Aufwertung eines Schularchivs - eine Fallstudie

  • Beat Hodler

Abstract

Die Arbeit plädiert für einen sorgfältigeren Umgang mit Schularchiven. Dieses Anliegen ist erklärungsbedürftig, gehört das Schulwesen doch zu den meistdiskutierten Bereichen in unserer Gesellschaft. Ein Blick auf die Forschungslage zeigt aber, dass der Umgang mit Schularchiven, abgesehen von wenigen Ausnahmen (etwa der Masterarbeit von Olivia Franz-Klauser, MAS ALIS 2008-2010), bisher kaum je systematisch besprochen wurde. Das Thema wird mit Hilfe einer Fallstudie behandelt: Die Neue Kantonsschule Aarau ist ein Gymnasium mit einer verzweigten und langen Vorgeschichte, dessen reichhaltiges Archiv (mit Protokollen, die bis in die 1780er Jahre zurück reichen) erstaunlich wenig Beachtung gefunden hat. Die rechtlichen Vorgaben wurden bislang erst teilweise umgesetzt (vgl. das kantonale Informationsgesetz IDAG, das die Angebotspflicht kantonaler Stellen klar festhält). Die Arbeit umfasst zwei Teile. Zunächst wird dokumentiert, wie in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Staatsarchiv (StAAG) die nötigen Erfassungs- und Erschliessungsschritte vollzogen wurden. In einem zweiten Schritt wird auf die zuweilen geäusserten Zweifel an der Relevanz eines erschlossenen Schularchivs eingegangen. Die Frage nach dem konkreten Nutzen lässt sich allerdings nicht pauschal beantworten, denn sie stellt sich für die verschiedenen Akteure auf je eigene Weise. Daher wird sie nacheinander aus der Perspektive der Schüler- und Lehrerschaft, der Bildungsforschenden, einer breiteren Öffentlichkeit und der Schulleitung diskutiert. Im Schlussteil werden einige ungeklärte Fragen angesprochen, die sich im Zusammenhang mit den Archiven von Mittelschulen stellen: Wie kann die Überlieferungsbildung dem alltäglichen Unterrichtsgeschehen gerecht werden? Wie ist mit Maturarbeiten umzugehen? Welches "Sampling" wäre bei Abschlussprüfungen sinnvoll? Weitere Überlegungen verdient das Verhältnis zwischen den Berufsgruppen der Archivare und der Lehrer. Im vorliegenden Fall hat der Schreibende, der als Geschichtslehrer angestellt ist, sich die "mise en valeur" des Schularchivs auf die Fahnen geschrieben. Daraus ergab sich eine Doppelrolle, die sich bewährt hat: Die Nähe zu den Kollegen, die Kenntnisse über das Funktionieren der Institution, die ständige Präsenz an der Schule - all dies erleichterte die Arbeit. Anderseits wären durchaus auch Rollenkonflikte denkbar, etwa wenn der "Lehrer-Archivar" Einblick in sensible Personendaten von Kollegen erhält. Offensichtlich unterscheiden sich Schulen in einigen Punkten von andern Verwaltungsstellen. Manche Schulen verfügen nicht nur über ein Archiv und eine Bibliothek (Mediothek), sondern ebenfalls über mehr oder weniger umfangreiche Sammlungen in einzelnen Bereichen (etwa Biologie, Geographie, Mathematik...), die in der Regel durch engagierte Fachlehrkräfte im Verlauf der Jahrzehnte angelegt wurden. Gelegentlich treten zudem Aussenstehende an die Schule heran, um ihr alte Bücher, Pläne, Exponate unterschiedlichster Art anzubieten. Auch hier stellen sich komplexe Fragen der Bewertung.
Veröffentlicht
2012-04-18
Zitationsvorschlag
Hodler, B. (2012). Aufwertung eines Schularchivs - eine Fallstudie. Informationswissenschaft: Theorie, Methode Und Praxis, 2(1). https://doi.org/10.18755/iw.2012.7
Rubrik
Artikel / Articles