Erschliessungskonzept Staatsarchiv Graubünden
Überlegungen zur Erstellung eines Erschliessungskonzepts
Sandro Decurtins
Einleitung
Erschliessungskonzept, Erschliessungshandbuch, Erschliessungsrichtlinien – Die Begriffe sind vielfältig, zielen aber alle auf dasselbe: Jedes Archiv benötigt eine Handlungsanleitung, um sein Archivgut adäquat zu ordnen und zu verzeichnen. So auch das Staatsarchiv Graubünden, wo die bisherige Erschliessungspraxis den modernen archivwissenschaftlichen Ansprüchen nicht mehr genügte und die Einführung einiger seit längerer Zeit akzeptierter archivischer Leitprinzipien überfällig war. Deshalb erhielt der Schreibende nach seinem Stellenantritt als stellvertretender Staatsarchivar des Kantons Graubünden und Leiter der Abteilung Erschliessung den Auftrag, ein neues Konzept zu erarbeiten mit dem Ziel, den Erschliessungsprozess im Staatsarchiv Graubünden so zu organisieren, dass die Erschliessung den aktuellen Prinzipien der Archivwissenschaft gerecht wird,
– sich an den Bedürfnissen und Suchstrategien der Benutzer orientiert
– und mit den zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen umsetzbar ist.[1]
Ein Konzept hilft, bisherige inhaltliche Missstände zu beheben, und ist eine wesentliche Voraussetzung für eine einheitliche Verzeichnung und eine bessere Datenqualität. Archivgut soll zudem möglichst schnell online recherchierbar sein. In Zeiten rasant wachsenden Archivguts und begrenzter finanzieller Ressourcen liefert ein Konzept die Grundlage für eine effiziente Nutzung der Ressourcen, damit dieses Ziel erreicht wird. Das Beibehalten einer vollständigen Dossier- oder gar Einzelblatterschliessung ist unmöglich, auch wenn viele Archive immer noch dieser Arbeitsweise verhaftet bleiben. Stattdessen braucht es eine Grundlage, um die Bestände mit einem weniger detaillierten Erschliessungsgrad zu bearbeiten.
Durch eine Analyse des Ist-Zustands wurden die Probleme und Schwachstellen der bisherigen Praxis im Staatsarchiv Graubünden identifiziert. Hier sei nur der wichtigste Missstand erwähnt: Bis anhin wurde im Bereich des kantonalen Archivs immer noch nach dem Pertinenzprinzip erschlossen. Aufbauend auf dieser Analyse wurden die Handlungsfelder bestimmt: Welche «Elemente» gehören in ein Erschliessungskonzept? Für das Erschliessungskonzept waren grundlegende archivwissenschaftliche Fragen zu klären, mit denen sich alle Archive auseinandersetzen müssen, wenn sie Richtlinien für die Erschliessung formulieren; es waren aber auch Detailfragen und praktische Probleme zu lösen, die aus der konkreten Situation im Staatarchiv Graubünden erwuchsen. Im Folgenden werden in erster Linie die grundlegenden Fragen thematisiert. Dies erfolgt anhand einer Erläuterung der Problematik und dem Aufzeigen von Vor- und Nachteilen möglicher Lösungen. Jedes Archiv muss sich dann selbst für einen Weg entscheiden. Nicht nur die Forderungen der Archivwissenschaft sind ausschlaggebend für die Entscheidung zugunsten einer Lösung, sondern auch deren Praktikabilität und Eignung für die eigenen Bedürfnisse, ebenso die Traditionen des Hauses und nicht zuletzt die vorhandenen Finanzen und Personalressourcen. Die Wahl des Staatsarchivs Graubünden wird jeweils als ein möglicher Weg kurz aufgezeigt.[2]
Die Erarbeitung des Konzepts basierte auf der Erfahrung des stellvertretenden Staatsarchivars, auf Vergleichen mit anderen Archiven und auf archivwissenschaftlicher Literatur.[3] Die Mitarbeitenden des Staatsarchivs Graubünden, deren Wissen ebenfalls miteinbezogen wurde, lieferten wertvolle Ergänzungen. Das Konzept wurde von drei Experten begutachtet und abschliessend nochmals überarbeitet.
Vom Pertinenzprinzip zum Provenienzprinzip
Jedes Erschliessungskonzept oder -handbuch eines Archivs basiert auf grundlegenden Erschliessungsprinzipien. Diese soll man darin durchaus einleitend erwähnen, damit ersichtlich wird, auf welchen Pfeilern die Erschliessung beruht.[4] Die erste und wichtigste Entscheidung ist diejenige zugunsten des Pertinenz- oder des Provenienzprinzips. Es mag überraschen, dass diese Feststellung noch aktuell ist. Die eingangs erwähnte Situation in Graubünden zeigt jedoch, dass immer noch Pertinenzarchive existieren.
Das Pertinenzprinzip
Das Pertinenzprinzip lässt sich wie folgt umschreiben: «Strukturierung von Archivbeständen nach Territorial-, Personal- oder Sachbetreffen ohne Rücksicht auf die Entstehungszusammenhänge der Unterlagen».[5] Der Vorteil des Pertinenzprinzips liegt darin, dass die Unterlagen zu einem Thema alle beisammen sind. Umso schwerer wiegt der Nachteil, dass der Entstehungszusammenhang und die Herkunft der Unterlagen nicht erhalten bleiben. Da weder die Nachvollziehbarkeit bei Rechtsfragen noch die Forschung ohne Beachtung von Herkunft und Kontext möglich sind, kann das Pertinenzprinzip nicht weiter angewandt werden. Die Einordnung in einen bestehenden Gesamtarchivplan gestaltet sich auch ganz praktisch wegen der immer zahlreicheren und ausdifferenzierteren Verwaltungsaufgaben zunehmend schwieriger.
Das kantonale Aktenarchiv im Staatsarchiv Graubünden entstand in der heutigen Form Ende des 19. Jahrhunderts und war zuerst in 10, später in 14 Sachgruppen mit zahlreichen Untergruppen unterteilt.[6] Sämtliche Akten von Parlament, Regierung, Verwaltung und Rechtsprechung wurden in die Sachgruppen integriert. Rudolf Jenny schrieb 1956, dass der Archivplan «bis zur Gegenwart grundlegenden Charakter erhielt und noch heute das Fundament bildet, auf dem auch in Graubünden der gewaltige Aktenanfall des modernen kantonalen Staates ohne nennenswerte Schwierigkeiten archivtechnisch einwandfrei verwaltet werden kann».[7] Dies dürfte auch der Hauptgrund gewesen sein, warum der Archivplan unter fortlaufender Erweiterung bis 2012 weitergeführt wurde, obwohl man sich der Problematik bewusst war. Der Archivplan war seinerzeit gut durchdacht, so dass die Notwendigkeit eines neuen Prinzips lange nicht dringlich war. Heute jedoch ist er aus archivwissenschaftlicher Sicht definitiv überholt und bietet auch in praktischer Hinsicht keine tragfähige Basis für eine Fortführung, da die Integration weiterer Rubriken immer schwieriger wird. Ein Wechsel zum Provenienzprinzip ist unumgänglich.
Das Provenienzprinzip
Es ist nicht primär die Aufgabe des Staatsarchivs, thematisch organisiertes Wissen zu bewahren, sondern die Tätigkeiten von Aktenbildnern zu dokumentieren, in erster Linie um das staatliche Handeln nachvollziehbar zu halten. Dies lässt sich nur verwirklichen, wenn der Entstehungszusammenhang der Aktenbildung erhalten bleibt. Akten und Bücher entstehen immer im Kontext einer bestimmten Aufgabe, Funktion oder Tätigkeit, also zu einem bestimmten Zweck. Dieser Sinnzusammenhang muss erhalten bleiben, damit ersichtlich ist, wer die Unterlagen warum, wann und wie erstellt hat.[8] Ansonsten ist eine angemessene Interpretation der Dokumente nicht möglich.
Um sicher zu stellen, dass Herkunft und Kontext erhalten bleiben, wird im Archiv das Prinzip des respect des fonds befolgt. Dieses Prinzip erlaubt die Bedeutung, Integrität und Authentizität des Archivguts zu erhalten, indem es verlangt, dass das Archivgut jedes Aktenbildners gesondert als ein Bestand unter möglichster Beibehaltung der vorarchivischen Ordnung und ohne Vermischung mit dem Archivgut anderer Aktenbildner erhalten bleibt. Das Prinzip lässt sich in respect de la provenance oder «Provenienzprinzip» und respect de l’ordre originel oder «Prinzip der ursprünglichen Ordnung» aufteilen.[9]
Im 19. Jh. entstanden, wurde das Provenienzprinzip auf dem Internationalen Kongress der Archivare 1910 in Brüssel einstimmig als Grundlage der Ordnung und Verzeichnung angenommen.[10] Die Umsetzung in der Schweiz liess jedoch noch einige Jahrzehnte auf sich warten. Früh wurde im Staatsarchiv St. Gallen umgestellt, nämlich 1931.[11] Im Staatsarchiv Basel-Stadt wurde das Provenienzprinzip 1960 eingeführt, im Staatsarchiv Zürich zwischen 1958 und 1964, im Staatsarchiv Luzern 1971, im Staatsarchiv Zug 1979, im Staatsarchiv Obwalden 1981. Das Bundesarchiv setzte 1968 vollständig auf das Provenienzprinzip um.[12] Im Staatsarchiv Nidwalden wird das Provenienzprinzip seit 2010 konsequent umgesetzt.[13] Im Staatsarchiv Aargau hatte man die neueste Entwicklung in der Archivwissenschaft beachtet und die aus Mangel an Ressourcen im 19. Jh. nie in ein Pertinenzprinzip eingeordneten Archivalien in der ersten Hälfte des 20. Jh. in ihrer Ordnung belassen.[14]
Die Bedeutung des Provenienzprinzips bemisst sich auch daran, dass es 1996 als Grundsatz aller Ordnung und Verzeichnung in den internationalen Kodex ethischer Grundsätze für Archivarinnen und Archivare aufgenommen wurde.[15] Das Provenienzprinzip verlangt, dass alle Unterlagen einer Provenienz, unabhängig von ihrer Form, als Einheit erschlossen werden und nicht mit den Unterlagen einer anderen Provenienz vermischt werden. Provenienz bezeichnet dabei die Körperschaft, Familie oder Person, welche die Unterlagen zur Erledigung ihrer Aufgaben und Tätigkeiten auf organische Weise erstellt, zusammen getragen und/oder genutzt hat.[16] Archivgut enthält Informationen sowohl auf einer inhaltlichen als auch auf einer kontextuellen Ebene und die archivische Erschliessung zielt auf den Erhalt beider Informationsebenen. Nur durch Beachtung des Provenienzprinzips bleiben Entstehungszweck, Evidenz und Kontext erhalten, bleibt die Beziehung der Unterlagen zur aktenbildenden Stelle oder Person bewahrt, so dass das Handeln der Personen oder Körperschaften richtig verstanden und interpretiert werden können.[17] Da Schriftgut nach der Entstehung einer mehr oder weniger langen und wechselvollen Geschichte unterworfen sein kann, müssen auch Veränderungen am Schriftgut – der Gebrauch der Unterlagen – dokumentiert werden: Besitzwechsel, Umordnungen etc.[18] Die Provenienz ist damit mehr als bloss ein Name, vielmehr verbirgt sich dahinter die Geschichte der Provenienzstelle und ihrer Unterlagen.
Vor- und Nachteile des Provenienzprinzips
Das Provenienzprinzip hat neben dem Erhalt von Kontext und Evidenz weitere Vorteile. Eine thematische Ordnung nach Pertinenzen ist eine willkürliche Ordnung, entstanden aus der Interpretation der Archivare. Sie müssen die Unterlagen einem Thema zuordnen, wobei oft mehrere Möglichkeiten bestehen. Die Zuordnung mag gut begründet sein, sie basiert dennoch auf der Interpretation und Entscheidung einer einzelnen Person. Auch die Bildung der thematischen Rubriken selber ist zeitabhängig und erfolgt(e) meist aus der Sicht des Historikers. Andere Nutzergruppen haben abweichende Ordnungsvorstellungen und würden andere Rubriken bilden. Die Forschungsinteressen verändern sich zudem laufend, und zukünftige Interessen sind nicht vorhersehbar. Eine thematische Ordnung widerspiegelt also sowohl bezüglich der Zuordnung von Unterlagen zu einzelnen Themen als auch bezüglich der Bildung der Rubriken eine Momentaufnahme. Jedes Pertinenzsystem wird früher oder später überholt und die Zuordnung immer weniger nachvollziehbar sein.
Erst das Provenienzprinzip bietet die Möglichkeit, einzelne Bestände unterschiedlich tief zu erschliessen, während beim Pertinenzprinzip immer mit der gleichen Intensität verzeichnet werden muss.[19] Das Provenienzprinzip hat auch ökonomische Vorteile. Es ist viel effizienter zu handhaben, da oft auf eine zeitraubende Neugliederung und Einordnung verzichtet werden kann. Ausserdem bleiben Findhilfsmittel der Verwaltung weiterhin brauchbar.
Das Provenienzprinzip hat auch Nachteile. Es ist für nicht versierte Benutzer nicht immer leicht verständlich, weil sie mit anderen Ordnungsvorstellungen ins Archiv kommen. Zahlreiche Benutzer würden wahrscheinlich das Pertinenzprinzip bevorzugen. Sie interessieren sich für eine Person, ein Ereignis oder ein Thema und nur selten für Verwaltungsstrukturen und wissen oft nicht, wer die Unterlagen, die sie suchen, erstellt hat.[20] Die nötigen Kenntnisse über die Organisation und die Aufgabenverteilung in der Verwaltung fehlen oft. Der Zugang über die Provenienz kann den Zugang über das Thema darum nicht ganz ersetzen.[21] Diesem Problem kann in der digitalen Welt aber viel leichter abgeholfen werden als in der analogen Welt, wo in aufwändiger Arbeit Register erstellt werden mussten. Jürgen Treffeisen ist beizupflichten, dass die Tektonik die Basis einer fundierten archivischen Recherche bleibt.[22] Daneben können aber weitere Einstiegspunkte implementiert werden, über die man zu den ersten Informationen gelangt, bevor anschliessend über die Tektonik die «umliegenden» Serien oder Dossiers für den Kontext beachtet werden müssen. Der primäre Zugang ist sicher die Volltextsuche, diese kann aber nicht allen Anforderungen genügen. Einer der wichtigsten zusätzlichen Einstiegspunkte ist die thematische Verschlagwortung. Die fehlende Ordnung nach Pertinenzen kann dadurch indirekt wieder eingebunden werden.[23]
Bestimmung der Provenienzen und Bestandsbildung
Die Ausrichtung der archivischen Ordnung und Verzeichnung auf das Provenienzprinzip ist also unbestritten. Es muss aber als nächstes gefragt werden, wie die konkreten Provenienzen, die aktenbildenden Stellen, zu definieren sind und was die Grundeinheit des Provenienzprinzips ist, also auf welcher Stufe der Kontext erhalten bleiben soll. Hier ist der Konsens nicht mehr so eindeutig und jedes Archiv muss sich bei der Definition der eigenen Erschliessungspraxis für eine bestimmte Variante entscheiden.
Definition der Provenienz
In Deutschland galt lange die Behörde, mit einem definierten verwaltungsrechtlichen Status, als Provenienz (Behördenprovenienz). Eine sinnvolle Ordnung und Verzeichnung stellte aber immer mehr Archivare vor grosse Herausforderungen. Da die Behörden weit oben im Verwaltungsaufbau angesiedelt waren, mussten die häufigen Verwaltungsreformen zwangsläufig fast jedes Mal Auswirkungen auf die Bestandsstruktur haben. Helmut Dahm führte deshalb in den 1960er Jahren in Nordrhein-Westfalen die Ressortprovenienz ein. Nicht mehr die Behörde war automatisch die Provenienz, auch wenn sie es weiterhin sein konnte, sondern jede Verwaltungsstufe konnte eine Provenienzstelle bilden, sofern sie über einen geschlossenen Aufgaben- und Geschäftsbereich sowie eine eigene Registratur verfügte.[24] Bis heute wird die Ressortprovenienz in Deutschland allerdings selten angewandt, da die meisten Archive die Behördenprovenienz bevorzugen.
In Kanada und Frankreich ist die Provenienz nicht auf eine bestimmte Stufe der Verwaltungshierarchie festgelegt. Rousseau/Couture stellen fest, dass es nicht eine richtige Lösung gibt, sondern mehrere Möglichkeiten und die Wahl immer abhängig von der konkreten Situation ist.[25] Es muss vermieden werden, die Provenienz zu hoch anzusetzen, weil Ordnung und Verzeichnung ansonsten wegen der Menge und Komplexität nicht zu bewältigen sind. Wird die Provenienz allerdings zu tief angesetzt, führt das zu einer unübersichtlichen Zersplitterung. Michel Duchein schlägt konkrete Kriterien zur Bestimmung vor: Eine Provenienzstelle muss eine Bezeichnung haben und aufgrund einer gesetzlichen Grundlage geschaffen worden sein, über klar definierte Aufgaben und Kompetenzen verfügen, in der Hierarchie der Verwaltung eindeutig positioniert sein, eine innere Aufbauorganisation besitzen und über selbständige Entscheidungsbefugnisse verfügen.[26] Diese Kriterien garantieren, dass keine zu kleinen Einheiten gewählt werden. Eine solche legalistische Sichtweise verhindert aber, auch wenn sie keine bestimmte Hierarchiestufe festlegt, dass im Staatsarchiv Graubünden sinnvolle Verwaltungseinheiten als Provenienzen definiert werden können. Sämtliche Kriterien erfüllen nur die Dienststellen, den Abteilungen darunter fehlt meist ein gesetzlicher «Gründungsakt».
Generell die Dienststelle als unterste mögliche Stufe für eine Provenienz zu bestimmen, ist nicht praktikabel, weil das in einigen Fällen zu komplexe Bestände zur Folge hätte. Die Abteilungen hingegen weisen oft die ideale Organisation, Grösse und Eigenständigkeit auf. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Vor allem bei kleinen Dienststellen mit einem engen Aufgabenbereich wird die Provenienz sinnvollerweise auf der Ebene der Dienststelle gebildet. Das Staatsarchiv hat sich deshalb für eine flexible Lösung entschieden: Provenienzen oder aktenbildende Stellen sind diejenigen Verwaltungseinheiten, die als eigenständige Einheiten definiert sind[27] und die über eine eigenständige Geschäftsablage bzw. ein eigenes Ordnungssystem verfügen.[28] Mit der eigenständigen Geschäftsablage wird ein Kriterium eingeführt, das bei Duchein fehlt. Eine Ablage ist jedoch notwendig, denn das Erfüllen der organisatorischen Vorgaben allein garantiert nicht, dass auch ein Schriftgutkörper vorhanden ist, der eigenständig abgeliefert werden kann, ohne eine Ablage auseinander zu reissen bzw. den Kontext zu zerstören.[29]
Die Kriterien von Duchein können auch als Orientierung zur zeitlichen Abgrenzung von Provenienzen dienen. Sie können aber wiederum nicht strikt angewandt werden, sonst müsste jede Änderung von Name, Kompetenzen etc. zur Bildung eines neuen Bestands führen. Nur bei grossen Änderungen bei den Aufgaben und Kompetenzen ist es empfehlenswert, einen neuen Bestand zu bilden.[30] Namensänderungen oder kleine Änderungen bei den Kompetenzen und Aufgaben einer Provenienz sind häufig. Wenn jedes Mal ein neuer Bestand eröffnet wird, führt das zu einer unübersichtlichen Landschaft von Klein- und Kleinstbeständen.
Bestandsbildung und -abgrenzung
Im Allgemeinen wird die Provenienz mit dem Bestand gleichgesetzt. Der Bestand umfasst als Grundeinheit des Provenienzprinzips das gesamte Archivgut eines Aktenbildners, unabhängig von Form und Trägermaterial.[31] Der Bestand ist in vielen Ländern, vor allem auch in Kanada, das die internationale Diskussion geprägt hat, die Grundeinheit, auf dessen Basis das Archivgut strukturiert wird. Bei der Erarbeitung des Standards ISAD(G) hat man sich für den Bestand als Grundeinheit entschieden, im Bewusstsein, dass man das Prinzip nicht immer konsequent befolgen kann.[32]
Die Wahl des Bestands als Grundeinheit im Archiv bringt nämlich gewisse Probleme mit sich, wenn komplexe Verwaltungsstrukturen regelmässig ändern. Verwaltungsstellen werden aufgelöst, neu geschaffen, umstrukturiert, auf- oder abgestuft. Aufgaben und Kompetenzen werden dadurch von einer Provenienz zur anderen verschoben und somit auch die dazugehörigen Aktenserien.[33] Das Archiv muss entweder die Unterlagen einer durchgehenden Serie aufteilen, was aufwändig ist und einen Teil des Kontexts zerstört. Oder die Unterlagen bleiben zusammen im letzten Bestand, wodurch aber das Provenienzprinzip missachtet wird, indem Akten einer fremden Provenienz in einem Bestand enthalten sind. Man kann allerdings nur von einer Missachtung sprechen, wenn Akten übernommen und nicht weitergeführt wurden. Die Provenienz wird definiert durch Erstellung und/oder Nutzung von Akten.[34] Durch die Weiterführung kommt eine neue Provenienz hinzu, die Akten haben multiple Provenienzen.
Nach der klassischen deutschen Archivlehre werden übernommene Akten, die weitergeführt wurden, bei der Nachfolgebehörde belassen; übernommene und nicht weitergeführte Akten hingegen herausgelöst und bei der Vorgängerbehörde eingegliedert.[35] Diese Arbeit kann ausgeführt werden, falls es sich um ganze Aktenserien handelt, bei einzelnen Akten innerhalb einer Serie ist der Aufwand jedoch sehr gross. Michel Duchein verlangt realistischer, Vorakten nur zu trennen, wenn sie nicht so stark vermischt sind, dass eine eindeutige Identifizierung nicht mehr möglich ist.[36] Papritz belässt auch die nicht weitergeführten Vorakten beim Nachfolger. Das ist bei der physischen Ordnung weniger aufwändig und es ist unerheblich, wo die Akten lagern. Übernommene aber nicht fortgeführte Akten können auch für den Nachfolger von Bedeutung gewesen sein. Sie können konsultiert worden sein, ohne Zuwachs erhalten zu haben. Bei der Verzeichnung erfasst er alle Akten bei beiden Beständen.[37]
In Australien wurde die Serie als Grundeinheit der Erschliessung festgelegt. Eine Serie kann im Verlauf ihrer Existenz mehrere Provenienzen haben. Diese werden getrennt von den Unterlagen erfasst. Akten und Aktenbildner werden anschliessend virtuell miteinander verknüpft. Dadurch wird die Wahl zwischen der Aufteilung einer Serie oder der beliebigen Zuweisung der ganzen Serie zu einer Provenienz obsolet.[38]
Das Provenienzprinzip kann im Staatsarchiv Graubünden durch die Wahl des Bestands als Grundeinheit und durch den Entscheid der Nichtaufteilung von Aktenserien nicht immer in letzter Konsequenz aufrechterhalten werden. Im Sinne der «Rationalität archivischen Arbeitens»[39] müssen Abweichungen vom Provenienzprinzip jedoch möglich sein. Oder wie Laura Millar es ausdrückt: «In truth, provenance […] can be and often ha[s] to be defined less in accordance with the theory of archives and more in keeping with the reality of the materials in hand.»[40] Die ganze Serie wird in dem Bestand belassen, in welchem einzelne Akten der Serie ihr letztes organisches Wachstum erfahren haben. Nur durch das Bewahren einer ganzen Serie oder Aktengruppe bleibt der Kontext erhalten. Ist eine Aufteilung von Ablieferungen mit vertretbarem Aufwand und ohne Zusammenhänge zu zerstören möglich, wenn etwa ganze Serien des Vorgängers lediglich übernommen, nicht aber weitergeführt wurden, wird dies gemacht. Die ganze Geschichte eines Bestands mit Aufführung sämtlicher Provenienzen wird im Bestandsbeschrieb erfasst.
Schriftgut entsteht in einer lebendigen Organisation, die sich mit der Zeit wandelt. Mit dem Eintritt ins Archiv wird aus «lebendem» Schriftgut aber «totes» Archivgut. Es wird nicht immer möglich sein, Bestände bis hinunter zu jeder Akte sauber zu bilden und abzugrenzen. Deshalb kann es nur darum gehen, eine flexible Lösung zu wählen, die mit möglichst geringem Aufwand und für viele Fälle umsetzbar ist.
Das Akzessionsprinzip
Die nächste Frage für das Erschliessungskonzept lautet: Wie sollen die Bestände erschlossen werden? Auch im Staatsarchiv Graubünden ist der Bestand die Grundeinheit der Erschliessung, und alle Unterlagen einer Provenienz werden integriert. Diese Integration wird aber anders durchgeführt als dies bei den meisten Archiven der Fall ist. Neben dem Provenienzprinzip wird nämlich sowohl bei der Lagerung als auch bei der Erschliessung das Akzessionsprinzip eingeführt. Eine Akzession ist als ein Endarchiv-Zugang von Unterlagen einer Provenienz definiert und meistens mit einer Ablieferung gleichzusetzen. Unter Umständen bilden mehrere Ablieferungen einer Provenienz eine Akzession, oder eine Ablieferung wird auf mehrere Akzessionen aufgeteilt.[41]
Das Akzessionsprinzip bei der Magazinierung
In Frankreich hat man das Akzessionsprinzip schrittweise eingeführt, zuerst bei der Magazinierung, dann bei der Verzeichnung. Bereits ab den 1950er Jahren wurden in einigen Archiven die einzelnen Ablieferungen nicht mehr physisch in die entsprechenden Bestände eingeordnet, sondern in der Reihenfolge des Eingangs im Magazin archiviert. Die intellektuelle Ordnung fand vorerst weiterhin nach Beständen und Serien statt.[42] Im Staatsarchiv Zürich z.B. wird dieses System auch angewandt.[43] Das Prinzip der akzessorischen Lagerung und der Abkehr der physischen Bestandsbildung wird mittlerweile in vielen Archiven angewandt, weil es die effizienteste Lagerbewirtschaftung erlaubt.[44] Das Provenienzprinzip wird durch die akzessorische Lagerung nicht verletzt, denn es beansprucht keine Gültigkeit für die Magazinierung, auch wenn Papritz diese Ansicht vertrat.[45] Für den Erhalt der Provenienz ist nicht die Lagerung, sondern die Verzeichnung verantwortlich, der Bestand ist eine intellektuelle Einheit, keine materielle.[46] Dem Akzessionsprinzip bei der Magazinierung wird oft Unübersichtlichkeit und die Gefahr von Irrtümern vorgeworfen. In Zeiten von Standortverwaltungssoftware sind diese Argumente jedoch überholt.[47] Ein gewisser Mehraufwand bei der Aushebung wird zwar verursacht, die Vorteile, die bei der Magazinbewirtschaftung erzielt werden, wiegen diese Nachteile aber auf.
Das Akzessionsprinzip bei der Erschliessung
In Frankreich ist man noch einen entscheidenden Schritt weiter gegangen. Ab 1979 wurde institutionalisiert, was einige Departementalarchive schon früher begonnen hatten: es wird auch nach Zugang erschlossen. Die einzelnen Akzessionen – nur amtlicher Provenienz – werden einzeln erschlossen und in der Tektonik fortlaufend unter einer Position eingereiht, unter dem Buchstaben «W», dem letzten freien Buchstaben des cadre de classement. Zusammengeführt zum Bestand werden die Akzessionen nur durch einen Index. Man hat das System vor allem deshalb eingeführt, weil die Ressourcen fehlten, um die Zugänge sauber in die Bestände zu integrieren und zu verzeichnen.[48] In Deutschland werden Bestände in der Regel nicht akzessionsweise getrennt verzeichnet.[49] Eine der wenigen Ausnahmen ist das Hauptstaatsarchiv Düsseldorf.[50] In der Schweiz gibt es einige Archive, die dieses Prinzip mit einigen Modifikationen anwenden, darunter die Staatsarchive Luzern, Obwalden und St. Gallen.[51] Im Staatsarchiv Thurgau wird seit 1997 nach dem Akzessionsprinzip mit starker Anlehnung an das französische System erschlossen.[52] Dabei werden alle Akzessionen – ohne Unterscheidung zwischen staatlichen und nichtstaatlichen – in einer Position der Tektonik verzeichnet und auch nicht Beständen zugewiesen.
Das Akzessionsprinzip wird neu im Staatsarchiv Graubünden eingesetzt, ohne jedoch einen solch radikalen Weg zu gehen. Das System wird zwar ebenfalls bei den nichtstaatlichen Archiven angewandt, aber die Akzessionen werden nicht alle bestandsunabhängig unter einer Position in der Tektonik integriert. Eine gewisse Aussagekraft der Tektonik soll bewahrt werden, indem zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akzessionen unterschieden wird und bei den staatlichen Unterlagen auch die drei Gewalten und die Verwaltung getrennt sind.[53] Werden die Unterlagen in Akzessionen erschlossen, verletzt dies nicht das Provenienzprinzip. Es werden keine Provenienzen vermischt, lediglich eine Provenienz aufgeteilt. Diese liegt aber nur physisch im Magazin auf mehrere Standorte verteilt. Im AIS erfolgt eine intellektuelle Fondsbildung, indem alle Akzessionen einer Provenienzstelle virtuell unter einem Bestand zusammengefasst werden, jedoch als eigenständige Akzessionen ohne Integration der Serien und Dossiers in einen Aktenplan.[54] Eine Akzession entspricht eigentlich einem Teilbestand, wird aber nicht als solcher bezeichnet, weil gemäss Archivlehre Teilbestände als Unterteilungen eines Bestands nach verschiedener Herkunft der Unterlagen innerhalb der Provenienz oder nach formalen, sachthematischen, funktionalen oder zeitlichen Kriterien definiert sind.[55] Die Akzession hingegen ist nur durch den Ablieferungsprozess definiert.
Das Akzessionsprinzip hat verschiedene Vorteile. Es kann vor allem effizienter erschlossen werden. Da für jede Akzession ein eigener Aktenplan erstellt wird, muss weniger Rücksicht auf bestehende Bestandsstrukturen genommen werden. Bei einem offenen Bestand muss die Gliederung immer wieder angepasst und nach jedem Zuwachs das Findmittel neu erstellt werden. Das Prinzip hat auch Vorteile für den Benutzer. Da Akzessionen im Gegensatz zu einem offenen Bestand keinen Zuwachs erhalten, muss dieser eine einmal durchgeführte Recherche später nicht wiederholen, sondern nur schauen, ob es neue Akzessionen gibt. Der Nachteil des Akzessionsprinzips ist, dass der Nutzer meist mehrere Akzessionen konsultieren muss.
Innere Ordnung
Bestände müssen nicht nur voneinander abgegrenzt werden, sie müssen auch im Innern geordnet werden. Dabei spielt es keine Rolle ob das Akzessionsprinzip angewandt wird oder nicht. Die innere Ordnung verschiebt sich nur auf eine andere Ebene. Das «Prinzip der ursprünglichen Ordnung» als zweiter Teil des respect des fonds bezieht sich auf diese innere Ordnung.[56] Während das Provenienzprinzip als Grundlage jeder archivischen Tätigkeit unbestritten ist, wird das Prinzip der ursprünglichen Ordnung kontroverser diskutiert, obwohl es als Grundsatz aller Ordnung im internationalen Kodex ethischer Grundsätze für Archivarinnen und Archivare verankert wurde.[57].
Das Prinzip der ursprünglichen Ordnung
Das Prinzip der ursprünglichen Ordnung verlangt, die Unterlagen in der Ordnung zu archivieren, in welcher sie bei der Provenienzstelle aufbewahrt wurden, oder diese Ordnung wo immer möglich zu rekonstruieren, um die Entstehungszusammenhänge und den Entstehungszweck zu bewahren.[58] Der Erhalt der organisch gewachsenen Ordnung und damit der Beziehungen der Unterlagen untereinander dient stärker als das Provenienzprinzip dazu, Aufgaben, Organisation und Funktionsweise einer Amtsstelle oder Person und deren Entwicklung zu dokumentieren und damit den Kontext und die Evidenz zu bewahren.[59] Das Beibehalten der ursprünglichen Ordnung hat auch arbeitsökonomische Vorteile: Findhilfsmittel der Verwaltung können weiter verwendet werden und durch Verzicht auf eine Neuordnung wird viel Zeit gespart.
Gemäss Williams ist original order die intellektuelle Ordnung, diejenige im Keller kann irgendwelcher Art sein.[60] Die physische Ordnung ist aber nicht immer ohne Belang. Wenn Unterlagen bewusst anders geordnet wurden, z.B. um einen Prozess zu optimieren, ohne dass dies in der intellektuellen Ordnung Niederschlag gefunden hat, muss die physische Ordnung beibehalten werden, weil diese den wirklichen Entstehungszusammenhang dokumentiert.[61] Es ist möglich, dass die Unterlagen zuerst in einer bestimmten Ordnung abgelegt wurden, während des Gebrauchs aber (auch mehrmals) vom Aktenbildner eine neue Ordnung erstellt wurde. In einem solchen Fall gilt die letzte vom Aktenbildner erstellte Ordnung als original order.[62]
Kritik am Prinzip der ursprünglichen Ordnung
Das Prinzip der ursprünglichen Ordnung ist nicht unumstritten. Einige Archivare vertreten die Ansicht, dass eine Ordnung nach anderen Kriterien erstellt bzw. eine fremde Ordnung belassen werden kann oder in manchen Fällen sogar muss. Kritik kam oft aus Frankreich, was darin begründet ist, dass die Verwaltungspraxis in Frankreich oft weder eine Ordnung noch einen Registraturplan kennt. Die Länder, in denen das Prinzip der ursprünglichen Ordnung mit mehr Nachdruck vertreten wird, besitzen – wie Deutschland oder Italien – ein ausgeprägtes Registraturwesen, wo dieses Prinzip wesentlich leichter umsetzbar ist.[63]
Keine Widersprüche gegen die Beibehaltung der ursprünglichen Ordnung gibt es, wenn diese die Strukturen, Aufgaben und Geschäftsprozesse des Aktenbildners dokumentiert. Es wird lediglich kritisiert, dass an der ursprünglichen Ordnung festgehalten wird, falls diese eine schlechte Ordnung darstellt.[64] Ein Bestand könne zwar sauber geordnet sein, aber nach den falschen Kriterien. Michel Duchein übte einerseits Kritik an der Wiederherstellung, da man nicht wissen könne, ob die ursprüngliche Ordnung wirklich so bestanden habe, andererseits am Festhalten am Prinzip in Fällen, wo gar nie eine Ordnung bestanden habe.[65] Allen Verfechtern der ursprünglichen Ordnung ist jedoch bewusst, dass bei einem ungeordneten Bestand eine neue Ordnung erstellt werden muss, wenn nie eine ursprüngliche Ordnung bestanden hat.[66] Ein Bestand muss benutzbar sein, weshalb ein ungeordneter Bestand in eine benutzbare Ordnung überführt werden darf.[67] «The principle of respect for original order does not extend to respect for original chaos.»[68] In vielen Fällen spricht nichts gegen eine Wiederherstellung, falls die dazu nötigen Informationen vorhanden sind. Dass es «nur» eine Wiederherstellung ist, muss lediglich deutlich kommuniziert werden, ebenso wie jede Ordnung nach einem anderen Prinzip begründet werden muss. Heather MacNeil macht andererseits darauf aufmerksam, dass bewusste nachträgliche, vorarchivische Ordnungen nicht einfach als Zerstörung der ursprünglichen Ordnung angesehen werden dürfen.[69] Bis Bestände ins Archiv gelangen, sind sie möglicherweise ständigen Veränderungen unterworfen, die dem Schriftgut zusätzliche Bedeutung(en) zuschreiben. Vor allem Familienarchive, die durch mehrere Generationen wandern, sind davon betroffen. Dieses Konglomerat unterschiedlicher Bedeutungen und Kontexte sollte nicht durch eine Rückführung zur ursprünglichen Ordnung zerstört werden.
Neben dem Prinzip der ursprünglichen Ordnung, auch als «strenges Registraturprinzip» bezeichnet, wurden alternative Ordnungskonzepte entwickelt:[70]
– Regulierendes Registraturprinzip: Die ursprüngliche Ordnung wird beibehalten, kleine Eingriffe sind erlaubt, um Fehler und Missstände zu beseitigen.[71]
– Verwaltungsstrukturprinzip: Der Bestand wird neu geordnet, so dass er die Gliederung und Struktur der Provenienzstelle, ihre Aufgaben und Funktionen zum Ausdruck bringt. Die ursprüngliche Ordnung wird nur belassen, falls sie diesen Anforderungen entspricht.
– Abstrakt-systematisierendes Prinzip: Ordnung nach einem von aussen herangetragenen theoretischen Schema.
Diese Ordnungskonzepte haben alle ihre Vor- und Nachteile und jedes Archiv muss die für die eigene Institution am besten geeignete Variante auswählen. Das letztgenannte Prinzip lehnen sowohl Papritz als auch Enders ab. Damit werde meist eine für die Forschung zweckdienliche Form angestrebt, der Archivar könne aber nie mit einer Ordnung allen Forschungsinteressen dienen.[72] Enders und Nimz empfehlen das regulierende Registraturprinzip. Das Verwaltungsstrukturprinzip sollte wegen des hohen Aufwands nur bei ganz wichtigen Beständen angewandt werden.[73] Menne-Haritz hingegen fordert die Ordnung nach dem Verwaltungsstrukturprinzip, weil nur dieses die Entstehungszusammenhänge deutlich mache.[74] Menne-Haritz vernachlässigt allerdings, dass eine bewusste andere Ordnung auch Aussagekraft besitzen kann. Die vorhandene Ordnung widerspiegelt unter Umständen, wie tatsächlich gehandelt wurde, wo von vorgeschriebenen Abläufen abgewichen wurde. Sind hingegen keine Ordnung und keine Informationen über die ursprüngliche Ordnung vorhanden, ist die Ordnung nach Aufgaben und Kompetenzen auf jeden Fall die beste Wahl für eine Neuordnung.[75]
Es gibt nicht eine Vorgehensweise, die bei allen Beständen angewandt werden kann. Darum erhält eine andere Regel umso grössere Bedeutung: Sämtliche vorarchivischen Ordnungszustände müssen dokumentiert werden, ebenso die Ordnungsarbeiten durch das Archiv.[76]
Die Umsetzung im Staatsarchiv Graubünden
Beim staatlichen wie beim nichtstaatlichen Archivgut wird dasselbe Verfahren angewandt.[77] Ausgehend von der ursprünglichen Ordnung als der besten Lösung, wird die Ordnung des Aktenbildners übernommen, falls diese noch besteht. Kleine Verbesserungen sind möglich, wenn Fehler oder Missstände vorhanden sind, oder wenn durch kleine Eingriffe ein grosser Gewinn zu erzielen ist. Eine Umordnung zugunsten der Benutzer, oder um eine ideale Ordnung, die so nie bestanden hat, zu erstellen, wird nicht durchgeführt, auch wenn die ursprüngliche Ordnung nicht optimal ist. Der Aufwand für Ordnungsarbeiten ist sehr gross und wird darum nur betrieben, wenn unbedingt nötig. Ordnungsarbeiten sind angebracht, wenn die ursprüngliche Ordnung beim ganzen Bestand oder Teilen davon nie bestanden hat, oder nicht mehr besteht. Lassen sich Informationen zur ursprünglichen Ordnung ermitteln, wird diese wiederhergestellt, ansonsten muss der Bestand neu geordnet werden. Eine sekundäre vorarchivische Ordnung wird aber nur ersetzt, falls diese ungenügend ist, während eine gute Ordnung belassen wird, sowohl um den Kontext zu erhalten als auch aus arbeitsökonomischen Gründen.
Verzeichnung nach ISAD(G)
Die grundlegende Frage bei der Verzeichnung lautet: Soll sich ein Archiv an (inter)nationale Standards orientieren, oder ein eigenes Regelwerk aufbauen? Ersteres ist dringend empfohlen. Die Notwendigkeit der Etablierung von Standards ist mit der Ausbreitung des Computers und noch mehr des Internets gestiegen, weil auf einmal archivübergreifend die Vernetzung von Daten möglich wurde. Eine Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Institutionen ist aber nur möglich, wenn die Daten aus allen Archiven die gleiche Struktur aufweisen und nach einheitlichen Regeln erfasst werden. Erschliessungsstandards erleichtern nicht nur die Arbeit des Archivars, sondern auch diejenige des Benutzers.[78] Eine gute archivische Verzeichnung muss vier Aspekte abdecken: Inhalt, Struktur, Entstehungszusammenhang und Funktionen.[79] ISAD(G) – International Standard Archival Description (General) ist die Grundlage, um diese Forderungen zu erfüllen.
ISAD(G) und andere Erschliessungsstandards
In der Schweiz basiert die Erschliessung immer häufiger auf ISAD(G), das soll auch im Staatsarchiv Graubünden so werden. Kernpunkt dieser stärkeren Ausrichtung auf den internationalen Standard ist die mehrstufige Verzeichnung mit der Definition von Erschliessungstiefe und -intensität. ISAD(G) wurde auf kanadische Initiative hin von einer Arbeitsgruppe des International Council on Archives (ICA) erarbeitet mit dem Ziel, den Informationsaustausch archiv- und länderübergreifend zu ermöglichen. ISAD(G) wurde auf Basis älterer Regelwerke, vor allem aus Kanada (RAD), den USA (APPM) und Grossbritannien (MAD) entwickelt.[80]
ISAD(G) umfasst grundlegende Prinzipien und ein Set von Verzeichnungselementen: [81]
– Die archivische Verzeichnung nach ISAD(G) zielt nicht nur auf die Beschreibung der Dokumente, sondern auch des Kontexts. ISAD(G) ist provenienzorientiert und der Bestand bildet die Grundeinheit der Erschliessung.
– Zentral ist die mehrstufige Verzeichnung. Die Erschliessung erfolgt vom Allgemeinen zum Besonderen – vom Bestand zum Dokument – und nicht mehr wie in der Archivlehre von Papritz, die in Deutschland noch in vielen Archiven befolgt wird, von unten nach oben.[82] Nicht zulässig ist eine Erschliessung auf Stufe Dossier oder Dokument, ohne die darüber liegenden Stufen zu verzeichnen, da der Kontext sonst für die Nutzer nicht nachvollziehbar ist.[83]
– Auf jeder Stufe werden nur die Angaben erfasst, die für diese Stufe relevant sind.
– Auf einer Stufe erfolgen immer die Angaben, die für alle darunter liegenden Stufen zutreffen. Dort werden diese Angaben nicht mehr wiederholt, um Redundanzen zu vermeiden.
– Der Standard kann unabhängig von Format oder Medium auf alle Dokumententypen angewendet werden.
– Von den 26 Elementen sind nur sechs Pflichtelemente für eine ausreichende Verzeichnung nötig.
ISAD(G) will nicht nationale, regionale oder Regeln von einzelnen Archiven ersetzen, sondern diese ergänzen oder als Leitlinie für ihre Formulierung dienen.[84] ISAD(G) gibt als allgemeiner Standard die Grundprinzipien, die Verzeichnungselemente und deren Bezug zueinander vor. Auf dieser Grundlage müssen erweiterte Regelwerke – diese können für ein Land, eine Region oder ein bestimmtes Archiv gelten – beschreiben, wie die einzelnen Elemente zu verwenden sind.[85] Als internationaler Standard kann ISAD(G) nur die Grundregeln festlegen, da er sonst nicht kompatibel zu etablierten nationalen Standards wäre und keine Akzeptanz finden würde. Das ist gerade eine Stärke des Standards, denn es erlaubt, lokale Besonderheiten zu berücksichtigen. Jedes Archiv besitzt Eigenheiten und Traditionen bei der Verzeichnung und diese sollen erhalten bleiben. Darum muss jedes Archiv eigene Erschliessungsrichtlinien formulieren. Es ist aber von Vorteil, wenn mehrere Archive dabei die gleichen Grundsätze befolgen.
In Frankreich wurde das bestehende System an ISAD(G) angepasst.[86] In Deutschland dagegen hat ISAD(G) nicht so breite Anwendung gefunden, da wegen der schon etablierten nationalen Normierung kein grosses Bedürfnis nach einem internationalen Standard vorhanden war und ist.[87] In Kanada entstanden die Rules for Archival Description (RAD) in den 1980er Jahren. Die RAD wurden auch nach der Publikation von ISAD(G) weiterentwickelt, aber die bibliothekarische Grundlage blieb so stark präsent, dass Richard Dancy dringend eine Revision der Regeln fordert.[88] Die RAD fokussieren vor allem auf sehr detaillierte Regeln zur Erfassung der einzelnen beschreibenden Elemente für verschiedene Dokumententypen.
In den USA ist mit Describing Archives. A Content Standard (DACS) ebenfalls ein Standard entstanden, der auf ISAD(G) basiert.[89] DACS verzichtet auf das Element «Verzeichnungsstufe» und hat darum nur 25 Elemente, diese sind allerdings mit ISAG(G) identisch. DACS kennt dagegen 9 Pflichtelemente.[90] Weitere Elemente können hinzugefügt werden und lokale Besonderheiten können integriert werden. Auf Regeln für unterschiedliche Dokumententypen verzichtet DACS.[91]
In der Schweiz ist «Schweizerische Richtlinie für die Umsetzung von ISAD(G)» die nationale Richtlinie auf der Grundlage von ISAD(G). «Sie berücksichtigt die nationalen Besonderheiten der schweizerischen Archivlandschaft und ihren Regelungsstand im Erschliessungsbereich.»[92] Die Richtlinie versteht sich als Basis, die jedes Archiv gemäss seinen Besonderheiten anpassen kann. In Erweiterung von ISAD(G) regelt die Richtlinie die Verzeichnung unterschiedlicher Dokumententypen. Im Gegensatz zu DACS regelt sie auch die Erschliessung auf unterschiedlichen Erschliessungsstufen einzeln.[93]
Im Staatsarchiv Graubünden werden die ISAD(G)-Elemente einerseits erweitert, andererseits um neue Elemente ergänzt.[94] Unter Erweiterung ist das Aufteilen eines ISAD(G)-Elements in mehrere Teilelemente zu verstehen. Die Schweizerische Richtlinie erlaubt, Verzeichnungselemente in mehrere Teilelemente aufzuteilen.[95] Dies dient dazu, den Inhalt besser zu strukturieren, und ermöglicht, gezielter nach verschiedenen Kriterien suchen und sortieren zu können. Für alle Elemente wurde weiter definiert, auf welchen Verzeichnungsstufen sie obligatorisch oder fakultativ auszufüllen sind.[96] Die Schweizerische Richtlinie zur Umsetzung von ISAD(G) bildete eine gute und praktische Basis, die erweiterten und ergänzenden Elemente wurden jedoch auch im Vergleich mit anderen Schweizer Archiven definiert, ebenso die Entscheidung, welche Elemente auf welchen Stufen obligatorisch oder fakultativ genutzt werden.[97]
Wenn die Aktenbildner durch das Provenienzprinzip zentrale Bedeutung erlangen, müssen diese auch ausführlich beschrieben werden. Für die Verzeichnung von Provenienzen existiert seit 1996 der Standard ISAAR(CPF) – International Standard Archival Authority Record (Corporate Bodies, Persons and Families).[98] ISAAR(CPF) ist nicht nur eine Anleitung für eine kontrollierte Bezeichnung der Provenienzstellen, sondern ein Standard, um zusätzliche Informationen zu erfassen, die den Aktenbildner, seine Entwicklung und seine Beziehungen beschreiben.[99] Dryden spricht darum von context control und nicht nur von authority control.[100] Dieser Standard ist den Schweizer Archiven bekannt, aber nicht stark verbreitet. Es existiert keine nationale Richtlinie analog zu ISAD(G), im Gegensatz etwa zu DACS und RAD, die Regeln zur Verzeichnung von Aktenbildnern beinhalten. Die Angaben zur Provenienz werden meist beim Archivgut in den dafür vorgesehenen ISAD(G)-Elementen erfasst.[101] Problematisch ist, dass dadurch keine Verwaltung der Provenienzen getrennt vom Archivgut möglich ist.[102] Änderungen müssen bei jedem Bestand einzeln nachgeführt werden.
Erschliessungstiefe und -intensität
Die nächste Frage für das Erschliessungskonzept ist die nach der Intensität der Verzeichnung. Wie viele Informationen sollen erfasst werden? Viele Staatsarchive in der Schweiz erschliessen jedes Dossier einzeln.[103] Das Staatsarchiv Graubünden verfügt dafür jedoch nicht über genügend Ressourcen. Ziel ist es, dass alle Bestände innerhalb eines Jahres nach der Übernahme sichtbar sind, wenn auch nur durch eine grobe Erschliessung. Damit ist den Nutzern mehr gedient, als wenn wenige Bestände detailliert erschlossen sind, der Grossteil der Bestände dafür unsichtbar im Magazin lagert.[104] Deshalb hat das Staatsarchiv drei Erschliessungstiefen – Serie, Dossier und Dokument – definiert. Die Entscheidung für eine Erschliessungstiefe hängt vor allem von den vorhandenen Ressourcen ab. Die Wahl der Erschliessungstiefe für ein bestimmtes Erschliessungsprojekt ist weiter vom Wert der Unterlagen und anderen Faktoren wie die Nachfrage der Benutzer oder die Struktur der Unterlagen abhängig.[105] Es macht z.B. wenig Sinn, Jahresprotokolle einzeln zu erschliessen, wenn die Verzeichnung der Serie mit Angabe des Zeitraums bereits sämtliche erforderlichen Angaben enthält. Sachakten dagegen werden mit Vorteil einzeln erschlossen. Können vorarchivische Findhilfsmittel im Archiv benutzt werden, reicht eine weniger tiefe Erschliessung.[106]
Die Auswahl aus einem Katalog vordefinierter Erschliessungstiefen erlaubt, in jeder Situation den Output der Erschliessung aufgrund klarer und nachvollziehbarer Vorgaben den vorhandenen Ressourcen anzupassen. Ein System mit verschiedenen Erschliessungstiefen wenden auch die Staatsarchive Aargau, Basel-Stadt und Nidwalden sowie das Stadtarchiv Bern an.[107] ISAD(G) mit der Stufenerschliessung bietet die Voraussetzung, die Erschliessungstiefe zu variieren und Bestände in Etappen zu erschliessen.[108] Konnte ein Findbuch früher erst erstellt werden, wenn jede Akte verzeichnet war, kann die Verzeichnung von oben schon früher unterbrochen und der Bestand zugänglich gemacht werden.
Neben der Tiefe der Erschliessung ist auch die Frage der Intensität entscheidend. Das Staatarchiv Graubünden unterscheidet auf Stufe Dossier und Dokument zwischen einer reinen Titelverzeichnung und einer erweiterten Verzeichnung mit Angabe von Inhaltsvermerken. Eine Erfassung nur des Titel und ohne Inhaltsvermerke ist eine der effizientesten Massnahmen, um die Verzeichnung wesentlich zu beschleunigen.
Indexierung
In Archiven findet die Indexierung im Gegensatz zu den Bibliotheken selten Anwendung. Viele Archive gehen davon aus, dass der Zugang über die Provenienz, also über die Tektonik, die beste Suchstrategie darstellt.[109] Untersuchungen in verschiedenen Ländern zeigen, dass bei den Benutzern keine eindeutige Bevorzugung von Navigation in der Tektonik, Volltextsuche oder Suche über Register und Indexlisten auszumachen ist.[110] Um alle Bedürfnisse abzudecken, sollten also die Navigation und die Suche angeboten werden. Die Volltextsuche allein ist allerdings unbefriedigend. Sie sollte durch die Möglichkeit einer Schlagwortrecherche ergänzt werden. Wichtige Typen von Schlagworten sind: Name der Provenienz, Orts- und Personennamen, Dokumententypen (z.B. Brief, Protokoll, Foto), Formale Merkmale (z.B. Format, Material, Sprache).[111] Da die meisten Archivbenutzer aber mit einer inhaltlichen Fragestellung ins Archiv kommen, ist die thematische Verschlagwortung entscheidend. Benutzer haben oft das Problem, dass sie nicht genau wissen, mit welchen Begriffen sie ihren Informationsbedarf beschreiben sollen.[112] Viele Archive in den USA haben im Zuge der Entwicklung von Verzeichnungsstandards und AIS in den 1990er Jahren darum mit der thematischen Verschlagwortung begonnen; auch in Deutschland und Österreich wird dies vermehrt umgesetzt.[113] In Frankreich wurde die Indexierung mit der Einführung des Akzessionsprinzips grundlegender Bestandteil der Verzeichnung.[114] In der Schweiz werden diese Möglichkeiten selten angewandt.[115]
Aber auch für die Volltextsuche sind thematische Schlagworte von Vorteil. Die grundlegende Problematik der Recherche liegt in der großen Variabilität, wie Aussagen in natürlicher Sprache formuliert sein können. Verzeichnungselemente wie Titel oder Inhalt sind freie Textfelder, denen die natürliche Sprache zugrunde liegt. Bei der Verzeichnung muss sich die Titelbildung so eng wie möglich an das Original halten.[116] Originaltitel können aber variieren, so dass eine Recherche mit mehreren Begriffen durchgeführt werden muss.[117] Diese Problematik lässt sich mit Hilfe eines kontrollierten Vokabulars umgehen.[118] Dieses kann aus einer einfachen Schlagwortliste – so wie im Staatsarchiv Graubünden[119] – oder einem Thesaurus bestehen. Die Nutzer sind oft mit der Verwaltungs- und Archivterminologie überfordert. Eine Verschlagwortung mit Begriffen aus dem Alltag schafft Abhilfe, wenn bei der Verzeichnung Fachbegriffe erfasst werden müssen. Schliesslich bedeutet die Verschlagwortung allgemein, dass die Unterlagen durch mehr Begriffe erschlossen sind, die Chancen bei der Recherche also steigen. Jedes Archiv muss entscheiden, ob es eine Indexierung einführen will oder nicht. Der Aufwand ist trotz des eindeutigen Mehrwerts nicht zu unterschätzen, sowohl was die Indexierung an sich als auch die Pflege der Schlagwortliste oder des Thesaurus betrifft.
Zusammenfassung
Das Staatsarchiv Graubünden hat im Jahr 2013 mit der Reorganisation der Kernaufgabe «Erschliessung» begonnen und als erstes Teilprojekt ein Konzept erstellt mit dem Ziel, die Erschliessung neu auszurichten und sich sowohl an den aktuellen Prinzipien der Archivwissenschaft als auch an den Bedürfnissen der Benutzer zu orientieren. Dieses Ziel musste mit den vorhandenen Ressourcen erreichbar sein.
Der Wechsel vom Pertinenzprinzip zum Provenienzprinzip bei der Verzeichnung der amtlichen Bestände bildete die grösste Veränderung am bisherigen System. Durch diese Neuerung wurden Regeln notwendig, die beschreiben, wie die Provenienzen bestimmt und die Bestände gebildet und abgegrenzt werden. Ferner wurde das Akzessionsprinzip eingeführt. Akzessionen werden einzeln erschlossen und nur dem Bestand der entsprechenden Provenienz angehängt, aber nicht in einem Aktenplan für den ganzen Bestand integriert. Weiter wurden Bestimmungen zur inneren Ordnung erlassen. Diese orientieren sich an der ursprünglichen Ordnung des Aktenbildners, halten jedoch nicht stur daran fest, einerseits um einen gewachsenen Kontext nicht zu zerstören, andererseits um effizienter erschliessen zu können.
Es wurden schliesslich drei unterschiedliche Erschliessungstiefen und zwei Erschliessungsintensitäten definiert. Der Output der Erschliessung kann so den vorhandenen Ressourcen angepasst werden und das Archivgut ist innert eines Jahres nach der Übernahme zugänglich. ISAD(G) mit dem Konzept der mehrstufigen Verzeichnung bietet dafür die Grundlage. Überhaupt orientiert sich die Verzeichnung stärker an ISAD(G). Gemäss dem Prinzip «vom Allgemeinen zum Besonderen» wird den höheren Verzeichnungsstufen mehr Aufmerksamkeit als früher gewidmet. Den Bedürfnissen der Benutzer wird das neue System gerecht, indem jetzt zusätzliche Einstiegspunkte für die Suche zur Verfügung stehen. Neben der Navigation in der Tektonik ist eine thematische Suche möglich, indem thematische Schlagworte vergeben werden. Zusätzlich werden sämtliche Auswahllisten der Verzeichnungselemente den Benutzern für gezielte Suchen zur Verfügung gestellt.
Jedes Archiv, das Richtlinien für die Erschliessung erlassen will, muss die diskutierten Elemente alle beachten. Dabei kann man sich, wie im Text aufgezeigt, auch für andere Lösungen als diejenigen des Staatsarchivs Graubünden entscheiden. Es gibt selten nur eine richtige Lösung und oft verschiedene Ausnahmen. Und trotz aller Normierung und aller Richtlinien darf man nicht vergessen: Am Schluss steht oft die Entscheidung des einzelnen Archivars.
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[1] Der vorliegende Artikel basiert auf Decurtins, Sandro: Ein Erschliessungskonzept für das Staatsarchiv Graubünden. Masterarbeit MAS ALIS 2012–2014 der Universitäten Bern und Lausanne. Maur 2014 (Verfügbar auf www.staatsarchiv.gr.ch). Das «Erschliessungskonzept Staatsarchiv Graubünden» ist als Anhang 1 in der Masterarbeit enthalten. Im Staatsarchiv Graubünden, wie in den meisten Archiven, ist momentan noch die Erschliessung von Papierakten das vordringlichste Problem. Erste digitale Ablieferungen sind aber bereits eingetroffen, und wo das Konzept auf digitale Unterlagen nicht anwendbar ist, werden noch Erweiterungen folgen.
[2] Ausführlichere Begründungen für die gewählten Varianten und detaillierte Ausführungen zur Umsetzung, ebenso wie Antworten zu den Detailfragen, für die jedes Archiv meistens eine eigene Lösung finden muss, sind in der Masterarbeit und im Erschliessungskonzept zu finden (vgl. Anm. 1). An den entsprechenden Stellen wird dorthin verwiesen.
[3] Der Vergleich basierte auf den Online-Archivkatalogen, auf Gesprächen mit Archivaren einiger dieser Institutionen sowie auf von diesen zur Verfügung gestellten Dokumenten. Auszüge aus den Online-Archivkatalogen sind in Anhang 8 von Decurtins, Ein Erschliessungskonzept, abgedruckt; für die Dokumente vgl. die Bibliographie. Mein Dank gilt Ernst Guggisberg, Staatsarchiv Thurgau, Max Huber, Staatsarchiv Luzern, Emil Weber, Staatsarchivar des Kantons Nidwalden, und Roland Gerber, Stadtarchivar von Bern.
[4] Vgl. DACS, S. XV–XIX; Erschliessungskonzept Staatsarchiv Graubünden, S. 3-5.
[5] Menne-Haritz, Schlüsselbegriffe, S. 89. Vgl. auch Uhl, Bedeutung des Provenienzprinzips, S. 102.
[6] Vgl. Jenny, Staatsarchiv Graubünden, Gesamtarchivplan, S. 49–190.
[7] Jenny, Staatsarchiv Graubünden, S. 359.
[8] Rousseau/Couture, Fondements, S. 67; Loo, What are Archives, S. 15 und S. 18.
[9] Rousseau/Couture, Fondements, S. 61–66; Abrégé d’archivistique, S. 133–134; Loo, What are Archives, S. 15. Das kanadische bzw. französische Verständnis des respect des fonds ist als Grundprinzip dem deutschen Konzept des Provenienzprinzips vorzuziehen, weil dieses je nach Auslegung nicht so klar zwischen äusserer Abgrenzung und innerer Ordnung unterscheidet. Vgl. Menne-Haritz, Schlüsselbegriffe, S. 91, und Coutaz, Histoire des Archives en Suisse, S. 108, Anm. 243.
[10] Papritz, Archivwissenschaft, Band 3, S. 15–16. Zur historischen Entwicklung des Provenienzprinzips Vgl. Decurtins, Ein Erschliessungskonzept, Kap. 4.2.3, und weiterführend die dort angegebene Literatur.
[11] http://scope.staatsarchiv.sg.ch/detail.aspx?ID=57 (Zugriff, 13.6.2014).
[12] Coutaz, Histoire des Archives en Suisse, S. 107–109. Für Obwalden: http://www.ow.ch/de/verwaltung/dienstleistungen/?dienst_id=1349 (Zugriff am 13.6.2014).
[13] Auskunft von Staatsarchivar Emil Weber.
[14] Máthé, Vom Pergament zum Chip, S. 36.
[15] Kodex, S. 4.
[16] Milton, Arrangement and Description, S. 253; Pearce-Moses, Glossary, S. 317; Roe, Arranging & Describing, S. 15; Rousseau/Couture, Fondements, S. 65 u. 73; ISAD(G), S. 23–24; Büttner, Provenienzprinzip, S. 35.
[17] Loo, What are Archives, S. 16; Roe, Arranging & Describing, S. 14–17; Büttner, Provenienzprinzip, S. 31.
[18] Loo, What are Archives, S. 16.
[19] Vgl. weiter unten S. 155f.
[20] Williams, Managing Archives, S. 108; Nahuet, L’archivistique contemporaine, S. 55–56.
[21] Milton, Arrangement and Description, S. 257; Keyler, Zusammenhang zwischen Erschliessung und Benutzung, S. 6.
[22] Treffeisen, Standardisierte Erschliessung im Landesarchiv Baden-Württemberg, S. 460.
[23] MacNeil, Subject Access, S. 243; Abrégé d’archivistique, S. 180; vgl. weiter unten S. 157f.
[24] Dahm, Behördenprovenienz und Ressortprovenienz, Sp. 222–229. Auch in der DDR wurde dieses System zu der Zeit verschiedenen Orts eingeführt. Vgl. ebd., Sp. 226.
[25] Rousseau/Couture, Fondements, S. 77.
[26] Duchein, Respect des fonds, S. 79–80. Ähnliche Kriterien hatte bereits Enders, Archivverwaltungslehre, S. 101 aufgestellt.
[27] Auf den Stufen Departement und Dienststelle in der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (BR 170.310 RVOV) und für darunter liegende Stufen im Organigramm der Dienststelle/im Staatskalender.
[28] In Anlehnung an Dahm und an die australische Definition der agency. Vgl. Eastwood, Putting the Parts of the Whole Together, S. 99. Die Kriterien 2–5 von Duchein werden erfüllt.
[29] Aus diesem Grund haben auch die Bibliothèque et Archives Canada in Anpassung von Ducheins Modell dieses zusätzliche Kriterium eingeführt. Vgl. Nahuet, L’archivistique contemporaine, S. 49.
[30] Dryden, From Authority Control to Context Control, S. 7; Nimz, Archivische Erschliessung, S. 106; Enders, Archivverwaltungslehre, S. 105–106; Couture, Fonctions, S. 231.
[31] ISAD(G), S. 23; Pearce-Moses, Glossary, S. 173; Couture, Fonctions, S. 225; Abrégé d’archivistique, S. 333.
[32] Nougaret, Vers une normalisation internationale, S. 278.
[33] Höroldt, Beständebildung und -abgrenzung in Umbruchzeiten, S. 224–225; Couture, Fonctions, S. 229.
[34] Vgl. weiter oben S. 140.
[35] Enders, Probleme des Provenienzprinzips, S. 35; Moritz, Beständeverwaltung, S. 6.
[36] Duchein, Respect des fonds, S. 82–83.
[37] Papritz, Archivwissenschaft, Band 4, S. 20–31. Diese Forderung stellt auch Eastwood, Putting the Parts of the Whole Together, S. 114.
[38] Millar, Archives, S. 154; Milton, Arrangement and Description, S. 264–268.
[39] Büttner, Provenienzprinzip, S. 27.
[40] Millar, Archives, S. 98.
[41] Vgl. die Erläuterungen im Erschliessungskonzept Staatsarchiv Graubünden, Kap. 3.4.2.
[42] Manuel d’archivistique, S. 200–201.
[43] Erschliessungshandbuch, S. 19 und 31.
[44] Für eine Übersicht der andernfalls auftauchenden Probleme siehe Ziwes, Provenienzgerechte Bestandsbildung und akzessorische Lagerung, S. 28. Noch in den 1990er Jahren hatten viele Archive in Deutschlang die akzessorische Lagerung trotzdem nicht eingeführt bzw. nur als Übergangslösung akzeptiert. Vgl. Moritz, Beständeverwaltung, S. 6; Kretzschmar/Müller, Virtuelle Bestände, S. 597–598.
[45] Moritz, Beständeverwaltung, S. 8; Papritz, Archivwissenschaft, Band 3, S. 8.
[46] Rousseau/Couture, Fondements, S. 72; Ziwes, Provenienzgerechte Bestandsbildung und akzessorische Lagerung, S. 40–41.
[47] Moritz, Beständeverwaltung, S. 12.
[48] Nougaret, Les instruments de recherche, S. 18–19; Abrégé d’archivistique, S. 141; Stein, Die Verschiedenheit des Gleichen, S. 608–611.
[49] Moritz, Beständeverwaltung, S. 6; Kretzschmar/Müller, Virtuelle Bestände, S. 593–597.
[50] Reinicke, Ministerialarchiv Nordrhein-Westfalen. Hier, S. 54, wird die Akzession als Bestand bezeichnet.
[51] Vgl. Huber, Das «Management» der staatlichen Provenienzbestände im Staatsarchiv Luzern, S. 5, und Anhang 8 von Decurtins, Ein Erschliessungskonzept.
[52] Salathé 2005, Staatsarchiv Thurgau, S. 119, und Anhang 8 von Decurtins, Ein Erschliessungskonzept.
[53] Vgl. Erschliessungskonzept Staatsarchiv Graubünden, S. 9, und Decurtins, Ein Erschliessungskonzept, Kap. 4.5 und Anhänge 2 und 5, insbesondere betreffend den Aufbau der Tektonik bei der kantonalen Verwaltung.
[54] Vgl. Erschliessungskonzept Staatsarchiv Graubünden, S. 3 und Kap. 3.5.1. Die Ordnungssystematik eines Bestands wird im Staatsarchiv Graubünden als «Aktenplan» bezeichnet.
[55] ISAD(G), S. 24.
[56] Pearce-Moses, Glossary, S. 280; Menne-Haritz, Schlüsselbegriffe, S. 93. Im Englischen principle of original order wird es im Deutschen oft mit «Registraturprinzip» wiedergegeben. Die Bezeichnung erklärt sich dadurch, dass das Prinzip in Deutschland Ende des 19. Jh. im preussischen Archivwesen entstanden ist. Damals und noch lange, auch noch bei Menne-Haritz, galt die innere Ordnung als integraler Bestandteil des Provenienzprinzips. Vgl. Uhl, Bedeutung des Provenienzprinzips, S. 106; Menne-Haritz, Provenienzprinzip, Sp. 246–247. Nicht jedoch bei Enders, Archivverwaltungslehre, S. 101, und bei Papritz, Archivwissenschaft, Band 3, S. 8. Gemäss Nougaret wurde das Prinzip in Frankreich nie richtig durchgesetzt. Vgl. Nougaret, Les instruments de recherche, S. 15.
[57] Kodex, S. 4.
[58] Rousseau/Couture, Fondements, S. 65–66; Roe, Arranging & Describing, S. 15–16; Milton, Arrangement and Description, S. 253 ; Tiemann, Erschliessung von Sachakten, S. 17.
[59] MacNeil, Archivalterity, S. 10; Nougaret, Les instruments de recherche, S. 47; Loo, What are Archives, S. 18; Abrégé d’archivistique, S. 135.
[60] Williams, Managing Archives, S. 77.
[61] Douglas, Origins, S. 30.
[62] MacNeil, Archivalterity, S. 10; Papritz, Archivwissenschaft, Band 1, S. 106–107.
[63] Duchein, Respect des fonds, S. 88–89.
[64] Boles, Disrespecting Original Order, S. 31; Enders, Probleme des Provenienzprinzips, S. 38; Nimz, Erschliessungsrichtlinien, S. 4.
[65] Duchein, Respect des fonds, S. 87–91. Vgl. dazu auch MacNeil, Archivalterity, S. 21.
[66] Z.B. Uhl, Bedeutung des Provenienzprinzips, S. 98.
[67] Papritz, Archivwissenschaft, Band 1, S. 107.
[68] Pearce-Moses, Glossary, S. 281.
[69] MacNeil, Archivalterity, S. 14–17. Ihre Beispiele stammen aus dem Bereich der privaten und historischen Archive. Dort hat dieses Thema ohne Zweifel mehr Relevanz als bei amtlichen Beständen, wo zahlreiche Veränderungen weniger wahrscheinlich sind.
[70] Enders, Archivverwaltungslehre, S. 109–111; Nimz, Archivische Erschliessung, S. 107.
[71] Die deutsche Begrifflichkeit zeigt, dass das Prinzip in Preussen in einer Umgebung entstand, wo vom Vorhandensein eines Registraturplans ausgegangen werden konnte. Die Behebung von Fehlern ist für Papritz selbstverständlich und darum nicht unbedingt ein neues Prinzip. Vgl. Papritz, Archivwissenschaft, Band 3, S. 61.
[72] Papritz, Archivwissenschaft, Band 3, S. 195; Enders, Archivverwaltungslehre, S. 112.
[73] Enders, Archivverwaltungslehre, S. 113; Nimz, Archivische Erschliessung, S. 107.
[74] Menne-Haritz, Provenienzprinzip, Sp. 246.
[75] Nougaret, Les instruments de recherche, S. 58; Enders, Archivverwaltungslehre, S. 116; Williams, Managing Archives, S. 78.
[76] Millar, Archives, S. 146.
[77] Die genauen Regeln sind im Erschliessungskonzept Staatsarchiv Graubünden, Kap. 3.5.2 erläutert.
[78] Schaefer/Bunde, Standards for Archival Description, S. 12–20; da Fonseca, ICA description standards, S. 50; Haworth, Standardizing Archival Description, S. 189–190.
[79] Schaefer/Bunde, Standards for Archival Description, S. 17–19.
[80] da Fonseca, ICA description standards, S. 51–55.
[81] ISAD(G), S. 16–20 u. 26–28; Schweizerische Richtlinie ISAD(G), S. 6–7.
[82] Brübach, Internationale Erschliessungsstandards, S. 128.
[83] Roe, Arranging & Describing, S. 24.
[84] ISAD(G), S. 15.
[85] Sibille-De Grimoüard, Élaborer des normes de description, S. 169–170; Brübach, Internationale Erschliessungsstandards, S. 127.
[86] Abrégé d’archivistique, S. 190–199; Nougaret, Les instruments de recherche, S. 89–115.
[87] Brübach, Internationale Erschliessungsstandards, S. 132.
[88] Dancy, RAD, S. 8–11.
[89] Roe, Arranging & Describing, S. 41.
[90] DACS, S. IV–V und 10.
[91] Schaefer/Bunde, Standards for Archival Description, S. 38; DACS, S. 3–4 u. 7.
[92] Schweizerische Richtlinie ISAD(G), S. 3.
[93] Schweizerische Richtlinie ISAD(G), S. 4–5; DACS, S. VII.
[94] Vgl. Erschliessungskonzept Staatsarchiv Graubünden, Tabelle in Kap. 5.3, und die Erläuterungen in Decurtins, Ein Erschliessungskonzept, Kap. 4.8.3.
[95] Schweizerische Richtlinie ISAD(G), S. 10. ISAD(G), S. 39–40, sieht das nicht vor.
[96] Die Elemente werden auf den verschiedenen Hierarchiestufen und für verschiedene Dokumententypen zum Teil unterschiedlich verwendet. Diese dokumententyp- und stufenspezifischen Regeln werden in einem Erschliessungshandbuch folgen.
[97] Stadtarchiv Bern, Erschliessungshandbuch SAB 2012, S. 9–26; Staatsarchiv Nidwalden, Erschliessungskonzept 2010, S. 16–30; Staatsarchiv Aargau, Richtlinie Bestandesbeschrieb ISAD(G) und Richtlinie für Erschliessung in Augias XL nach ISAD(G); Staatsarchiv Zürich, Erschliessungshandbuch, Kap. 3.
[98] Die zweite überarbeitete Version ist 2004 erschienen. Vgl. Förster, ISAD(G) und ISAAR(CPF), S. 46.
[99] Förster, ISAD(G) und ISAAR(CPF), S. 46–47.
[100] Dryden, From Authority Control to Context Control, S. 4.
[101] Vor allem die Elemente «Provenienz» und «Verwaltungsgeschichte/biographische Angaben».
[102] Dryden, From Authority Control to Context Control, S. 10–11. Im Staatsarchiv Graubünden ist geplant, in einer späteren Phase auch die Provenienzen als eigenständige Verzeichnungseinheiten zu erfassen.
[103] Salathé 2005, Staatsarchiv Thurgau, S. 108; Huber, Erschliessung, S. 22; Staatsarchiv Zürich, Erschliessungshandbuch, S. 28.
[104] Eine Forderung, die Peter Müller in Deutschland bereits vor Jahren erhoben hat. Vgl. Müller, Vollregest, Findbuch oder Informationssystem, S. 12–13.
[105] Tiemann, Erschliessung von Sachakten, S. 19; Keyler, Zusammenhang zwischen Erschliessung und Benutzung, S. 7; Williams, Managing Archives, S. 100; Nimz, Erschliessungsrichtlinien, S. 3. Wertvolle Hinweise geben auch Hackbart-Dean/Slomba, How to Manage Processing, S. 15–17, und Kress, Ressourcenermittlung, S. 50–51. Ausschliesslich formale Kriterien genügen allerdings nicht, inhaltliche Kriterien müssen auch berücksichtigt werden. Für detailliertere Angaben, wie Erschliessungstiefen und -intensität im Staatsarchiv Graubünden angewandt werden, siehe Decurtins, Ein Erschliessungskonzept, Kap. 4.8.2, und Erschliessungskonzept Staatsarchiv Graubünden, Kap. 5.1.
[106] Gerber, Kontrollierte Erschliessungstiefe, S. 53.
[107] Archivierungsstandards im Staatsarchiv Aargau; Gerber, Kontrollierte Erschliessungstiefe, S. 53–54; Kress, Ressourcenermittlung, S. 49; Staatsarchiv Nidwalden, Erschliessungskonzept 2010, S. 12–13; Stadtarchiv Bern, Erschliessungshandbuch SAB 2012, S. 2. In den USA werden amtliche Bestände meist auf Stufe Serie erschlossen. Vgl. Roe, Arranging & Describing, S. 23.
[108] Müller, Vollregest, Findbuch oder Informationssystem, S. 13–14.
[109] MacNeil, Subject Access, S. 242.
[110] Roe, Arranging & Describing, S. 82–83; Schlichte, Suchen und Finden, S. 10–11; Zink, Findmittel im Netz, S. 233–234.
[111] Roe, Arranging & Describing, S. 83; MacNeil, Subject Access, S. 246–252.
[112] Bickhoff, Zugang und Zugangsformen, S. 77–79; Reimer, Wissensorganisation, S. 179; Ribeiro, Subject indexing, S. 28.
[113] Roe, Arranging & Describing, S. 82–83; Schöggl-Ernst, Suchen und Finden, S. 178. Für Maier, Fachinformationssysteme, S. 22, gehört die Möglichkeit der Indexierung zu den Grundanforderungen an ein AIS.
[114] Abrégé d’archivistique, S. 180.
[115] Schlichte, Suchen und Finden, S. 9. Ausnahmen sind die Staatsarchive der Kantone Basel-Stadt und Waadt und die Burgerbibliothek Bern. Vgl. auch Coutaz, L’indexation aux Archives cantonales vaudoises.
[116] ISAD(G), S. 29 verlangt sogar die strikte Beibehaltung des Originaltitels. Diese Forderung kann aber nicht eingelöst werden. Manche Originaltitel sind unbrauchbar, weil sie Abkürzungen enthalten, unvollständig, ungenau, missverständlich oder wenig aussagekräftig sind. Vgl. Schweizerische Richtlinie ISAD(G), S. 27.
[117] Abrégé d’archivistique, S. 180; Ribeiro, Subject indexing, S. 31.
[118] Reimer, Wissensorganisation, S. 173–174; Dryden, From Authority Control to Context Control, S. 2–3; Hamburger, How Researchers Search for Manuscript and Archival Collections, S. 91.
[119] Um den Aufwand in Grenzen zu halten wird nur eine einfache Liste mit maximal 100–150 Schlagworten genutzt. Für die Details der Umsetzung Vgl. Decurtins, Ein Erschliessungskonzept, S. 40, und Erschliessungskonzept Staatsarchiv Graubünden, S. 3.