberflächliche Erschliessung) oder um ein centre de documentation (grosser Bestand, neben Büchern und Periodika auch audiovisuelle Medien und dokumentarische Dossiers, mannigfaltige Retrieval-Optionen dank tiefer Erschliessung) handelt.[47] Eine gewisse Unschärfe zwischen den beiden Institutionstypen ist dennoch nicht von der Hand zu weisen. In diesen verschwimmenden Grenzbereichen kommt die Selbstaffirmation zum Tragen.

Von besonderem Interesse ist in diesem Fall das Zusammenspiel von sprachlicher Spezifität, Selbstverständnis und Berufsausübung. Sind die Mitarbeitenden dieser schulischen Dokumentationszentren Dokumentalisten, weil sie sich so nennen? Oder nennen sie sich so, weil sie dokumentarische Aufgaben ausüben – mehr als ihre Kollegen in den anderen Kantonen? Um diese Frage abschliessend zu beantworten, müssten umfangreiche Interviews mit Genfer Schuldokumentalisten und Schulbibliothekaren sowie deren Berufskollegen aus anderen Regionen durchgeführt sowie detaillierte Tätigkeitslisten erstellt werden.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kann davon ausgegangen werden, dass die Bezeichnung centre de documentation für die Informationseinrichtungen an Schulen der Sekundarstufe II mit der Nähe zu Frankreich zu tun hat. Dort gehört zu den lycées und den collèges jeweils ein centre de documentation et d’information, kurz CDI. Angestellte müssen eine staatliche Prüfung bestehen, das Certificat d’aptitude au professorat de l’enseignement du second degré, und tragen danach die Bezeichnung professeur-documentaliste, gehören also zum Lehrerkorps und haben Beamtenstatus.[48]

Regionalsprachliche Unterschiede bei der Benennung von Informationsinstitutionen sind indessen keine Seltenheit. Im Kanton Zürich und teilweise auch in anderen Kantonen werden die Informationseinrichtungen der Schulen der Sekundarstufe II «Mediotheken» genannt. Die Bezeichnung ist in der ganzen Deutschschweiz geläufig, und die Fachpersonen und Institutionen dieses Bibliothekstypus sind in den Interessengruppen Arbeitsgemeinschaft Deutschschweizer Berufsschulmediotheken (ADB) und Arbeitsgemeinschaft Deutschschweizer Mittelschulbibliotheken (ADM) von BIS zusammengeschlossen.

Doch auch diese Institutionen sind dem Wandel unterworfen, sei es im Gleichschritt mit dem Wandel des Bildungswesens oder in dessen Sog. Eine Evolution Richtung Dokumentationsinstitution ist durchaus vorstellbar, auch wenn statt «Dokumentationszentrum» vielleicht andere Bezeichnungen vorgezogen würden. So hat eine Studentin der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur in einer Masterarbeit ein Zukunftsmodell entworfen, das die Mediothek als Recherchezentrum sieht. Ein solches bietet Lehrern und Schülern entsprechende Services an: Erstere können sich zum Beispiel thematische Dossiers, Linksammlungen oder einen Pressespiegel zusammenstellen lassen, während Letztere in Recherchestrategien und -techniken eingeführt und angeleitet werden.[49]

Zusätzlich zur geografischen Massierung am Arc Lémanique und in Genf im Speziellen fallen Ansammlungen nach Wirtschaftszweigen auf, die eine genauere Betrachtung verdienen. Wenig überraschend ist die ausgeprägte Nähe zum Bildungswesen. Neben den bereits erwähnten Schulen unterhalten viele Bildungsstätten der tertiären Stufe Dokumentationszentren, speziell solche für soziale und gesundheitliche Berufe. Bei den Dokumentationsstellen für pädagogische Information ist wiederum der sprachregionale Aspekt interessant, aber auch die zeitliche und geografische Entwicklung. Im Swiss-Lib-Archiv sind seit Anfang der 2000er-Jahre Hinweise auf centres de documentation der Ausbildungsstätten für Lehrer in der Romandie zu finden. Zu diesem Zeitpunkt war die Lehrerausbildung in der Schweiz noch stark fragmentiert und wurde von Kanton zu Kanton unterschiedlich gestaltet. Etwa zehn Jahre später begannen dann auch in der Deutschschweiz die pädagogischen Hochschulen, welche die früheren Lehrerseminare ablösten, für Lehrpersonal in Aus- und Weiterbildung Dokumentationsinstitutionen anzubieten, wenn auch mancherorts unter anderem Namen. Die Pädagogische Hochschule Luzern zum Beispiel unterhält ein «Medienzentrum», die PH Zürich ein «Informationszentrum». Offenbar brauchte es Reformen auf bildungspolitischer Ebene, um neuen Dokumentationseinrichtungen Raum zu geben. Jene führten dazu, dass die Lehrerausbildung gesamtschweizerisch – gesteuert über die Anerkennung der Diplome – reorganisiert und auf Tertiärstufe angesiedelt wurde. Diese Professionalisierung ging einher mit einer Zentralisierung – soweit das in der föderalen Schweiz möglich ist. Statt etwa 150 Lehrerseminaren gibt es nun dreizehn pädagogische Hochschulen, mit leistungsfähigen Bibliotheken und teilweise mit Dokumentationszentren.

Diese Entwicklung zeigt exemplarisch, dass die Gründung oder Eröffnung (wie auch die Schliessung) von Dokumentationsstellen eng an die staatlichen Strukturen geknüpft ist. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass durch die gezielte Beeinflussung staatlicher Strukturen – was durch die Schweizer Basisdemokratie im Prinzip möglich ist – Einfluss auf die Zahl der Dokumentationseinrichtungen genommen werden kann. Die strategische Planung und die Koordination solcher Einflussnahme ist Aufgabe des Berufsverbandes.

Ein anderer Bereich, in dem erwartungsgemäss zahlreiche Dokumentationsinstitutionen angesiedelt sind, ist die Forschung. 24 Dokumentationszentren stehen im Dienste von Wissenschaft und Forschung, wobei der Übergang zum Bildungssektor natürlich nicht trennscharf ist. Viele Universitäten unterhalten über ihre Institute Dokumentationen. Teilweise sind diese abhängig von Bibliotheken oder bilden teilautonome Abteilungen innerhalb von Bibliotheken. Neben diesen staatlich getragenen Infrastrukturen fällt im Verzeichnis die grosse Zahl internationaler und supranationaler Organisationen auf, die Dokumentationsstellen unterhalten und – in den meisten Fällen – der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Beispiele sind das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR, die International Labour Organization ILO und die World Trade Organization WTO. Sie alle befinden sich in Genf. Der Status der Stadt als zweiter Hauptsitz der Vereinten Nationen bringt es mit sich, dass sich in ihrem Fahrwasser eine ganze Reihe von internationalen Organisationen dort angesiedelt hat, was ein weiterer Grund für die hohe Dichte an Dokumentationszentren in Genf ist.

Einen speziellen Status nehmen die Dokumentationen der Medienhäuser ein. Kennern der Schweizer Medienlandschaft fällt beim Betrachten des Dokumentationsverzeichnisses sofort auf, dass bei weitem nicht alle wichtigen Zeitungen und Zeitungsverlage aufgeführt sind: «Tages-Anzeiger» (Tamedia), «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ-Gruppe), AZ-Medien, Axel Springer Schweiz zum Beispiel fehlen. Neben den Rundfunkanstalten sind lediglich die Verlage Edipresse (mittlerweile fusioniert mit Tamedia) und Ringier sowie die Zeitungen «Le Temps» und «Basler Zeitung» verzeichnet. Und wurde bei den Rundfunkanstalten Anfang der 2000er-Jahre noch genau unterschieden zwischen Dokumentation Ton resp. documentation orale, Dokumentation Text resp. documentation écrite und Dokumentation Bild resp. documentation photo, scheint diese Unterscheidung obsolet geworden zu sein. Heute heissen die jeweiligen Abteilungen schlicht « Dokumentation und Archiv».

Ein bedeutender Faktor in dieser Entwicklung war die Gründung der Schweizer Mediendatenbank (SMD); eine 1996 gegründete Aktiengesellschaft der Verlagshäuser Ringier und Tamedia sowie der Schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft SRG. Die SMD führt einerseits die Medienarchive ihrer Gesellschafter und Partnerverlage, andererseits bietet sie einen Online-Service, der alle Inhalte recherchierbar und für Medienschaffende nutzbar macht. Wie das Unternehmen selbst sagt, ist die Bedienung dieses Werkzeuges so einfach, «dass die meisten Fragestellungen ohne externe Hilfe oder vorherige aufwändige Schulungen eigenhändig gelöst werden können».[50] Mit anderen Worten: Vorarbeit oder Unterstützung durch Dokumentalisten ist nicht notwendig. Mittlerweile sind die meisten Schweizer Medientitel in der SMD vertreten, und rund 7000 Journalisten (Angabe SMD) benutzen die Datenbank für ihre tägliche Arbeit. Die Konsequenz: Die Pressehäuser schlossen ihre Dokumentationen. Einige liessen ihre Dokumentalisten der (Früh-)Pensionierung entgegenblicken, andere bauten ab, Tamedia zum Beispiel per Ende 2006: Die Dokumentation wurde geschlossen, die sechs Dokumentalisten entlassen.[51]

Das Arbeitsgespann Journalist–Dokumentalist scheint ausgedient zu haben[52]. Nach wie vor produktiv scheint ein anderes Duo zu sein, wie das Dokumentationsverzeichnis verrät: die Dokumentalisten und die Berufsberater. 21 Berufs-, Studien- und Laufbahnberatungsstellen sind im Verzeichnis zu finden. Doch müssten es nicht mehr sein? Immerhin gibt es in den meisten Kantonen mehrere solche Stellen, wo sich Einwohner jeglichen Alters informieren und beraten lassen können. Alleine im Kanton Aargau zum Beispiel gibt es sieben allgemeine Berufsberatungsstellen, im Kanton Bern sind es acht, im Kanton Waadt fünf, im Kanton Zürich elf. Dazu kommen jeweils noch eigene (Zweig-)Stellen für die akademische Berufsberatung. Doch die Berufsinformationszentren, kurz BIZ genannt, sind ein spezieller Fall von Dokumentation.

Man könnte annehmen, dass die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung lediglich ein Berufsfeld ist, in dem Informations- und Dokumentationsfachleute arbeiten. Offenbar geht deren Identifikation mit der inhaltlich-fachlichen Materie aber so weit, dass sie sich dieser mindestens ebenso oder sogar stärker verpflichtet fühlen als der dokumentarischen. So waren die in diesem Berufsfeld tätigen Dokumentalisten in einer eigenen Vereinigung zusammengeschlossen, der Fachvereinigung für Dokumentation in der Berufsberatung FDBB. Diese fusionierte 2007 mit jener der Berufsberatern zur Fachvereinigung für Berufsberatung FAB. Das war sozusagen eine Hochzeit von Fachkompetenz und Dokumentationskompetenz. Und die Ehe sollte gleichberechtigt sein: Im FAB-Vorstand nahmen stets zwei Vertreter des Informations- und Dokumentationsbereichs Einsitz. Die FAB wurde per 18. April 2013 aufgelöst und überführt in den Verein Profunda Suisse, den Verband für Fachleute für Laufbahnentwicklung. Profunda Suisse sieht sich selbst als Verband der Fachleute für Laufbahnentwicklung, zu denen explizit auch die Informations- und Dokumentationsfachleute gehören, weshalb er auch eine Fachgruppe «Information & Dokumentation» unterhält.[53] Der Berufsverband Profunda Suisse stellt damit eine Konkurrenz zu BIS dar, und wie die verhältnismässig kleine Zahl von Berufsinformationszentren auf der BIS-Kollektivmitgliederliste zeigt, eine bedeutende.

51 der im Verzeichnis aufgeführten Dokumentationsstellen erbringen ihre Dienstleistungen in der Privatwirtschaft, wozu auch die Presseverlagshäuser zählen. Die meisten davon in Beratungs- und Consultingunternehmen, bei Banken, vereinzelt bei grossen Anwaltskanzleien. Abgesehen von Uhrenmanufakturen ist der industrielle Sektor nicht präsent. Was heute nach einer banalen Beobachtung klingt, offenbart in der diachronischen Betrachtung einen grundlegenden Wandel. Denn in der Mitte des 20. Jahrhunderts war die Schweizer Dokumentation nicht nur wirtschaftsnah, sondern Teil der Industrie, wie im folgenden Kapitel gezeigt wird.

Das Dokumentationssterben: Mythos oder Realität?

239 aktive Dokumentationsinstitutionen in der Schweiz: Ist das viel? Auf diese Frage nach absoluter Einschätzung soll und kann in dieser Arbeit keine Antwort gegeben werden. Festhalten lässt sich jedoch: Es sind nicht unwesentlich weniger, als vor zwanzig Jahren Kollektivmitglied der Schweizerischen Vereinigung für Dokumentation waren.

Dem Jahresbericht 1994 des Präsidenten ist zu entnehmen, dass die SVD per 31. Dezember 1994 250 Kollektivmitglieder zählte, dazu 288 Einzelmitglieder. Zufrieden war man nicht damit: «Leider mussten wir wieder einen Rückgang bei den Kollektivmitgliedern verzeichnen, welcher auf die Beitragserhöhung zurückzuführen ist; die Zahl der Einzelmitglieder blieb in etwa gleich.»[54] Im Detail präsentierte sich die Mitgliederentwicklung damals folgendermassen:


 

Stand per

Gegen-seitig

Ehren-
mitglieder

Freimit-glieder

Einzel-
mitglieder

Kollektivmitglieder

Studenten

Total

31.12.1992

11

7

20

294

248

0

580

31.12.1993

11

8

20

290

262

0

591

31.12.1994

12

8

20

288

250

0

587

 

Bemerkenswert ist, dass der wiederholte Mitgliederschwund nicht auf einen Rückgang der Dokumentationsinstitutionen zurückgeführt wird, sondern auf eine verbandsinterne Ursache; in diesem Fall die Erhöhung des Mitgliederbeitrags. Die Verantwortlichen innerhalb des Verbandes spürten den schnellen Wandel des Umfeldes, weshalb der Vorstand 1994 eine Arbeitsgruppe namens «Strukturreform (Leitlinien)» einsetzte, um die grundsätzliche zukünftige Orientierung der SVD vorzuspuren. Die Feststellungen und Thesen, die diese Arbeitsgruppe für das Strukturreformprojekt behandelte, scheinen in der Retrospektive auf der Hand zu liegen. So wurde die starke Heterogenität der Verbandsmitglieder («Niveau der Grundausbildung und Weiterbildung, Auftrag, Tätigkeitsfeld, Grösse, Mittel und Organisation usw.») als grosse Herausforderung angesehen, weil diese eine grosse Bandbreite unterschiedlicher Erwartungen mit sich bringt.[55] Diese Heterogenität, zumindest auf Institutionsniveau, zeigt das Dokumentationswesen auch heute noch, wie die Analyse des Verzeichnisses im vorigen Kapitel gezeigt hat.

Eine andere Feststellung war die wachsende Konkurrenzsituation, die nicht zuletzt durch die einsetzende Konvergenz von Archiv-, Bibliotheks- und Dokumentationsbereich entstanden war – eine Konvergenz, die rückblickend auch durch das Vorantreiben einer gemeinsamen Ausbildung begünstigt oder sogar vorangetrieben worden war. Die Arbeitsgruppe unterstrich darum die Notwendigkeit einer prägnanten, eindeutigen Identifikation: «Ist diese nicht gegeben oder nicht mehr möglich, verliert die SVD ihre Daseinsberechtigung. In diesem Fall würde der Verband um die Früchte der gemeinsamen Anstrengungen geprellt. Die Neudefinition der eigenen Identifikation ist daher dringend.»[56] Wie wir mittlerweile wissen, ist der SVD diese Neudefinition nicht gelungen. Ob der Nachfolgeverband diesbezüglich klarer positioniert ist, zeigt die Auswertung der Interviews im Kapitel 4.

Die Konkurrenz der SVD beschränkte sich jedoch nicht auf andere Vereinigungen und Verbände aus dem Informationsbereich: «Auch ist zu berücksichtigen, dass die Berufsleute und Unternehmungen, alle potententielle [sic!] SVD-Mitglieder, stets in zunehmenden Masse, auch über andere Verbindungs- und Zusammenarbeitsmöglichkeiten zu anderen Organisationen und Personen verfügen werden.» Der oben erklärte Fall der Informations- und Dokumentationsfachleute in Berufsbildungszentren belegt die zurückhaltend formulierte Warnung: Aufgrund des dilemmatischen Bedürfnisses nach Fachkompetenz und nach Dokumentationskompetenz kommt für Dokumentationsinstitutionen stets die Mitgliedschaft in zwei Verbänden infrage. Für die in Berufsbildungszentren arbeitenden Dokumentalisten lässt sich die potenzielle Doppelzugehörigkeit gut nachweisen und beobachten. Bei Dokumentationen in privatwirtschaftlichen Unternehmen allerdings sind die Mehrfachzugehörigkeiten unüberschaubar.

Genau diese Dokumentationen in der Privatwirtschaft, die wie weiter oben festgestellt heute stark untervertreten sind, haben während Jahrzehnten die SVD und damit die Schweizer Dokumentationskultur geprägt. 1941, zwei Jahre nach der offiziellen Gründung, zählte die SVD 27 Kollektivmitglieder. Elf davon waren im Industriesektor tätig, und Vertreter der Industriebetriebe Brown, Boveri & Cie., Landis & Gyr sowie der Société d’Exploitation des Câbles électriques sassen im Vorstand. Weitere sechs Kollektivmitglieder waren staatsnahe Transport-, Energie- oder Kommunikationsbetriebe. Dreissig Jahre später zählte die SVD 190 Kollektivmitglieder und 151 Einzelmitglieder (Stand Mitte Oktober 1971). Nach wie vor waren die Industriebetriebe in grosser Zahl vertreten, und die Vorstandszusammensetzung liest sich wie ein Who’s who der Schweizer Industrieblüte: Sandoz, Von Roll, Ciba-Geigy (doppelt vertreten), Alusuisse, Elektro-Watt, Sulzer, Hoffmann-La Roche.

Per 1. Februar 1982 wies die SVD 222 Kollektivmitglieder aus und 242 Einzelmitglieder. Der Bestand war innerhalb von gut zehn Jahren also nochmals deutlich gewachsen, allerdings nicht mehr um Industriebetriebe, sondern nun um Dienstleistungsunternehmen, Verbände, Bundesämter und – bemerkenswerterweise – Bibliotheken.[57] In Anbetracht der damaligen wirtschaftlichen Entwicklung ist das einleuchtend: Nach dem weltweiten Wirtschaftsaufschwung Ende der 1960er-Jahre kam es in der Schweiz zu einer Konjunkturüberhitzung, worauf die Behörden 1971 mit einer Aufwertung des Schweizer Frankens und 1973 mit der Flexibilisierung der Wechselkurse reagierten. Die Nachfrage aus dem Ausland nach – nun teurerer – Schweizer Produkten nahm ab, weshalb die Industrie dazu überging, Fertigungsstätten in andere Länder auszulagern, wo billiger produziert werden konnte, um im Kostenwettbewerb mithalten zu können. Trotz wirtschaftspolitischer Massnahmen liess sich die Krise aber nicht verhindern. Sie traf vor allem die Bauwirtschaft und den Werkplatz. Im Gegenzug prosperierte der Finanzplatz vom attraktiven Kurs des Schweizer Franken, wovon wiederum die Finanzinstitute profitierten.[58] Das bildet sich auch in der SVD-Mitgliederliste von 1982 ab, wo nun Banken statt Industriebetriebe dazugekommen waren. Bis 1994, also nochmals ein Dutzend Jahre später, hatte die SVD, wie weiter oben bereits dargestellt, zwar nochmals an Mitgliedern zulegen können, doch der Zenit war bereits überschritten, und vor allem war der Wandel in der Mitgliederstruktur unaufhaltsam.

Angesichts der Tatsache, dass auch 2014 noch 239 Dokumentationsinstitutionen in der Schweiz aktiv sind – lediglich 11 weniger als 1994 Kollektivmitglied der SVD waren –, ist es sicher nicht angebracht, ein grosses Wort wie «Dokumentationssterben» zu verwenden. Nicht von der Hand zu weisen sind allerdings die grundlegenden Umschichtungen innerhalb der Dokumentationslandschaft. Die ursprünglichen, eigenständigen Abteilungen in Industriebetrieben, Energiekonzernen, Transportunternehmen und Medienhäusern wurden aufgelöst oder mit anderen internen Dienstleistungserbringern zusammengelegt; die Dokumentationen gingen sozusagen in den Unternehmensorganisationen auf. Das hat nicht in erster Linie mit den Dokumentationsabteilungen zu tun, sondern mit dem Strukturwandel der Wirtschaft.

Für den zahlenmässigen Rückgang der Dokumentationsinstitutionen und vor allem ihre schwindende Bedeutung in einigen Wirtschaftsbereichen ist also nicht die Dokumentation selbst verantwortlich. Ursächlich sind vielmehr umfassendere ökonomische Mechanismen. Die Dokumentation konnte darauf nur sehr beschränkt Einfluss nehmen, sie hatte vor allem zu reagieren. Wie diese Reaktion ausfiel und ob sie angemessen und sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.

Berufsverständnisse

Mehr als 200 Dokumentationsinstitutionen gibt es in der Schweiz. In ihnen arbeiten Informationsspezialisten, die dokumentarische Dienstleistungen erbringen. Aber bezeichnen sie sich selbst als Dokumentalisten? Wie beschreiben und qualifizieren sie ihre berufliche Tätigkeit? Und wie definieren sie sich als Berufsleute? Um solche Fragen zu beantworten, wurde mit acht Personen ein Gespräch über den Beruf und die dokumentarische Tätigkeit geführt. Die telefonisch geführten Gespräche folgten einem Interviewleitfaden[59], wurden aber dialogisch gestaltet, das heisst, bei Klärungsbedarf wurde nachgefragt und bei interessant scheinenden Gedankengängen auch weitergefragt und somit vom strikten Frageraster abgewichen:[60]

Wer unter den Befragten Dokumentalisten sucht, wird allerdings nicht fündig. In den von den Arbeitgebern vorgegebenen Positionsbezeichnungen ist der Begriff nicht zu finden, und wenn die Befragten im privaten Kontext über ihren Beruf und ihre Arbeit sprechen, greifen sie nicht darauf zurück. Yannick Grogg kommt ihm ziemlich nahe, wenn sie von sich selbst als «Informationsspezialistin» oder «Dokumentationsspezialistin» spricht. Einzig Seyena Ahonyo bezeichnet sich selbst als «documentaliste-archiviste». Dieses Nicht-Benennen steht bei den meisten Personen im Kontrast zu den tatsächlichen Tätigkeitsbeschreibungen; diese würde den Gebrauch der Bezeichnung «Dokumentalist» durchaus rechtfertigen. Das führt zu zwei Hypothesen für den Nicht-Gebrauch: Entweder wird die Bezeichnung als unzulänglich eingestuft für die Beschreibung der ausgeübten Tätigkeiten. Oder aber die Bezeichnung «Dokumentalist» wird ausserhalb des Berufsfeldes schlicht nicht (mehr) verstanden, weshalb die Befragten auf ihre Verwendung verzichten. Die beiden Gründe schliessen sich nicht aus. Wenn zum Beispiel Camille Aubry sagt, dass sie auf die Verwendung von Begriffen wie «Dokumentation» und «Bibliothek» verzichtet, weil diese für sie an Papier gebunden sind, sie in ihrem Alltag aber praktisch ausschliesslich mit elektronischen Dokumenten arbeitet, dann spiegelt sie damit auch gesellschaftliche Assoziationen. Die Arbeitswelt des heutigen Dokumentalisten ist eine digitale, die Berufsbezeichnung aber scheint den Sprung ins digitale Zeitalter nicht gemacht zu haben und wirkt dementsprechend verstaubt.

Angesichts der Tatsache, dass alle befragten Personen in Dokumentationsinstitutionen arbeiten, mag die Bandbreite an Berufsbezeichnungen erstaunen. Schaut man sich die dazu abgegebenen Erklärungen an, fällt auf, dass alle Befragten für sich eine klare Stellenbezeichnung gewählt haben, sie sich aber der Durchlässigkeit zu anderen Informationsberufen sehr wohl gewahr sind. Sie fühlen sich zwar nicht als Dokumentalisten, reflektieren aber, dass sie zum Beispiel als Bibliothekarin oder als Archivarin in einer Dokumentation arbeiten. Die Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der grösseren, übergeordneten Familie der Informationsberufe sind bekannt, und die Grenzen zwischen den einzelnen Familiensträngen scheinen für alle durchlässig zu sein; viele haben sie in ihrer Berufslaufbahn bereits überschritten oder bewegen sich sowieso täglich in mehreren Bereichen. Sogar der selbstständig erwerbende Infobroker Andreas Litscher, der sich aus unternehmerischen Gründen auf sein Kerngeschäft fokussieren muss, fühlt sich «berufsverwandt» mit wissenschaftlichen Bibliothekaren, und er ist sich bewusst, dass ein Teil seiner Arbeit bibliothekarische Tätigkeiten sind.

Im zweiten Kapitel haben wir gesehen, dass insbesondere die Abgrenzung zwischen Bibliothek und Dokumentation schwerfällt und – vor allem wegen der Weiterentwicklung der Bibliothek und ihrer Evolution zur Dienstleistungsinstitution – zunehmend undeutlich wird. Es überrascht, dass die dokumentarischen Berufsfelder der Befragten nicht primär mit dem bibliothekarischen Berufsfeld verschwimmen, sondern dass Verquickungen in alle Richtungen vorhanden sind; zum Archiv und zum Records Management, zum Knowledge Management und zum Wissensmanagement.

Für Verwirrung scheint diese Durchlässigkeit nicht zu sorgen; sie ist Berufsalltag für die Befragten. Erst wenn es um die Mitgliedschaft im Berufsverband geht, wird die Durchlässigkeit zum Antagonismus. Dann zeigt sich, dass der BIS es bislang nicht schafft, sich als sozusagen zwingender Berufsverband für dokumentarisch tätige Fachleute aufzudrängen. Mehrere der Befragten sind Mitglied des Vereins Schweizerischer Archivarinnen und Archivare VSA – Seyena Ahonyo engagiert sich sogar im Vorstand der Association vaudoise des archivistes – und sehen ihre Repräsentations- und vor allem Weiterbildungsbedürfnisse dadurch ausreichend abgedeckt. Die Nachfrage nach Weiterbildung sowie der Wunsch nach Austausch mit anderen Berufsleuten sind bei praktisch allen Befragten vorhanden, aber entweder weiss BIS diese Nachfrage nicht zu befriedigen, oder der Verband kommuniziert sein Angebot nicht gut genug. Zu denken geben muss auch, dass ausgerechnet Infobroker Andreas Litscher, der die enge Definition des Dokumentalisten sehr präzise ausfüllt, nicht BIS-Mitglied ist.

Zukunftsperspektiven

Die Frage nach der mittel- und langfristigen Zukunft des eigenen Berufes löst bei allen Befragten gemischte Reaktionen aus. Alle halten ihre Tätigkeit und die dokumentarische Tätigkeit im Allgemeinen für wichtig, ja teilweise für nötig, und glauben, dass sie es auch in zehn Jahren noch sein wird. Sie sehen einen gesellschaftlichen Nutzen, einige von ihnen aber auch ganz klar wirtschaftliche Potentiale. Andreas Litscher zum Beispiel weist auf die grossen Sparmöglichkeiten hin, die bei der Entwicklung von neuen Produkten, speziell im Chemie- und Pharmabereich, zu realisieren wären, wenn vor Entwicklungsbeginn umfassend recherchiert würde. Dennoch bezweifelt die Mehrheit, dass ihre Arbeitsstelle in zehn Jahren noch in dieser Form existieren wird. Die Zweifel sind nicht unbegründet, denn die Veränderungen stimmen kritisch. Alle Befragten spüren entweder einen klaren Rechtfertigungsdruck oder sie waren bereits Zeuge, wie finanzieller Druck zu Personalabbau geführt hat.

Dieses scheinbare Paradox deutet darauf hin, dass es dem Berufsfeld der Dokumentation nicht gelungen ist, seine Wichtigkeit für die Gesellschaft im Allgemeinen und die Wirtschaft im Besonderen zu beweisen. Andreas Litscher bringt es auf den Punkt: «Durch die vermeintliche Vereinfachung der Informationsbeschaffung wird das Umfeld immer schwieriger: Jeder glaubt, er könne selber im Internet recherchieren. Das stimmt natürlich nicht. Aber wie erklärt man das?»

Der Profession mangelt es offenbar am Selbstbewusstsein, sich der Öffentlichkeit als Notwendigkeit zu präsentieren. Im betriebswirtschaftlichen Jargon würde man sagen, dass es die Dokumentationsbranche verpasst hat, die potenziell mögliche Bedürfnisabdeckung zu kapitalisieren. Denn gemäss eigener Einschätzung ist ein Bedürfnis nach kompetenter, verlässlicher Informationsverarbeitung vorhanden. Es ist aber bislang nicht gelungen, dieses Bedürfnis zu konkretisieren und damit einen objektiven Bedarf zu schaffen. Doch solange kein Bedarf besteht, können sich Dokumentalisten auch nicht als Dienstleister auf dem (nicht zwingend nach dem ökonomisch ausgeformten Prinzip von Angebot und Nachfrage ausgestalteten) Informationsmarkt positionieren und ihre Leistung anbieten.

Dabei sind Repositionierungen auf dem Feld der Informationsberufe durchaus möglich, wie das Beispiel des Records Manager gezeigt hat. In der Schweiz wird der Records Manager heute als moderne Ausprägung des Archivars angesehen. Der VSA hat das Records Management in das Berufsbild des Archivars integriert, und innerhalb des Vereins koordiniert eine eigene Arbeitsgruppe die Aktivitäten, die Records Management und digitale Archivierung betreffen.[61] Diese Entwicklung war allerdings nicht zwingend. Sie hätte auch eine andere Richtung nehmen, genauer: von einem anderen Ausgangspunkt ausgehen können, und der Dokumentalist hätte sich zum Records Manager entwickeln können. Oder provokant ausgedrückt: Das Dokumentationswesen hat es verpasst, sich das Records Management anzueignen und sich damit eine zeitgemässe, moderne Prägung zu geben.

Berufsbilder können sich aber auch graduell und subtil neuen Gegebenheiten anpassen. So haben zahlreiche Bibliotheken ihre ursprüngliche dreiteilige Mission des Beschaffens, Erschliessen und Vermittelns fortentwickelt und auf ihr Zielpublikum zugeschnitten. Sie entwerfen aktiv neue, dynamische Vermittlungsinstrumente und nehmen so vermehrt dokumentarische Funktionen wahr. Ein typisches Beispiel ist die Schweizer Nationalbibliothek, die als Bibliothek mit Sammlungsauftrag und Archivfunktion auch thematische oder bibliografische Recherchen anbietet[62]. Sie ist damit im Grunde nichts anderes als ein Dokumentationsdienst. So sind viele Bibliothekare allmählich zu Dokumentalisten geworden. Umgekehrt aber ist das nicht der Fall.

Perspektive Wissensmanagement

Ein nach wie vor relativ junges Berufsfeld, das sich die Dokumentalisten erschliessen könnten, ist das Wissensmanagement. Camille Aubry hat in ihren sechs Jahren beim Cinfo selbst erlebt, wie sich ihre Arbeitstätigkeit von der Dokumentation weg und zum Informations- und Wissensmanagement hinbewegt hat. Heute bezeichnet sie sich nicht mehr als Dokumentalistin, weil sie nicht mehr das Gefühl hat, dokumentarische Arbeit auszuführen. Yannick Grogg hingegen ist nach wie vor als Dokumentationsspezialistin tätig, rechnet sich aber im Wissensmanagement eine der besten Entwicklungsmöglichkeiten aus.

Unternehmen haben erkannt, dass Wissen ein entscheidender Produktions- und Wettbewerbsfaktor ist; das Wissensmanagement wird zur Notwendigkeit. Unter dem Begriff werden «Theorien, Methoden und Werkzeuge entwickelt, diskutiert und erprobt, die einen systematischeren Umgang mit der Ressource Wissen ermöglichen».[63] Die Wortwahl zeigt, dass sich die noch junge Disziplin in Bewegung befindet und noch nicht statisch gefestigt ist. Bislang stellt sie eher eine Perspektive auf Wissensbestände und Wissensaustauschmechanismen dar, die von einigen Unternehmen und Organisationen eingenommen, von anderen (noch) ignoriert wird.

Zentrale Aufgaben des Wissensmanagements sind die «Identifikation, Erfassung, Bewertung, Wiederauffindung und Teilung»[64] von Wissen. Da die Beschaffung, die Erschliessung und die Aufbewahrung von Informationen zum Zwecke der Wiederauffindung und der Verbreitung die Kernfunktionen der dokumentarischen Arbeit sind, ist eine natürliche Verwandtschaft nicht von der Hand zu weisen. Zur Ressource Wissen gehören aber nicht nur festgehaltene, fixierte Informationen auf Dokumenten, in Dateien und Datenbanken, sondern auch Prozesse, Abläufe, Handlungsmuster, Expertisen, subjektive Erfahrungen etc. Die Handhabung von solch implizitem Wissen, von Krcmar «tazites Wissen» genannt, erfordert andere Instrumente, als die Dokumentation bislang in ihrem Repertoire hatte. Das beginnt mit der Schwierigkeit der Identifikation: Wo ist Wissen vorhanden, das nicht in Form von Informationen sicht- und abrufbar ist? Die Darstellung von implizitem Wissen und seine Umwandlung in explizites, vermittelbares Wissen ist ebenfalls eine Herausforderung. So kann Wissensmanagement im Vergleich zur Dokumentation ganz andere Formen der Vermittlung nötig machen, weil nicht mehr die Information im Mittelpunkt steht, sondern der Mensch als Wissensträger. Für den Dokumentalisten gewöhnungsbedürftig kann auch die klare Managementausrichtung sein. Denn Wissensmanagement wird in Unternehmen und Organisationen oft für die Organisationsentwicklung gebraucht, und steht deshalb im Dienst der Führung. Zudem sind Schnittstellen zu Qualitäts- und Projektmanagement vorhanden. Es gibt also noch viel zu lernen für den Dokumentalisten, wenn er sich zum Wissensmanager, zum gestionnaire de connaissances oder zum Knowledge Manager entwickeln will. Dementsprechend breit sind die Betätigungsmöglichkeiten, für den Berufsverband BIS.

Perspektive mediale Vermittlung

Der klassische Dokumentalist ist ein Vermittler, der Informationen teilt. Accart und Réthy insistieren stark auf die Interaktion zwischen Dokumentalist und Nutzendem oder Kunden, weshalb sie auch vom «documentaliste médiateur»[65] sprechen. Sie sprechen ihm zwei Rollen zu: eine als Informant («informateur»), der Informationen sucht und weitergibt, und in Erweiterung eine als Ausbildner («formateur»), der auch Suchstrategien und -techniken vermittelt. Wie Pascale Schuoler von Swissinfo im Gespräch anstösst, ist diese Rolle jedoch noch weiter entwickelbar: vom Vermittler zum medialen Vermittler. Als solcher würde der Dokumentalist nicht nur Informationen suchen und weitergeben, sondern diese Informationen vor der Weitergabe noch aufbereiten, um sie dann als fertiges, sozusagen konsumfertiges Informationsprodukt darzureichen. Im Falle einer Mediendokumentation würde das bedeuten, dass der Dokumentalist nicht für den Journalisten als internen Kunden recherchiert, sondern für sich selbst, um die Informationen dann in ansprechender Form direkt dem Medienkonsumenten als externem Kunden anzubieten. Der Dokumentalist würde sich also der redaktionellen Arbeit annähern. Mit redaktionell ist dabei nicht nur Textarbeit gemeint, sondern dazu würden auch bewegte und unbewegte Bilder, Ton, interaktive Anwendungen etc. gehören.

Sich in redaktionelle oder sogar journalistische Gefilde vorzuwagen, mag kühn wirken. Genau genommen wird so lediglich die klassische dokumentarische Arbeit fortgeführt, zu der seit jeher das Schreiben von Abstracts, Synthesen und Bibliografien gehört. So ist der Schritt vom elektronischen Dokumentationsdossier, wie es zum Beispiel die Dokumentationsstelle von Alliance Sud online anbietet[66], zum redaktionell aufbereiteten Informationsdossier nur ein kleiner.

Aufgrund der Interviews nicht schlüssig beantworten lässt sich die Frage, ob die Dokumentation oder das Archiv einfacher zu vermarkten ist. Während Pascale Schuoler im Medienhaus eine starke Nachfrage nach Archivmaterialien spürt, sieht es anderswo ganz anders aus. Bezeichnend ist die Aussage von Seyena Ahonyo von der Loterie Romande, wo die archivische und die dokumentarische Tätigkeit zwar von derselben Abteilung wahrgenommen, intern aber klar unterschieden werden. Ihrer Erfahrung nach ist es einfacher, Mittel für die Dokumentation zu erhalten als für das Archiv. Der Grund: Optimierungen der Dokumentation nützen den Mitarbeitenden und damit den Entscheidungsträgern zeitnah, die Wirkung ist gut ersichtlich. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn die Dokumentationsstelle eine neue Applikation für die Erstellung von elektronischen Dokumentationsdossiers anschaffen darf, erhalten die Mitarbeitenden bald nach Inbetriebnahme die bestellten Dokumentationsdossiers in besser lesbarer und einfacher zu ergänzender Form. Anders beim Archiv, wo finanzielle Ausgaben keinen sofortigen konkreten Output hervorbringen und als Investition in die Zukunft abgebucht werden müssen.

Die Dokumentation der Loterie Romande hat es offensichtlich geschafft, sich intern als derart geschätzter Service zu positionieren, dass die Dienstleistung als unverzichtbar gilt und gerne gefördert wird. Im Kontrast dazu stehen die Medienunternehmen, seien es Verlage von Printprodukten oder Rundfunk- und Fernsehanstalten, wo genau diese Dienstleistung als nicht wertvoll genug angesehen wurde, als dass sie Sparmassnahmen widerstehen könnten. Im Gegensatz zu Seyena Ahonyo sieht Pascale Schuoler im Archivbereich, genauer: in der attraktiven Aufbereitung und Präsentation von Archivalien, mehr Zukunft als in der Dokumentation von Journalisten. Sie bringt es auf den Punkt, wenn sie sagt: «Die Journalisten können selber recherchieren.» Tatsächlich sind Medienschaffende just solche Berufsleute, die gelernt haben und es gewohnt sind, Informationen zu suchen, zusammenzutragen, zu beurteilen und einzuschätzen. Kurz: Medienschaffende sind selber Informationsprofis, beruflich sozusagen mit den Dokumentalisten verwandt. Insofern darf es nicht erstaunen, dass leistungsfähige Suchinstrumente sie befähigen, auf die unterstützenden Dienstleistungen von Dokumentalisten zu verzichten.[67] Die Situation bei der Loterie Romande zeigt indes, dass andere Berufsleute – die keine Informationsprofis sind – eher Bedarf an dokumentarischem Support haben. Bei ihnen also müssten die dokumentarischen Dienstleistungen erklärt, beworben und verkauft werden.

Fazit

Die Schweizer Dokumentationslandschaft wurde in den vergangenen drei Jahrzehnten grundlegend umgepflügt. War sie einst Teil der Industrie und ein Entwicklungsfaktor, ist sie heute staatsnah, bildungs- und forschungsbezogen sowie nicht profitorientiert. Letztgenanntes Charakteristikum ist nicht unproblematisch, denn per definitionem ist die Dokumentation eine Dienstleistung. Eine Dienstleistung aber, die vordergründig kein Geld generiert und in den meisten anbietenden Institutionen kostenlos bezogen werden kann, ist in der persönlichen und allgemeinen Wahrnehmung auch nichts wert – und damit bei Spardruck gefährdet. Solchem Druck vermag die Dokumentation derzeit nur sehr schwer standzuhalten, weil die technischen und technologischen Möglichkeiten immer einfacher zu bedienende Rechercheinstrumente hervorbringen, mit denen auch Laien zufriedenstellende Suchergebnisse zu erzielen in der Lage sind. Die Dokumentation verliert so an Legitimation. Und sie verfügt nicht über die Anerkennung geschweige denn das Prestige, um diesen Legitimationsverlust auszugleichen.

Doch gerade bei der Werteinschätzung der Dokumentation sind noch ungenutzte Ansatzpunkte vorhanden, auf gesellschaftlicher und institutioneller Ebene wie auch auf individueller Ebene. Der Gemeinschaft der Dokumentalisten, oder idealerweise der Gemeinschaft der Informationsfachleute, müsste es ein Anliegen sein, die Dokumentalisten als wertgenerierende Arbeitskräfte innerhalb des Wirtschaftssystems zu positionieren. Das ist keine kleine Herausforderung, weil hier ein anderes Problem mit hineinspielt, das sich in dieser Arbeit herauskristallisiert hat: Den Dokumentalisten gibt es nicht mehr. Denn die Bezeichnung «Dokumentalist» hat ausgedient. Im Gleichschritt mit den strukturellen und technologischen Veränderungen hat sich sein Tätigkeitsfeld derart massiv gewandelt, dass die Verwendung der Bezeichnung als nicht mehr zeitgemäss erscheint. Parallel haben sich die Aufgaben und Tätigkeiten des Dokumentalisten jenen der Archivare und der Bibliothekare angenähert. Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Berufen wird für Nicht-Fachleute schwieriger, und weil von den drei Berufsbildern jenes des Dokumentalisten am wenigsten präzise umrissen ist, verliert es immer mehr an Kontur. Vorangetrieben wird diese Entwicklung durch die in der Schweiz willentlich herbeigeführte Konvergenz der Informationsberufe mit den sogenannten IuD-Ausbildungen und -Weiterbildungen.

Die Gespräche mit den Berufsleuten zeigen eindeutig, dass sich die Konvergenz der Informationsberufe nicht nur bei Bildungsbelangen ausdrückt; die Konvergenz wird gelebt. Tatsächlich scheint die Arbeitsrealität die Fusion von SVD und BBS mehr als zu rechtfertigen: Nimmt man die kleine und nicht repräsentative Auswahl der acht Befragten als Massstab, wäre es nur logisch, noch einen Schritt weiter zu gehen und den Verband BIS mit dem VSA zu fusionieren.

Der Konvergenz und dem unpräzisem Berufsbild zum Trotz, hat der Dokumentalist nach wie vor eine Aufgabe und weiss sich durchaus zu behaupten, wie die grosse Zahl von Dokumentationsinstitutionen in der Schweiz belegt. Es mangelt ihm aber an einem öffentlichkeitswirksamen Profil – und für ein solches braucht er dringend einen neuen Namen. Es wäre an der Zeit, den jetzigen Namen zu Grabe zu tragen – das Ende dieser Arbeit bietet sich als guter Zeitpunkt an. Doch leider fehlt es an einem würdigen Nachfolger. Wie die Auswertung der Interviews gezeigt hat, können die dokumentarisch tätigen Informationsfachleute zwar ganz gut ohne die Bezeichnung «Dokumentalist» leben und arbeiten, damit allerdings der Beruf weiterentwickelt werden könnte, wäre es wichtig, eine adäquate Benennung zu haben. Sie muss verstanden werden, dabei aber die Vielseitigkeit der Tätigkeit abbilden. Vor allem aber sollte sie den Berufsleuten erlauben, sich als wertvolle, idealerweise sogar wertschöpfende Kräfte auf dem Informationsmarkt zu positionieren.

Allzu weit braucht man gar nicht zu suchen, um andere Beispiele des Umgangs mit der Berufsbezeichnung zu finden. Das Verzeichnis der Dokumentationsinstitutionen zeigt, dass in der Schweiz ein dokumentarischer Röstigraben besteht. Es gibt in der französischsprachigen Schweiz im Verhältnis zur Bevölkerungszahl mehr Dokumentationsinstitutionen, und das Berufsbild des documentaliste ist exakter umrissen als jenes des Dokumentalisten in der deutschsprachigen Schweiz. Zwar fühlen sich die documentalistes in der Romandie ebenso wie ihre Deutschschweizer Kollegen von den technologischen Neuerungen eingeschüchtert, und auch sie blicken skeptisch in die Zukunft. Doch offenbar haben sie es besser geschafft, sich und ihre Institutionen auf dem Markt als wertbringende Dienstleister zu positionieren, die in der Lage sind, einen reellen Informationsbedarf abzudecken. Mehrere ineinandergreifende Faktoren dürften dazu beigetragen haben. Die spezielle Wirtschaftsprägung der Stadt Genf mit ihren zahlreichen internationalen Organisationen macht sie zu einer regelrechten Dokumentationshochburg. Die hohe Dokumentationsdichte fördert die Vernetzung und vereinfacht die berufliche Mobilität. Eine grosse Auswahl an Arbeitsstätten wiederum macht den Beruf attraktiv. Von der geografisch begünstigten Vernetzung profitiert und gleichzeitig zu dieser beigetragen hat auch die Groupe romand de documentation, die bis ins Jahr 2012 aktiv war und die Schweizerische Vereinigung für Dokumentation damit um Jahre überdauert hat.

Doch was beeinflusst was? Institutionsbezeichnung, Berufsbezeichnung, Berufsverständnis, kritische Masse an Berufsleuten, Präsenz des Verbandes? Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, die Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung zu eruieren. Dafür wären ausführliche Einzelinterviews und eine detaillierte (berufs-)soziologische Analyse notwendig. Eine solche Untersuchung wäre hilfreich, um sprachregionale Unterschiede im Berufsverständnis und in der Berufswahrnehmung zu erklären und um eventuell bewährte Konzepte für die Deutschschweiz zu adaptieren.

Deutlich einfacher zu bewerkstelligen, aber ebenfalls bereits aufschlussreich wäre eine Studie zum Dokumentationsmikrokosmos Genf. Die grosse Zahl dort ansässiger Dokumentationsinstitutionen deutet darauf hin, dass dort eine eigene Entwicklung stattgefunden hat, die vielleicht in anderen Städten in kleinerem Massstab ebenfalls initiiert werden könnte. Eine eigene Betrachtung verdient zudem die italienischsprachige Schweiz. Angesichts der Kleinräumigkeit und des sprachlich bedingten komplett anderen Einzugsgebiet, ist davon auszugehen, dass die Dokumentationslandschaft des Tessins eine ganz eigene Topografie aufweist. Eine solche Arbeit müsste wohl von einem Kenner des italienischen Dokumentationswesens angestellt werden.

Eine andere Frage, die sich angesichts der veränderten und sich immer noch wandelnden Dokumentationslandschaft stellt, ist die nach dem Geschlecht der darin tätigen Berufsleute. Diese Frage mag auf den ersten Blick arbiträr erscheinen, sie steht aber in direktem Zusammenhang mit der Anerkennung des Berufes oder der Berufe. Wir haben gesehen, dass bis in die 1990er-Jahre eine grosse Zahl von Dokumentationsinstitutionen im sekundären Sektor angesiedelt war, was dem Dokumentationswesen ein gewisses industrielles Antlitz oder zumindest eine industrienahe Prägung verliehen hat. Heute hingegen sind fast ausnahmslos alle Dokumentationsinstitutionen im tertiären Sektor zu finden, wobei der Bildungsbereich obenaus schwingt, speziell wenn man auch die selbst gewählten Bildungsaufträge der öffentlich zugänglichen Dokumentationsstellen von Nichtregierungsorganisationen berücksichtigt. In den Arbeitsmarkt des Dienstleistungssektors sind deutlich mehr Frauen eingebunden, als in jene der anderen beiden Sektoren. Besonders typische Frauenarbeitsplätze sind «Arbeitsstellen mit Verwaltungs- und Planungsaufgaben zum einen und sozial-interaktive Dienstleistungen in Verkauf und Service, aber auch in Erziehung, Sozialarbeit und Gesundheitswesen zum anderen».[68] Vor diesem Hintergrund ist die Frage nach dem Geschlecht der Dokumentalisten – oder wie sie künftig auch immer heissen mögen – nicht nur berechtigt, sondern zwingend: Sind sie weiblicher geworden?

Eine diachronische Analyse der Einzelmitgliedschaften bei BIS, unter Berücksichtigung der Entwicklung des Frauenanteils in der arbeitstätigen Bevölkerung, könnte eine erste indikative Antwort liefern. Falls der Beruf des Dokumentalisten tatsächlich im statistischen Sinn zu einem Frauenberuf geworden ist oder derzeit wird, wäre es angebracht nachzuforschen, welche Konsequenzen das Einziehen der Geschlechterfrage mit sich bringt. Denn Tätigkeitsfelder, die mehrheitlich von Frauen ausgefüllt werden, sind mit tieferer gesellschaftlicher Anerkennung verbunden, als von Männern dominierte Berufe. Das gesellschaftliche Ansehen ist dabei nicht an die Tätigkeiten und damit den Beruf gefunden, wie Beispiele von geschlechterspezifischem Wandel gezeigt haben. Seit in ehemals männlich geprägten Berufsfeldern wie den Lehrern[69] und Ärzten der Frauenanteil markant zugenommen und jenen der Männer teilweise übersteigt, ist ihr Status abgewertet worden. Mit dem sozialen Prestigeverlust geht zudem in der Regel eine Veränderung des Lohnniveaus einher.[70] Es wäre darum nötig, diese Mechanismen für den Dokumentalisten und die Dokumentalistin im Speziellen und die Informationsfachleute im Allgemeinen genauer zu untersuchen, nicht zuletzt deshalb, damit der Beruf langfristig wie gewünscht positioniert werden könnte. Da die Nachwuchsausbildung in der Schweiz von den Berufsverbänden getragen wird, haben diese die Möglichkeit gezielt zu intervenieren, falls die Genderfrage zu einem Hindernis wird. Denn sie haben ein Interesse daran, den Beruf für beide Geschlechter langfristig attraktiv zu halten.

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[1]    In dieser Arbeit wird fortan der Einfachheit und der Lesbarkeit halber die grammatikalisch männliche Form verwendet. Damit sind Personen weiblichen wie männlichen Geschlechts gleichermassen gemeint.

[2]    Siehe dazu die Webseite des Vereins Schweizerischer Archivarinnen und Archivare VSA: http://vsa-aas.ch/beruf/taetigkeiten/ (abgerufen am 6. September 2015).

[3]    Siehe dazu die Webseite der Interessengruppe Wissenschaftliche Bibliothekarinnen/Bibliothekare Schweiz IG WBS http://www.igwbs.ch/berufsbild/ (abgerufen am 6. September 2015).

[4]    Brellochs, Andreas R.: Zukunft der Dokumentation ohne «Dokumentation?»; Zur Erneuerung der informationsbezogenen Berufsbilder, Powerpoint-Folien, präsentiert an der 31. DGI Online-Tagung: Generation international – die Zukunft von Information, Wissenschaft und Profession (IWP), Frankfurt a. M., 15. bis 17. Oktober 2009 (Programm der Tagung: http://www.dgi.de/ProgrammOnlineTagung2009.aspx, abgerufen am 23. Juli 2014).

[5]    Webseite des Weiterbildungsprogrammes in Archiv-, Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Universitäten Bern und Lausanne: http://www.archivwissenschaft.ch (abgerufen am 19. Juli 2014).

[6]    Vgl. Bundesamt für Statistik, Thema 16 «Kultur, Medien, Informationsgesellschaft, Sport»: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/16/2/2.html (abgerufen am 19. Juli 2014).

[7]    Siehe Anhang Seite III–XI. Diese Liste wurde vom BIS zur Verfügung gestellt, wofür ich mich beim Präsidenten Herbert Staub herzlich bedanke.

[8]    Für weitere Informationen siehe die «Charta der AbonnentInnen von SWISS-LIB»: http://www.hesge.ch/heg/sites/default/files/formation-base/swiss-lib-charte-d.pdf (abgerufen am 19. Juli 2014).

[9]    Vgl. Nachricht vom 28. August 2013, Anhang Seite XL. Zur Entwicklung der Abonnentenzahl: Gut zwei Monate nach dem Start von Swiss-Lib im September 2000 zählte die Mailingliste am 5. Dezember 600 Abonnenten. Am 2. Juli 2002 vermeldete der Moderator 1300 Abonnenten. Am 28. September 2004 wurde die Zahl von 2500 Abonnenten erreicht, und am 2. Juni 2005 schliesslich waren exakt 3002 E-Mailadressen als Empfänger registriert.

[10]    Seeger, Thomas: Entwicklung der Fachinformation und -kommunikation. In: Kuhlen, Rainer; Seeger, Thomas; Strauch, Dietmar (Hg.): Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation: Handbuch zur Einführung in die Informationswissenschaft und -praxis, Bd. 5., völlig neu gefasste Ausgabe, München 2004. S. 21.

[11]    Gaus, Wilhelm: Dokumentations- und Ordnungslehre. Theorie und Praxis des Information Retrieval. Berlin/Heidelberg/New York 2003, S. 11.

[12]    Accart, Jean-Philippe; Réthy, Marie-Pierre: Le métier de documentaliste. Paris 2008, S. 112.

[13]    Otlet, Paul: Traité de Documentation: Le livre sur le livre : théorie et pratique. Bruxelles 1934, S. 6.

[14]    Zitiert in Seeger: Entwicklung der Fachinformation und -kommunikation», 2004, S. 22.

[15]    Ebd.

[16]    Schweizerische Vereinigung für Dokumentation unter Mitarbeit der Schweizerischen Landesbibliothek (Hg.): Führer durch die Schweizerische Dokumentation = Guide de la documentation en Suisse, Bern, s. ed., 1942, S. 20.

[17]    Verordnung des SBFI über die berufliche Grundbildung «Fachfrau Information und Dokumentation»/«Fachmann Information und Dokumentation» mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) vom 19. September 2008: http://www.sbfi.admin.ch/bvz/grundbildung/index.html?detail=1&typ=EFZ&item=1232&lang=de (abgerufen am 23. Juli 2014).

[18]    Seeger: «Entwicklung der Fachinformation und -kommunikation», 2004.

[19]    Seeger: «Entwicklung der Fachinformation und -kommunikation», 2004, S. 22-23.

[20]    Schweizerische Vereinigung für Dokumentation unter Mitarbeit der Schweizerischen Landesbibliothek (Hg.): Führer durch die Schweizerische Dokumentation = Guide de la documentation en Suisse, 1942, S. 21.

[21]    Seeger: «Entwicklung der Fachinformation und -kommunikation», 2004.

[22]    Accart; Réthy: Le métier de documentaliste, 2008, S. 113-114.

[23]    Schweizerische Vereinigung für Dokumentation unter Mitarbeit der Schweizerischen Landesbibliothek (Hg.): Führer durch die Schweizerische Dokumentation = Guide de la documentation en Suisse, 1942, S. 21.

[24]    Der identische Wortlaut wird auch in Accart; Réthy: Le métier de documentaliste, 2008, S. 113, wiedergegeben. Die Autoren zitieren Bruno Delmas, welcher das Zitat wiederum Suzanne Briet zuschreibt und es auf 1935 datiert, allerdings ohne präzise Quellenangabe.

[25]    Siehe Fayet-Scribe, Sylvie, «Connaissez-vous Suzanne Briet?». In: Bulletin des bibliothèques de France, n° 1, 2012 (http://bbf.enssib.fr/consulter/bbf-2012-1-40-7, abgerufen am 14. Juni 2014).
Falls die SVB tatsächlich Suzanne Briets Definition einer Dokumentationsstelle übernommen und sie auch ins Deutsche übersetzt hat, wovon angesichts der frappanten textlichen Übereinstimmung auszugehen ist, wäre es angebracht zu untersuchen, wie Suzanne Briet in der Schweiz rezipiert wurde und welchen Einfluss ihr Werk Qu’est-ce que la documentation? ausgeübt hat.

[26]    Accart; Réthy: Le métier de documentaliste, 2008, S. 112.

[27]    Schweizerische Vereinigung für Dokumentation unter Mitarbeit der Schweizerischen Landesbibliothek (Hg.): Führer durch die Schweizerische Dokumentation = Guide de la documentation en Suisse, 1942, S. 21.

[28]    Menne-Haritz, Angelika: Schlüsselbegriffe der Archivterminologie: Lehrmaterialien für das Fach Archivwissenschaft, Nachdruck der 3., durchgesehenen Auflage, Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, Institut für Archivwissenschaft, Nr. 20, Marburg, Archivschule Marburg, 2011, S. 43.

[29]    Arsenault, Clément; Salaün, Jean-Michel (Hg.): Introduction aux sciences de l’information, [Montréal], Presses de l'Université de Montréal, 2009, S. 30–31.

[30]    Arsenault; Salaün (Hg.): Introduction aux sciences de l’information, 2009, S. 31.

[31]    Accart; Réthy: Le métier de documentaliste, 2008, S. 123.

[32]    Vereinigung Schweizerischer Archivare; Vereinigung Schweizerischer Bibliothekare; Schweizerische Vereinigung für Dokumentation (Hg.): Archive, Bibliotheken und Dokumentationsstellen der Schweiz = Archives, bibliothèques et centres de documentation en Suisse = Archivi, biblioteche e centri di documentazione in Svizzera, Bern, Sekretariat der Schweiz. Vereinigung für Dokumentation, 1958, S. 16–33.

[33]    Accart; Réthy: Le métier de documentaliste, 2008, S. 106.

[34]    Gaus: Dokumentations- und Ordnungslehre, 2003, S. 11.

[35]    Accart; Réthy: Le métier de documentaliste, 2008, S. 109.

[36]    Rubrik «Über uns» auf der Webseite des Schweizerischen Sozialarchivs: www.sozialarchiv.ch/sozialarchiv/ueber-uns/ (abgerufen am 22. Juni 2014).

[37]    Leitbild der Bibliothek am Guisanplatz vom 28. November 2012: http://www.vbs.admin.ch/internet/
vbs/de/misc/kontext_big.parsysrelated1.79984.downloadList.4822.DownloadFile.tmp/leitbildbig281112.pdf
(abgerufen am 22. Juni 2014).

[38]    Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur, Institut für Informationswissenschaft: http://www.htwchur.ch/informationswissenschaft/uebersicht.html (abgerufen am 24. Juli 2014).

[39]    Haute école de gestion Genève, Formations de base: http://www.hesge.ch/heg/formation-base (abgerufen am 24. Juli 2014).

[40]    Seeger: Entwicklung der Fachinformation und -kommunikation, 2004, S. 28.

[41]    Accart; Réthy: Le métier de documentaliste, 2008, S. 48-49.

[42]    Schweizerische Vereinigung für Dokumentation (Hg.): Arbido-Spécial: 50 Jahre Schweizerische Vereinigung für Dokumentation = 50 ans Association Suisse de Documentation = 50 anni Associazione Svizzera di Documentazione = 50 onns Associaziun Svizra da Documentaziun, Arbido-Spécial 4, Bern, s. ed., 1989, S. 34.

[43]    Fachverband für Dokumentation und Informationsmanagement in der Medizin (DVMD): https://dvmd.de/index.php (abgerufen am 17. Juni 2014).

[44]    Schweizerisches Wirtschaftsarchiv, CH SWA Bv G 9, Dossier Schweizerische Vereinigung für Dokumentation, 1939–: «Protokoll der 55. Generalversammlung des Schweizerischen Vereinigung für Dokumentation vom 2. September 1994 in Lausanne».

[45]    Siehe Anhang der vollständigen Masterarbeit, S. XVII-XXXIX.

[46]    Quelle: Strukturerhebung des Bundesamts für Statistik, 2012: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/1/5/blank/key/sprachen.html (abgerufen am 25. Juli 2014).

[47]    Ein aussagekräftiges Beispiel sind die beiden baugewerblichen Berufsschulen an den Standorten Jonction im Genfer Stadtzentrum und Ternier im Quartier Petit-Lancy: Während Ternier «nur» mit einer Bibliothek ausgestattet ist, verfügt der Schulstandort Jonction über ein Dokumentationszentrum. Informationen zu den Bibliotheken, Mediatheken und Dokumentationszentren des Genfer Schulwesens: http://wwwedu.ge.ch/dip/biblioweb/menu.html (abgerufen am 19. Juli 2015).

[48]    Für mehr Informationen siehe die Webseite der Fédération des enseignants documentalistes de l’éducation nationale FADBEN: http://www.fadben.asso.fr/ (abgerufen am 19. Juli 2015).

[49]    Santner, Nina: «Von der Mediothek zum Recherchezentrum». In: Churer Schriften zur Informationswissenschaft, Arbeitsbereich Informationswissenschaft, Schrift 61, Chur, Hochschule für Technik und Wirtschaft, 2013.

[50]    Webseite der Schweizer Mediendatenbank, Rubrik «Profil»: http://smd.ch/index.jsp?contentId=59 (abgerufen am 19. Juli 2015).

[51]    Büsser, Bettina: «Der Letzte macht das Licht aus». In: Klartext: das Schweizer Medienmagazin, Nr. 1/2007, Bern, Stiftung Klartext, 2007.

[52]    Für eine umfassende Untersuchung der Arbeitsbeziehung zwischen Journalisten und Mediendokumentalisten in den Medienunternehmen Frankreichs siehe: Leteinturier, Christine: L’identité professionnelle des documentalistes: Le cas des médias. Paris 1996.

[53]    Für weitere Informationen siehe die Webseite von Profunda Suisse: (abgerufen am 19. Juli 2015).

[54]    Schweizerisches Wirtschaftsarchiv, CH SWA Bv G 9, Dossier Schweizerische Vereinigung für Dokumentation, 1939–: «Jahresbericht [54]    des Präsidenten».

[55]    Schweizerisches Wirtschaftsarchiv, CH SWA Bv G 9, Dossier Schweizerische Vereinigung für Dokumentation, 1939–: «Strukturreform der Schweizerischen Vereinigung für Dokumentation – Vorschläge der Arbeitsgruppe (Leitlinien)», 23. August 1994.

[56]    Ebd.

[57]    Schweizerisches Wirtschaftsarchiv, CH SWA Bv G 9, Dossier Schweizerische Vereinigung für Dokumentation, 1939–: Mitgliederverzeichnisse 1941–1982.

[58]    Für eine Übersicht über die Schweizer Wirtschaftsentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg bis Anfang der 1980er-Jahre siehe: Mesmer, Beatrix (Red.); Im Hof, Ulrich; Ducrey, Pierre; et al.: Geschichte der Schweiz – und der Schweizer, Band 3/3, Basel; Frankfurt am Main, Helbling und Lichtenhahn, 1983, S. 196-216.

[59]    Siehe Anhang der vollständigen Masterarbeit, S. XLII–XLIV.

[60]    Für die kompletten Gesprächsabschriften siehe Anhang der vollständigen Masterarbeit, S. XLVII–LXXI.

[61]    Siehe dazu die Rubrik «Arbeitsgruppe Records Management & Digtale Archivierung (AG RM & DA)» auf der Webseite des VSA: http://vsa-aas.ch/arbeitsgruppen/ag-records-management-und-digitale-archivierung/ (abgerufen am 22. September 2015).

[62]    Details dazu in der Rubrik «Dienstleistungen» auf der Webseite der Schweizerischen Nationalbibliothek: http://www.nb.admin.ch/dienstleistungen/swissinfodesk/index.html?lang=de (abgerufen am 24. Juli 2014).

[63]    Krcmar, Helmut: Informations- und Wissensmanagement. In: Kuhlen, Rainer; Semar, Wolfgang; Strauch, Dietmar (Hg.): Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation: Handbuch zur Einführung in die Informationswissenschaft und -praxis. Berlin/Boston 2013, S. 372.

[64]    Ebd.

[65]    Accart; Réthy: Le métier de documentaliste, 2008, S. 47-54.

[66]    Für Beispiele siehe die Webseite der Dokumentationsstelle von Alliance Sud: http://www.alliancesud.ch/de/infodoc/e-dossiers (abgerufen am 21. Juli 2014).

[67]    Eine solche Sichtweise müsste Konsequenzen für die Ausbildung von Mediendokumentalisten haben. Siehe dazu: Schmidt, Ralph: Dokumentation war gestern. Thesen zu Berufsbild und Bildung neuer Medien-Informationsexperten. In: Info 7. Medien – Archive – Information, Nr. 3/2006, Münster, 2006, S. 192–199.

[68]    Buchmann, Marlis; Kriesi, Irene; Pfeifer, Andrea; Sacchi, Stefan: Halb drinnen – halb draussen. Analysen zur Arbeitsmarktintegration von Frauen in der Schweiz, Chur/Zürich 2002, S. 30.

[69]    Für Informationen und Zahlen zur Entwicklung des Frauenanteils in Unterrichtsberufen siehe: Borkowsky, Anna: Statistische Informationen rund um das Thema Gender und Bildung von Lehrpersonen. In: Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Zeitschrift zu Theorie und Praxis der Aus- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern, 19. Jahrgang, Heft 3/2001, Zürich, Geschäftsstelle SGL/BzL, 2001, S. 365–373.

[70]    Für eine Einführung in die Problematik siehe: Schär Moser, Marianne; Baillod, Jürg; Amiet, Barbara: Chancen für die Chancengleichheit: Kursbuch zur Gleichstellung von Frau und Mann im Erwerbsleben, Arbeitswelt, Band 17, Zürich 2000.