Ihre stärksten Impulse hat die Partikelforschung ganz ohne Zweifel durch Arbeiten aus dem Bereich der germanistischen Linguistik erfahren, wobei die 1969 veröffentlichte Dissertation von Harald Weydt sicherlich zu den einflussreichsten Publikationen zählt. Von Anfang an hat das Interesse der Sprachwissenschaft aber nicht bei den deutschen Partikeln Halt gemacht, und bereits auf dem ersten Partikelkongress 1977 in Berlin beschäftigte sich ein erstaunlich hoher Anteil der Beiträge mit anderen Sprachen, häufig auch unter kontrastivem Aspekt Diese Tendenz hat sich auf den nachfolgenden Symposien und Kongressen noch weiter verstärkt.
Zwar haben die Interessenlagen seither immer wieder gewechselt, und dementsprechend haben sich natürlich auch die Gesichtspunkte verändert, unter denen Partikeln erforscht wurden: syntaktische, semantische und morphologische wechselten sich mit pragmatischen, diskursanalytischen oder ganz allgemein interaktionsbezogenen Ansätzen der Analyse ab. Insgesamt komplementieren sich dieser verschiedenen Herangehensweisen über die Jahre zu einem immer vollständigeren Bild eines schillernden, komplexen und immer wieder aufs Neue spannenden Forschungsgegenstandes.
Es ist daher wenig verwunderlich, wenn das Interesse an Partikeln im Deutschen wie in anderen Sprachen auch vierzig Jahre nach dem Erscheinen von Harald Weydts Buch ungebrochen ist. Der vorliegende Band legt davon ein beredtes Zeugnis ab. Er beinhaltet neun ausgewählte ausgerichtete Beiträge der Tagung "40 Jahre Partikelforschung", die im Februar 2009 in Bern abgehalten wurde. Allen Beiträgen ist gemein, dass sie sich nicht nur mit dem Deutschen, sondern auch – in einzelnen Fällen auch ausschließlich – mit anderen Sprachen beschäftigen.
Gleich vier Beiträge behandeln slawische Sprachen, wobei zweimal eine westslawische (Polnisch und Tschechisch), einmal eine ostslawische (Russisch) und einmal eine südslawische Sprache (Kroatisch) thematisiert wird. Gabriele Diewald und Marijana Kresić stellen "Ein übereinzelsprachliches kontrastives Beschreibungsmodell für Partikelbedeutungen" vor, in dem das Deutsche und das Kroatische kontrastiert werden. Ebenfalls direkt sprachvergleichend, wenngleich unter einem anderen Aspekt, untersucht Magdalena Szulc-Brzozowska in ihrem Aufsatz "Zur Bedeutung ausgewählter Abtönungspartikeln im Deutschen und ihrer Äquivalente im Polnischen" Partikeln der beiden genannten Sprachen. Marek Nekulas Beitrag: "Partikeln und Wortfolge" behandelt den Grammatikalisierungsgrad von Partikeln und zeigt die Entwicklung der tschechischen Enklitika auf, die den deutschen Abtönungspartikeln funktional sehr nahe stehen. Einem ganz anderen Thema wendet sich demgegenüber Michael Schümann zu, wenn er unter dem Titel: "Der deutsche würde-Konjunktiv und der russische Partikel-Konjunktiv im Vergleich" zwei analytisch gebildete Verbformen im Bereich des Ausdrucks von Modus untersucht.
Die drei folgenden Beiträge befassen sich mit der Romania und behandeln zweimal das Französische, einmal das Italienische. Kurt Feyaerts und Steven Schoonjans untersuchen die "Übersetzung von Modalpartikeln als Indiz ihres Grammatikalisierungsgrades" und nehmen sich dabei "die französischen Pendants von denn und eigentlich" vor, während Klaus Hölker seinen Beitrag den verschiedenen Aspekten und Funktionen von französisch quoi widmet. "Les particules en italien: formes et fonctions" sind dem gegenüber das Thema des Beitrags von Anna-Maria DeCesare.
Johanneke Caspers und Ton van der Wouden stellen in "Modal particles in Dutch as a second language: Evidence from a perception experiment" eine empirische Studie vor, die sich mit der Perzeption niederländischer Partikeln durch Muttersprachler und nicht-Muttersprachler befasst. Der Beitrag von Rosemarie Lühr, "Partikeln in indogermanischen Sprachen", führt dann sozusagen noch einmal zu den Wurzeln der Partikeln im Indogermanischen zurück.