Wissensmanagement in der Bundesverwaltung

Analyse der Tools des Wissensmanagements in der DEZA

Simona Generelli

Einleitung

Die DEZA weiss nicht, was die DEZA weiss. Diese Redewendung wurde von den DEZA-Mitarbeitenden geprägt. Sie bezieht sich auf das Problem, dass sie nicht wissen, was die Kolleginnen und Kollegen genau wissen und machen. Das ist nicht nur zwischen einzelnen Personen so, sondern auch zwischen Abteilungen und Bereichen. Diese Situation ist wahrscheinlich das Resultat einer komplexen Arbeitsorganisation. Das Personal der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), welche dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten untersteht, rotiert nämlich in der Regel alle vier Jahre, was eine Zerstreuung des Wissens verursacht. Die DEZA hat eine Zentrale in Bern und zudem etwa vierzig Kooperationsbüros (Kobüs) in allen Ländern, in denen sie tätig ist. Konkret bedeutet das, dass die rotierenden Mitarbeitenden alle vier Jahre eine neue Funktion einnehmen; in der Schweiz oder im Ausland1. Ein guter Wissenstransfer ist also von grundlegender Bedeutung. Da die Mitarbeitenden so oft rotieren, ist es zudem schwierig zu wissen, wer für was Spezialist ist. Eine Person, die z.B. jahrelang im Bereich Klimawandel tätig war, kann plötzlich für die Abteilung Westafrika arbeiten. Wie kann man nun sicherstellen, dass alle wissen, dass man sich an diese Person wenden kann, wenn man Fragen zum Klimawandel hat, weil sie viel Erfahrung in diesem Bereich gesammelt hat?

Nicht nur das implizite Wissen stellt eine Herausforderung dar. Die verschiedenen Abteilungen produzieren regelmässig Dokumente, z.B. Policy-Dokumente, Weisungen, Strategien usw. Dieses Wissen muss auch gemanagt werden. Dazu kommen noch alle Koproduktionen, v.a. Dokumentationen zu Projekten, die in den Entwicklungsländern unterstützt werden – und dabei handelt es sich nicht nur um Bücher und Broschüren, sondern auch um Videos, Flyer, Lehrmaterial usw. Alles muss angemessen gesichert werden.

Die Sektion Informationsmanagement, wo ich ein Praktikum absolvierte, gehört zusammen mit der Sektion Lernen und Vernetzen und der Sektion Kultur zur Abteilung Wissen-Lernen-Kultur (WLK), welche stark im Bereich Wissensmanagement engagiert ist. WLK beschäftigt sich auf verschiedenen Ebenen sowohl mit dem expliziten als auch mit dem impliziten Wissen. Mit dieser Arbeit nehme ich mir vor, die verschiedenen Tools des Wissensmanagements in der DEZA zu analysieren. Besonders möchte ich untersuchen, welche diese sind, in welchen Bereich sie eingesetzt wurden und ob es gewisse Lücken existieren. Dafür werde ich mich besonders auf die Rolle der Abteilung WLK konzentrieren.

Die DEZA

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ist das schweizerische Kompetenzzentrum für die internationale Zusammenarbeit. Sie ist Teil des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und ihr Ziel ist eine Welt ohne Armut und in Frieden. Um diese Vision zu realisieren, ist sie in einigen Entwicklungsländern tätig, in denen sie die wirtschaftliche und staatliche Eigenständigkeit fördert, sich bei der Bewältigung von Umweltproblemen wie beispielsweise Naturkatastrophen oder Wassermangel engagiert und Perspektiven für Junge und Frauen schafft, indem sie für besseren Zugang zu Bildung, für ein gerechtes Einkommen und für eine gesundheitliche Grundversorgung sorgt2. Operationell ist die DEZA in vier Organisationseinheiten (OE) unterteilt, welche ihren vier verschiedenen Einsatzbereichen entsprechen, und zwar die Humanitäre Hilfe, die Ost-, die Süd- und die globale Zusammenarbeit. Die ersten drei OE haben einen geographischen Schwerpunkt: die Aufgaben sind nämlich nach Entwicklungsländer gegliedert; die letzte ist dagegen thematisch unterteilt (wie z.B. Ernährungssicherheit, Migration, Gesundheit). Jede OE besteht aus verschiedenen Abteilungen und hat ihre eigene Hierarchie.

Die DEZA hat ihren Hauptsitz in Bern, verfügt aber auch über etwa vierzig Kooperationsbüros in den Entwicklungsländern, in denen sie aktiv ist. Dort arbeiten sowohl Schweizer Mitarbeitende als auch lokale Angestellte. Letztere sind vor allem im Bereich Administration und Logistik tätig. Wie im ganzen EDA üblich, rotiert das schweizerische Personal der DEZA in der Regel alle vier Jahre. Das Rotationssystem soll als Antikorruptionsmassnahme dienen; indem eine Person nicht zu lange eine Position innehat, können beispielsweise Ermessensmissbrauchsfälle vermieden werden. Für die DEZA-Mitarbeitenden bedeutet das einen wiederkehrenden Arbeitswechsel nicht nur zwischen Inland und Ausland, sondern auch zwischen geografischen und thematischen Schwerpunkten. Eine Person kann zum Beispiel vier Jahre in der OE Globale Zusammenarbeit für das Programm Ernährungssicherheit arbeiten, dann vier Jahre in der Mongolei im Projekt Rohstoffe, nachher weitere vier Jahre in Honduras am Projekt professionelle Ausbildung und schliesslich vier Jahre in der OE Ostzusammenarbeit für den Erweiterungsbeitrag an die erweiterte EU (Länder in der EU seit 2004)3. Dieses Rotationssystem macht die Arbeit und die Karriere sehr spannend und abwechslungsreich, es wird jedoch von den DEZA-Mitarbeitenden oft als «Wissenskiller» und als nicht effizient empfunden. Eine Person kann sich kaum spezialisieren, kann die durch das Studium erworbenen Kenntnisse und die gesammelte Arbeitserfahrung nur teilweise anwenden. Auch Leute mit einem grossen Know-how werden nach vier Jahren wieder versetzt. Die Dossiers- und Wissensübergabe ist zudem ein zeitaufwändiger Prozess, die Mitarbeitenden müssen sich immer wieder einleben, das Kollegium persönlich und beruflich kennenlernen, die laufenden Projekte bearbeiten.

Die Rotation stellt also für das Wissensmanagement interessante und komplizierte Herausforderungen dar, insbesondere beim Wissenstransfer aber auch bei der Identifizierung von Experten und Expertisen und beim Verständnis der Prozesse. Das Management des Wissens in der DEZA muss sich allerdings nicht nur mit den Herausforderungen, sondern auch mit ganz gewöhnlichen und alltäglichen Aufgaben auseinandersetzen, wie zum Beispiel der Informationsverwaltung oder der Bereitstellung von Tools.

Erklärung der Begriffe und der Modelle

Hier werden kurz die wichtigsten Begriffe im Bereich des Wissensmanagements dargestellt:

Begriff Definition
Wissen Eine Kombination von Informationen, die in einem konkreten Handlungskontext verwendet werden4; «Wissen bezeichnet die Gesamtheit der Kenntnisse und Fähigkeiten, die Individuen zur Lösung von Problemen einsetzen. Dies umfasst sowohl theoretische Erkenntnisse als auch praktische Alltagsregeln und Handlungsanweisungen. Wissen stützt sich auf Daten und Informationen, ist im Gegensatz zu diesen jedoch immer an Personen gebunden.»5
Explizites Wissen Ist sprachlich erfassbar und kann deswegen ohne zu viel Aufwand geteilt werden und an andere Personen kommuniziert. Es befindet sich in Datenbanken, Büchern, Listen usw. Es ist also vom Wissensträger trennbar.
Implizites Wissen Ist personen- und kontextgebunden. Es versteckt sich in Erfahrungen, Geschichten, Feedback usw. Demzufolge ist es erfahrungsabhängig und nicht direkt artikulierbar6.
Lernende Organisation7 Organisationen, in denen die Mitarbeitenden in der Lage und bereit sind, kontinuierlich zu lernen. Dafür ist eine Organisationskultur notwendig, die den Wissensaustausch fördert. Die Mitarbeitenden müssen überzeugt sein, dass das Wissen kein persönliches Eigentum ist, sodass sie es gerne und problemlos teilen. Die Mitarbeitenden müssen keine Angst davor haben, Fehler zu machen, denn aus diesen kann man auch lernen. Lernprozesse werden gesteuert und gefördert. Dahinter steht der Gedanke, dass das Wissen und die gesammelten Erfahrungen einer Organisation grösser als die Summe des Wissens und der Erfahrungen der einzelnen Mitarbeitenden sind8.

Abb. 1: Das Modell von Probst u.a.10

Im Wissensmanagement existieren verschiedene und sehr unterschiedliche Wissensmanagementmodelle. Da ich für die Analyse der Tools das Bausteinmodell von Probst u.a.9 benutzen werde, werde ich lediglich dieses vorstellen. Das im Jahr 1997 entworfene Modell besteht aus acht Teilaspekten, die sogenannten Bausteine. Diese sind voneinander unabhängig, sie stehen aber gleichzeitig miteinander in Verbindung. Zusammen bilden sie einen Kreislauf. Für jeden Stein sind bestimmte Methoden vorgesehen.

Gemäss diesem Modell ist zunächst wichtig, die Wissensziele einer Organisation zu definieren, d.h. festzustellen, welches Wissen entscheidend ist und deswegen erworben, aufbewahrt und geteilt werden soll. Da man nicht das ganze Wissen verwalten kann, ist die Identifikation und Analyse der grundlegenden Kernaufgaben notwendig. Obwohl das vielleicht selbstverständlich scheint, wird dieser Schritt oft vernachlässigt. Unternehmen, die keine klaren Ziele formuliert haben, haben in der Folge Schwierigkeiten, ein Wissensmanagementsystem zu implementieren und zu managen.

Nach der Bearbeitung einer Strategie muss man sicherstellen, dass die einzelnen Mitarbeitenden in der Lage sind, das vorhandene interne und externe Wissen zu finden und zu identifizieren (Baustein: Identifikation). Damit man den Überblick über die zahlreichen Daten, Informationen und Fähigkeiten nicht verliert, ist Transparenz über das vorhandene Wissen erforderlich. Dieser Prozess kann beispielsweise mithilfe von Wissenskarten oder Expertenverzeichnissen unterstützt werden.

Durch den Erwerb von externem Wissen kann ein Unternehmen seine Wissensbasis erweitern, besonders in Bereichen, die man aus verschiedenen Gründen nicht selber entwickeln kann (Baustein: Erwerb). Gleichzeitig muss dafür gesorgt werden, dass neue Produkte, neue Ideen und Prozesse im Arbeitsalltag genug Platz haben, damit das Wissen sich auch intern entwickeln kann. Das sollte sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene stattfinden (Baustein: Entwicklung). Wichtige Aspekte in diesem Zusammenhang sind die Bereitschaft zur Innovation und die Externalisierung von kritischem implizitem Wissen. Zur Förderung und zur Steuerung der Reflexion und des Lernprozesses gehören Instrumente wie Lessons Learned, Erfahrungsgruppen oder Lernarenen. In diesem Zusammenhang ist zudem wichtig, dass die einzelnen Mitarbeitenden auch das persönliche Wissen erweitern können. Dabei sind beispielsweise Schulungen, Workshops oder andere Personalentwicklungsmassnahmen wichtig.

Nicht alle Mitarbeitenden müssen alles wissen, es ist jedoch wichtig, dass das Wissen bei der richtigen Person ist (Baustein: Verteilen). Deswegen sollten die Mitarbeitenden einen raschen und dauerhaften Zugriff auf das neue Wissen haben. Wichtige Aspekte der Wissens(ver-)teilung sind die Teamarbeit und die Wissensnetzwerke. Das Intranet ist in diesem Zusammenhang auch von grosser Bedeutung, weil es auf einer organisatorischen Ebene alle Mitarbeitenden in Verbindung setzen kann. Somit kann die physische Distanz praktisch aufgehoben werden.

Diese Bemühungen sind vergeblich, wenn das Wissen nicht genutzt wird (Baustein: Nutzung). Auch wenn das Wissen vorhanden und zugänglich ist, bedeutet das nicht automatisch, dass es auch verwendet wird. Ein erfolgreiches Wissensmanagementsystem soll also die Nutzungsbarrieren der Mitarbeitenden überwinden können. Eine gute Lösung dieses Problems bietet die Implementation von benutzerfreundlichen und einfachen Informationsverwaltungssystemen und -software.

Wenn ein Mitarbeitender das Unternehmen verlässt, stellt sich die Frage der Wissensbewahrung (Baustein: Bewahrung). Wie kann man sicherstellen, dass das persönliche Know-how nicht verloren geht? Probst u.a. unterteilen den Prozess der Wissensbewahrung in drei Phasen: Selektion, Speicherung und Aktualisierung. Zuerst sollte man zwischen aufbewahrungswürdigen und nicht aufbewahrungswürdigen Informationen und Wissenskomponenten unterscheiden. Danach muss man entscheiden, in welcher Form diese aufbewahrt werden sollen. Hier sind wieder Informationsmanagementsysteme sehr wichtig. Schliesslich muss man die ganze Wissensbasis aktualisieren, d.h. das veraltete und fehlerhafte Wissen ersetzen.

Zum Schluss soll der Erfolg des Wissensmanagements in einer Organisation bilanziert werden, damit man feststellen kann, ob sich die Investitionen in diesem Bereich gelohnt haben. Nur so kann das Wissensmanagement wirklich effizient sein. Jedoch ist es nicht so einfach, seine Wirkung zu messen, denn Wissen selbst ist schwierig messbar. Deswegen sollte man die richtigen Indikatoren wählen. Das ist der entscheidende Punkt. Viele Unternehmen bewerten einfach, ob ihre Wettbewerbsfähigkeit gestiegen ist, oder benutzen rein finanzielle Indikatoren. Besonders für Organisationen wie die DEZA, in der die monetären Aspekte nicht prioritär sind, sind solche Indikatoren nutzlos. Viel wichtiger ist zu messen, ob die Mitarbeitenden über das nötige Wissen verfügen. Dafür sind Umfragen eine nicht zu komplizierte aber gleichzeitig hilfreiche Methode. Probst u.a. verweisen in diesem Zusammenhang auch auf das Konzept der Balanced-Scorecard11.

Das Bausteinmodell hat viel Anerkennung bekommen, nicht zuletzt deshalb, weil es konkrete Massnahmen für die Intervention vorstellt. Die Unterteilung in verschiedene Phasen vereinfacht zudem dessen Implementierung. Schliesslich betrachtet es nicht nur den individuellen oder den kollektiven Aspekt, sondern auch beide zusammen. Da das Konzept also eine starke Ready-to-use-Komponente hat, was es attraktiv macht, wird es in vielen Unternehmen benutzt. Auch die Wissensstrategie der DEZA stützt sich darauf.

Analyse

In diesem Kapitel werden nun die verschiedenen in der DEZA implementierten Methoden für das Wissensmanagement zusammengefasst und untersucht. Dafür wird das Bausteinmodell von Probst u.a. verwendet. Dieses ist aus zwei Gründen für eine solche Analyse tauglich. Erstens, weil die Wissensstrategie der DEZA sich stark auf dieses Modell bezieht. Es besteht also die Möglichkeit, die Realität mit dem Vorbild zu vergleichen. Zweitens, weil man dank der Kategorisierung nach Bausteinen Lücken oder Schwächen in einem bestimmten Wissensbereich leicht identifizieren kann. Die verschiedenen Wissensmanagement-Tools werden dem entsprechenden Baustein zugeordnet und im Detail erklärt12.

Alles beginnt mit den Wissenszielen und endet mit der Wissensbewertung – also mit den zwei übergeordneten Blöcken. Die Wissensziele sollten in einer Wissensstrategie festgehalten werden, was in der DEZA auch gemacht wurde. Da der Fokus dieser Untersuchung auf den Tools liegt, wird auf die Strategie nicht eingegangen. Die Bewertung wird in der Zusammenfassung dieses Kapitels thematisiert.

Wissen identifizieren

Nicht alle Mitarbeitenden müssen alles wissen, alle sollen jedoch in der Lage sein, das Wissen zu erlangen, das sie für eine effiziente Durchführung ihrer täglichen Arbeit brauchen. Das ist der Kernpunkt des ersten Bausteins. Durch verschiedene Umfragen wurde in den letzten Jahren festgestellt, dass die Wissensidentifizierung in der DEZA problematisch ist, und hauptsächlich aus zwei Gründen: man verliert den Überblick, weil zu viele Informationen vorhanden sind, und gleichzeitig findet man zu wenig Information in Bezug auf Expertise im Haus. Für diesen Baustein schlagen Probst u.a. vor, Intranet, Internet, Datenbanken und Wissenslandkarten einzusetzen. Diese existieren in der DEZA auch. Das Problem liegt also nicht in der Auswahl der Tools, sondern in deren Verwaltung, Promotion und Nutzung. Besonders problematisch scheint das Intranet zu sein, was von einer Umfrage über den Informationsbedarf klar gezeigt wurde. Fast ein Drittel der Teilnehmenden beschwert sich darüber, dass das Intranet zu kompliziert ist. Das liegt nicht nur an der mangelnden Benutzerfreundlichkeit, sondern auch am Übermass an Informationen. Die Mitarbeitenden haben Mühe, richtige und treffende Informationen schnell zu finden, weil es zu viele hat und die Suchfunktion nicht gut ist. Oft ist auch der Zeitmangel ein Problem. Mehr als die Hälfte gibt zudem zu, dass sie die Informationen eher via Personen als in Dokumenten findet. In diesem Bereich besteht also ein grosser Verbesserungsbedarf.

Wissen erwerben

In diesem Baustein geht es darum, externes Wissen beispielsweise in Form von Informationen, Experten, Stakeholdern, Software usw. zu integrieren, um die Wissensbasis der Organisation zu erweitern. Dieser Punkt ist sehr wichtig, damit das Wissen eines Unternehmens immer aktuell und zeitgemäss bleibt. Die Realität in der DEZA ist diesbezüglich vielfältig.

Die Abteilung WLK gewährleistet den Zugang zu externen Informationen für alle DEZA-Mitarbeitenden. Auf Anfrage kauft sie Bücher oder organisiert Fernleihen aus den schweizerischen Bibliotheken, verwaltet verschiedene Zeitschriftenabonnemente zu entwicklungsrelevanten Themen, bestellt und beschafft Zeitungsartikel. Dank dieser Dienstleistungen haben alle Mitarbeitenden die Möglichkeit, die relevanten externen Informationen zu bekommen, die sie für ihre Arbeit benötigen. Eine Umfrage über den Informationsbedarf hat jedoch ergeben, dass für die Mitarbeitenden die internen Quellen viel nützlicher und wertvoller als die externen sind. Dementsprechend konzentriert die Abteilung ihre Anstrengungen immer mehr nur auf das interne Wissen. Das externe Wissen wird nur auf Anfrage beschafft. Die Mitarbeitenden benutzen diese Services sehr unterschiedlich: einige treue Kunden bestellen mehrmals im Jahr Publikationen, Bücher und Artikel, andere nur punktuell, manche gar nie. Dabei handelt es sich jedoch nur um das explizite Wissen.

Weil das implizite Wissen personengebunden ist, ist es schwierig, es zu erwerben. Diese Erschwernis kann aber zum Beispiel durch das zeitlich begrenzte Engagement oder die Einstellung von externen Experten umgangen werden. Dies ist keine Aufgabe der Abteilung WLK, ist allerdings für viele DEZA-Projekte unabdingbar. In der Regel kümmert sich jede Organisationseinheit oder jede Abteilung eigenständig darum. Das könnte insofern problematisch sein, da die anderen nicht wissen, welche Experten in anderen oder ähnlichen Bereichen zusammen mit der DEZA schon gearbeitet haben.

In diesem Zusammenhang soll ein interessantes Projekt erwähnt werden: im letzten Jahr hat die Abteilung WLK eine Internetplattform realisiert, auf der man nicht nur Dokumente zu einem bestimmten Thema (in diesem Fall das Goldwaschen), sondern auch die Angaben verschiedener Experten in diesem Bereich teilen kann. Diese Liste, die aus Name, kurzer Beschreibung der Tätigkeiten und Emailadresse besteht, sollte den Mitarbeitenden, die in diesem Bereich arbeiten, helfen, schneller und effizienter die richtigen Experten zu identifizieren. Dieses Experiment bleibt momentan ein Unikum und es ist noch schwierig abzuschätzen, ob es erfolgreich ist und ob die Mitarbeitenden diese Liste tatsächlich benutzen.

In Bezug auf neue Software hat die DEZA keinen grossen Handlungsspielraum. Wie alle Bundesstellen benutzt sie die Software und die Programme, die der ganzen Bundesverwaltung zur Verfügung stehen. Sie braucht auch keine besonderen Programme. In speziellen Fällen können die einzelnen Abteilungen oder Organisationseinheiten direkt mit der zuständigen Bundesstelle Kontakt aufnehmen und schauen, welche Möglichkeiten bestehen.

Der Erwerb von externem Wissen scheint in der DEZA nicht so wichtig zu sein. Die nötigen externen Informationen werden vom WLK beschafft. In Bezug auf die Experten ist die Erstellung einer zentralisierten Liste nicht notwendig, denn die verschiedenen Abteilungen und Organisationseinheiten haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse. Die Bundesverwaltung benutzt sehr stabile und sichere Software, kann also nicht die neusten Versionen ausprobieren. Auch deswegen ist sie nicht unbedingt avantgardistisch in diesem Bereich und eine ständige Suche nach neuen Produkten ist weder nötig noch erwünscht.

Wissen entwickeln

Für diesen Baustein ist es wichtig, Freiraum für neue Ideen zu schaffen, damit sowohl das individuelle als auch das kollektive Wissen entwickelt werden kann. Das ist nicht einfach und auch Probst u.a. erkennen mögliche Barrieren, die persönlicher Art sein können, wie beispielsweise Angst vor Innovation und vor Neuem, aber auch strukturell, denn der Prozess «Wissensentwicklung» ist kaum steuerbar. Letzteres ist ein wichtiger Punkt: niemand kann jemanden dazu zwingen, eine geniale Idee zu haben13, man kann nur die Voraussetzungen dazu schaffen. Eine weitere Barriere ist die Zeit: manche Mitarbeitenden sind der Meinung, dass sie Wichtigeres zu tun haben und dass Wissensentwicklung eine Zeitverschwendung ist14. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass die Leute verstehen, wie grundlegend das Thema Wissensentwicklung für die ganze Organisation ist.

Die Situation ist in der DEZA sehr vielfältig. Die Mitarbeitenden haben die Möglichkeit, regelmässig an internen EDA-Schulungen und Kursen teilzunehmen. Es existiert eine Internetplattform, auf der man sich für verschiedene Kurse anmelden kann. Es werden zum Beispiel Sprachkurse angeboten, was in der Bundesverwaltung immer wichtig ist, aber auch Einführungen zu bestimmten Themen oder PC-Programme, Kurse zur Erweiterung der Sozialkompetenzen usw. Die Palette an Möglichkeiten ist sehr breit. Es ist in der Regel auch kein Problem, externe Weiterbildungen zu besuchen. Die Mitarbeitenden sind relativ frei zu entscheiden, was sie machen und in welchem Bereich sie sich weiterentwickeln wollen. Die Abteilung WLK organisiert auch monatliche Einführungen zu seinen Services, die besonders für die neuen DEZA-Angestellten gedacht sind. Der Kurs wird von den Teilnehmenden geschätzt, weil sie dabei u.a. lernen, wie und wo man im Intranet Informationen und Dokumente suchen und finden kann15. Wie am Anfang dieses Kapitels schon erwähnt, handelt sich dabei für viele um einen kritischen Aspekt16. Vielleicht wären solche Kurse eine mögliche Lösung dieses Problems, die Teilnehmerzahl ist jedoch nicht so hoch (max. 3-4 Leute, oft weniger). Die Frage ist legitim: warum besuchen die Leute ihn nicht, wenn die Informationssuche wirklich ein Problem ist? Kennen sie ihn nicht? Haben die Mitarbeitenden keine Zeit dafür und wenn ja, warum priorisieren sie andere Aufgaben? Man sollte diesen Fragen ernsthaft nachgehen.

Um das Zeitproblem zu umgehen, werden oft Veranstaltungen über den Mittag organisiert. Die Mitarbeitenden machen Mittagspause und gleichzeitig können sie etwas lernen. Die verschiedenen Abteilungen organisieren regelmässig Brown Bag Lunches zu unterschiedlichen aktuellen Themen der Entwicklungszusammenarbeit. Das Format funktioniert folgendermassen: die Mitarbeitenden bringen das Essen mit und gehen zu Präsentationen oder Diskussionen über ein Projekt, eine Situation, ein Land usw. Die Abteilung WLK organisiert monatlich eine Veranstaltung, die Lunch and Learn heisst. Dabei geht es darum, technische Aspekte der Arbeit zu verbessern, wie zum Beispiel Texte verfassen, Skype-Konferenzen organisieren, Flipcharts kreativ gestalten, Reden erfolgreich halten. Wie der Titel klar macht, finden diese Kurse auch über den Mittag statt. Sowohl die Brown Bag Lunches als auch die Lunch and Learn sind in der Regel ziemlich gut besucht. Man kann also davon ausgehen, dass die Formel «über die Mittagspause etwas lernen» gut funktioniert, weil man anscheinend wirklich das Problem der knappen Zeit zumindest teilweise umgehen kann.

Die Abteilung WLK ist auch für die Moderation im Haus (und in manchen Fällen auch ausserhalb) zuständig. Diese Aufgabe ist umso wichtiger, weil gerade bei solchen Veranstaltungen oft neue oder innovative Ideen entwickelt werden. Der Service ist so gefragt, dass die WLK-Mitarbeitenden nicht alle Anfragen annehmen können. Deswegen wurde zusätzlich eine Internetplattform kreiert, auf der sich alle DEZA-Mitarbeitenden, die daran interessiert sind, für Moderationen zur Verfügung stellen können. In den nächsten Monaten wird diese Plattform noch erweitert: die Abteilung hat vor, eine Moderationsbörse zu organisieren, wo die Leute ihre eigenen Dienste anbieten oder jemanden suchen können. Die Abteilung moderiert zudem einmal im Jahr eine Veranstaltung, die Leuchtturm heisst. Diese ist spezifisch für die Mitarbeitenden gedacht, die sich der Rotation nähern. Sie findet über mehrere Tage statt, in denen verschiedene technische und praktische Aspekte behandelt werden. Dabei erfahren die Mitarbeitenden auch, wie der Wissenstransfer zwischen ihnen und dem Nachfolger/Vorgänger stattfinden kann. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, noch einmal zu betonen, dass die Mitarbeitenden der DEZA denken, dass die Rotation ein «Killer des Wissens» ist. In der Literatur zum Wissensmanagement wird sie aber auch als eine Chance dargestellt17, weil sie individuelle Wissensentwicklung ermöglicht. Nach der Rotation hat eine Person die Möglichkeit, mehr über ein noch unbekanntes Thema zu lernen. Am Ende hat man viel mehr gelernt, als man hätte lernen können, wenn man immer die gleiche Stelle und die gleiche Aufgabe gehabt hätte. Das sollten die Mitarbeitenden auch berücksichtigen und vielleicht wäre es wichtig, diese Mentalität zu verändern, damit sie nicht nur die Nachteile, sondern auch die Vorteile sehen können.

Probst u.a. schreiben, dass die Förderung der Kreativität und der Innovation wesentlich ist18. Dafür hat WLK einen Raum geschafft. Dieser wird allen Mitarbeitenden zur Verfügung stehen, die eine innovative Idee oder ein innovatives Projekt entwickeln wollen. Der smARTspace – so heisst er – wurde vor Kurzem eingeweiht, es ist an dieser Stelle also noch zu früh für eine Bewertung. Es ist noch nicht bekannt, ob und wie oft er wirklich benutzt werden wird. Die Tatsache, dass er existiert, zeigt aber klar, dass der DEZA bewusst ist, dass Platz für Innovation und Kreativität nötig ist. Natürlich wird dieser Ort in Zukunft auch für Sitzungen und Veranstaltungen benutzt werden, deswegen gehört dieses «Tool» auch zum Baustein «Wissen (ver)teilen».

Die DEZA will eine lernende Organisation sein, es ist also wichtig, dass die Mitarbeitenden aus den Fehlern lernen können. In diesem Zusammenhang spielen Lessons Learned eine wesentliche Rolle. In einer Organisation wie der DEZA, in der man stark mit anderen Kulturen, Realitäten und Problemen zu tun hat, ist es sehr wichtig zu wissen, was nicht geklappt hat und warum. Lessons Learned gehören deswegen zwingend zu den DEZA-Publikationen zu den Projekten und erklären, wieso etwas nicht gut funktioniert hat. Auf einer kollektiven Ebene scheint es also kein Problem zu sein, Fehler zu erkennen. Eine Umfrage zur Organisationskultur hat jedoch ergeben, dass einige Mitarbeitende der DEZA sich nicht immer frei fühlen, Fehler zu machen. Dementsprechend fällt es ihnen auch sehr schwer, diese zu erkennen. Dieser Aspekt sollte verbessert werden.

Dieses Unterkapitel hat gezeigt, dass die Abteilung WLK sehr aktiv in der Wissensentwicklung ist. Damit die einzelnen Mitarbeitenden, wie auch die ganze Organisation etwas lernen können, werden in der ganzen DEZA Veranstaltungen organisiert, moderiert und gefördert.

Wissen (ver)teilen

Wissen ist die einzige Ressource, die sich beim Teilen und durch Gebrauch vermehrt19. Deswegen ist dieser Baustein von zentraler Bedeutung. Die Mitarbeitenden müssen verstehen, wie wichtig dies ist, damit sie auch bereit sind, ihr Wissen zu teilen. Wissen zu teilen kann formell (in Arbeitsgruppen, Netzwerken, Gremien usw.) als auch informell (insbesondere in den Pausen) stattfinden20.

Seit Ende 2008 existieren in der DEZA 11 thematische Netzwerke, deren Ziel es ist, den Informations- und Wissensfluss zu fördern21. Sie bestehen sowohl aus Mitarbeitenden in der Zentrale als auch im Feld (in der Regel aus denjenigen Leuten, die in gewissen Projekten direkt involviert sind), aber auch aus schweizerischen und ausländischen Partnern. Für jedes Netzwerk hat es einen sogenannten Focal Point, und zwar eine Person, die für das Netzwerk verantwortlich ist. Als Diskussionsplattform werden Internetseiten (Sharewebs) benutzt, wo Dokumente hochgeladen, Meetings angekündigt, Blogs geführt werden usw. Die Netzwerkmitglieder treffen sich regelmässig auch persönlich: jedes Jahr oder alle zwei Jahre wird ein Netzwerkmeeting organisiert. Diese heissen Face to Face (F2F) und können regional oder global sein. Dabei werden Themen von besonderem Interesse diskutiert22. Die Abteilung WLK spielt schon von Anfang an eine unterstützende Rolle: sie hilft und berät bei der Gründung, der Organisation, der Koordination und der Kommunikation23. Wie schon erwähnt, hat sie vor kurzem einem Netzwerk geholfen, eine Onlineplattform für den Austausch über das Thema «Goldwaschen» zu entwickeln. Die Idee ist, dass die einzelnen Mitglieder wichtige Dokumente selber hochladen, damit diese allen zur Verfügung stehen. Durch eine Suchfunktion kann man dann beliebig nach Region oder nach Inhalt suchen. Zudem gibt es auch die schon erwähnte Liste von Experten. Ein solches Projekt sollte den Wissensaustausch fördern, es ist aber nicht klar, ob diese Plattform effektiv benutzt wird. Ferner organisiert die Abteilung regelmässige Treffen zwischen den verschiedenen Focal Points (alle arbeiten in der Zentrale), damit sie sich über Erfahrungen, Probleme und Erfolge austauschen können. Es ist schwierig abzuschätzen, ob die Netzwerke gut funktionieren und ob sie wirklich zum Informations- und Wissensfluss beitragen. Wenn man sich zum Beispiel die verschiedenen Internetseiten der unterschiedlichen Netzwerke ansieht, dann bemerkt man sofort, dass nicht alle gleich gut betreut sind. Manche Seiten sind belebt, mit regemässigen Blogeinträgen, Videos und neuen Dokumenten, andere werden selten aktualisiert. Zudem sind die Herausforderungen für die Netzwerke sehr gross und es ist nicht immer einfach, diese zu bewältigen. Auch wenn sie zweifellos wichtig für den Wissensaustausch sind, sind die Netzwerke auch sehr anspruchsvoll und zeitintensiv. Deswegen scheitern sie auch oft.

Die Abteilung WLK unterstützt die Mitarbeitenden auch methodologisch. Sie berät und hilft ihnen dabei, Videos zu erstellen, in denen Erfahrungen und Lessons Learned präsentiert werden. Das Storytelling ist eine bekannte Methode des Wissensmanagements, setzt aber technische Kenntnisse voraus, die nicht alle haben. Von 2015 bis 2017 wurden verschiedene Workshops organisiert, während derer die Interessierten die Möglichkeit hatten zu lernen, wie man Videos plant und produziert. Die Resultate können jetzt auf dem YouTube-Kanal der DEZA aufgerufen werden. Auch wenn diese Videos schön und interessant sind, kann man nicht übersehen, dass die Anzahl der Zugriffe sehr gering ist (durchschnittlich ca. 50, in einem einzigen Fall fast 200). Es ist also legitim, sich zu fragen, ob diese Methode angemessen ist. Zudem führt die Abteilung auch ein Blog24, wo Initiativen, Anlässe und Methoden rund um das Lernen vorgestellt werden. Die einzelnen Mitarbeitenden können sich also auch aktiv darüber informieren und mehr über neue Strategien und Methoden erfahren.

Der Wissenstransfer bei Stellenwechseln spielt auch eine zentrale Rolle. In der DEZA findet er folgendermassen statt: bei jeder Rotation oder Pensionierung ist ein Dossiertransfer vorgesehen. Der Prozess ist für alle gleich: mittels bestimmter Formulare halten die Mitarbeitenden fest, welches Wissen, welche Informationen und welche Dokumente für die Durchführung einer Arbeit notwendig sind. Dabei handelt es sich v.a. um das explizite Wissen. Beim impliziten Wissen ist die Situation manchmal komplexer, weil es nicht immer so einfach ist, es schriftlich zusammenzufassen. Deswegen bietet die Abteilung WLK ihre Unterstützung an. Dabei benutzt sie die Methode der Knowledge Map. Während des mündlichen Transfers zwischen Vorgänger und Nachfolger wird eine Art Karte gezeigt, in der vor allem Beziehungen und Personen graphisch dargestellt werden. Diese wird dann der Nachfolger helfen, die Prozesse besser zu verstehen und die Ansprechpersonen schneller zu identifizieren. Diese Unterstützung ist nur auf Anfrage, d.h. die Mitarbeitenden müssen sich erkundigen und explizit danach fragen. Die Anfragezahl ist sehr gering, jedoch waren alle, die diesen Service in Anspruch genommen haben, sehr zufrieden.

Die Wissensverteilung in der DEZA findet besonders in den Netzwerken statt. Selbstverständlich werden auch regelmässige Sitzungen innerhalb der verschiedenen Abteilungen organisiert. Schön an der Wissensverteilung ist aber, dass sie nicht unbedingt Betreuung braucht. Die Leute verteilen oft selbständig und freiwillig das Wissen, besonders in den Pausen. Deswegen spielen Gemeinschaftszonen eine wichtige Rolle. In der DEZA hat es, neben dem schon erwähnten smARTspace, natürlich auch andere solche Räumlichkeiten, wie zum Beispiel die Rauch-, Mittags- und Kaffeezonen und die Cafeteria. Das Gebäude verfügt über einen geräumigen Eingang, wo oft Ausstellungen oder Anlässe organisiert werden. Die Möglichkeiten für den Austausch, sowohl formell als auch informell, sind definitiv vorhanden.

Wissen bewahren

Auch wenn die Wissensbewahrung der letzte Baustein des Modells von Probst ist, wird er hier aufgrund der Logik vor der Wissensnutzung vorgestellt. Es ist nämlich einfacher zu erklären, wie man das Wissen benutzt, wenn man weiss, wie es aufbewahrt wird. Für Probst u.a. besteht der Wissensbewahrungsprozess aus drei verschiedenen Phasen: Selektion, Speicherung und Aktualisierung25. In der DEZA sammelt (Selektion) die Abteilung WLK und katalogisiert (Speicherung) alle DEZA-Publikationen. Dafür wird ein Bibliothekssystem verwendet. Via ein Online Public Access Catalogue (OPAC) können die Mitarbeitenden selber die nötigen Dokumente suchen. Im Katalog findet man Strategien, Evaluationen, Lessons Learned, Projektbeschreibungen, Zeitschriften, Filme, alle wenn möglich in elektronischer Form, damit die Mitarbeitenden direkten Zugriff darauf haben. Die Dokumente sind im Katalog direkt verlinkt und können am Arbeitsplatz heruntergeladen werden. Die schon erwähnte Umfrage über den Informationsbedarf hat jedoch gezeigt, dass der Katalog nicht so bekannt ist und selten benutzt wird26. Es besteht zudem ein Problem: die verlinkten Dokumente sind im DMS gespeichert. Dieses wird in der Regel für das Records Management benutzt, aber aus praktischen Gründen wird es auch als Ablage für wichtige Publikationen benutzt. Problematisch ist aber, dass das DMS in den Aussenstellen nicht funktioniert. Alle Mitarbeitenden, die nicht in der Zentrale arbeiten, können also lediglich im Katalog suchen, aber nicht selber die Dokumente herunterladen und müssen WLK um deren Zustellung per Mail bitten. Nicht alle haben also den gleichen Zugriff zum expliziten Wissen. Dieses Problem wird wahrscheinlich nächstes Jahr gelöst, wenn das neue DMS-System eingeführt wird. Es wird derzeit getestet und sollte auch in den Aussenstellen funktionieren. Ein anderes Problem besteht darin, dass keine Abgabepflicht existiert, d.h. WLK muss proaktiv die Dokumente suchen. Die Vollständigkeit der Sammlung ist also von der Arbeit der Abteilung WLK abhängig. Grundsätzlich bedeutet das, dass die Wissensbewahrung vom Zufall beeinflusst wird.

Die Bewahrungsstrategie der DEZA ist klar: alle produzierten und möglichst alle koproduzierten und (ko)finanzierten Dokumente sollten gespeichert werden. Indem alle neuen Dokumente konsequent katalogisiert werden, wird das Wissen immer wieder aktualisiert (dritte Phase von Probst) und gleichzeitig auch das institutionelle Gedächtnis sichergestellt (corporate memory).

Somit wird aber nur das explizite Wissen bewahrt, was passiert mit dem impliziten? Neben dem schon erwähnten Wissenstransfer27, beschäftigt sich WLK seit ein paar Monaten auch mit der Erfahrungskapitalisierung28. Dabei geht es nicht darum, das Wissen weiterzugeben (wie zum Beispiel im Wissenstransfer, wo das Wissen zwischen zwei Personen, in der Regel Vorgänger und Nachfolger, transferiert wird), sondern vielmehr idealerweise um seine Verbreitung in der ganzen Organisation. Ein solcher Prozess existiert in der DEZA schon seit Langem, er wurde in letzter Zeit aber ziemlich vernachlässigt, sodass auch nicht mehr ganz klar ist, was damit gemeint ist. Die Abteilung arbeitet im Moment an der Aktualisierung dieses Konzepts. Wie es am Ende sein wird, ist noch nicht festgelegt.

Wissen nutzen

Die Wissensbewahrung ermöglicht die Wissensnutzung. Laut Probst u.a. spielen in diesem Zusammenhang gewisse Barrieren eine wichtige Rolle, denn sie verhindern die Wissensnutzung. Diese können kulturell (Teilungsbarriere) als auch arbeitsbedingt (Nutzungsbarriere) sein29. Letztere ist mit der Benutzerfreundlichkeit von Datenbanken und Informationsmanagementsystemen stark verbunden. Es wurde mehrmals betont, dass dies in der DEZA besonders in Bezug auf das Intranet ein Problem ist.

Damit die Mitarbeitenden die wichtigen internen und externen Informationen nutzen können, bietet WLK auch ein Rechercheangebot an, welches sehr geschätzt wird30. Konkret können alle Mitarbeitenden, die Informationen zu einem bestimmten Thema brauchen, eine Recherche in Auftrag geben. Die Abteilung sucht dann die benötigten Informationen innerhalb einer festgelegten Zeit. Die Resultate werden in Form eines PDF-Dokuments geliefert, in dem die relevanten Artikel, Bücher, Filme usw. zum Thema aufgelistet sind. Die Bewertung der Inhalte liegt aber immer noch bei dem Auftraggeber. Um diese Dienstleistung hervorzuheben und sie im Haus bekannter zu machen, wurde letztes Jahr eine Datenbank erstellt, wo alle Rechercheresultate nach Thema und nach Region aufgelistet sind. Dieses Portal ist im Intranet zugänglich und steht allen Mitarbeitenden zur Verfügung. Es ist jedoch nicht klar, ob und wie oft es konsultiert wird.

Nutzungs- und Zeitbarrieren sind in der DEZA ein Problem. Es ist aber nicht klar, ob noch weitere Barrieren existieren. Gerade in Bezug auf die kulturellen Barrieren, welche für Probst u.a. so wichtig sind, weiss man in der DEZA zu wenig.

Wissensbewertung

Der letzte Baustein in Probsts Modell ist die Wissensbewertung. Wie schon erwähnt, ist das sehr schwierig, weil das Wissen nicht quantifizierbar ist. Deswegen wurde in dieser Arbeit nicht das Wissen, sondern die Tools untersucht. Durch diese Analyse wurde klar, dass für jeden Baustein zumindest ein Tool vorgesehen ist, was zeigt, dass kein grosser Mangel in einem bestimmten Wissensbereich vorliegt. Es wurde allerdings auch deutlich, dass gewisse Probleme vorhanden sind, vor allem in Bezug auf den Informations- und Wissensfluss. Die Mitarbeitenden haben Schwierigkeiten, die Informationen zu finden, weil es zu viele hat oder weil das Tool (beispielsweise das Intranet) zu kompliziert bzw. zu wenig benutzerfreundlich ist. Lücken bestehen zudem in der Wissensbewahrung, wobei noch abzuklären wäre, ob die Mitarbeitenden dieses Wissen für die Durchführung ihrer Tätigkeiten wirklich benötigen oder ob es sich nur um das kollektive Gedächtnis der Institution handelt (operationelle vs. historische Dokumente). Es hat sich auch gezeigt, dass das externe Wissen wichtig ist, aber besonders in den Netzwerken, wo es schon gut Platz findet. Die Mitarbeitenden haben zudem zahlreiche Gelegenheiten, das persönliche Wissen zu entwickeln, allerdings haben sie oft den Eindruck, dass sie zu wenig Zeit dafür haben. Manche Veranstaltungen, besonders die, die über Mittag stattfinden, sind immerhin ziemlich gut besucht.

Schliesslich ist noch die wichtige Rolle der Abteilung WLK zu unterstreichen. Die Abteilung bietet für jeden Baustein ein Tool und bemüht sich, die Begriffe und die Prozesse regelmässig zu überdenken und zu aktualisieren. Oft bleibt es aber in der Verantwortung der einzelnen Mitarbeitenden, diese Tools und die Unterstützung zu benutzen. Es ist also wichtig, dass sie richtig darüber informiert sind und ihnen bewusst ist, dass diese Angebote existieren.

Zusammenfassung

Die DEZA weiss nicht, was die DEZA weiss. Mit dieser Arbeit wollte ich untersuchen, wie viel Wahrheit in dieser Redewendung steckt. Dafür habe ich zunächst definiert, was unter Wissens- und Informationsmanagement verstanden wird. Für diese Analyse habe ich mich entschieden, die implementierten Tools für das Wissensmanagement zu überprüfen. Die Resultate haben klar gezeigt, dass die Situation weniger gravierend ist, als erwartet. In den letzten Jahren wurde schon viel gemacht, auch wenn nicht immer alles gut funktioniert hat. Neben einigen technischen Aspekten (wie zum Beispiel dem Intranet), besteht das Problem vor allem darin, dass in den letzten Jahren zu wenig Promotion und Nutzung stattgefunden hat. Das hat dazu geführt, dass die Mitarbeitenden nicht nur ungenügend involviert sind, sondern auch die verschiedenen Angebote und Möglichkeiten nur unzureichend kennen. Sie unterschätzen zudem die existentielle Rolle des Wissensmanagements für eine Organisation und beteiligen sich zu wenig. Es ist auch erstaunlich, dass sie sich einerseits darüber beschweren, dass die DEZA nicht weiss, was die DEZA weiss, andererseits auch nichts machen, um diese Situation zu verbessern. Der Informationsfluss und das Wissensmanagement haben Aktualisierungsbedarf und können verbessert werden.

Mit dieser Arbeit habe ich nicht das ganze Wissensmanagementsystem der DEZA untersucht, sondern nur einige Aspekte. Hoffentlich kann sie aber als Ausgangspunkt für die Verbesserung und die Weiterentwicklung des Wissensmanagements in der DEZA dienen. Idealerweise sollte am Ende dieses Prozesses die Redewendung angepasst werden: die DEZA weiss, wo das Wissen zu finden ist und benutzt es konsequent.


  1. Nicht alle DEZA-Mitarbeitenden rotieren. Das administrative Personal, wie z.B. die Assistentinnen und die Assistenten, rotiert nicht.↩︎

  2. Zusammenstellung von Zitaten: https://www.eda.admin.ch/deza/de/home/deza/portraet.html und https://www.eda.admin.ch/deza/de/home/deza/portraet/textportraet.html [Zugriff 27.05.18].↩︎

  3. Es handelt sich hier lediglich um ein Beispiel, die Rotation hat keine fixen Etappen. Die neuen Stellen werden nicht willkürlich besetzt, sondern durch einen ganz normalen Rekrutierungsprozess. Die Mitarbeitenden können sich für die gewünschte Stelle bewerben. Um zu vermeiden, dass die «schwierigen» Stellen vakant bleiben (z.B. Kobü Kabul), sind die Leute jedoch angehalten, drei Präferenzen zu äussern.↩︎

  4. Dazu besonders: North, Klaus: Wissenorientierte Unternehmensführung. Wissensmanagement gestalten. Wiesbaden 2016 (6. Auflage), S. 33ff.↩︎

  5. Probst, Gilbert; Raub, Steffen; Romhardt, Kai: Wissen managen. Wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen. Wiesbaden 2012 (7. Auflage), S. 23.↩︎

  6. Dazu vgl. u.a. Katenkamp, Olaf: Implizites Wissen. Konzepte, Methoden und Ansätze im Wissensmanagement. Wiesbaden 2011.↩︎

  7. Der Begriff wird für das erste Mal benutzt in: Senge, Peter M.: The fifth discipline. The art and practice of the learning organization. New York u.a. 1997.↩︎

  8. Vgl. z.B. Schmid, Hedwig: Barrieren im Wissenstransfer. Ursachen und deren Überwindung. Wiesbaden 2013, S. 12.↩︎

  9. Probst, Wissen managen.↩︎

  10. Probst, Wissen managen, S. 34.↩︎

  11. Weitere Methode der Wissensbewertung in Lehner, Franz: Wissensmanagement. Grundlagen, Methoden und technische Unterstützung. München 2014 (5. Aufl.), S. 236ff.↩︎

  12. Bemerkung: eine klare Einordnung ist nicht immer möglich, denn manche Tools können zu mehreren Bausteinen gehören. Um Wiederholungen zu vermeiden, werden sie nur einmal vorgestellt und zwar im Baustein, dem sie am meisten entsprechen.↩︎

  13. Probst, Wissen managen, S. 118.↩︎

  14. Dies zeigte eine Umfrage zur Organisationskultur. Einige DEZA-Mitarbeitenden sagten, dass sie zu wenig Zeit für die Wissensentwicklung haben und dass sie lieber andere Aufgaben priorisieren. Mehr zu den Barrieren: Schmid, Barrieren.↩︎

  15. Nach einer Einführung wird immer um ein Feedback gebeten. Deswegen weiss die Abteilung, dass der Kurs für die neuen Mitarbeitenden sehr nützlich ist. Die Rückmeldungen sind in der Regel oft sehr positiv, auch wenn die Teilnehmerzahl ziemlich niedrig ist (3-4 Personen pro Einführung).↩︎

  16. Vgl. oben, Kap. 4.1.↩︎

  17. Vgl. zum Beispiel Reinmann-Rothmeier, Gabi; Mandl, Heinz; Erlach, Christine; Neubauer, Andrea: Wissensmanagement lernen. Ein Leitfaden zur Gestaltung von Workshops und zum Selbstlernen. Weinheim und Basel 2001, S. 120.↩︎

  18. Probst, Wissen managen, S. 120ff.↩︎

  19. Vgl. zum Beispiel Probst, Wissen managen, S. 1.↩︎

  20. Grundsätzlich dazu: Ackermann, Benno; Krancher, Oliver; North, Klaus; Schildknecht, Katrin; Schorta, Silvia: Erfolgreicher Wissenstransfer in agilen Organisationen. Hintergrund – Methodik –Fallbeispiele. Wiesbaden 2018.↩︎

  21. Vgl. zum Beispiel: Internetseite des Netzwerkes RésEAU, wo das Netzwerk folgendermassen beschrieben wird: «RésEAU is SDC’s water network. It aims at assuring the sector knowledge management within SDC and with partners». Zitat aus: https://www.shareweb.ch/site/Water/reseau/
    Pages/About-ResEAU.aspx
    [Letzter Zugriff: 26.05.18].↩︎

  22. Vgl. zum Beispiel die F2F vom Netzwerk Health: https://www.shareweb.ch/site/Health/about-us/
    activities/face-2-face
    [Letzter Zugriff: 26.05.18].↩︎

  23. Vgl. dazu diese Internetseite: https://www.shareweb.ch/site/Learning-and-Networking/home-sdc-
    networks/managing-and-supporting-networks2
    [Letzter Zugriff: 28.05.2018].↩︎

  24. https://www.sdc-learningandnetworking-blog.admin.ch [Letzter Zugriff 03.06.18].↩︎

  25. Probst, Wissen managen, S. 203ff.↩︎

  26. 37% der Teilnehmenden sagen, dass sie den Katalog nicht kennen. Nur 12% benutzen ihn mehr als einmal pro Monat, 32% nur ab und zu und 17% gar nicht.↩︎

  27. Auch wenn der Wissenstransfer unumstritten zur Wissensverteilung gehört, hilft er m.E. auch dabei, dass das vorhandene Wissen nicht verloren geht. Deswegen gehört er für mich auch zur Wissensbewahrung.↩︎

  28. Erfahrungskapitalisierung ist ein Begriff, der von der DEZA erfunden wurde. Vgl. DEZA: Glossar «Wissensmanagement» und Capacity Development. Bern 2006, S. 3f.: «Erfahrungskapitalisierung ist die Umwandlung von (individuellem und institutionellem) Erfahrungswissen in Kapital zur Veränderung einer kollektiven, institutionellen Praxis durch die direkt Beteiligten.» Das Glossar ist online zugänglich unter dem Link: https://www.eda.admin.ch/dam/deza/de/documents/publikationen/glossar/157990-glossar-wissensmanagement_DE.pdf↩︎

  29. Probst, Wissen managen, S. 185f., 195.↩︎

  30. Das wird von der Umfrage über den Informationsbedarf bestätigt: 57% der Teilnehmenden geben zu, Unterstützung bei einer thematischen Recherche zu benötigen. Nach der Lieferung der Resultate werden die Auftraggebenden immer um ein Feedback gebeten, welches oft (sehr) positiv ist.↩︎