Die Bewertung von Akten aus vormundschaftlichen Aufgaben - eine Fallstudie aus dem Staatsarchiv Zürich

  • Eveline Isler

Abstract

An vielen Verwaltungsaufgaben sind mehrere Stellen auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene beteiligt, so auch im Vormundschaftswesen. Im Kanton Zürich sind für vormundschaftliche Fragen in erster Linie die Gemeinden zuständig, gewisse Aufgaben werden jedoch von Bezirksbehörden oder kantonalen Stellen wahrgenommen. Alle involvierten Behörden legen für sich Akten an und integrieren auch die Unterlagen der andern Beteiligten. Dieselben Informationen aus vormundschaftlichen Aufgaben sind somit an mehreren Orten zu finden, Bezirksbehörden und kantonale Verwaltung bieten sie beide dem Staatsarchiv an. Um daraus eine adäquate Überlieferung zu bilden, d.h. singuläre Akten statt Mehrfachüberlieferung aufzubewahren, muss das Staatsarchiv seinen Blick über den eigenen Sprengel hinaus auch auf die Gemeinden richten. Ziel der Masterarbeit war deshalb, für die Akten der Bezirksjugendsekretariate aus vormundschaftlichen Aufgaben Bewertungsentscheide zu erarbeiten, welche Redundanzen ausschliessen und damit die Überlieferung zu verdichten helfen, gleichzeitig aber auch die Tätigkeit der Jugendsekretariate adäquat abbilden. Im ersten Teil der Arbeit werden die Regelung der Vormundschaft, die Funktion der Bezirksbehörden im Kanton Zürich erläutert und die Bezirksjugendsekretariate im Speziellen vorgestellt. Die Jugendsekretariate setzen, nebst andern Aufgaben, vormundschaftliche Massnahmen für Kinder und Jugendliche um. Im zweiten Teil werden bestehende Bewertungstheorien kritisch referiert und auf ihre Tauglichkeit zur Verhinderung von Mehrfachüberlieferung untersucht. Am geeignetsten zur Unterstützung der skizzierten Bewertungsfrage erwies sich das Verfahren der Vertikalen und Horizontalen Bewertung aus Baden-Württemberg. Deshalb wird es im dritten, empirischen Teil für die Bewertung der Vormundschaftsakten angewendet. Der Bewertungsprozess gliedert sich daher in drei Schritte. In der Analyse der Aufgaben werden alle im Bereich Vormundschaftswesen anfallenden Aufgaben sowie die daran beteiligten Verwaltungsstellen auf Ebene Gemeinde, Bezirk und Kanton mit ihren Funktionen und Zuständigkeiten untersucht, um erste Hinweise auf die Bedeutung des entstehenden Schriftguts zu erhalten. Als zweiter Schritt folgt die Analyse der Unterlagen. Die pro Aufgabe anfallenden Aktengruppen werden auf Inhalt und Struktur untersucht, Doppelablagen bzw. das umfassendste Dossier benannt und die Akten im Bezug auf ihren Archivwert charakterisiert. Auf Grund der Ergebnisse der beiden Analysen werden als dritter Schritt Bewertungsentscheide für die Akten der Jugendsekretariate gefällt und wo nötig Auswahlkriterien formuliert. Als Ergebnis des dreigliedrigen Bewertungsprozesses macht die Arbeit deutlich, dass bei praktisch allen Aufgaben im Vormundschaftswesen mehr als zwei Verwaltungsebenen involviert sind. Den Bezirksjugendsekretariaten kommt oft die Rolle der Durchführung der Verfahren zu, während die kommunalen Vormundschaftsbehörden nur die Entscheide fällen. Zu allen sieben Aktengruppen, welche die Jugendsekretariate zu vormundschaftlichen Aufgaben führen, existieren denn auch korrespondierende Ablagen bei kommunalen Behörden, Bezirksräten oder dem kantonalem Amt für Jugend und Berufsberatung. Als Bewertungsergebnis können vier der sieben Aktengruppen der Jugendsekretariate vernichtet werden, bei dreien hingegen empfiehlt sich die Übernahme in Auswahl, da die Durchführungsfunktion die umfassendsten Akten aus den Verfahren generiert. Mit diesen Bewertungsentscheiden sollen in Zukunft Redundanzen im Staatsarchiv wie auch in den Kommunalarchiven verhindert werden.
Veröffentlicht
2012-04-18
Zitationsvorschlag
Isler, E. (2012). Die Bewertung von Akten aus vormundschaftlichen Aufgaben - eine Fallstudie aus dem Staatsarchiv Zürich. Informationswissenschaft: Theorie, Methode Und Praxis, 2(1). https://doi.org/10.18755/iw.2012.6
Rubrik
Artikel / Articles