Strategie für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz. Eine zehnjährige Politik und ihre Relevanz für die Arbeit in Archiven und Bibliotheken
Abstract
Thema der Arbeit ist die seit 1998 existierende Politik für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz. Sie wird einer empirischen Analyse unterzogen, indem die entsprechenden Strategiepapiere des Bundesrates (von 1998 und 2006) sowie weitere relevante Dokumente aus der Bundesverwaltung auf ihre Inhalte hin untersucht werden. Die Leitlinie der Arbeit bezieht sich dabei auf Überlegungen zu Merkmalen der Informationsgesellschaft. Es wird gefragt, welches Bild der Informationsgesellschaft in der bundesrätlichen Strategie sowie den analysierten Berichten zum Ausdruck kommt und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat. In methodischer Hinsicht greift die Arbeit auf Interpretationsmodelle der Politikanalyse zurück, mit deren Hilfe unterschiedliche Etappen in der Umsetzung einer öffentlichen Politik beschrieben und beteiligte Akteure erfasst werden können. Auf dieser Grundlage ergibt sich eine vierteilige Argumentation: Zunächst werden in der Arbeit Ziele und Inhalte der Politik für eine Informationsgesellschaft vorgestellt, die in der Phase der Programmformulierung (1997-1999) definiert wurden. Anschliessend wird die Politik für die Jahre 1999-2007 einer diachronen Analyse unterzogen, um inhaltliche Kontinuitäten und Veränderungen herauszuarbeiten. Es folgt ein Vergleich mit dem entsprechenden, auf dem World Summit on the Information Society (2003 und 2005) formulierten Programm der UNO. Abschliessend wird im Rahmen einer Detailuntersuchung nach den Konsequenzen der Politik für die Arbeit in Schweizer Archiven und Bibliotheken gefragt. Als zentrales Ergebnis lässt sich festhalten, dass der Politik für eine Informationsgesellschaft eine technologieorientierte Definition des Begriffs zugrundeliegt, die keine gesellschaftspolitischen Ziele vorgibt. Konkret wird deutlich, dass die gegen Ende der 1990er Jahre formulierten weitgefassten Ziele der bundesrätlichen Strategie sich im Laufe der Zeit in Richtung ökonomisch definierter Vorgaben verlagerten. Parallel zu dem Prozess der Ökonomisierung der Politik zeigt sich eine Verschiebung von substantiellen Aktionsfeldern mit sachbezogener Ausrichtung hin zu institutionellen Aktionsfeldern, die Rahmenbedingungen für politisches Handeln festlegen. Seit der revidierten Strategie für eine Informationsgesellschaft des Jahres 2006 steht nunmehr die Informatisierung der Verwaltung (E-Government) im Zentrum des politischen Programms, das damit die Arbeit von Archiven gegenüber derjenigen von Bibliotheken privilegiert. Letztlich entpuppt sich der Begriff Informationsgesellschaft als eine Leerformel, mit der vielfältige politische Ziele und Inhalte verbunden werden können.
Veröffentlicht
2010-03-18
Zitationsvorschlag
Abun-Nasr, S. (2010). Strategie für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz. Eine zehnjährige Politik und ihre Relevanz für die Arbeit in Archiven und Bibliotheken. Informationswissenschaft: Theorie, Methode Und Praxis, 1(1). https://doi.org/10.18755/iw.2010.4
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