Es geht in diesem Beitrag um einen Diskursmarker, mit dem ich mich recht ausführlich in Hölker (1988) beschäftigt habe. Die Wiederbeschäftigung mit dem französischen quoi nach zwanzig Jahren erscheint insofern lohnenswert, als es heute oft als Höflichkeitsmarker beschrieben wird (cf. Beeching 2002, 2006) – ein Aspekt des Gebrauchs von quoi, der in den achtziger Jahren noch nicht im Mittelpunkt des Interesses stand – denn es erhebt sich so die interessante Frage, inwiefern es möglich ist, mit einem primär diskursorganisierenden Marker Höflichkeitseffekte zu erzielen. Der zweite Grund, aus dem sich eine Wiederaufnahme lohnt, ist der, dass es heute möglich ist, die Bedeutungen von quoi präziser zu beschreiben. Eine solche präzisere Beschreibung, die hier vor allem in Anlehnung an die kognitive Grammatik (Langacker 1987, 1991, 2008; Fauconnier 1984) geliefert werden soll, gestattet es dann natürlich auch, seine Funktionsweise besser zu verstehen.
Quoi ist ein (pragmatischer) Marker, der ausschließlich in der gesprochenen Sprache vorkommt1. Was quoi von den meisten anderen Markern unterscheidet, ist, dass es in keinem Zusammenhang mit anderen Verwendungen desselben Ausdrucks steht. Es lässt sich also nicht sagen, es sei von der Interjektion quoi abgeleitet, wie sie in (1) und (2) vorkommt:
(1) | Quoi ! passés pour jamais ? quoi ! tout entiers perdus ? (Lamartine) (Robert) |
(2) | Tu viens ? – Quoi ? – Je te demande si tu viens. (Robert) |
Es gibt auch keinen Zusammenhang zwischen quoi als Marker und quoi als Pronomen. Als Pronomen kommt es in folgenden Beispielen vor:
(3) | Il y avait de quoi s'amuser. Tu fais quoi ? |
Als Diskursmarker hat quoi einen Skopus, d. h. es verbindet sich bei einem Vorkommen mit einem Ausdruck, ohne den es nicht vorkommen könnte. Welchen Skopus/Skopusausdruck quoi bei einem bestimmten Vorkommen hat, ist nur unter Berücksichtigung des weiteren Kotexts bestimmbar. Quoi steht als Diskursmarker unmittelbar hinter seinem Skopus2 . Deshalb auch oft seine Beschreibung als "postponiertes quoi". In (4) ist der Skopus von quoi das zweite Vorkommen von tout. Ohne dieses tout könnte quoi hier nicht vorkommen und seine einzig mögliche Position ist hier die unmittelbar nach tout:
(4) | tout ce qu'ils possédaient, leur campagne, les charrettes, brancards en l'air, leurs champs, leurs enclos, la route, les arbres et même les vaches, un chien avec sa chaîne, tout, quoi. |
(Céline) (Robert) |
Die folgende Darstellung der Bedeutungen von quoi beruht auf einem Korpus von Arzt-Patient-Gesprächen3 (A-P-Korpus) und auf dem Bristol Corpus. Die Beispiele stammen aus diesen Korpora und aus dem Robert. Betrachtet man dieses Material, so lässt sich zunächst einmal feststellen, dass der Skopus von quoi in ganz unterschiedlichen Relationen zu seinem vorangehenden Kotext stehen kann:
1. Der Skopus kann ein Resümee sein. In (4) fasst tout die vorangehende Aufzählung zusammen.
2. Der Skopus von quoi kann mit einem Ausdruck im vorangehenden Kotext synonym sein. Hier lassen sich drei Fälle unterscheiden:
2.1. Der Skopus von quoi ist mit einem Ausdruck im vorangehenden Kotext vollständig synonym:
(5) | Je dois t'avertir que le «barrio chino», le quartier chinois, quoi, est plein d'indicateurs et de poulets des deux sexes et de toutes les nationalités... |
(MacOrlan) (Robert) |
In diesem Beispiel ist le quartier chinois die Übersetzung von barrio chino.
2.2. In (6) ist comme d'habitude quasisynonym mit normalement:
(6) | A: | Vous n'aviez pas fait d'excès de boissons ou autres ? |
P: | Non, pas du tout. Mangé normalement, comme, comme d'habitude, quoi. | |
(A-P-Korpus H.4) |
2.3. Im folgenden Beispiel ist À la Légion kotextuell synonym mit au régiment étranger in dem Sinne, dass das intendierte Referenzobjekt von régiment étranger nicht ein spezielles Regiment der Fremdenlegion ist (dies ist die lexikalische Bedeutung von régiment étranger), sondern die Fremdenlegion als ganze:
(7) | – | Je sers au régiment étranger. |
– | Au régiment ?... | |
– | À la Légion, quoi. | |
(Bernanos) (Robert) |
3. Der Skopus von quoi kann eine wörtliche Wiederholung sein. Im folgenden Beispiel wird normalement wiederholt:
(8) | A: | Est-ce que vous êtes un buveur habituel, ou bien si vous ne buvez pas du tout ? |
P: | Non, normalement, bah, normalement, quoi, en mangeant, du vin, autrement je bois pas. | |
(A-P-Korpus H.4) |
4. Der Skopus von quoi kann eine Information liefern, die schon aus dem Kotext aufgrund von allgemeinem Sachwissen inferierbar ist. In (9) sagt B, dass er erst seit einem Monat als Verkäufer arbeitet. Das lässt darauf schließen, dass er noch kein Experte ist und dies formuliert er dann auch explizit mit j'ai pas encore très bien le truc en main:
(9) | A: | Il y a des aspects qui vous qui vous déplaisent? |
B: | [pause] Non, enfin je viens de commencer là, ça fait un mois que je suis euh que je suis vendeur, alors bon j'ai pas encore très bien le truc en main, quoi. Mais non, pour l'instant, ça va. | |
(Bristol Corpus 116, 144–148) |
5. Der Skopus von quoi kann eine Einschränkung dessen sein, was im Kotext gesagt worden ist. Im folgenden Beispiel beschreibt B, die Mutter von P, die heftigen Kopfschmerzen, die ihr Sohn manchmal hat, und fügt dann hinzu, dass es ihm besser geht (ça va mieux), wenn er sich übergeben hat. Der Sohn schränkt diese Aussage ein mit un peu mieux:
(10) | B: | Et puis ap ... puis alors après, quand il a fort mal au tempes comme ça, il a envie ... quand il vomit sa bile, eh ben, il a ... ça va mieux. |
P: | Ah, un peu mieux, quoi. | |
B: | Ça va un peu mieux. | |
(A-P-Korpus III.7.2) |
Es gibt auch einen formalen Test, um zu bestimmen, wie weit der Skopus von quoi reicht, denn normalerweise kann dem Skopus enfin vorangehen, wie in:
(11) | Ä: | Alors, qu'est-ce qui vous amène ? |
P: | Bon, je vous vois parce que j'ai mon œil gauche qui me lance énormément. | |
Ä: | Oui. | |
P: | Autrement, j'ai une bronchite assez accentuée, j'ai des maux de tête, tout ça, mais habituellement il me lance, et j'ai assez souvent la vue trouble. Enfin ... pf, c'est pas ça, quoi. | |
(A-P-Korpus III.1.1) |
Enfin ist prospektiv, d. h. es charakterisiert den Ausdruck, der folgt, und quoi ist retrospektiv, d. h. es charakterisiert den Ausdruck, der vorangeht.
Was markiert quoi nun? Es wäre natürlich verführerisch zu sagen, dass es deutlich macht, dass sein Skopus in einer der genannten semantischen Relationen zum vorangehenden Kotext steht. Es gibt tatsächlich Marker, die solche Relationen (oder besser die daraus abgeleitete Funktion des Skopusausdrucks), deutlich machen, etwa en un mot oder bref, die anzeigen, dass ihr Skopus ein Resümee ist. Aber warum sollten Sprecher/Sprecherinnen etwa markieren, dass ein Ausdruck synonym ist mit einem anderen Ausdruck in seinem Kotext? Ferner müsste man bei dieser Vorgehensweise annehmen, dass quoi höchst ambig ist. Es ist deshalb adäquater anzunehmen, dass quoi markiert, dass sein Skopus in einer Relation zum vorangehenden Kotext steht, unter die sich die genannten spezielleren Relationen subsumieren lassen. Diese Relation ist die der referentiellen Wiederholung (cf. Hölker 1988: 78–81). Ein Ausdruck ist eine referentielle Wiederholung, wenn er sich auf ein Objekt (Person, Tier, Pflanze, Gegenstand, Eventualität (Ereignis, Zustand)) oder eine Gruppe von Objekten bezieht, die im vorangehenden Kotext schon erwähnt worden ist. Wie die Beispiele (4)–(10) zeigen, ist die Realisierung der referentiellen Wiederholung allerdings in diesen Fällen nicht dieselbe wie bei anderen referentiellen Wiederholungen, etwa bei einer Anapher. Es ist vielmehr so, dass der Sprecher/die Sprecherin mit dem Skopusausdruck ein Objekt noch einmal beschreibt oder erneut identifiziert. Quoi markiert, so lässt sich also sagen, dass sein Skopus eine solche referentielle Wiederholung ist.4
Warum markieren Sprecher/Sprecherinnen solche referentiellen Wiederholungen? Die Antwort ist: weil solche Wiederholungen diskursorganisierende Funktion haben. Es sind Abschlüsse oder Korrekturen (cf. Hölker 1988: 81–91). Das, was abgeschlossen wird, kann ein (lokales oder globales) Thema sein, eine Antwort, eine Aufzählung etc. Einen Abschluss zu markieren, ist auch relevant für das Turn-taking, weil die Stelle nach einem Abschluss ein Transition Relevance Place, ein möglicher Turn Transition Point ist. Die Korrekturen sind keine echten Inhaltskorrekturen, sondern Formulierungskorrekturen, Ausdruckskorrekturen oder Präzisierungen (cf. Hölker 1988: 81–86), also Korrekturen, die die Art der Beschreibung dessen, worüber gerade gesprochen wird, betreffen. Auch die Funktionen des Abschlusses und der Korrektur werden durch quoi markiert, denn dadurch, dass der Sprecher/die Sprecherin mit quoi markiert, dass ein Ausdruck eine referentielle Wiederholung ist, impliziert er/sie, dass der Ausdruck abschließende Funktion oder dass er korrigierende Funktion hat.5 Diese Implikaturen, als konversationelle entstanden, können als konventionalisiert betrachtet werden (cf. Grice 1975: 44f.), weil die referentiellen Wiederholungen des bisher betrachteten Typs offenbar stets eine der beiden Funktionen haben.
Die so konzipierte Beziehung zwischen der Bedeutung 'referentielle Wiederholung' und den Bedeutungen 'Abschluss' und 'Korrektur' ist eine der Bedeutungserweiterung (extension) im Langackerschen (1987: 370–386) Sinne. Diese Beziehung ist in (R1) (mit einem gestrichelten Pfeil) dargestellt:
(R1)
Es gibt nun einen weiteren Gebrauch von quoi. Ein Beispiel dafür ist (12), geäußert von einem Fremdenführer, der Touristen durch eine mittelalterliche Burg führt:
(12) | Ce sont les oubliettes, quoi. |
Der Skopus von quoi bezieht sich hier nicht auf ein Objekt, das zuvor schon erwähnt worden ist, sondern auf ein Objekt, das Burgverlies, das die Adressaten in der Kommunikationssituation sehen können, das ihnen kontextuell zugänglich ist. Man kann hier von "kontextueller referentieller Wiederholung" (cf. Hölker 1988: 49, 80) sprechen, wenn man unter "referentieller Wiederholung" nun genereller das Erwähnen eines Objekts versteht, das dem Adressaten schon ko- oder kontextuell zugänglich ist. Die unter 2 behandelten Fälle von referentieller Wiederholung sind dann kotextuelle referentielle Wiederholungen. Als Bedeutungen von quoi sind 'kotextuelle referentielle Wiederholung' und 'kontextuelle referentielle Wiederholung' Elaborationen6 (Spezialisierungen) der Bedeutung 'referentielle Wiederholung'. (R2) stellt diese Beziehungen zwischen den Bedeutungen von quoi dar (wobei ein durchgezogener Pfeil die Beziehung der Elaboration repräsentiert):
(R2)
'Referentielle Wiederholung' ist so die grundlegende Bedeutung von quoi. Es markiert also stets, dass der Skopus sich auf ein Objekt bezieht, das dem Adressaten schon zugänglich ist. Dieses Objekt ist natürlich auch dem Sprecher/der Sprecherin zugänglich, da dieser/diese ja den Skopusausdruck äußert. Insofern lässt sich die Explikation des Konzepts der referentiellen Wiederholung mit Hilfe des Konzepts des Current Discourse Space (CDS) präzisieren. Dieses Konzept führt Langacker folgendermaßen ein:
Quoi markiert demnach mit seiner Grundbedeutung, dass das Bezugsobjekt des Skopus schon in den gemeinsam aufgebauten Diskursraum eingeführt ist, also für Sprecher/Sprecherin und Adressat/Adressatin schon kognitiv zugänglich ist, bevor der Skopusausdruck geäußert wird.
Dies gilt nun offenbar auch für das Wissen über das Bezugsobjekt, das mit dem Skopusausdruck von quoi verbunden ist. Denn wie die Beispiele (4)–(9) und (12) zeigen, kann der Adressat dieses Wissen aus dem Ko- oder Kontext und sprachlichem und/oder allgemeinem Sach- und Hintergrundwissen inferieren (cf. Hölker 1988: 42–51).7 Beeching (2006: 160) schreibt dazu: "There are a number of cases where quoi appears to mark "mutual manifestness": the speaker flagsawareness of an assumption of previous knowledge in the interlocutor, suggesting that what has just been said is of course obvious." Die Grundbedeutung von quoi kann demnach folgendermaßen beschrieben werden: quoi markiert, dass das Referenzobjekt seines Skopus und das Wissen über das Referenzobjekt, das mit seinem Skopus verbunden ist, schon Teil des CDS sind.8 Sie können über den Kotext oder den Kontext eingeführt sein. Die Bedeutungen von quoi und die Beziehungen zwischen ihnen lassen sich nun so darstellen:
(R3)
Die genannte Grundbedeutung gestattet es, bestimmte Effekte des Gebrauchs von quoi zu erklären, in erster Linie den der Höflichkeit, den Beeching (2002, 2006) sehr ausführlich behandelt, die sogar von "Kamaraderie" spricht. Es ist klar, dass es höflich wirken kann, wenn der Sprecher/die Sprecherin darauf anspielt, dass der Adressat/die Adressatin schon über ein bestimmtes Wissen verfügt, weil sich so der Adressat/die Adressatin in seiner/ihrer eigenen Kompetenz bezüglich des Gesprächsgegenstandes sozusagen zurücknimmt. Auch die Anspielung darauf, dass es sich um ein geteiltes Wissen, also um etwas handelt, das Sprecher/Sprecherin und Adressat/Adressatin gemeinsam ist, mag zu diesem Effekt beitragen.
Der Gebrauch von quoi kann aber auch recht unhöflich wirken. Wenn ich etwa in einer Bäckerei sage:
(13) | Je voudrais une couronne, quoi. |
so bedeutet das, dass der Verkäufer schon wissen sollte, was ich möchte, etwa weil ich es schon gesagt habe, der Verkäufer aber nicht darauf eingegangen ist. Es handelt sich dann um einen impliziten Vorwurf. Manche Wörterbücher (z. B. Lange-Kowal 1964: 398) umschreiben diesen Gebrauch von quoi als Ausdruck der Ungeduld. Zu erwähnen ist hier auch der insistierende Gebrauch, für den (14) ein Beispiel ist, geäußert von einem Kind, das der Mutter schon gesagt hat, dass es einen Lutscher möchte:
(14) | Mais je veux une sucette, quoi. |
Ein solches Insistieren gilt normalerweise ebenfalls als unhöflich. Insofern kann der Effekt der Höflichkeit nicht als konventionell mit quoi verbunden betrachtet werden.
Es ist oft bemerkt worden, dass quoi besonders häufig bei problematischen (nichtglatten, nichtflüssigen, misslungenen) Formulierungen vorkommt (cf. Beeching 2006: 155–157, Chanet 2001: 70f.), wie in folgenden Beispielen:
(15) | P: | Oui, et pis j'pourrais aussi avoir un ... une sorte de, une sorte de certificat, quoi ... pour ... avec le prix que j'ai payé ? [...] |
(A-P-Korpus II.4.2) |
(16) | B: | [...] Bon ben on peut à l'occasion justifier, euh, sa démence quoi, hein. Mais à partir du moment où il y a trois, quatre personnes qui s'agressent à quelqu'un, c'est c'est c'est plus de la débilité quoi, c'est vraiment, euh, de la méchanceté [...]. |
(Bristol Corpus 144, 83–86) |
Betrachtet man une sorte de certificat in (15) und c'est plus de la débilité in (16) als Skopus von quoi, so lässt sich nicht sagen, das jeweilige Referenzobjekt sei schon in den Current Discourse Space eingeführt. Es gibt auch keinen Grund anzunehmen, quoi markiere bei solchen Vorkommen, dass eine problematische Formulierung vorliegt. Quoi müsste dann nämlich in Gesprächen sehr viel häufiger vorkommen als es tatsächlich der Fall ist, denn misslungene Formulierungen sind in gesprochener Sprache sehr frequent. Ferner müsste quoi an beliebigen Stellen des Formulierungsprozesses auftreten können. Tatsächlich kommt es aber nur an bestimmten, recht präzise beschreibbaren Stellen vor. In Hölker (1988: 104f.) habe ich quoi in dieser Verwendung als einen Marker beschrieben, der den Abschluss einer Folge von Korrekturen kennzeichnet. Diese Beschreibung ist insofern plausibel, als jedem Element der Folge enfin vorangehen kann, weil dieser Marker prospektiv seinen Skopus als Korrektur charakterisieren kann. Beispiel (15) könnte also folgende Form haben:
(15.1) | P: | Oui, et pis j'pourrais aussi avoir un ... enfin une sorte de, enfin une sorte de certificat, quoi ... pour ... avec le prix que j'ai payé ? [...] |
Aber auch hier, wie schon bezüglich der anhand der Beispiele (4)–(10) beschriebenen semantischen Relationen unter 1–5, erhebt sich die Frage nach der Relevanz. Warum sollten Sprecher/Sprecherinnen das Ende einer Folge von Korrekturen kennzeichnen? Eine Antwort auf diese Frage lässt sich mithilfe des in Langacker (2001) entwickelten Konzepts des Attentional Framing geben, ein Konzept, das Langacker Chafe (1994) zuschreibt. Langacker schreibt zum Attentional Framing:
This dimension of linguistic organization involves the presentation of information in coherent "packets" of digestible size.
(Langacker 2001: 154)
Dieses Konzept ist auch von allgemeiner Relevanz für die Analyse von Konversationen, weil es als eine partielle Explikation des Konzepts des Formulierens betrachtet werden kann; denn da einem Frame oft ein einfacher Satz (clause) entspricht und einfache Sätze als diskursive Grundeinheiten betrachtet werden können, lassen sich Frames als Grundeinheiten des Produzierens (und des Verstehens) von Diskursen/Texten auffassen (cf. Langacker 2008: 486).
Ich möchte das Konzept des Attentional Framing zunächst anhand von zwei Beispielen erläutern, in denen die Formulierung unproblematisch (glatt, flüssig, gelungen) ist. Die Einteilung in Frames ist durch Schrägstriche angegeben:
(17) | A: | Ce qu'on pourrait vous proposer / si ça vous le fait régulièrement / en particulier tous les jours / on pourrait vous faire un enregistrement sur vingt-quatre heures / de l'électrocardiogramme / c'est-à-dire / qu'on vous fait porter un petit appareil pendant vingt-quatre heures / qui enregistre l'électrocardiogramme / et qui permet de voir ce qui se passe / au moment où vous avez ces sensations-là. |
(A-P-Korpus 6.8.2) |
Die meisten Frames in diesem Beispiel entsprechen tatsächlich einfachen Sätzen, etwa si ça vous le fait régulièrement oder qui enregistre l'électrocardiogramme. Es finden sich aber etwa auch ein durch Präposition abgeschlossener Ausdruck (Präpositionalphrase) (de l'électrocardiogramme), ein nominaler Ausdruck, der oft, so auch hier, adverbial vorkommt, (tous les jours) zusammen mit einer Fokuspartikel (en particulier) oder der Korrekturmarker c'est-à-dire. Da Frames als Intonationseinheiten Intonationssyntagmen entsprechen, ist die Zuordnung syntaktischer Einheiten zu Frames, auch wenn jene unterschiedlichen Typs sein können, nicht beliebig. So versteht sich auch, dass die Korrespondenz zwischen hierarchisch aufgebauter grammatischer Struktur und linearem Framing wesentlicher Bestandteil des Konzepts des Attentional Framing ist:
(Langacker 2001: 156)
In (18), dem zweiten Beispiel für eine Frameanalyse einer gelungenen Formulierung, kommt am Ende des Turns der Patientin (P) quoi vor. Das Vorkommen von quoi ist hier also nicht dadurch bedingt, dass die vorangehende Formulierung problematisch wäre. Quoi markiert hier vielmehr die abschließende Funktion von j'ai fait ça au bout d'un an:
(18) | Ä: | Et ... vous avez déjà porté des lunettes à double foyer, d'après c'que je |
P: | Non / j'avais fait modifier ... / mes yeux l'année dernière / et ... puis ... / le docteur m'avait dit / oh ben, je pense que dans six mois / ce sera nécessaire / Et enfin / c'était pas vraiment nécessaire l'année dernière / Pf, puis / en fait de six mois / j'ai traîné / j'ai fait ça au bout d'un an, quoi. [Lachen] | |
Ä: | D'accord. [...] | |
(A-P-Korpus I.6.1) |
Der Skopus von quoi, nämlich j'ai fait ça au bout d'un an ist hier identisch mit dem letzten Frame9 einer Folge von Frames. Diese Folge von Frames entspricht einer vollständigen grammatischen, d. h. strukturellen Einheit, nämlich dem Satz en fait de six mois, j'ai traîné, j'ai fait ça au bout d'un an. Der Ausdruck j'ai fait ça au bout d'un an vervollständigt den Ausdruck en fait de six mois, j'ai traîné zu einer komplexeren strukturellen Einheit. Der Skopus von quoi hat in (18) also zwei Eigenschaften: auf der Ebene des Attentional Framing entspricht er einem Frame, der der letzte in einer Folge von Frames ist; auf der Ebene der grammatischen Struktur vervollständigt er einen Ausdruck.
Diese beiden Eigenschaften hat der Skopus von quoi nun nicht immer. In (4) etwa ist das zweite Vorkommen von tout, das die Aufzählung der Objekte zusammenfasst und so abschließt und auch eine partielle Wiederholung von tout ce qu'il possédaient darstellt, zwar ein Frame, vervollständigt jedoch auf der Ebene der grammatischen Struktur keinen Ausdruck zu einer komplexeren strukturellen Einheit. Wenn quoi aber am Ende einer problematischen Formulierung vorkommt, wie in (15), weist sein Skopus stets diese beiden Eigenschaften auf. (15.2) zeigt die Framestruktur dieses Beispiels:
(15.2) | P: | Oui / et pis / j'pourrais aussi avoir un ... / une sorte de / une sorte de certificat, quoi ... / pour ... / avec le prix que j'ai payé ? [...] |
Der Skopus von quoi ist hier une sorte de certificat. Er entspricht dem letzten Frame in der Folge j'pourrais aussi avoir un ... / une sorte de / une sorte de certificat. Dieser Folge entspricht auf der Ebene der grammatischen Struktur der Satz j'pourrais aussi avoir une sorte de certificat.
Man kann also annehmen, dass quoi bei problematischen Formulierungen den Abschluss der Framingoperation markiert. Es gibt jedoch keine Fälle, in denen quoi nur dieses markieren würde, also nur den Abschluss einer Framingoperation. Es ist deshalb anzunehmen, dass es in diesen Fällen auch markiert, dass der letzte Frame, also der Frame der dem Skopus von quoi entspricht (in (15) une sorte de certificat) ein korrigierender Ausdruck ist. Denn, wie schon gesagt, liegt problematischen Formulierungen ein grammatisch vollständiger und folglich informationell relevanter Ausdruck zugrunde (in (15) j'pourrais aussi avoir une sorte de certificat) und der letzte Frame liefert gerade den Ausdruck, der die grammatische Struktur vervollständigt und insofern die Rekonstruktion dieser strukturellen Einheit gestattet. Der Skopus von quoi ist sozusagen der Schlüsselausdruck für diese Rekonstruktion. Es handelt sich also um einen recht speziellen Typ von Korrektur. Zwar ist auch hier der korrigierende Ausdruck identisch mit dem Skopus von quoi. Das, was korrigiert wird, ist jedoch der gesamte vorangehende Teil des Framing der strukturellen Einheit. In diesem Sinne kann man sagen, dass quoi den Abschluss einer Korrektur markiert. Seine Bedeutung bei problematischen Formulierungen ist, wie in (R4) dargestellt, eine Elaboration (Spezialisierung) der Abschluss- und der Korrekturbedeutung:
(R4)
Betrachtet man Bedeutungen im Sinne Fauconniers (1997: 71) als Instruktionen, so lässt sich der Gebrauch von quoi bei problematischen Formulierungen auch so beschreiben, dass es die Instruktion gibt, auf der Basis des Skopusausdrucks die strukturelle Einheit, die der problematischen Formulierung zugrunde liegt, zu rekonstruieren.
Wie oben gesagt, ist ein Frame auch eine Intonationseinheit. Quoi bildet mit seinem Skopus stets eine solche Einheit, ist mit ihm also auch intonatorisch eng verbunden. Es kann von seinem Skopus nicht durch eine Pause getrennt werden und die Einheit ist insgesamt durch fallende oder schwebende Intonation gekennzeichnet, niemals durch steigende. Dies gilt nicht nur für quoi bei problematischen Formulierungen, was dem Umstand entspricht, dass der Skopus von quoi bei jeder Verwendung als ein Ausdruck präsentiert wird, der nicht der Ratifizierung durch den Adressaten/die Adressatin bedarf. Die Eigenschaft eines durch quoi abgeschlossenen Frames, nicht mit steigender Intonation gesprochen zu werden, ist dominant, sodass quoi nicht am Ende von Entscheidungsfragen vorkommen kann, die, wie im gesprochenen Französisch üblich, als Intonationsfragen, also mit steigender Intonation realisiert werden. Auch die Daten in Chanet (2001), eine Arbeit, in der die Autorin zeigt, dass quoi generell durchaus in Interrogativen vorkommen kann (cf. Chanet 2001: 61–64), widersprechen dem nicht.
Quoi ist eine "Gesprächspartikel", deren Verwendungsbedingungen auch heute noch nur recht unzulänglich verstanden werden, was sich etwa zeigt, wenn man materialreiche Arbeiten wie z. B. die von Chanet (2001) anschaut. In solchen Arbeiten finden sich nämlich immer wieder Belege für Vorkommen von quoi, die sich einer befriedigenden Beschreibung im Rahmen der bisher entwickelten Ansätze entziehen. Dies liegt vor allem daran, dass die Polysemie/Polyfunktionalität dieser Partikel nicht hinreichend präzise erfasst wird, ein Mangel, der sich oft auch in den Analysen anderer Einheiten dieses Typs findet. Ich habe deshalb in diesem Beitrag versucht, eine kohärente Beschreibung der verschiedenen Verwendungen von quoi als Diskursmarker zu liefern, bei der die Darstellung der Zusammenhänge zwischen seinen Bedeutungen als (pragmatischer) Marker im Vordergrund steht. Diese Darstellung, so hat sich gezeigt, gestattet es dann auch, bestimmte pragmatische Effekte, die mit dem Gebrauch von quoi verbunden sind (Höflichkeit, Unhöflichkeit), zu verstehen. Sie gestattet es ferner, viele Verwendungsbeschreibungen, die sich vor allem in der älteren Literatur zu diesem Thema finden, etwa in König (1935) oder Breazeale (1939), aber auch in der neueren, z. B. in Beeching (2006), als eher ad hoc auszuweisen. Dort beschriebene Verwendungen lassen sich nämlich oft nicht systematisch auf andere Verwendungen beziehen. Bedenkt man, dass Marker meist hochgradig polysem/polyfunktional sind, ist die Integration einer Bedeutung in das Bedeutungsspektrum eines Markers aber ein wichtiges Kriterium für ihre Plausibilität. Als Beispiel sei die Beschreibung von quoi als Heckenausdruck genannt. Argumentiert wird dabei mit dem Hinweis darauf, quoi sei bei manchen Vorkommen durch einen Ausdruck des Französischen ersetzbar oder mit einem Ausdruck einer anderen Sprache übersetzbar10, der ein Heckenausdruck ist, z. B. disons11, une sorte de, pour ainsi dire bzw. kind of (thing), like, as it were (cf. Beeching 2006: 157). Aber wenn der Skopus von quoi mit einem Heckenausdruck kombiniert werden kann, zeigt dies natürlich nicht, dass die Heckenfunktion quoi zugeschrieben werden muss, dass es sich also um eine Ersetzung oder Übersetzung dieses Markers handelt. Es lässt sich ferner beobachten, dass quoi als Marker stets eine der in diesem Beitrag beschriebenen Bedeutungen hat, also auch dann, wenn sein Skopus mit einem Heckenausdruck kombiniert werden kann. Auf diese Bedeutungen lässt sich die Heckenfunktion aber nicht systematisch beziehen. Ganz ähnlich lassen sich andere Beschreibungen des postponierten quoi als wenig stichhaltig ausweisen, etwa die als Äquivalent von n'est-ce pas oder eben (cf. König 1935: 324, 332f.) oder von eh what (cf. Breazeale 1939: 609).
1 Beeching (2006: 149–153) untersucht die Frequenz von quoi in zwei Korpora gesprochener Sprache in Abhängigkeit von Geschlecht und sozialem Status der Sprecher und sozialen Faktoren der Sprechsituation. Buchi (2000) diskutiert aus der Perspektive der historischen Pragmatik einige Eigenschaften von quoi auf der Basis von Theaterstücken, Erzählungen und Romanen, die gesprochene Sprache zu simulieren suchen. Die ersten Belege dieser Art finden sich, wie die Autorin über Frantext ermittelt, in Werken des beginnenden 19. Jahrhunderts. zurück
2 Buchi (2000: 87) liefert einen Beleg, in dem quoi als in seinen Skopusausdruck eingeschoben betrachtet werden kann (C'était, quoi, une affaire de famille. (Larbaud)), und in Breazeale (1939) finden sich Beispiele mit eindeutig präponiertem quoi (Les femmes, évidemment, c'est un chiendent. Mais, quoi, on les aime.). Insgesamt gesehen sind diese Fälle jedoch marginal. Es ist zu vermuten, dass diese Positionen durch den Einfluss von enfin bedingt sind, das in einigen seiner Verwendungen anstelle des nachgestellten quoi vorkommen kann, aber etwa auch, wie unter 2 und 4 ausgeführt, vor dem Skopus von quoi, und als Adverb kann enfin innerhalb eines Satzes hinter der finiten Verbform stehen. Wenn in dieser Position ein Marker erscheint, kann er als parenthetischer Einschub betrachtet werden, denn er erhält dann im Allgemeinen auch die typischen prosodischen Eigenschaften solcher Einschübe. zurück
3 Dieses Korpus ist nur teilweise veröffentlicht, nämlich als Anhang in Hölker (1988). zurück
4 Das Markieren ist eine "Offstage"-Darstellung im Sinne der Langackerschen Unterscheidung zwischen onstage und offstage (cf. Langacker 2008: 356f., 476) oder das Signalisieren eines (kommentierenden) Sprechakts höherer Ordnung (Grice 1989: 362). Es handelt sich um ein Implizieren. D. h. mit quoi impliziert der Sprecher/die Sprecherin, und zwar konventionell (cf. Grice 1975: 44f.), dass sein Skopus eine referentielle Wiederholung ist. zurück
5 Diese Implikatur beruht darauf, dass das Vorliegen einer referentiellen Wiederholung normalerweise eine Vorbedingung dafür ist, dass ein Ausdruck abschließende Funktion hat. Ein korrigierender Ausdruck muss sogar eine referentielle Wiederholung sein. zurück
6 Das in diesem Zusammenhang relevante Konzept der Bedeutungselaboration (elaboration) wird in Langacker (1987: 370–386) entwickelt. zurück
7 Auch in Beispiel (10) ist das Bezugsobjekt des Skopusausdrucks (das Befinden von P nachdem er sich übergeben hat) schon kotextuell eingeführt, und die Information, die P mit un peu mieux liefert, beruht auf Erfahrungen, die auch B (die Mutter von P) in den beschriebenen Situationen gemacht hat. Wenn der Skopus wie in (8) eine wörtliche Wiederholung darstellt, ist die Inferierbarkeit natürlich trivialerweise gegeben. zurück
8 Mit der Annahme einer solchen Grundbedeutung und der in 4 entwickelten Beschreibung von quoi bei problematischen Formulierungen dürften auch die Unklarheiten verschwinden, die mit der Annahme von drei Grundbedeutungen in Hölker (1988: 95–107, 150–160) verbunden sind und die Kotschi in seiner sehr detaillierten Rezension aufzeigt (cf. Kotschi 1992: 199–203). Ferner entfällt bei dieser Formulierung der Grundbeutung von quoi auch die Notwendigkeit, 'Inferierbarkeit' als eigene Komponente in seine Grundbeutung aufzunehmen, weil sich die Inferierbarkeit des mit dem Skopusausdruck gelieferten Wissens nun daraus ergibt, dass dieses Wissen schon Teil des CDS ist. zurück
9 Genauer gesagt ist der Skopus nur mit einem Teil des Frames identisch. Der gesamte Frame besteht nämlich als Intonationseinheit, wie weiter unten ausgeführt, aus j'ai fait ça au bout d'un an und quoi. zurück
10 Zur Übersetzung von quoi ins Englische cf. Breazeale (1962). zurück
11 Zu Markern, die eine finite Verbform enthalten oder, wie disons, als reduzierte Sätze nur aus einer solchen bestehen, cf. Schneider (2007). zurück
Beeching, Kate (2002): Gender, Politeness and Pragmatic Particles in French. Amsterdam/Philadelphia: Benjamins.
Beeching, Kate (2006): "Politeness Markers in French: Post-posed quoi in the Tourist Office". Journal of Politeness Research 2: 143–167.
Breazeale, Elizabeth (1939): "Some Observations on a Modern Colloquial Use of Quoi". The Modern Language Journal 23/8: 608–609.
Breazeale, Elizabeth (1962): "The Twentieth-Century 'Quoi'". The French Review 35/6: 589–593.
Bristol Corpus, online verfügbar unter http://www.uwe.ac.uk/hlss/llas/iclru/corpus.pdf.
Buchi, Eva (2000): "Approche diachronique du marqueur métadiscursif français quoi («La pragmatisation d'un réévaluatif, quoi»)". In: Englebert, Annick et al. (eds.): Actes du XXIIe Congrès International de Linguistique et de Philologie Romanes (Bruxelles, 23–29 juillet 1998) 7. Tübingen, Niemeyer: 81–91.
Chafe, Wallace (1994): Discourse, Consciousness, and Time. The Flow and Displacement of Conscious Experience in Speaking and Writing. Chicago: Chicago University Press.
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