Muttersprachler des Thailändischen, einer isolierenden Tonsprache, haben stets Ausspracheschwierigkeiten beim Lernen des Deutschen. Dies ist ein bekanntes tückisches Problem. Jedoch findet man selten eine Übersicht über ihre systematischen Ausspracheabweichungen in der Zielsprache Deutsch. Der vorliegende Aufsatz befasst sich mit diesem Thema. Als Korpus dienen deutsche Äußerungen thailändischer Immigrantinnen in der Deutschschweiz, die im Rahmen einer empirischen Untersuchung zum Erwerb der deutschen Verbalmorphosyntax erhoben wurden.[1] Da es sich bei den erhobenen Daten um spontane mündliche Äußerungen handelt, können sehr viele Ausspracheabweichungen festgestellt werden, die bei vorsichtigeren und bewussten Sprechsituationen, wie z. B. beim Vorlesen im Deutschunterricht, geringer sein könnten. Die systematischen Abweichungen, die im Korpus vorkommen, sind m. E. zum größten Teil auf die Unterschiede zwischen der Zielsprache Deutsch und der Muttersprache Thailändisch zurückzuführen. Aus kontrastiver Sicht sind sie vorhersagbar und in dem hier verwendeten Korpus finden sich Belege für die Richtigkeit solcher Prognosen.
Die vorliegende Arbeit hat zwei Ziele: Zum einen soll eine
kontrastive Analyse
der thailändischen und deutschen Lautsysteme
durchgeführt, zum anderen
sollen Ausspracheabweichungen
thailändischer Deutschlernender am Beispiel
thailändischer
Immigrantinnen in der Deutschschweiz aufgezeigt werden.
Das Thailändische weist im Hinblick auf seine phonetisch-phonologische Struktur die Merkmale einer monosyllabischen Tonsprache mit einer einfachen Silbenstruktur auf. Sie unterscheidet sich vom Deutschen in dieser Hinsicht sehr stark, und zwar sowohl im Hinblick auf Einzellaute als auch auf die Silbenstruktur bis hin zu den suprasegmentalen Einheiten. Die vorliegende kontrastive Analyse beschäftigt sich allerdings nur mit Aspekten der segmentalen Ebene und der Silbenstruktur. Die Lautsysteme des Deutschen und des Thailändischen sollen im Folgenden lediglich im Hinblick auf Vokale, Konsonanten und Silbenstruktur dargestellt werden, die auch den anschließend darzustellenden Ausspracheabweichungen zugrunde liegen.
Bei der Darstellung der Vokal- und Konsonantenphoneme der beiden Sprachen lassen sich in der relevanten Literatur nicht selten Uneinigkeiten finden. Der folgenden Beschreibung liegen die Arbeiten von Hall (2000), Kummer (2004), Naksakul (2002) sowie Kohler (1999) und Tingsabadh/Abramson (1999) im IPA-Handbuch zugrunde. [2]
Das Vokalinventar des Thailändischen mit 18 Monophthongen und 3 Diphthongen ist im Vergleich zu demjenigen der deutschen Standardsprache mit 16 Monophthongen und 3 Diphthongen ungefähr gleich groß. Jedoch bestehen hier sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede, wie die grafische Darstellung der Vokale der beiden Sprachen sichtbar machen soll.
Abb. 1: Monophthonge im Deutschen und im Thailändischen
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Zu jedem Kurzvokal gibt es einen langen Vokal als Gegenstück |
Die oben angeführten Vokale sind bewusst
phonologisch dargestellt. Die
deutsche Standardsprache zeichnet sich
phonetisch durch Unterscheidung der Vokale
in der Muskelspannung aus.
Phonetisch beschrieben gibt es deshalb noch drei
weitere Vokale: [i], [e]
und [y] als kurze Varianten zu den entsprechenden langen
gespannten
Vokalen, z. B. ideal [ide'al],
uni
[yni], Moral [moral]), jedoch kommen sie nur in unbetonten
Silben
von Fremdwörtern vor und sind phonologisch nicht relevant. Hingegen
hat die Vokalquanität (kurz vs. lang) eindeutig eine
bedeutungsunterscheidende
Funktion. Muskelspannung und Vokalquanität
werden häufig als korrelierend
angesehen. Im Allgemeinen sind die
Vokale im Deutschen entweder lang und gespannt
bzw. geschlossen oder kurz
und ungespannt bzw. offen. Eine Ausnahme bildet [
],
das lang und
ungespannt ist. Es gibt deshalb unterschiedliche Arten, den phonologischen
Unterschied zu markieren. In der vorliegenden Arbeit wird die obige
Darstellung
gewählt. [3]
Die meisten thailändischen Vokale haben ihre
Entsprechung im Deutschen,
jedoch weisen die beiden Vokalsysteme
auffällige Unterschiede auf. Das
thailändische Vokalsystem ist
mit 9 langen und 9 kurzen Monophthongen sehr
symmetrisch aufgebaut. Die
Vokalquantität spielt eine bedeutende Rolle.
Die langen Vokale
unterscheiden sich in der Spannung und im Öffnungsgrad
erheblich von
den kurzen. Im thailändischen Lautsystem wird deshalb ein
Zeichen
immer in zwei Varianten (mit und ohne Länge-Zeichen) dargestellt.
Uneinheitliche Darstellungen lassen sich bei den Vokalen [],
[
],
[
] und [
]
finden.
Ungerundete Hinterzungenvokale sind schwierig von den zentralisierten
Vokalen mit gleicher Zungenhöhe abzugrenzen, deshalb findet man in
phonologischer
Darstellung der thailändischen Vokale ebenfalls die
Verwendung der Zeichen
[
], [
],
[
] und [
]
dafür (vgl. z. B. Kelz/Kummer 1989: 22; Kummer 2004: 6). Sie
sind
allerdings phonologisch äquivalent. Die obige Darstellung wird
von thailändischen
Phonetikern häufiger benutzt und wurde
deshalb auch für die vorliegende
Arbeit übernommen.
Eine
besondere Gruppe im Vokalinventar des Deutschen bilden die gerundeten
Vorderzungenvokale, die in relativ wenigen Sprachen vorkommen (Dieling
2004:
12). Diese Vokale ([],
[y
], [
],
[
])
kommen im
Thailändischen nicht vor. Dagegen hat das Thailändische
bei
entsprechenden Zungenlagen ungerundete Vokale ([
],
[
],
[
], [
]).
Das
Schwa []
nimmt im Deutschen eine Sonderstellung ein, weil es nur in unbetonter
Position
auftritt. Dagegen ist ein ähnlicher Vokal ([
])
zwar im
Thailändischen ebenfalls vorhanden, aber der Vokal steht nicht
nur
in unbetonten Endsilben. Es gibt außerdem ein langes Gegenstück
dazu (vgl. [
]).
Das [], das
im Deutschen bei der Endung -er
ausgesprochen wird (z. B. Butter),
existiert im
Thailändischen nicht. Dieser Vokal hat im Deutschen allerdings
keinen Phonemstatus und wurde deshalb nicht mit in das obige Vokalviereck
aufgenommen.
Entweder wird der Laut als vokalisiertes R (Hall 2000: 71)
oder als [
]-Diphthong
(Kohler 1999: 88) bezeichnet.
Abb. 2: Diphthonge im Deutschen und im Thailändischen
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Während im Deutschen wie auch in vielen
anderen Sprachen, [],
[
],
[
]
als Diphthonge bezeichnet werden, haben die entsprechenden
Laute im Thailändischen
keinen Status als Diphthonge. Die im
Thailändischen als Diphthongen eingeordneten
Vokale sind [
],
[
]
und [
].
Alle sind
fallende Diphthonge. Zu jedem thailändischen Diphthong treten zwei
Allophone auf, nämlich kurze und lange Realisierungen. Die den deutschen
Diphthongen
ähnlichen Laute im Thailändischen werden als eine Silbe mit
der Struktur VK
bezeichnet, d. h. die Silbe besteht aus einem Monophthong
und einem Auslautkonsonanten
und wird mit [aw], [aj] oder [
j]
transkribiert. Um den Status als Diphthong zu testen, kann man einen
Konsonanten
im Auslaut hinzufügen. Das thailändische Lautsystem erlaubt
keinen Konsonantencluster
im Auslaut. Dass sich an den steigenden
Diphthongen kein zusätzlicher Konsonant
anhängen lässt, ist ein Hinweis
darauf, dass der zweite Laut in der Lautverbindung
hier den Status eines
Konsonanten und nicht den eines Vokals im Diphthong hat.
Bei den
fallenden Diphthongen [
],
[
]
und [
]
können hingegen fast alle Auslautkonsonanten auftreten. Es
gibt nur wenige Ausnahmen
wie z. B. die Unzulässigkeit der
Kombination von [
]
mit [j] als
Auslautkonsonanten (vgl. Naksakul 2002: 62f.). Weil im Thailändischen
das Anhängen von Konsonanten bei den steigenden Diphthongen [
],
[
],
[
]
nicht möglich ist, sind die hohen Vokale in
diesem Fall als Allophone der Konsonantenphoneme
/w/ und /j/ zu
betrachten.
Sowohl das Deutsche als auch das Thailändische verfügen im Vergleich zu anderen Sprachen über ein mittelgroßes Konsonanteninventar. Die beiden Sprachen haben einen Bestand von 21 Konsonantenphonemen. Die dazugehörenden Phoneme sehen jedoch unterschiedlich aus, wie die folgende Tabelle zeigt.
Tabelle 1: Konsonanten im Deutschen und im Thailändischen (nur thail. nur dt.)
Es gibt sowohl im Deutschen als auch im
Thailändischen Plosive, Frikative,
Nasale, Laterale, Vibranten und
Approximanten bzw. Halbvokale. Für den
Vibranten [r] im Deutschen
gibt es phonetisch verschiedene Varianten. Üblicherweise
spricht man
von drei Allophonen: [r], [R] und [].
Die
Bestimmung des Phonems als /r/, /R/ oder /
/
ist
theorieabhängig. Kohler (1999: 86) nimmt beispielsweise [
]
als Phonem
in die deutschen Konsonantentabelle auf, und zwar als stimmhaften
Gegensatz zu dem stimmlosen Laut [
].
Um eine
bessere Übersicht über das Konsonanteninventar des
Thailändischen
im Vergleich zu demjenigen des Deutschen zu
ermöglichen, wird nur die Variante
[r] in der Tabelle dargestellt.
Die anderen Allophone sind aus einer an Minimalpaaren
orientierten
Perspektive für thailändische Deutschlernende nicht von
Belang. [4] Die beiden
kombinatorischen
Allophone [
]
und [x]
gibt es im Thailändischen dagegen nicht, deshalb werden beide
Varianten
in der Tabelle angeführt.
Die Affrikaten sind
absichtlich nicht in die obige Tabelle aufgenommen worden,
weil es sich
nicht um Einzelkonsonanten, sondern um Konsonantenverbindungen
handelt.
Im Deutschen gehören zu den Affrikaten die Kombinationen [pf]
(z. B. Pferd), [ts] (z. B. Zahn), [t]
(z. B. Matsch) und [d
]
(z. B. Gin). Was das Thailändische betrifft, werden die
konsonantischen
Laute [c] und [ch], die hier den palatalen
Plosiven zugeordnet sind,
nicht selten als post-alveolare Affrikaten
[t
]
und [t
]
bezeichnet (vgl. z. B. Tingsabadh/Abramson 1999 oder Kummer 2004).
Allerdings
ist es m. E. sinnvoller, die beiden Laute den Plosiven
zuzuordnen, wie es z. B.
bei Hudak (1987; 1994) oder Naksakul (2002)
der Fall ist. Anders als bei den
anderen Plosiven wird bei der
Artikulation von [c] und [ch] der Verschluss
durch das
Zungenblatt gebildet. Deshalb wird gleichzeitig ein Zischlaut
mitproduziert,
so dass sie wie Affrikaten klingen, allerdings weicher
artikuliert werden als
etwa im Deutschen. Das Lautinventar des
Thailändischen beinhaltet nicht
viele Frikative. Darüber hinaus
werden selbst die Plosive im Vergleich
zu vielen europäischen
Sprachen wie Englisch oder Deutsch weicher ausgelöst.
Die Zuordnung
dieser zwei Konsonantenlaute zu den Affrikaten ist deshalb m.
E. nicht
notwendig, zumal ihre Klassifizierung als Plosive, Frikative oder
Affrikaten
nicht phonemisch relevant ist.
Obgleich es im
Deutschen bei den stimmlosen Plosiven sowohl aspirierte als
auch
unaspirierte Varianten gibt, d. h. [p], [ph], [t],
[th],
[k], [kh], hat die Aspiration keine
bedeutungsunterscheidende Funktion,
so dass die jeweiligen aspirierten
bzw. unaspirierten Varianten als Allophone
zu betrachten sind. Dagegen
haben die aspirierten Plosive im Thailändischen
Phonemstatus. Man
kann aus einem unaspirierten Laut und seinem aspirierten Gegensatz
ein
Minimalpaar bilden wie z. B. [p]
= Wald
und [ph
]
= schneiden, [ta
]
= Auge und [tha
]
=
einreiben, oder [k
j]
= Huhn und [kh
j]
=
Ei. Aus diesem Grund wurden die aspierierten Plosive in der obigen
Tabelle als "nur thail." markiert.
Das Thailändische
verfügt im Vergleich zum Deutschen über deutlich
weniger
stimmhafte Konsonanten. Vor allem bei den Frikativen ist kein einziger
stimmhafter Konsonant vorhanden. Erwähnenswert sind weiter die
Konsonanten
[l] und [r]. Im Unterschied zu vielen anderen asiatischen
Sprachen (z. B.
Japanisch, Koreanisch, Laotisch), wo entweder kein
[r] auftritt oder kein phonemischer
Unterschied zwischen diesen beiden
Lauten besteht, gelten die beiden Laute im
Thailändischen als zwei
unterschiedliche Phoneme. Jedoch besteht umgangssprachlich
die Tendenz,
den Lateral [l] anstelle des Vibranten [r] zu realisieren. Hier
lässt sich außerdem soziolinguistische Variation feststellen.
In
den meisten Dialekten kommt der schwieriger zu artikulierende Laut [r]
nicht
vor. Der Laut wird hingegen von gebildeten Personen, meistens
Bangkokern, vor
allem beim vorsichtigen und langsamen Sprechen deutlich
realisiert. In Bildungsinstitutionen
und in den Medien wird die
Artikulation von [r] immer angestrebt, weswegen auch
die Schulbildung bei
der Realisierung von [r] eine bedeutende Rolle spielt.
Nach Hudak (1987:
33) befindet sich der phonemische Status von /l/ und /r/ im
Wandel, weil
es an stabilem Kontrast zwischen den beiden Lauten mangelt. Diese
Auffassung teilen auch Tingsabadh/Abramson (1999: 149). Jedoch werden die
beiden
Konsonanten in allen Beschreibungen zur thailändischen
Sprache als zwei
separate Phoneme behandelt. Diese Einteilung ist in
Zusammenhang mit dem Schriftsystem
zu sehen, in dem es dafür zwei
verschiedene Buchstaben gibt.
Die Silbenstruktur einer Sprache bestimmt die Möglichkeiten des Auftretens und der Kombinationen der segmentalen Einheiten. Obwohl die Lautinventare der beiden Sprachen ungefähr gleich groß sind, gibt es im Hinblick auf die Silbenstruktur einen großen Unterschied.
Während im Thailändischen alle Konsonanten
im Anlaut vorkommen, können
nur [p], [t], [k], [m], [n], [],
[w], [j] und [
]
in
finaler Position einer Silbe stehen. Zu den finalen Verschlusslauten ist
zudem hervorzuheben, dass diese nur im Ansatz gebildet, aber nicht
explosiv
gelöst werden. Ungelöste Verschlusslaute werden
gebildet, indem der
Luftstrom blockiert, jedoch der Mund nicht wieder
geöffnet wird, wie es
sonst bei Plosiven üblich ist. Diese
Besonderheit führt dazu, dass
zwischen stimmhaften und stimmlosen
Plosiven im Auslaut anders als im An- und
Inlaut kein
Bedeutungsunterschied besteht: die Stimmhaftigkeit ist hier phonologisch
nicht relevant. Aus systematischen Gründen schließe ich mich
Naksakul
(2002) an und verwende für die diese Auslaute die
stimmlosen [-
],
[-
], [-
],
denn
der Konsonant [
]
ist im Thailändischen nicht vorhanden und
sollte daher m. E. nicht
plötzlich als Auslaut auftreten,
obwohl stimmhafte Realisierung vor allem
bei Assimilation möglich
ist.[5]
Im Deutschen sind
solche Positionsbeschränkungen minimal. Fast alle Konsonanten
können sowohl im Anlaut als auch im Auslaut vorkommen. Es gibt nur
wenige
Ausnahmen. Der Knacklaut []
kommt
nur vor einem betonten Vokal vor oder markiert die Silbengrenze, wenn
Vokale aus zwei verschiedenen Silben aufeinander treffen. Der Konsonant
[
]
kommt nie im Anlaut vor, während [h] niemals in
finaler Position ist. Darüber
hinaus tritt in der deutschen
Standardsprache das Phänomen der Auslautverhärtung
auf, so dass
stimmhafte Plosive und Frikative im Auslaut stimmlos realisiert
werden.
Deshalb kommen [b], [d], [
],
[v] und [z]
nicht im Auslaut vor.
Das Thailändische ist phonotaktisch einfach gebaut. Die im Thailändischen möglichen Verbindungen von Vokalen (V) und Konsonanten (K) sind: V, VK, KV, KKV, KVK und KKVK. Zu jeder Silbe wird außerdem ein bestimmter Ton festgelegt. Die Möglichkeit der Bildung von thailändischen Konsonantenverbindungen ist sehr begrenzt, d. h. sie sind höchstens zweistellig, wobei der zweite stimmhaft ist, und treten nur im Anlaut auf. Es gibt daher insgesamt nur 12 mögliche Konsonantenkombinationen: [pr, pl, phr, phl, tr, thr, kr, khr, kl, khl, kw, khw].
Im Deutschen gibt es dagegen viel mehr
Kombinationsmöglichkeiten. Die
Anhäufung der Konsonanten im
Auslaut stellt den auffälligsten Unterschied
der deutschen
Silbenstruktur im Vergleich zum Thailändischen dar, wo an
dieser
Stelle niemals ein Konsonantencluster zugelassen ist. Der Anteil der
Konsonanten innerhalb eines deutschen Wortes ist im Vergleich zu anderen
Sprachen
sehr hoch. Im Silbenanlaut können 0-3, im Silbenauslaut 0-5
Konsonanten
stehen, und zwar mit unterschiedlichen
Kombinationsmöglichkeiten (vgl.
z. B. die Auflistung bei
Fischer/Uerpmann 1996: 41f., 52f.). An Silben-
und Wortgrenzen,
z. B. bei Herbststurm (KVKKKKKKVKK), kann es sogar
zu einem
regelrechten Konsonanten-"Stau" kommen (Dieling 2004: 4). Solche
Wörter
sind besonders für Lernende, in deren Muttersprache nur
einfache Silbenstrukturen
vorkommen, wie z. B. für
thailändische Deutschlernende, schwer bis
unmöglich
auszusprechen.
Im Zeitraum zwischen Juni und Oktober 2004 wurden mit thailändischen Informantinnen insgesamt 10 informelle Gespräche auf Hochdeutsch geführt. Bei jeder Aufnahmesituation waren mindestens drei Personen anwesend: die Informantin, eine Begleitperson, die nicht über Thai-Kenntnisse verfügt, und die Autorin der vorliegenden Untersuchung. Die Anzahl der Informantinnen war allerdings größer als die Anzahl der Gespräche, weil teilweise mehrere thailändische Immigrantinnen an einem Gespräch teilnahmen. Während dieser 10 Tonaufnahmen wurden deutsche Äußerungen von insgesamt 16 thailändischen Immigrantinnen aufgenommen. Die Gespräche wurden mit einem MiniDisc-Gerät (SONY Net MD Walkman MZ-N710) aufgezeichnet. Das Korpus besteht allerdings nicht aus dem gesamten erhobenen Sprachmaterial, sondern nur aus der Transkription, die ich angefertigt habe. Die Länge der Transkription ist bei jeder Informantin unterschiedlich, sowohl in Bezug auf die zeitliche Länge als auch den Inhalt betreffend. Die kürzeste Transkription umfasst 15 und die längste 40 Minuten. Die Anzahl der Wörter [6] reicht von 128 bis 2'404. Da es sich bei dieser Transkription nicht um eine ausführliche phonetische Umschrift handelt, werden die Daten für die vorliegende Arbeit nicht quantitativ ausgewertet, sondern nur beispielhaft zur Beschreibung der Ausspracheabweichungsphänomene verwendet.
Die
Informantinnen waren zum Zeitpunkt der Aufnahme 27 bis 44 Jahre alt. Sie
sind mit Schweizern verheiratet und wohnen in der Region Bern. Die Dauer
ihres
bisherigen Aufenthalts in der Schweiz war sehr unterschiedlich, von
ca. 7 Monaten
bis zu 15 Jahren. Einige von ihnen besuchten gerade einen
Deutschkurs, während
andere diese Phase längst hinter sich
hatten, weil sie schon sehr lange
in der Schweiz leben. Zwei Personen
verfügen über keine Englischkenntnisse,
während die
anderen Englisch als erste Fremdsprache gelernt haben, allerdings
mit
unterschiedlichem Niveau. Nur eine von ihnen kann außer
Thailändisch,
Deutsch und Englisch noch ein wenig Französisch
sprechen.
Im Laufe der Aufbereitung der
erhobenen Daten haben sich systematische Abweichungen
auf der
phonetisch/phonologischen Ebene gezeigt, die mit den Unterschieden
zwischen
der Ausgangssprache Thailändisch und der Zielsprache
Deutsch zusammenhängen.
Im Folgenden werden zwei Bereiche
mangelhafter Aussprache der Informantinnen
unterschieden: Probleme im
Bereich des Vokalismus und solche im Bereich des
Konsonantismus.
Im Bereich des Vokalismus sind die Schwierigkeiten
nicht so auffällig.
Da das thailändische Vokalinventar
ungefähr gleich groß wie
das deutsche ist und Unterschiede in
der Vokalquantität (kurz vs. lang)
in beiden Sprachen eine
bedeutungsunterscheidende Rolle spielen, haben die Informantinnen
in
dieser Hinsicht keine Probleme. Das größte Problem bilden die
deutschen gerundeten hohen und Vordervokale ([],
[y
], [
],
[
]),
die im
Thailändischen nicht vorkommen. Meistens werden diese Vokale durch
die ungerundeten zentralen thailändischen Vokale mit entsprechender
Zungenlage
([
],[
],[
],[
])
ersetzt. Solche Abweichungen lassen sich jedoch beim Hören nicht so
einfach
feststellen. Hingegen ist es auffällig, wenn die
Informantinnen diese Vokale
als gerundete Hintervokale realisieren, also
[
],
[u
] anstelle
von
[
], [y
] und [o], [o
] anstelle
von [
],
[
],
z. B.
[gemu
s
]
für
Gemüse und [p
sonl
k]
für per sönlich.
Noch zwei andere
deutsche Vokale kommen im Thailändischen nicht vor: []
und [
]. Für
die thailändischen Immigrantinnen in der Schweiz sind sie allerdings
nicht
problematisch, weil die beiden Laute selbst bei Schweizern selten
als solche
realisiert werden. Das -e als Endsilbe wird meist als
offenes, schwach
betontes [
]
gesprochen (vgl. z. B. Ammon et al. 2004:
XXII), während das /
r/
bei Endsilben auf -er meistens nicht in
[
]
vokalisiert wird (Rash 2002: 137). Häufig sprechen die
thailändischen
Informantinnen anstelle von [
]
und [
] dann
[
] oder
betontes
[
].
Der Erwerb der deutschen Sprache in der
diglossischen Deutschschweiz wird unvermeidlich
von den Schweizer
Mundarten beeinflusst. Der Einfluss des Berndeutschen im Bereich
des
Vokalismus ist in diesem Korpus ebenfalls zu beobachten. Während in
der Standardsprache zwischen kurzem e und ä kein
lautlicher
Unterschied gemacht wird und beide Vokale üblicherweise
phonetisch mit
[] transkribiert
werden, unterscheidet das Berndeutsche [
]
und [
] (sowohl als
lange als auch kurze Vokale) [7],
welche
den thailändischen Vokalen [e] und [
]
nahe liegen,
weil sie offener sind als ihre deutschen Entsprechungen (vgl.
Vergleichstabelle
bei Kummer 2004: 6). Im Korpus lassen sich auch
berndeutsche Varianten finden,
z. B. gärn,
sälber, die sich mit [
]
transkribieren lassen. Es ist außerdem
auffallend, dass dieses offene
[
] bei einigen Personen
als [a] wahrgenommen und
gesprochen wird, so dass eine andere Variante entstanden
ist, z. B.
[
]
an Stelle von [
]
für berndt. gäll.
Auch wenn die deutschen Vokale nicht immer richtig ausgesprochen werden, führen Abweichungen in diesem Bereich kaum zu Verständnisproblemen, und wenn, dann zumindest nicht im selben Maße wie bei den Abweichungen im Bereich des Konsonantismus.
Ein auffallendes Ausspracheproblem bei den Informantinnen besteht darin, dass die meisten das thailändische Lautsystem auf das deutsche übertragen haben. Im Bereich des Konsonantismus sind drei Abweichungsphänomene zu erwähnen:
Das erste Phänomen betrifft die segmentale Ebene. Dagegen betreffen die anderen zwei Phänomene sowohl die einzelnen Segmente als auch die Silbenstruktur der Ziel- und Ausgangssprache.
Ähnlich wie beim Erwerb
von Vokalen bereiten Konsonanten, die es in der
Muttersprache nicht gibt,
den thailändischen Immigrantinnen Schwierigkeiten.
Kaum realisiert
werden [],
[z]. Sie werden durch [k] und [s] ersetzt, die zum
Lautinventar des Thailändischen
gehören. Die ersetzten
Realisierungen könnten auch durch die Schweizer
Variante (sowohl
Mundarten als auch Schweizerhochdeutsch) begünstigt werden,
weil in
der Deutschschweiz stimmhafte Plosive und Frikative normalerweise stimmlos
realisiert werden. Damit sind die Abweichungen der Informantinnen zwar
von der
orthoepischen Norm gegeben, aber nicht unbedingt von ihrer realen
sprachlichen
Umgebung. Zwei andere Frikative, die im Thailändischen
nicht existieren
und die ebenfalls nicht erworben werden, sind [v] und
[
].
Der erste Frikativ wird meistens durch den Halbvokal [w]
ersetzt. Der zweite
Laut kommt selbst im Deutschen nur selten vor, und
zwar nur in Fremdwörtern.
In den erhobenen Daten liegt kein einziges
Wort mit diesem Laut vor. Die Affrikate
[ts] ist zwar bei manchen
Informantinnen hörbar, aber bei mehreren Personen
lässt sich
die Abweichung feststellen, dass [s] anstelle von [ts] gesprochen
wird.
[pf], welches vermutlich auch Ausspracheschwierigkeiten bereiten
könnte, kommt im ganzen Korpus nur einmal bei pflegen vor. Die
Affrikate wurde
allerdings richtig gesprochen.[8]
Die bis jetzt erwähnten Abweichungen sind allerdings nicht auffällig problematisch, zumal die Stimmhaftigkeit in spontanen Gesprächen, oft nicht deutlich zu hören ist. Solche Abweichungen spielen im Hinblick auf die Verständlichkeit keine große Rolle.
Auch die Ich- und Ach-Laute, []
und [x], die im Standarddeutsch und auch im vorliegenden
Korpus häufig
vorkommen, müssen bei den meisten Informantinnen
in die Kategorie "nicht
erworben" eingeordnet werden. Im Hinblick auf den
Erwerb dieser beiden Laute
lassen sich die Informantinnen dabei in drei
Gruppen gliedern. Die erste Gruppe
hat die beiden Laute nie realisiert.
Bei der zweiten Gruppe ist der Ach-Laut
[x] erworben, der Ich-Laut [
]
hingegen nicht. Nur zwei Informantinnen können beide
Laute richtig sprechen,
tun dies jedoch nicht konsequent, d. h. auch
bei ihnen kommen häufig
Abweichungen vor. Die Abweichungen sind
systematisch und vorhersagbar. [x] wird
immer durch den am gleichen
Artikulationsort realisierten Plosiv, also [k],
ersetzt, während
anstelle von [
]
zwei
mögliche Varianten vorkommen: [k] oder [x]. Die zweite Variante
entsteht
wahrscheinlich, weil der Ach-Laut in der von Mundart
geprägten Sprachsituation
in der Deutschschweiz viel häufiger
zu hören ist. Die Abweichungen
lassen vermuten, dass die
Erwerbsstufe bei allen thailändischen Muttersprachlern
in der
Schweiz so aussieht: [k] > [x] > [
]
. Dies
lässt sich im Rahmen dieser Studie zwar noch nicht bestätigen,
scheint aber plausibel, zumal der Input im Alltag dieser Immigrantinnen
mehrheitlich
von [x] geprägt ist.[9]
Da stimmhafte Plosive, Frikative und
Affrikaten im Deutschen wegen der Auslautverhärtung
nicht im Auslaut
vorkommen können, haben thailändische Immigrantinnen
hier ein
Problem weniger. Man könnte positiv vermuten, dass Auslautkonsonanten
mit Ausnahme der Ich- und Ach-Laute die anderen Auslautkonsonanten
problemlos
von ihnen gesprochen werden können, weil es die gleichen
Konsonanten sind,
die auch im Thailändischen vorkommen. Dies ist
jedoch nicht der Fall, da
im Thailändischen nicht alle Konsonanten
an der finalen Position einer
Silbe erlaubt sind. Die Zahl der
silbenschließenden Konsonanten ist auf
die acht folgenden
beschränkt: [],
[
],
[
],
[m], [n], [
],
[w], [j].[10] Die Abweichungen im
Korpus lassen sich in drei Gruppen
gliedern:
Wie die deutschen Auslautkonsonanten dem thailändischen Lautsystem angepasst werden, lässt sich folgendermaßen darstellen:
Tabelle 2: Abweichende Realisierungen der Auslautkonsonanten
Die Mehrheit der phonetischen Untersuchungen zum Zweitspracherwerb bezieht sich auf Fragen der Produktion und Perzeption einzelner Laute, nicht jedoch auf Distribution und Kombinationsmöglichkeiten. Die oben erwähnten Abweichungen bei den Auslautkonsonanten haben bereits gezeigt, wie wichtig es ist, die gesamte phonologische Struktur der Ausgangs- und Zielsprachen zu berücksichtigen und nicht nur die segmentalen Elemente, denn diese Struktur ist es, die den "phonetischen Filter" beim Erwerb einer Zweitsprache bildet. Das im Folgenden beschriebene weitere Abweichungsphänomen, das im Korpus beobachtbar ist, fällt ebenfalls in diesen Bereich. Es betrifft die Produktion von Konsonantenclustern.
Wie bereits geschildert ist die Bildung von
Konsonantenverbindungen im Thailändischen
sehr beschränkt. Es
gibt insgesamt nur 12 mögliche Konsonantenkombinationen
im Anlaut:
[pr, pl, phr, phl, tr, thr, kr,
khr, kl, khl, kw, khw]. Die Aussprache
der
beiden Konsonanten wird von Muttersprachlern des Thailändischen
jedoch
häufig vernachlässigt. Meistens wird der zweite
Konsonant weggelassen.
Am besten erhalten sind die beiden Kombinationen
zwischen dem velaren Plosiv
und dem bilabialen Halbvokal [kw,
khw], wobei gelegentlich, wenngleich
selten, ein Ersatz des
zweiten Clusters durch den Frikativ [f] zu finden ist.
Die
Konsonantenverbindungen von Vibranten und Lateral werden in der
informellen
Alltagskommunikation oft nicht realisiert oder, falls doch,
dann eher mit dem
Lateral, weil viele thailändische Muttersprachler
ohnehin Probleme haben,
den Vibranten auszusprechen (vgl. 2.2). Probleme
bei der Aussprache von Konsonantenclustern
existieren also bereits in der
Muttersprache und verstärken sich beim Erwerb
einer anderen Sprache
mit komplexeren Konsonantenverbindungen. Die für
das Deutsche
charakteristische Anhäufung von mehreren Konsonanten bereitet
den
thailändischen Immigrantinnen deshalb große Schwierigkeiten,
was von diesem Personenkreis auch häufig thematisiert wird (vgl.
Attaviriyanupap
2004). Meistens sind Fehler aufgrund von
Vereinfachungsstrategien zu finden.
Häufig werden Sprossvokale
eingefügt oder die Anzahl der Konsonanten
wird reduziert. Obwohl die
Anzahl der Wörter mit silbeninitialen Clustern
im untersuchten
Korpus nicht sehr groß ist, lassen sich auch hier Beispiele
finden: [p
k
n]
für sprechen, [f
]
für
Frau, [d
]
für drei usw. Selbst die in der
Muttersprache vorhandenen Konsonantenkombinationen
zwischen einem Plosiv
und dem Vibranten oder dem Lateral werden nicht immer
richtig gesprochen,
z. B. [pobi
r
n]
für probieren.
Beispiele für nicht
realisierte Konsonantencluster im Korpus lassen sich
mehrheitlich im In-
und Auslaut finden: u.a. [mankam]
für
manchmal, [f
n]
für fünf, und [fil
]
für vielleicht.
Im Zusammenhang mit dem
Problem von Konsonantenclustern im Auslaut ist noch
eine andere Art der
Abweichung zu erwähnen. Sie betrifft die Auslautkonsonanten
nach den
deutschen Diphthongen [],
[
]
und [
].
Bei den
thailändischen Informantinnen kommt es sehr häufig vor, dass
diese weggelassen werden. Wie bereits erwähnt, haben diese
Lautkombinationen
im Thailändischen nicht den Status von
Diphthongen, sondern von Kombination
zwischen einem Monophthong und einem
Halbvokal [aw], [aj] und [
j].
Da Konsonantencluster im Auslaut im
Thailändischen nicht möglich sind,
führt es logischerweise
auch zu Ausspracheschwierigkeiten, wenn diesen
Halbvokalen, die schon als
silbenschließende Konsonanten gelten, noch
ein weiterer Konsonant
folgt. Im Korpus lassen sich solche Abweichungen häufig
finden, vor
allem [
]
für auch,[13] [h
]
für
Haus, [s
]
für Zeit, [
w
]
für Schweiz und [d
]
für
Deutsch sind bei fast allen Informantinnen zu hören. Weitere
Beispiele sind: [
]
für ein(s), [n
]
für
nein, [h
f
]
für
Hausfrau, [a
rab
]
für Arbeit usw. Nicht zuletzt muss
darauf hingewiesen werden, dass
es mehrere Wörter gibt, die
Kombinationen der erwähnten Ausspracheabweichungen
aufweisen
können, z. B. [n
]
für nicht, [m
]
für muss und/oder
musst.
Während die deutsche Standardsprache sich durch eine energische und präzise Artikulation auszeichnet, erlaubt das Thailändischen beim Sprechen weitgehend ökonomische Artikulation. In dieser Hinsicht schließe ich mich Kummers Beschreibung an:
Im Bereich des Konsonantismus gibt es im Deutschen deutlich mehr Frikative, die naturgemäß schwieriger zu artikulieren sind als Konsonanten anderer Artikulationsarten. Die vielfältigen und vor allem komplexeren Silbenstrukturen im Deutschen bilden den größten Unterschied zum Thailändischen, was für thailändische Deutschlernende tückische Probleme bereiten kann.
Die meisten thailändischen Immigrantinnen in der Deutschschweiz bezeichnen die Aussprache als ihr Hauptproblem beim Deutschlernen (Attaviriyanupap 2004: 14). Dieses Problem wurde von einigen Informantinnen auch während der Datenerhebung (in den Gesprächen auf Deutsch) spontan thematisiert. Viele deutsche Wörter haben sie im ungesteuerten Kontext gehört und danach versucht zu imitieren, wobei sie sie nicht immer richtig ausgesprochen haben. Das gravierendste Problem für sie sind Laute und Lautfolgen, die im thailändischen Lautsystem nicht vorkommen (ebd.). Die meisten Immigrantinnen sind sich bewusst, dass sie oft die Auslaute nicht aussprechen, weil dies für sie ungewohnt ist. Fast alle haben die Erfahrung gemacht, dass Schweizer ihr Deutsch nicht verstehen.
Die kontrastive Analyse der Lautsysteme der beiden Sprachen sowie die
Darstellung
der im Korpus festgestellten Ausspracheabweichungen sollten
deshalb für
den Deutschunterricht für thailändische
Muttersprachler nutzbar gemacht
werden. Thailändische
Deutschlernende haben mit Sicherheit Interesse daran,
ein wenn nicht
völlig akzentfreies, so doch möglichst gut verständliches
Deutsch zu sprechen. Allerdings bringen sie die hierfür nachteilige
Erfahrung
mit sich, dass sie in ihrer Muttersprache auch ohne
großen Artikulationsaufwand
verstanden werden. Lehrpersonen
dürfen sich deshalb nicht einfach an mangelhafte
Aussprache
gewöhnen und die bequemeren Artikulationsvarianten ihrer
Kursteilnehmenden
tolerieren, sondern sollen gezielter darauf achten, die
Ausspracheprobleme an
der Wurzel zu packen und Fehler angemessen zu
korrigieren. Sowohl Lehrpersonen
als auch Lernende sollten auf die
besprochenen Probleme aufmerksam gemacht werden.
Sonst werden die
thailändischen Deutschlernenden im außerunterrichtlichen
Alltag weiter nur "öppis halb" oder "überhaupt
nicht"
verstanden.
* Für fachbezogene Kommentare und Vorschläge möchte ich hier Beat Siebenhaar und einem anonymen Gutachter herzlich bedanken. Mein Dank geht auch an Elke Hentschel und Gabriela Perrig, die von Anfang an mit diskutiert, meinen Aufsatz gelesen sowie ihn inhaltllich und sprachlich-stilistisch verbessert haben. [zurück]
1 Es handelt sich um die für meine Dissertation erhobenen Daten zum Thema "Der Erwerb des deutschen Verbparadigmas und seiner syntaktischen Implikationen bei thailändischen Immigrantinnen in der Deutschschweiz" (Arbeitstitel). Im vorliegenden Aufsatz wird allerdings nur der phonetisch-phonologische Aspekt behandelt.[zurück]
2 Da die Darstellung der thailändischen Phoneme in dieser Arbeit dem Ansatz von Naksakul (2002) am nächsten liegt, orientiert sich die phonetische Umschrift für die thailändischen Wörter und die thailändisch angepasste Aussprache des Deutschen an den von ihr verwendeten Zeichen (ebd.: 42). Ein kleiner Unterschied ist bei den aspirierten Konsonanten zu finden. Dort wird das Aspirationszeichen h bei ph, th, ch und kh nicht hochgestellt.[zurück]
3 Die Darstellung des deutschen Vokalsystems hängt allerdings von unterschiedlichen theoretischen Ansätzen ab. Als extrem anders zu bezeichnen gilt beispielsweise Beckers Auffassung (1998: 162), in der nur acht Monophthonge vorkommen. Er lässt die Opposition kurz-lang fallen. [zurück]
4 Alle drei R-Allophone sind standardsprachlich üblich. Deutschlernende können die Form auswählen, die den entsprechenden Lauten ihrer Muttersprache am nächsten kommt und/oder ihnen am besten gefällt (Dieling 2004: 15).[zurück]
5 Hingegen verwendet beispielsweise Kummer (2004: 8) die
Zeichen [b'], [d'], ['].[zurück]
6 Es handelt sich hier um automatische Wörterzählung. Als Wortgrenze gilt ein Leerzeichen. Es ist durchaus möglich, dass im Laufe der Gespräche nicht nur Deutsch, sondern auch Thailändisch gesprochen wurde. Beim Zählen der Wörter werden thailändische Wörter nur mit berücksichtigt, wenn sie zu deutschen Äußerungen gehören, d. h. vor allem mitten im Satz und in wenigen Fällen am Anfang oder am Ende einer Äußerung stehen, und nicht weggelassen werden können. Pausenzeichen, unverständliche Wörter sowie längere Äußerungen auf Thailändisch werden nicht mitgezählt.[zurück]
7 D. h. im
Berndeutschen gibt es anstatt drei Vokalphonemen
[e], [
]
und [
]
vier, die sich
als [
],
[
],
[
] und [
]
transkribieren
lassen.[zurück]
8 Die betreffende Informantin arbeitet als Pflegerin in einem Altersheim. Deshalb ist dieses Verb m. E. als ein in ihrem Alltag häufig verwendetes Wort anzusehen, so dass sie dessen Aussprache vermutlich gut geübt hatte.[zurück]
9 Der Unterschied zwischen [x] und []
ist in den
Schweizer Mundarten nicht gegeben. Es gibt grundsätzlich nur
den
Ach-Laut. Sogar [k] im Anlaut wird meisten als Ach-Laut gesprochen, vgl.
z. B. chrank, choche, d Chue, ds
Chino,
d Chuchi, dr Chopf usw. (Feuz 1995: 15).[zurück]
10 Phonetisch
betrachtet gibt es eigentlich noch einen
weiteren möglichen
Auslautkonsonanten, den Knacklaut []
(vgl.
2.3). Dieser Laut ist hier jedoch nicht relevant. Zum einen kommt er im
Deutschen nur selten vor und ist wegen seiner Funktion als Silbengrenze
nicht
wirklich als Auslautkonsonant zu betrachten; er tritt immer
zwischen zwei Silben
auf und ist damit als Onset zur folgenden Silbe zu
verstehen. Dagegen kommt
er im Thailändischen sowohl im Anlaut als
auch im Auslaut vor. Zum anderen
ist es im Thailändischen
üblicher, von acht Auslautkonsonanten zu
sprechen, weil in der
Orthographie des Thailändischen dieser Knacklaut
nur mit einem
Konsonantenzeichen geschrieben wird, wenn er im Anlaut auftritt.
Hingegen wird er bei der Auflistung der möglichen Auslautkonsonaten
häufig
weggelassen.[zurück]
11 Wenn man z. B. Akt oder Abt schnell spricht, wird der Verschluss von [k] bzw. [p] nicht gelöst.[zurück]
12 Als ich einmal an einem Workshop für Deutschlehrer im DaZ-Bereich in Bern teilnahm, hat eine Teilnehmerin erzählt, dass einige Frauen in ihrem Deutschkurs Probleme haben, -l am Silbenende zu sprechen, obwohl dieser Laut zum Phoneminventar ihrer Muttersprache gehört und sie ihn problemlos als Anlautkonsonanten sprechen können. Dies erinnerte mich an meine Informantinnen und ich fragte die Lehrerin, ob es um thailändische Muttersprachlerinnen ging. Ihre Schülerinnen waren tatsächlich thailändische Immigrantinnen. Ich bezeichne deshalb diese Abweichung als muttersprachspezifisch, vor allem im Vergleich zum vokalisierten -l. Die Frage, ob dieses Phänomen auch bei Deutschlernern anderer Muttersprachen auftritt, kann im Rahmen dieser Arbeit leider nicht beantwortet werden.[zurück]
13 Bei diesem Wort
kann das Weglassen des Auslautkonsonanten
als Einfluss des Berndeutschen
betrachtet oder zumindest davon begünstigt
werden, weil das
berndeutsche Wort für auch (ou) keine Koda
enthält.[zurück]
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